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Januar 2009

Chronologie der Ereignisse


Donnerstag, 1. Januar
  • Israel ist nach Angaben von Verteidigungsminister Ehud Barak zu einer "Ausweitung und Vertiefung" seiner Angriffe im Gazastreifen entschlossen. Israel werde seinen Militäreinsatz fortsetzen und auch intensivieren, bis die gesetzten Ziele erreicht seien, sagte Barak am 1. Jan. bei einem Besuch in der israelischen Stadt Beerschewa, die am Mittwoch (31. Dez.) von vier palästinensischen Raketen getroffen worden war. Israels Medien spekulierten über eine bevorstehende Bodenoffensive der Armee im Gazastreifen.
  • Die israelischen Angriffe im Gazastreifen dauerten an. Dabei wurde ein wichtiger Hamas-Führer getötet. Wie palästinensische Rettungskräfte mitteilten, wurde Nisar Rajan im Norden des Gazastreifens getötet.
  • Die Hamas erklärte derweil, sie sei unter Bedingungen bereit, den EU-Vorschlag für eine vorübergehende Feuerpause mit Israel umzusetzen. Israel müsse jedoch seine Angriffe einstellen, die Blockade des Gazastreifens aufheben und alle Grenzübergänge zu dem Gebiet öffnen, erklärte Hamas-Sprecher Fawsi Barhoum. Außerdem fordere die Hamas internationale Garantien dafür, dass Israel "nicht wieder mit diesem terroristischen Krieg" beginnt.
  • Der UN-Sicherheitsrat beriet in einer Sondersitzung über die Lage im Gazastreifen. Libyen brachte im Namen der arabischen Staaten einen Resolutionsentwurf ein, der ein sofortiges Ende der israelischen Luftangriffe auf das Palästinensergebiet forderte.
  • Tschechien will sich in seiner Rolle als neue EU-Präsidentschaft aktiv für ein Ende der Kämpfe im Nahen Osten einsetzen. "Wir können auf die US-Regierung nicht zählen, es kommt also der EU zu, die Initiative zu ergreifen", sagte der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek. Eine EU-Delegation unter Führung von Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg, der demnächst nach Ägypten, Israel, ins Westjordanland und nach Jordanien reist, solle eine Nahost-Reise vorbereiten.
  • Seit dem Beginn der blutigen Offensive am 27. Dez. kamen nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte mindestens 400 Menschen ums Leben.
Freitag, 2. Januar
  • Am siebten Tag der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen haben am 2. Jan. tausende Palästinenser im Westjordanland gegen die Offensive demonstriert. In Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Autonomieverwaltung, Nablus und Hebron sowie wie im Ostteil Jerusalems gingen sie auf die Straße, nachdem die Hamas zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen hatte.
    "Wir werden unsere Seele und unser Blut für Gaza opfern", skandierten die Demonstranten in Ramallah. Israel hatte tausende Sicherheitskräfte mobilisiert und hält das Westjordanland seit Donnerstag (1. Jan.) um Mitternacht für 48 Stunden komplett abgeriegelt.
    Auch in Afghanistan, Jordanien, dem Iran, der Türkei, Indonesien sowie in Stockholm und London gingen ebenfalls zahlreiche Menschen gegen das Vorgehen Israels auf die Straße.
  • Das israelische Militär bombardierte nach Armeeangaben am Morgen des 2. Jan. mutmaßliche Raketenstellungen und Waffenlager der Hamas. Insgesamt seien 15 Ziele angegriffen worden.
    Angesichts einer drohenden israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen verließen hunderte Ausländer das Palästinensergebiet. Laut israelischem Verteidigungsministerium durften rund 400 Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft ausreisen.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach sich für einen Waffenstillstand im Gazastreifen aus. Dieser müsse von Dauer sein und dürfe nicht zum vorherigen Zustand führen, als Israel von der Hamas mit Raketen beschossen wurde, sagte Rice. Ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush erklärte, die Entscheidung über eine Bodenoffensive im Gazastreifen liege bei Israel.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sicherte den arabischen Staaten seine "ausdrückliche Unterstützung" bei ihren Vermittlungsbemühungen im Nahen Osten zu. Dies machte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes in einem Telefonat mit seinem saudiarabischen Kollegen Saud el Faisal deutlich.
  • Die Beliebtheit des Vorsitzenden der israelischen Arbeitspartei, Verteidigungsminister Ehud Barak, hat seit dem Beginn der Offensive im Gazastreifen deutlich zugenommen. Laut einer in der Zeitung "Maariv" veröffentlichten Erhebung gaben 44 Prozent der Befragten an, eine "positivere Meinung" von Barak zu haben. 48 Prozent gaben demnach an, ihre Meinung nicht geändert zu haben; 2,5 Prozent der Befragten beurteilten den Verteidigungsminister demnach negativer.
