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Machtkampf in Nepal dauert an

Hektisches Bemühen um alternative Regierung

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Der offen ausgebrochene Machtkampf zwischen den Maoisten und einigen verbündeten Parteien auf der einen Seite und dem Armeechef, dem Staatspräsidenten, der Oppositionspartei Nepali Congress (NC) und den Marxisten/Leninisten auf der anderen Seite setzte sich am Dienstag (5. Mai) fort. Hektisch bemühten sich Politiker, die in Opposition zu den Maoisten stehen, eine alternative Koalitionsregierung auf den Weg zu bringen. Am Montag (4. Mai) hatte der Premier Pushpa Kamal Dahal Prachanda seinen Rücktritt eingereicht.

Die KP Nepals (Vereinte Marxisten und Leninisten), die am Sonntag (3. Mai) die von der Vereinten KP Nepals (Maoistisch) dominierte Koalition verlassen hatte, und der NC organisierten am Dienstag ein Allparteienmeeting in Katmandu. Ziel des Treffens war, eine neue Regierung zu bilden. Die Maoisten blieben, wie erwartet, den Beratungen fern. Sie beschlossen am Dienstag morgen, die Sitzungen des Verfassungskonvents (Parlament) zu boykottieren, bis sich Staatspräsident Ram Baran Yadav für seine Entscheidung entschuldigt, die Entlassung des Armeechefs General Rukmangad Katawal nicht zu akzeptieren.

Der General war von den Maoisten gefeuert worden, weil er deren Regierungsbeschlüsse ignorierte und damit die »zivile Oberhoheit« untergrub. Katawal, zur alten monarchistischen Elite gehörend, ist bekannt für seine antidemokratische Einstellung. Er sabotierte die zivile Kontrolle über die Streitkräfte und den Friedensprozeß. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses ist die Integration der einstigen maoistischen Guerilla in die Streitkräfte. Das verhinderte Katawal bislang in Kollaboration mit dem NC und der KPN(VML).

Die Maoisten mobilisierten am Dienstag (5. Mai) ihre Mitglieder und Sympathisanten, die auf Kundgebungen und Demonstrationen in verschiedenen Landesteilen die Entscheidung des Präsidenten anprangerten. Sie erhielten dabei Unterstützung von der »Zivilgesellschaft für Frieden und Demokratie« (CSPD). Diese brandmarkte die Haltung des Staatsoberhauptes, der auch Oberbefehlshaber des Militärs ist (und aus den Reihen des Nepali Congress kommt), als »verfassungswidrig« und verglich die Politik des Präsidenten mit »ähnlich regressiven Schritten, wie sie König Gyanendra in der Vergangenheit unternommen hatte«.

Eine alternative Regierung wird im Handumdrehen nicht zustande kommen, weil die Sitzverteilung im Verfassungskonvent die VKPN (Maoistisch) als stärkste Einzelpartei ausweist, vor dem NC und den Marxisten/Leninisten. Deren Vorsitzender Jhala Nath Khanal erklärte, seine Partei sei bereit, die Führung der nächsten Regierung zu übernehmen. Der NC hat bereits signalisiert, diese Absicht zu unterstützen. Doch zur Regierungsbildung reicht das zahlenmäßig noch nicht.

Pushpa Kamal Dahal Prachanda, der als Premier fungiert, bis eine neue Regierung steht, hatte am Montag in einer Fernsehansprache zugegeben, daß seine Regierung unfähig war, die Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen. Es habe keine Unterstützung der Parteien in und außerhalb der Koalition gegeben. Er sieht hinter der Kontroverse eine »versteckte und offene ausländische Einmischung, die nicht akzeptiert werden kann«. Gemeint ist wohl Indien.

* Aus: junge Welt, 6. Mai 2009


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