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Nepals Maoisten auf Einheitspfad

Neue Regierung erfüllt Erwartungen noch nicht

Von Hilmar König, Delhi *

Die KP Nepals (Maoistisch) und das Maoistische Einheitszentrum Masal haben sich zu Wochenbeginn zusammengeschlossen. Die neue Partei nennt sich Vereinte KPN-Maoistisch.

Pushpa Kamal Dahal Prachanda (Foto: dpa), seit Herbst 2008 Nepals Regierungschef, ist der Vorsitzende der maoistischen Einheitspartei. Auf einer Kundgebung in Katmandu warnte er am Dienstag »Expansionisten, reaktionäre Elemente innerhalb und außerhalb des Landes sowie Imperialisten«, die sich im neuen Nepal einmischten und Verschwörungen anzettelten, um die Koalitionsregierung zu beseitigen. In einem solchen Fall würde sich die vereinigte Partei an die Spitze eines Volksaufstands setzen. »Nichts in der Welt kann uns stoppen. Wir sind Revolutionäre und halten durch«, versicherte er.

Selbstkritisch bemerkte Pra-chanda, dass die Regierung noch nicht fähig sei, die Erwartungen des Volkes zu erfüllen. Die Kommunisten seien im Parlament zwar in der Mehrheit, aber es mangele an vertrauensvollem Miteinander der progressiven Kräfte, obwohl sie alle »im selben Boot« säßen.

Auch wenn Prachanda sie nicht erwähnte, sind die Schwierigkeiten der neuen Regierung bei der Überwindung des Erbes der Monarchie und beim Aufbau neuer Strukturen in dem ethnisch und sozial vielfältigen Land unübersehbar. Die bürgerliche Partei Nepali Congress, Verlierer der Wahlen im April vorigen Jahres, bildet eine destruktive Opposition und wird von einem beträchtlichen Teil der Medien unterstützt. Ohnehin ein armes Entwicklungsland, wird Nepal durch die globale Finanzkrise und die Rezession hart getroffen. Gegenwärtig herrscht obendrein akuter Energienotstand.

Von 175 Mitgliedern des Zentralkomitees der vereinigten Partei kommen 38 aus dem ehemaligen maoistischen Einheitszentrum. Parteiführer begründeten den Zusammenschluss mit der Notwendigkeit einer »neuen demokratischen Revolution«. Die alten, als »Prachanda-Pfad« bezeichneten Leitlinien würden durch »marxistisches, leninistisches und maoistisches Gedankengut« ersetzt. Laut Narayankaji Shrestha Prakash, dem einstigen Generalsekretär des Einheitszentrums, will sich die vereinigte Partei in den Dienst einer »föderalen, demokratischen und nationalen Republik des Volkes« stellen. Der 2006 eingeleitete Friedensprozess müsse zu seinem logischen Ende geführt werden. Ziel sei es, ein Grundgesetz auszuarbeiten, das den Interessen des Volkes entspricht, und die Souveränität Nepals zu sichern.

Die Abgeordneten des Verfassungskonvents wählten am Dienstag den prominenten Politiker Madhav Kumar Nepal zum Vorsitzenden des parlamentarischen Komitees der Verfassunggebenden Versammlung. Er war bis Mitte vorigen Jahres Vorsitzender der KP Nepals (Vereinte Marxisten und Leninisten) und zu Beginn der 90er Jahre stellvertretender Regierungschef. Bei den Parlamentswahlen im April 2008 verlor er sein Mandat. Der Verfassungskonvent ernannte ihn in seiner neuen Funktion nun doch zum Abgeordneten. Eine Herausforderung für Madhav Kumar Nepal wird es sein, die unterschiedlichen Auffassungen Dutzender politischer Parteien unter einen Hut zu bringen. Er gibt sich zuversichtlich, die Mammutaufgabe in der vorgegebenen Frist von zwei Jahren zu bewältigen.

* Aus: Neues Deutschland, 15. Januar 2009


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