    Die Luftangriffe der israelischen Armee auf Ziele im von der radikalislamischen Hamas beherrschten Gazastreifen treffen laut der Umfrage bei 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung Israels auf Unterstützung. Davon befürworten 80 Prozent das Vorgehen der israelischen Regierung ohne Vorbehalte.
  • Insgesamt wurden nach palästinensischen Angaben seit Beginn der Offensive am Samstag (27. Dez.) rund 430 Menschen getötet und etwa 2500 weitere verletzt. Nach UN-Angaben sind rund ein Viertel der Opfer Zivilisten. Vom Gazastreifen aus wurden erneut Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert.
Samstag, 3. Januar
  • Die israelische Armee hat am 3. Jan. eine Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen: Wie eine Militärsprecherin bestätigte, drangen Truppen in das Gebiet vor. Nach Angaben von Augenzeugen überquerten die Einheiten die Grenze in unbewohnten Regionen im Norden des Gazastreifens. Bei einem israelischen Luftangriff starben Augenzeugen zufolge mindestens 16 Palästinenser in einer Moschee. Mindestens 60 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Ein Sprecher der Armee weigerte sich auf Anfrage, das Geschehen zu kommentieren, und sagte lediglich, der Einsatz der Streitkräfte werde fortgesetzt.
  • Der scheidende US-Präsident George W. Bush machte die Hamas für die Gewalt im Gazastreifen verantwortlich. Die Hamas sei eine von Iran und Syrien unterstützte "Terrorgruppe" und habe die jüngste Eskalation der Gewalt "angestiftet", sagte Bush laut Redemanuskript. Bush forderte mehr Druck auf die im Gazastreifen regierende Hamas. "Ich rufe alle dazu auf, Druck auf die Hamas auszuüben, damit diese sich vom Terror abwendet". Zugleich sprach sich Bush für einen Waffenstillstand aus, "der etwas bedeutet".
  • Die Hamas drohte für den Fall einer Bodenoffensive der Armee mit der Entführung israelischer Soldaten. In einer vom Radiosender der Organisation verbreiteten Erklärung hieß es, sollten die israelischen Soldaten in den Gazastreifen einrücken, werde Gilad Schalit "neue Freunde" bekommen. Der israelische Soldat Schalit war im Juni 2006 im Gazastreifen von radikalen Palästinensern verschleppt worden. Der im syrischen Exil lebende Hamas-Chef Maschaal drohte, den Feind erwarte eine "düstere Zukunft". In der nordisraelischen Stadt Sachnin protestierten tausende israelische Araber gegen die Luftangriffe.
  • In Berlin gingen der Polizei zufolge rund 7500 Menschen friedlich gegen die israelischen Angriffe auf die Straße, in Düsseldorf etwa 4000. Auch aus Frankreich, Großbritannien, aus Österreich, den Niederlanden, Italien und Spanien wurden Proteste gemeldet. Allein in London gingen nach Schätzung der Polizei bis zu 12.000 Menschen auf die Straße. In Paris versammelten sich auf der Place de la République mehr als 20.000 Menschen zum Protestmarsch gegen die israelische Offensive.
  • Militante Palästinenser feuerten in der vergangenen Woche nach israelischen Angaben rund 500 Geschosse aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet ab. Dabei wurden drei israelische Zivilisten sowie ein Soldat getötet und mehrere Dutzend Menschen verletzt.
    Die israelische Luftwaffe griff nach Armee-Angaben weiter Ziele der Hamas im Gazastreifen an. Seit Beginn der Militäroffensive am 27. Jan. flog die israelische Armee demnach rund 750 Luftangriffe. Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte wurden dabei mindestens 437 Menschen getötet, darunter 75 Kinder sowie 21 Frauen, und knapp 2300 weitere Menschen verletzt. Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte wurde ein Kommandeur der Essedin-el-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas, durch einen israelischen Luftangriff getötet.
Sonntag, 4. Januar
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert am 4. Jan. für eine "möglichst baldige" Waffenruhe im Gazastreifen ausgesprochen. Das teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. Voraussetzung für eine baldige Waffenruhe sei allerdings, dass die Sicherheit Israels gewährleistet sei. Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass der Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen unterbunden werde.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich besorgt "angesichts der weiteren Eskalation der Kampfhandlungen". Dies rücke "die Hoffnung auf eine kurzfristige Einstellung in weite Ferne". Um so dringlicher sei es nun, gemeinsam mit den Partnern daran zu arbeiten, die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand zu schaffen. "Dieser muss die Sicherheit Israels dauerhaft gewährleisten", erklärte auch Steinmeier. Dazu gehöre nicht nur, "dass Hamas endlich ihren Raketenbeschuss einstellt". Auch der Waffenschmuggel in den Gaza-Streifen müsse zuverlässig unterbunden werden. Steinmeier appellierte an alle Seiten, die Versorgung der Bevölkerung "mit dringend benötigten humanitären Hilfsgütern zu ermöglichen".
