Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Die Ziele der Vereinigten Staaten im Nahen Osten

Rede von Außenminister Colin L. Powell vor dem American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) in Washington

Am 30. März 2003 hielt US-Außenminister Colin Powell vor dem American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) in Washington eine programmatische Rede über die Zukunft des Nahen Ostens. Wir dokumentieren die Rede in einer vom Amerika Dienst veröffentlichten gekürzten deutschen Fassung.


Bei unserer Zusammenkunft heute Abend können wir nicht umhin, an die tapferen jungen Männer und Frauen aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Australien und den Ländern anderer Koalitionspartner zu denken, die ihr Leben riskieren, um den Irak von der Tyrannei Saddam Husseins zu befreien. Sie dienen ihrem Land und der Menschheit, um den Nahen Osten und die Welt von der Bedrohung durch Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen zu befreien.

Krieg und Gewalt waren nicht unsere erste Wahl. Wir haben alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft. Wir haben hart gearbeitet, um UN-Sicherheitsratsresolution 1441 zu verabschieden, die Saddam Hussein eine letzte Chance zur friedlichen Abrüstung einräumte. Mit dieser Resolution und mit ihrer einstimmigen Verabschiedung wurde aber auch deutlich, dass diesmal ernsthafte Konsequenzen folgen würden, sollte er diese Chance nicht ergreifen und seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Und das geschieht jetzt.

Es besteht kein Zweifel über das Ergebnis. Wir werden Saddam Hussein und sein Regime entmachten. Wir werden den Irak befreien. Wir werden die Bedrohung beseitigen, die von Saddam Husseins schrecklichen Waffen für Israel und den Nahen Osten ausgeht, und wir werden diese Waffen nicht in die Hände von Terroristen gelangen lassen, die die ganze zivilisierte Welt bedrohen würden.

Damit keine Zweifel aufkommen: Wir verfolgen Al Qaida und ihre Komplizen in Afghanistan, im Irak und wo immer sie ihre Mordpläne schmieden. In der ganzen Welt arbeiten wir mit Koalitionsmitgliedern zusammen, um Terroristen aufzuspüren, ihre Netzwerke zu zerschlagen und ihre Geldquellen ausfindig zu machen. Jeden Tag wird ein weiterer Terrorist festgenommen und vor Gericht gestellt. Wir werden nicht nachlassen, Atem holen oder ausruhen, bis die Terroristen besiegt sind. Wir werden nie vergessen, was uns am 11. September 2001 angetan wurde, und wir werden alles Erforderliche tun, um die Verantwortlichen zu besiegen.

Es ist Teil unserer Gesamtstrategie, zur Bekämpfung des Terrorismus und im Umgang mit Staaten, die kein akzeptables Verhalten an den Tag legen, verantwortlicheres Verhalten einzufordern, insbesondere von den Staaten in der Region. Für die gesamte internationale Gemeinschaft ist es jetzt an der Zeit, dafür einzutreten und darauf zu bestehen, dass der Iran seine Unterstützung für Terroristen einstellt, darunter auch gewalttätige, gegen Israel und den Nahost-Friedensprozess gerichtete Gruppierungen. Teheran muss aufhören, den Besitz von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme anzustreben. Außerdem werden wir die Anstrengungen des iranischen Volkes unterstützen, seine Lebensbedingungen zu verbessern und in Frieden und Sicherheit mit seinen Nachbarn zu leben.

Syrien steht jetzt ebenfalls vor einer kritischen Entscheidung. Syrien kann die direkte Unterstützung von Terrorgruppen und des sterbenden Regimes Saddam Husseins fortsetzen oder einen anderen, hoffnungsträchtigeren Weg einschlagen. Wie auch immer - Syrien trägt die Verantwortung für seine Entscheidungen und die Konsequenzen.

Die Ausbreitung demokratischer und wirtschaftlicher Freiheit, verbunden mit den atemberaubenden Vorzügen der Technologie, eröffnet nie da gewesene Chancen für Millionen Menschen, die Armut abzuschütteln - ein Dach über den Kopf zu bekommen, gutes Essen auf dem Tisch zu haben und den Durst mit sauberem Wasser zu stillen.

Vor genau einem Jahr sah Präsident Bush die Notwendigkeit, eine kühne neue Initiative ins Leben zu rufen und diese Möglichkeiten zu nutzen, um in den Herzen der Menschen Hoffnung anzufachen. Er nannte sie das Millennium Challenge Account - das Aufregendste, das wir seit vielen Jahren in der Auslandshilfe auf den Weg gebracht haben. Damit werden umfangreiche amerikanische Finanzmittel an solche Länder gehen, die sich reell der Demokratie verpflichtet haben, gerecht regieren, in ihr Volk investieren, wirtschaftliche Freiheit fördern und unsere Entwicklungshilfe dafür einsetzen, Wirtschaftswachstum anzukurbeln und nicht mehr Entwicklungshilfegelder einzufordern, sondern notwendige Investitionen zu fördern, damit diese Länder auf ihrem Weg zum Wohlstand vorankommen.

Unsere Welt ist eine Mischung aus Herausforderungen und Chancen, alten und neuen. Aber keine Herausforderung, keine Chance ist wichtiger und dringender als das Streben nach der Beendigung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern.

