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Absicherung der Hegemonie

USA verstärken nach Abzug aus dem Irak Präsenz in Region. Militärhilfen für Bahrain "nicht voreilig" einstellen

Von Rainer Rupp *

Nachdem Washington seine gigantischen Militärbasen in Irak verlassen und auch seine Kampftruppen im Dezember 2011 abziehen mußte, versuchte es verzweifelt, mit neuen Mitteln seine Hegemonie in der Region zu erhalten und den ölreichen Persischen zu einem amerikanischen Golf zu machen. Das geht aus einem neuen Bericht des US-Kongresses hervor, der Mitte vergangener Woche bekannt wurde. Die Studie des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats untersucht insbesondere die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu den sechs Staaten des Golf-Kooperationsrats (GCC), wozu Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman gehören. Dabei knüpft sie an frühere Pläne des Pentagon an, nach dem Rausschmiß aus Irak die US-Militärpräsenz in der Region drastisch zu erhöhen.

Bis zuletzt hatte Washington darauf bestanden, nicht nur in Irak zu bleiben, sondern forderte nach Besatzerart, daß seine Soldaten dort dem US-amerikanischem Recht und nicht der irakischen Gerichtsbarkeit unterliegen, wie das noch heute in Deutschland gilt. Das war jedoch für die schiitisch geführte, Iran-freundliche Regierung in Bagdad inakzeptabel, und das Pentagon mußte Irak räumen. Von diesem schweren Schlag hat sich Washington, das unbedingt die Kontrolle über die zunehmend von inneren Konflikten erschütterte Region behalten will, noch nicht erholt.

In und um den Golf lagern mehr als die Hälfte der weltweiten Öl- und über ein Drittel der Erdgasreserven. Deshalb ist die Stabilität des Persischen Golfs entscheidend für die globale Wirtschaft, heißt es in dem Senatsbericht. Allerdings stünde die Region vor einer Vielzahl von politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen, wobei das »iranische Atomprogramm, die Bedrohung durch den Terrorismus und die politische Krise in Bahrain« als erste genannt werden.

Zum Schutz »ihres« Öls wollen daher die USA insgesamt 40000 Soldaten in der Golfregion stationieren, inklusive 13500 Mann starke US-Truppen in Kuwait, wo jüngst die Regierung wegen der internen politischen Kämpfe das Parlament für einen Monat geschlossen hat. Zugleich soll die bereits sehr starke Präsenz der US-Kriegsflotte noch weiter erhöht werden. Von diesen Plänen des Pentagon hatte die New York Times bereits im Oktober letzten Jahres berichtet. Parallel dazu soll die US-Truppenstärke in Europa auf 68000 Soldaten reduziert werden. Das alles ist Teil der neuen US-Militärstrategie, deren Hauptziel offensichtlich in der Eindämmung der aufsteigenden ökonomischen Supermacht China besteht. Deshalb soll in dem Prozeß der Umstrukturierung der US-Streitkräfte vor allem deren Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum in den nächsten Jahren stark erhöht werden.

Bei der im Senatsbericht verharmlosend dargestellten »politischen Krise in Bahrain« handelt es sich tatsächlich um eine mit vielen Toten und Verletzten verbundene Repression der großen Mehrheit der Bevölkerung durch die korrupte und äußerst brutale Diktatur des US-abhängigen Khalifa-Klans unter militärischer Mithilfe Saudi-Arabiens. Seit 1971 gewährt der Klan den Vereinigten Staaten eine weiträumige Luft- und Marinebasis. Hier zeigt sich einmal mehr die doppelte Moral Washingtons. Mit Verweis auf die strategische Bedeutung Bahrains als Verbündetem gegen Iran empfiehlt der Senatsbericht, daß die USA wegen der Menschenrechtsverletzungen in Bah­rain nicht voreilig ihre Militärhilfen für die dortige Regierung einstellen sollen.

* Aus: junge Welt, Montag, 25. Juni 2012


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