Die humanitäre Kathastrophe im Gazastreifen in Zahlen
  • Bis zum Sonntagnachmittag (4. Jan.) starben nach Angaben von Rettungskräften seit Beginn der Angriffe mindestens 485 Palästinenser, darunter mehr als 80 Kinder. 2500 Menschen wurden verletzt.
  • Im Durchschnitt startet die israelische Armee alle 20 Minuten einen Luftangriff. Die meisten Angriffe erfolgen in der Nacht. In der ersten Woche des Einsatzes gab es nach Angaben des israelischen Militärs rund 750 Luftangriffe. Ziele waren Straßen, Regierungsgebäude, Polizeiposten und andere Infrastruktur.
  • Das Gesundheitssystem im Gazastreifen ist nach UN-Angaben "vollkommen überfordert". Durch die vorangegangene 18-monatige Blockade Israels war es bereits stark geschwächt.
  • Rund 250.000 der insgesamt 1,5 Millionen Bewohner des Gazastreifens müssen ohne Strom auskommen. Das einzige Elektrizitätswerk steht seit dem 30. Dezember wegen Treibstoff- und Ersatzteilmangels still.
  • Fließend Wasser gibt es im Gazastreifen nur alle fünf bis sieben Tage. Rund 40 Millionen Liter Abwasser fließen von dort täglich ins Mittelmeer. Nachdem wichtige Teile der Kanalisation bei den Angriffen zerstört wurden, hat sich das Abwasser auch in den Straßen der Städte verteilt.
  • Heizöl oder Gas gibt es auf den Märkten im Gazastreifen nicht mehr zu kaufen. Auch Mehl, Reis, Zucker, Milchprodukte und Konserven sind knapp. Das Welternährungsprogramm der UNO schätzt, dass nunmehr 80 Prozent der Bevölkerung von Lebensmittelhilfen abhängig sind.
  • Das Schulsystem im Gazastreifen ist zusammengebrochen. Viele Schulen werden mittlerweile als Notunterkünfte für Menschen genutzt, die bei den Angriffen ihre Wohnung verloren haben.
  • Israel erlaubt seit Beginn seiner Offensive am 27. Dez. im Durchschnitt täglich die Einfuhr von 60 Lkw-Ladungen in das abgeriegelte Gebiet. Vor der Übernahme der Macht durch die Hamas im Juni 2007 waren es rund 475 Lkw-Ladungen gewesen.
  • Die Öl-Pipelines am Kontrollpunkt Nahal Os sind seit Beginn der Angriffe geschlossen.
  • Die Banken im Gazastreifen haben aus Geldmangel ihren Dienst eingestellt.
Montag, 5. Januar
  • Zum ersten Mal seit Beginn der israelischen Bodenoffensive lieferten sich Soldaten und dutzende Kämpfer der Hamas sowie des Islamischen Dschihad schwere Kämpfe im Stadtteil Schedschaija, wie Augenzeugen und das israelische Militär angaben. Israelische Hubschrauber waren demnach im Einsatz. Die Hamas gab an, Raketen auf mindestens sieben Panzer abgefeuert zu haben. Die israelischen Bodentruppen haben die Stadt Gaza nach Angaben von Verteidigungsminister Ehud Barak "teilweise eingekreist". Am zweiten Tag der Bodenoffensive wurden nach palästinensischen Angaben 50 Palästinenser getötet. Unter den Opfern seien auch zwölf Kinder, teilten palästinensische Ärzte mit.
  • Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht zum 5. Jan. nach eigenen Angaben 130 Ziele im Gazastreifen an. Die Angriffe richteten sich vor allem gegen eine als Waffenlager genutzte Moschee in Dschabalija sowie gegen Waffenverstecke in Wohnhäusern und Fahrzeuge, die für den Transport von Raketenwerfern genutzt wurden, sagte eine Armeesprecherin. Laut Augenzeugen wurden auch die wichtigsten Verkehrsachsen im Gazastreifen bombardiert.
  • Israels Verteidigungsminister Ehud Barak kündigte eine Fortsetzung der Militäroffensive an. "Wir machen alles, was ein Staat machen muss, um seine Bevölkerung zu beschützen", sagte Barak. "Wir haben der Hamas einen harten Schlag versetzt", sagte Barak. Da aber noch nicht alle Ziele erreicht worden seien, gehe die Offensive im Gazastreifen weiter. "Wir wollen, dass die Angriffe gegen unsere Bürger und unsere Soldaten aufhören." Auch die Versorgung der Hamas mit Waffen müsse gestoppt werden.