Im vergangenen Jahr hat Präsident Bush eine kühne Vision für den Frieden dargelegt, die auf zwei Seite an Seite im Frieden miteinander lebenden Staaten beruht - einem sicheren, jüdischen, demokratischen Staat Israel und einem lebensfähigen, friedlichen, demokratischen, unabhängigen Staat Palästina.

Wir sind nicht naiv. Wir wissen, dass es schwierig sein wird, diese Vision zu erfüllen, insbesondere nach der schrecklichen Gewalt und dem Leiden in den letzten Jahren. Der Frieden fordert von Israel, den Palästinensern und Israels Nachbarländern in der Region Mut und schwierige Entscheidungen.

Eine Tatsache ist unmissverständlich. Die Vision des Präsidenten fordert eine Ende des Einsatzes von Gewalt und Terror als politisches Mittel. Daran führt kein Weg vorbei. Der Terror muss ein Ende haben.

Die Vision des Präsidenten legt den Palästinensern klare Verpflichtungen auf. Der Palästinenserstaat muss auf veränderte politische Führungsstrukturen und Institutionen gründen, die dem Terror ein Ende setzen. Die palästinensische Regierung muss transparent und dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig sein. Vor allem muss ein palästinensische Staat ein wirklicher Partner für den Frieden mit Israel sein.

Israel hat ebenso eindeutige Verpflichtungen. Es muss Schritte unternehmen, um das Leiden der Palästinenser zu mildern und die täglichen Demütigungen eines Lebens im Besatzungszustand zu verringern. Israel muss auch dazu beitragen, in den Herzen der Palästinenser wirtschaftliche Hoffnung zu säen, indem sie ihnen helfen, die zerrüttete Wirtschaft im Westjordanland und im Gazastreifen wiederzubeleben. Siedlungsaktivitäten stehen der Vision Präsident Bushs von zwei Staaten schlicht entgegen. Wie der Präsident gesagt hat, "während Fortschritte zum Frieden erzielt werden, müssen die Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten eingestellt werden".

Heute haben wir einen hoffnungsvollen Zeitpunkt erreicht, an dem Fortschritt wieder möglich erscheint. In Israel haben Wahlen stattgefunden, und es wurde eine neue Regierung gebildet. Der Palästinensische Legislativrat hat das Amt des Ministerpräsidenten für die palästinensische Autonomiebehörde eingerichtet. Das geschriebene und verabschiedete Gesetz verleiht dem Ministerpräsidenten reale Macht und Autorität und macht ihn gegenüber der ihn wählenden Legislative direkt verantwortlich.

Dieser Schritt wurde unter den Palästinensern heftig diskutiert, aber schlussendlich hat der Palästinensische Legislativrat eindeutig auf den Ruf nach Freiheit des palästinensischen Volkes selbst reagiert. Wir werden genau beobachten, wie der neue palästinensische Ministerpräsident seine Autorität wahrnimmt, die so wichtig für die Hoffnung der Palästinenser auf eine bessere Zukunft ist.

Sobald der neue palästinensische Ministerpräsident im Amt bestätigt ist, werden wir beiden Seiten einen von uns entwickelten Plan unterbreiten, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen.

Die Vision des Präsidenten vom 24. Juni stellt den Anfang eines Prozesses dar, der stetig und entschlossen zum Frieden führen muss. Der von uns in enger Abstimmung mit beiden Seiten, unseren Freunden in der Region und unseren Partnern im Quartett - Russland, die EU, die Vereinten Nationen - entwickelte Plan beschreibt diesen Weg und die gegenseitigen Verpflichtungen, die beide Seiten erfüllen müssen, wenn wir unser gemeinsames Ziel erreichen wollen.

Dieser Plan ist kein Edikt, er ist kein Vertrag. Es handelt sich um eine Auflistung der breitgefächerten Maßnahmen, die Israel und die Palästinenser unserer Ansicht nach ergreifen müssen, um Präsident Bushs Vision der Hoffnung und den Traum, den wir alle vom Frieden haben, Wirklichkeit werden zu lassen.

Israel und die Palästinenser müssen den Weg des Friedens gemeinsam gehen, wenn sie am gewünschten Ziel ankommen möchten. Der Plan bietet einen Weg für beide Seiten, um das direkte Miteinander wiederzubeleben, das ihre gemeinsame Reise erfordert.

Während wir Fortschritte erzielen, dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, warum wir dies tun. Wir arbeiten so hart für den Frieden, weil der israelisch-palästinensische Konflikt so viele Menschen - Juden, Muslime und Christen - das Leben gekostet und weitaus mehr zugrunde gerichtet hat. Wir müssen einen Weg finden, der gewährleistet, dass israelische Kinder und palästinensische Kinder in Frieden und Würde aufwachsen können und in gegenseitigem Respekt füreinander leben. Wir müssen uns selbst wieder verpflichten, den Männern, Frauen, Kindern und den kommenden Generationen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Vielen herzlichen Dank.

Originaltext: Powell Says U.S. Will Liberate Iraq, Give Hope to Iraqis (siehe http://usinfo.state.gov)

Quelle: Amerika Dienst


Zurück zur Nahost-Seite

Zurück zur Irak-Seite

Zurück zur Homepage