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Kampf gegen Gotteskrieger

Arabische Liga beschließt Schritte gegen den "Islamischen Staat"

Von Karin Leukefeld *

Die Arabische Liga hat sich dem Kampf gegen den »Islamischen Staat« (IS) und andere Gotteskrieger verpflichtet. Bei einem Außenministertreffen am Sonntag in Kairo beschlossen die dort vertretenen Staaten, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um national, regional und international den Kampf gegen die genannten Gruppen zu koordinieren. In der Abschlußerklärung unterstützten die Außenminister ausdrücklich die kürzlich vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution 2170, in der alle UN-Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, »den Strom fremder Kämpfer, die Finanzierung und andere Unterstützung für islamistische, extremistische Gruppen im Irak und Syrien zu unterbinden«. Die Abschlußerklärung solidarisiere sich zwar nicht explizit mit den US-Luftangriffen gegen den »Islamischen Staat«, indirekt sei aber klar, daß die arabischen Staaten mit den USA und dem Irak zur Koopera­tion bereit seien, hieß es aus diplomatischen Kreisen in Kairo.

Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil Al-Arabi hatte sich bereits vor dem Treffen für eine »umfassende militärische, wirtschaftliche und politische Konfrontation« gegenüber dem »Islamischen Staat« und anderen Gotteskriegern ausgesprochen. ISIS im Irak bedrohe nicht nur die Autorität des irakischen Staates, sondern dessen »Existenz und die Existenz anderer Staaten«, so Al-Arabi. Er schlug vor, daß die Arabische Liga militärisch unter dem Schirm eines gemeinsamen Verteidigungspaktes eingreifen könne.

Unklar ist, wie die Arabische Liga sich zukünftig gegenüber Syrien verhalten wird, dessen Armee und Luftwaffe auf syrischem Territorium ebenfalls gegen IS kämpft. Die Mitgliedschaft Syriens war 2011 unter dem Vorsitz Katars suspendiert und später an die oppositionelle Gruppe »Nationale Koalition« vergeben worden, die allerdings nicht über genügend Einfluß in Syrien verfügt. Zuletzt hatte der syrische Außenminister Walid Muallem den USA und benachbarten Staaten die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den »Islamischen Staat« angeboten.

Washington hat das syrische Angebot offiziell zurückgewiesen, verfügt aber vermutlich über syrisches und iranisches Aufklärungsmaterial aus dem Nordirak und dem Osten Syriens. US-Präsident Barack Obama hat von den arabischen Staaten neben einem direkten militärischen Engagement die Unterstützung sogenannter »moderater Sunniten« in Irak und Syrien eingefordert, um deren Einfluß und Feuerkraft zu stärken. Diese Botschaft vermittelte am Wochenende US-Außenminister John Kerry vor dem Außenministertreffen an die Arabische Liga, in der kommenden Woche wird Kerry auch in Saudi-Arabien und Jordanien erwartet.

Die libanesische Armee erhielt am vergangenen Wochenende aus den USA eine Waffenlieferung im Wert von knapp neun Millionen US-Dollar. Damit soll die Armee befähigt werden, die Grenzen des Landes gegen Angriffe der Gotteskrieger aus Syrien zu verteidigen, hieß es in einer Stellungnahme der US-Botschaft. Die Unterstützung der libanesischen Armee und Polizei hätte »höchste Priorität für die USA«, sagte Botschafter David Hale. Geliefert wurden lasergesteuerte Antipanzerraketen, Gewehre, Munition und Granatwerfer.

Tatsächlich ist die Waffenlieferung an die libanesische Armee Teil eines langjährigen Militärabkommens beider Staaten. Nach dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 hatte Washington die Waffenlieferungen 1991 wieder aufgenommen, 1993 folgte das US-Ausbildungsprogramm für die libanesische Armee. Nach dem Krieg 2006 wurde die Unterstützung auf eine Milliarde US-Dollar pro Jahr angehoben. Weitere Unterstützung wickelt die USA durch Partnerstaaten wie Saudi Arabien ab. Allerdings dürfen nur leichte Waffen geliefert werden, weil sich Israel sonst durch die libanesischen Streitkräfte in seiner Sicherheit bedroht fühlen könnte.

Ein drei Milliarden US-Dollar umfassendes saudisches Waffenpaket an den Libanon, das über Frankreich organisiert werden sollte, ist derweil noch immer nicht zustande gekommen. Zwar war der saudische Verteidigungsminister und Kronprinz Salman bin Abdul Aziz in der vergangenen Woche in Paris, war aber offenbar nicht befugt, den Vertrag zu unterschreiben. Man befinde sich in der »Abschlußphase« hieß es aus dem Umfeld des saudischen Verteidigungsministers zur Erklärung. Diese könne noch weitere zwei Monate dauern.

* Aus: junge Welt, Dienstag 9. September 2014


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