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Deutsche Botschafter a. D. begrüßen Obamas Nahostrede

„Amerika befindet sich nicht im Krieg mit dem Islam und wird das auch niemals sein.“ Der „Kreislauf des Mißtrauens und der Disharmonien“ muß ein Ende haben.

Das sind programmatische Worte, die wir ebenso begrüßen wie die skizzierten Prinzipien und Wege, auf denen der Präsident der USA Barak Obama einen Neubeginn des Verhältnisses der USA zur islamischen Welt anstreben will: Partnerschaft zwischen Amerika und dem Islam und seine Achtung als Friedensstifter; Absage an einen „Kampf der Kulturen“; Zweifel an einer auf Dominanz zielenden Weltordnung“; gegenseitiger Respekt und Voranstellen der Gemeinsamkeiten. Das sind mutige Worte.

Auch in der Frage der Regelung des israelisch-palästinensischen Konfliktes fasst Obama endlich nach den kritischen Strängen des gordischen Knotens. Mit „Irak den Irakern“ distanziert er sich vom Krieg der Bushadministration. Iran reicht er ohne Vorbedingungen die Hand und nimmt Abstand von der Politik des „Regimewech-sels“. Obgleich in der so überaus kritischen Afghanistanfrage seine Argumente für die Fortsetzung des Krieges nicht überzeugen, bleibt doch als allgemeinster Nenner der Kairoer Rede des neuen USA-Präsidenten: Er bevorzugt die Rückkehr zu Diplo-matie und Konsenssuche als einzig reale Mittel, um für das unsäglich schlechte Ver-hältnis zur islamischen Welt den Weg zu Entspannung zu öffnen.

Diesen Kurswechsel begrüßen wir als langjährige Nahost-Diplomaten der Auswärti-gen Dienste der vormals beiden deutschen Staaten nachdrücklich. Denn er entspricht dem überfälligen Erfordernis, die Politik einer Eskalation von Gewalt und Gegenge-walt, des vorrangigen Einsatzes militärischer Mittel und westlicher Interventionen in islamischen Regionen und Staaten zu beenden. Sie ist mitverantwortlich für den kri-senhaften Zustand, in dem sich gegenwärtig auch Europas Verhältnis zur islamischen Welt befindet.

Bereits 2005 forderten wir in einem von 28 deutschen Botschaftern a. D. mit- unter-zeichneten Brief den Präsidenten und die Fraktionen des EU-Parlaments auf, die militär- und sicherheitspolitisch kopflastige Antiterrorstrategie zu revidieren und der Friedensfrage den Vorrang einzuräumen.

„Wie kommt man zum Frieden? Wie kann friedliche Koexistenz zwischen dem Westen und der islamischen Welt sowie im Nahen Osten selbst langfristig gewährleistet werden?“ lauteten unsere Kernfragen, die wir gleichfalls an die deutsche Bundesregierung richteten. Dabei gingen wir auch davon aus, dass wir als Deutsche geradezu verpflichtet sind, die Lehren zweier Weltkriege zu beherzigen und eine Rehabilitierung des Krieges als Mittel internationaler Politik nicht zuzulassen.

Doch blieb unsere Aufforderung unberücksichtigt, der islamischen Welt ohne Vorbedingungen Europas Bereitschaft zu einem solchen „Neuanfang“ anzubieten, der auf der Anerkennung der Ganzheitlichkeit gemeinsamer Sicherheit, der Respektierung der jeweiligen zivilisatorischen Werte und der Entwicklung von Beziehungen der Kooperation und friedlichen Koexistenz beruht.

Als „Diplomaten für den Frieden mit der islamischen Welt“ appellieren wir an die deutsche Bundesregierung und europäische Öffentlichkeit, die positiven Zeichen aus der Hauptmacht der Transatlantischen Allianz aufzugreifen und dazu beizutragen, dass die von Obama angestrebte Wende im Verhältnis zur islamischen Welt gemeinsam mit Europa und zum gemeinsamen Nutzen Wirklichkeit wird.

Dr. Arne C. Seifert, Botschafter a.D. Sprecher der Gruppe


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