    Forderungen einer EU-Delegation nach einem sofortigen Ende der Kämpfe lehnte Israels Außenministerin Zipi Livni ab. "Wir bekämpfen den Terrorismus und wir werden keine Absprachen mit dem Terrorismus treffen", sagte Livni mit Blick auf die Hamas. Die von Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg angeführte Gruppe hatte sich zuvor mit mit Livni in Jerusalem getroffen und einen Waffenstillstand gefordert.
    Die Hamas entsandte eine Delegation nach Ägypten. Auf Einladung Ägyptens solle über Möglichkeiten gesprochen werden, den Konflikt mit Israel beizulegen, die Blockade des Gazastreifens aufzuheben und den Grenzübergang Rafah nach Ägypten zu öffnen, hieß es.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat sich besorgt über die sich verschlechternde humanitäre Lage im Gazastreifen gezeigt. Das Rote Kreuz sei beunruhigt über die wachsende Zahl von Toten unter der Zivilbevölkerung und die steigende Zahl der bei den Kämpfen beschädigten Zivilgebäude und Krankenhäuser, erklärte der IKRK-Direktor für operationelle Einsätze, Pierre Krähenbühl. Nach Einschätzung der Menschenrechts-organisation Amnesty International ist die Lage im Gazastreifen durch die israelische Offensive so schlecht wie nie zuvor seit der israelischen Besetzung 1967.
    Internationales Recht verbiete Angriffe auf Zivilisten während eines Konflikts, betonte IKRK-Direktor Krähenbühl. Er forderte Israel und die radikalislamische Hamas-Bewegung auf, Zivilisten in dem Konflikt zu schützen.
    Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Einsätze erklärte derweil, die seit Tagen andauernde israelische Militäroffensive im Gazastreifen spitze die humanitäre Krise in der Region weiter zu. Im Gazastreifen sei der Strom quasi komplett ausgefallen, die Krankenhäuser von Gaza-Stadt seien auf Generatoren angewiesen, erklärte das UN-Büro. Auch diese Generatoren drohten zusammenzubrechen.
    Seit zwei Tagen verweigerten die israelischen Behörden einem Ärzteteam des IKRK den Zugang zum Gazastreifen, um das wichtigste Krankenhaus der Region, El Schiffa, zu unterstützen. Dort seien im Falle einer Generatoren-Panne die Leben von 70 Patienten in Gefahr, darunter 30 Kleinkinder, die auf der Intensivstation auf Maschinen angewiesen seien, betonte das UN-Büro.
    Die ai-Nahostexpertin Donatella Rovera sagte, die allgemeine Situation habe sich seit zwei Jahren kontinuierlich verschlechtert, "aber dass die Menschen nicht zu essen haben, das gab es noch nie". Reis, Zucker und Brot seien im Gazastreifen kaum noch aufzutreiben. In den Krankenhäusern mangele es an Medikamenten und medizinischem Gerät. Zudem gebe es keinen Strom und damit auch kein Wasser, weil die elektrischen Pumpen nicht funktionierten.
  • Seit Beginn der Offensive am 27. Dez. wurden nach palästinensischen Angaben bereits mindestens 517 Palästinenser getötet, darunter 92 Kinder. Auf israelischer Seite gab es nach Armeeangaben seit Beginn der Bodenoffensive am Samstagabend einen getöteten Soldaten sowie 49 Verletzte.
Dienstag, 6. Januar
  • Bei den israelischen Angriffen im Gazastreifen sind am 6. Jan. mindestens 45 palästinen-sische Flüchtlinge in Schulgebäuden getötet worden. Durch Angriffe in Dschabalija kamen nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte in einer von der UNO genutzten Schule 40 Menschen ums Leben, bei zwei vorherigen Angriffen fünf weitere.
    Augenzeugen berichteten, die israelische Armee habe vier Raketen auf die Umgebung der El-Fachura-Schule in Dschabalija im Norden des Gazastreifens abgefeuert. Die Schule war demnach vom UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) als Flüchtlingsunterkunft genutzt worden. Der norwegische Arzt Mads Gilbert schilderte die Lage im Gazastreifen in einem Telefonat aus Rafah mit der "Süddeutschen Zeitung" und dem "Tagesspiegel" dramatisch. Ambulanzen würden gezielt angegriffen, sagte er.
    Das Militär habe ersten Erkenntnissen zufolge Schüsse aus dem Gebäude, in dem Flüchtlinge Zuflucht suchten, erwidert, sagte der israelische Regierungssprecher Mark Regev. "Dann gab es Explosionen, die nicht im Zusammenhang mit unseren Geschossen standen", fuhr Regev in Anspielung auf möglicherweise dort gelagerte Munition fort.
  • Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak hat die Armee den Gazastreifen mittlerweile in zwei Teile geteilt und Gaza eingekreist. Gekämpft wurde auch in den nördlichen Orten Dschabalija und Beit Lahija sowie in Chan Junis, Bureidsch und Deir el Balah im Süden des Gazastreifens. Mindestens 30 Palästinenser kamen dabei ums Leben.
  • Die israelische Armee teilte mit, dass durch das Geschoss eines israelischen Panzers am Montagabend versehentlich vier israelische Soldaten getötet und 24 weitere zum Teil schwer verletzt worden seien.
  • Eine Hamas-Delegation traf in Kairo ein, um über einen von Ägypten vorgeschlagenen Waffenstillstand mit Israel zu beraten. Delegationsmitglied Mohammed Nasr forderte vorab den Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und eine vollständige Aufhebung der Blockade des Gebiets. Israels Regierungschef Olmert schloss jeglichen Waffenstillstand im Gazastreifen aus, solange die palästinensischen Raketenangriffe auf israelisches Gebiet nicht vollständig aufhörten.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach von einer "absoluten" humanitären Krise. Seit Beginn der Angriffe im Gazastreifen wurden laut palästinensischen Rettungskräften mehr als 635 Palästinenser getötet und mehr als 2900 weitere verletzt.
Mittwoch, 7. Januar
  • Erstmals seit Beginn der Kämpfe im Gazastreifen am 27. Dez. haben Israel und die Hamas die Waffen vorübergehend schweigen lassen. Die israelische Armee gab bekannt, aus "humanitären Gründen" täglich zwischen 12.00 und 15.00 Uhr MEZ auf Bombenangriffe im Gazastreifen zu verzichten. An die Feuerpause in Gaza und Umgebung hielten sich auch die Palästinenser weitgehend, danach setzten beide Seiten ihre Angriffe jedoch fort.
    Aus dem israelischen Verteidigungsministerium hieß es, die Feuerpause gelte nur für die Stadt Gaza und Umgebung. Ein Armeesprecher sagte, mit der Feuerpause solle die Lieferung von Hilfsgütern und die Arbeit von Hilfsorganisationen ermöglicht werden. 80 Lastwagen sollten demnach Hilfsgüter und Treibstoff nach Gaza transportieren.
  • Israel hat neue Luftangriffe auf das Grenzgebiet zu Ägypten angekündigt. Die israelische Luftwaffe warf in der Gegend von Rafah Flugblätter ab, in denen die Palästinenser aufgefordert wurden, das Gebiet umgehend zu verlassen.
    Unter der Südgrenze des Gazastreifens verlaufen zahlreiche von den Palästinensern gegrabene Tunnel. Sie werden unter anderem genutzt, um Waffen in das ansonsten weitgehend abgesperrte Gebiet zu transportieren.
  • Das israelische Sicherheitskabinett stimmte laut einem hochrangigen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums einer Ausdehnung der Bodenoffensive im Gazastreifen zu.
    Nach Berichten des öffentlichen Fernsehens wollten die Teilnehmer über die Einleitung einer dritten Phase der Militäroffensive beraten, bei der Reservisten-Einheiten im Gazastreifen für Angriffe in Stadtzentren und auf palästinensische Flüchtlingslager eingesetzt werden sollen. Nach Rundfunkberichten sollte auch über eine mögliche Annahme eines Waffenstillstands¬abkommens gehen. Außenministerin Zipi Livni bekräftigte, jede Vereinbarung für einen Waffenstillstand müsse Bedingungen enthalten, welche eine militärische Aufrüstung der Hamas im Gazastreifen verhindern.
    Die endgültige Entscheidung darüber wurde aber Verteidigungsminister Ehud Barak überlassen. Aus dem israelischen Verteidigungsministerium verlautete zudem, Baraks politischer Berater Amos Gilad werde am Donnerstag nach Kairo reisen, um über Ägyptens Vorschlag für eine Waffenruhe zu beraten.
  • Außenpolitiker von Union und SPD haben eine Entsendung deutscher Blauhelme in den Gazastreifen ins Gespräch gebracht. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sprach sich dafür aus. Für diesen Fall würde sie sich für die deutschen Soldaten ein "robustes" Mandat wünschen, sagte Knobloch.
    Der Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), wies unterdessen Überlegungen für eine deutsche Beteiligung an einem Blauhelm-Einsatz im Gazastreifen kategorisch zurück. Er sehe "keine Grundlage für eine internationale Friedensmission im Gazastreifen, und schon gar nicht mit deutscher Beteiligung", sagte er der "Welt". Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete die Diskussion als "verfrüht".
  • Hilfsorganisationen hatten vor einer "totalen" humanitären Krise im Gazastreifen gewarnt. Seit Beginn der Armeeoffensive am 27. Dezember wurden dort weit über 600 Menschen getötet und fast 3000 verletzt.
Donnerstag, 8. Januar
  • Erstmals seit Beginn seiner Militäroffensive im Gazastreifen ist Israel aus dem Libanon beschossen worden. Nach Angaben der israelischen Armee wurden drei Katjuscha-Raketen vom Libanon aus auf den Nordwesten Israels abgefeuert, woraufhin die Armee mit Granaten in Richtung Libanon reagierte.
    Die drei aus dem Libanon abgefeuerten Raketen schlugen laut Armee in der Nähe der Stadt Naharija und des Kibbuz' Kabri ein. Nach jüngsten Angaben von Sanitätern wurden zwei Menschen dabei leicht verletzt. Als Reaktion auf den Angriff schoss die israelische Armee Granaten in Richtung Libanon ab.
    Israelische Militärvertreter machten radikale Palästinenser für den Beschuss verantwortlich, die den Libanon in den Konflikt mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen "hineinziehen" wollten. Ein Sprecher der im Libanon aktiven Schiiten-Miliz Hisbollah wies die Verantwortung für den Raketenbeschuss zurück. Auch die Hamas-Vertretung im Libanon versicherte, nicht hinter den Angriffen zu stecken.
    Die Regierung des Libanon verurteilte den gegenseitigen Beschuss und erklärte, damit sei die UN-Resolution 1701 verletzt worden, die dem Libanon-Krieg 2006 ein Ende gesetzt hatte. In einer Erklärung von Ministerpräsident Fuad Siniora hieß es, die Behörden seien angewiesen worden, gemeinsam mit der UNIFIL den Zwischenfall zu überprüfen.
  • Die israelische Luftwaffe setzte am Donnerstag (8. Jan.) den 13. Tag in Folge ihre Angriffe auf den Gazastreifen fort. Vor der vereinbarten nachmittäglichen Feuerpause wurde im nördlichen Teil des Gebietes auch ein Konvoi des UN-Hilfswerkes UNRWA beschossen, mindestens ein Fahrer starb. Auch während der Feuerpause soll nach Angaben der Nachrichtenagentur ein Fahrzeug mit internationalen UN-Mitarbeitern beschossen worden sein. Über Verletzte dabei lagen keine Meldungen vor. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Beschuss des Konvois. Die israelischen Streitkräfte erklärten, der Vorfall werde untersucht.
    Als Reaktion auf diese Angriffe und den Beschuss einer UN-Schule am vergangenen Dienstag (6. Jan.), bei dem 39 Menschen getötet wurden, stellten die Vereinten Nationen ihre Hilfslieferungen für den Gazastreifen ein. Die Hilfe werde erst wieder ausgenommen, wenn die Sicherheit der UN-Mitarbeiter garantiert sei, erklärte Sprecher Chris Gunness am Donnerstag. Trotz einer Koordination der UN-Arbeit mit Israel seien weiterhin Mitarbeiter getroffen und getötet worden.
  • Das sich um eine Lösung bemühende Ägypten will nach Angaben des Außenministers Ahmed Abul Gheit innerhalb der nächsten drei Tagen eine Waffenruhe für den Gazastreifen erreichen. Die Hamas lehnte den ägyptischen Plan jedoch ab. In der syrischen Hauptstadt demonstrierten mehrere zehntausend Menschen gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen.
    Frankreich und Deutschland wollen sich gemeinsam für eine friedliche Lösung einsetzen. Paris und Berlin seien bereit, "eine gemeinsame Initiative" zu starten, sagte Sarkozy bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Paris. "Die Waffen müssen schweigen, die Eskalation muss beendet werden."
    Israel müsse "so schnell wie möglich Garantien für seine Sicherheit erhalten und Gaza verlassen", sagte Sarkozy. Er verwies dabei auf Waffenlieferungen an die radikalislamische Hamas über die Grenze zwischen Ägypten und den Gazastreifen. Er teile mit Merkel die Überzeugung, dass Israel "die Garantie" benötige, dass diese Lieferungen aufhörten, sagte der Präsident. Wenn dies erfolgt sei, müsse sich "die israelische Armee aus Gaza zurückziehen".
  • Der israelische Botschafter in Ankara hat sich für die Beteiligung der Türkei an einer möglichen internationalen Friedenstruppe im Gazastreifen ausgesprochen. Sein Land vertraue der Türkei, sagte der Diplomat Gabby Levy nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Anadolu. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana traf unterdessen in Ankara ein, um mit der türkischen Regierung über die Lage in Gaza zu sprechen. Nach Angaben des türkischen Außenministeriums wollte Solana unter anderem mit Präsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zusammentreffen.
    Türkischen Presseberichten zufolge sieht der ägyptische Plan für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas die Stationierung einer internationalen Truppe in Gaza vor, die insbesondere im Süden des Gebietsstreifens die Lieferung von Waffen aus Ägypten an Hamas verhindern soll. Türkische Soldaten sollten den Befehl über diese Truppe übernehmen, hieß es. Auch Hamas-Vertreter sprachen sich nach Zeitungsmeldungen für eine Rolle der Türkei aus. Die türkische Regierung hatte Anfang der Woche ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer Beteiligung an einer Gaza-Friedenstruppe erklärt.
  • Die israelische Armee hat Informationen der britischen Zeitung "The Times" bei den Kämpfen im Gazastreifen international umstrittene Phosphorbomben eingesetzt. Auf Pressefotos, die vergangene Woche an der Grenze zum Gazastreifen aufgenommen wurden, seien die Phosphorbomben aus US-Produktion an der Kennzeichnung M825A1 eindeutig zu erkennen, berichtet die Zeitung. Zudem gebe es Berichte von Medizinern, die von schweren Verbrennungen bei zivilen Opfern zeugten, wie sie beim Einsatz von Phosphorbomben entstehen.
    Die israelische Armee benutze die Munition, um Rauchwolken am Boden zu produzieren, berichtet die "Times". Eine Sprecherin der israelischen Armee wies die Berichte über einen Einsatz von Phosphorbomben zurück. Die M825A1-Granathülsen seien nicht gefüllt und würden nur zur Zielmarkierung eingesetzt, erklärte die Sprecherin der Zeitung zufolge. "Wir benutzen keine Waffen, die durch internationale Gesetze verboten sind", zitiert das Blatt die Armeesprecherin. Phosphorbomben sind nicht explizit verboten; allerdings ist ihr Einsatz laut Waffenkonvention von 1980 gegen Zivilisten und in städtischen Gebieten unzulässig.
    Schon seit dem Zweiten Weltkrieg sind die verheerenden Wirkungen von Phosphor-Bomben bekannt, die schwere Verbrennungen der Haut sowie Schädigungen an Leber, Herz und Nieren verursachen können. 2006 hatte Israel erstmals den Einsatz von Phosphor-Granaten bei der Offensive gegen die Schiitenmiliz Hisbollah im südlichen Libanon eingeräumt.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat der israelischen Armee vorgeworfen, verwundeten Palästinensern keine Hilfe geleistet zu haben. Weniger als hundert Meter von einer Stellung israelischer Soldaten entfernt hätten Helfer in beschossenen Häusern zwölf Tote sowie 19 Überlebende gefunden, darunter mehrere Verletzte sowie vier Kinder, erklärte das IKRK. Demnach bekamen die Helfer erst nach vier Tagen die Erlaubnis der israelischen Armee, in der Ortschaft Hilfe zu leisten. "Die israelische Armee muss von der Situation gewusst haben, half den Verwundeten aber nicht", kritisierte Pierre Wettach vom IKRK für Israel und die Palästinensergebiete.
    Nach Angaben des IKRK ereignete sich der Vorfall, den Wettach als "schockierend" bezeichnete, bereits am Samstag in der Ortschaft Seitun nahe der Stadt Gaza. "Das IKRK ist der Meinung, dass die israelische Armee in diesem Fall ihre Verpflichtungen innerhalb des internationalen humanitären Rechts nicht erfüllt hat, Verwundete zu versorgen und abzutransportieren", hieß es in der Erklärung.
  • Insgesamt sind bisher mindestens 700 Menschen bei der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen ums Leben gekommen. Wie ein Behördensprecher am Donnerstag (8. Jan.) in Gaza weiter mitteilte, wurden 3120 Personen verletzt. Davon schwebten 375 in Lebensgefahr. Nach Angaben einer israelischen Armeesprecherin sind bislang sieben Soldaten gestorben.
Freitag, 9. Januar
  • Nach tagelangem Ringen hat der UN-Sicherheitsrat eine Entschließung verabschiedet, die eine Waffenruhe im Gazastreifen verlangt. Für die Resolution 1860 votierten 14 der 15 Mitglieder, die USA enthielten sich. Der israelische Innenminister Meir Scheetrit warf den USA vor, entgegen ihres Versprechens kein Veto eingelegt zu haben.
    Der UN-Sicherheitsrat "betont die Dringlichkeit und ruft zu einem sofortigen, dauerhaften und vollständig eingehaltenen Waffenstillstand auf, der zu einem vollständigen Rückzug israelischer Kräfte aus dem Gazastreifen führen soll." Das Gremium "verurteilt jegliche Gewalt und Feindseligkeit gegen Zivilisten sowie jede Art von Terrorismus". Diese Textstelle bezieht sich auf die Raketenangriffe der radikalislamischen Hamas auf israelisches Staatsgebiet, die aber nicht ausdrücklich erwähnt werden.
    Der Sicherheitsrat fordert "eine ungehinderte Lieferung und Verteilung von humanitärer Hilfe im ganzen Gazastreifen". Nötig seien "Lebensmittel, Kraftstoff und Medikamente". Das Gremium "begrüßt Initiativen zur Einrichtung und Öffnung von humanitären Korridoren sowie andere Mechanismen zur nachhaltigen Versorgung mit humanitärer Hilfe". Zudem ruft es "die Mitgliedstaaten auf, internationale Bemühungen zur Linderung der humanitären und wirtschaftlichen Lage im Gazastreifen zu unterstützen."
    Der Sicherheitsrat "begrüßt die ägyptische Initiative sowie andere regionalen und internationalen Bemühungen". Er "fordert verstärkte internationale Bemühungen um Vereinbarungen und Garantien für eine dauerhafte Ruhe im Gazastreifen". Dazu zähle auch "eine Unterbindung des unerlaubten Schmuggels von Waffen und Munition sowie die Wiedereröffnung von Grenzübergängen".
    Zugleich "ermutigte" das Gremium "greifbare Maßnahmen, die zu einer Versöhnung der Palästinenser führen". Darüber hinaus forderte der Sicherheitsrat "neue und dringende Bemühungen der Konfliktparteien und der internationalen Gemeinschaft um einen umfassenden Frieden, der auf der Vision von einer Region basiert, in der zwei demokratische Staaten, Israel und Palästina, Seite an Seite friedlich und mit sicheren sowie anerkannten Grenzen leben.
  • Ungeachtet der UN-Resolution für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen haben Israel und die Hamas ihre Kämpfe fortgesetzt. Israel verwies auf sein Recht auf Selbstverteidigung, auch die Hamas lehnte die in der Nacht zum 9. Jan. in New York verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrats ab.
    Das israelische Sicherheitskabinett beschloss in Tel Aviv die Fortsetzung der Angriffe auf den Gazastreifen. Das Gremium aus zwölf Ministern habe in Tel Aviv für ein Festhalten an der Offensive gestimmt, sagte ein israelischer Regierungsvertreter. "Israel hat niemals hingenommen, dass eine Einflussnahme von außen über sein Recht zur Verteidigung seiner Bürger entscheidet", sagte Regierungschef Ehud Olmert.
  • Mindestens 25 Menschen starben durch israelische Luftangriffe. Augenzeugen zufolge schossen israelische Panzer an mehreren Orten während der dreistündigen täglichen Waffenruhe, deren Einhaltung Israel zugesagt hatte. Unter den Toten seien alleine sechs Mitglieder einer Familie aus der Gegend von Dschabalija, teilten die Rettungskräfte mit.
    US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte in Washington, für Israel sei es "sehr schwierig", in einem dicht bevölkerten Gebiet wie dem Gazastreifen zivile Opfer zu vermeiden. Außerdem missbrauche die Hamas die Bewohner als menschliche Schutzschilde.
    Die Hamas feuerte am Freitag nach israelischen Angaben etwa 30 Raketen aus dem Gazastreifen ab. Das Hamas-Politbüromitglied Mussa Abu Marsuk sagte, ohne die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens sei ein Waffenstillstand nicht möglich.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) berät heute (9. Jan.) in Kairo mit Ägyptens Staatschef Husni Mubarak über eine Waffenruhe im Gazastreifen. Er will zudem den ägyptischen Außenminister Ahmed Abul Gheit sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas treffen. Vor seinem Aufbruch in die Region hatte Steinmeier gesagt, als Voraussetzung für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sei es wichtig, die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen sicherer zu machen und den Waffenschmuggel zu unterbinden.
  • Zehntausende Menschen haben nach den Freitagsgebeten in Ägypten, Jordanien oder den Palästinensergebieten gegen die seit zwei Wochen andauernde israelische Offensive im Gazastreifen demonstriert. Angeführt von der fundamentalistischen Muslimbruderschaft versammelten sich allein im ägyptischen Alexandria mindestens 50.000 Menschen. In Sprechchören beklagten sie eine "Mitschuld" der arabischen Regierungen an der Blockade Gazas durch Israel und verlangten eine Öffnung der ägyptischen Grenze.
    Auch in Europa kam es zu Solidaritätskundgebungen: In Griechenland rief unter anderem die Jugendorganisation der Kommunistischen Partei (KKE) zu Protesten auf, der in Athen und Saloniki rund 2000 Menschen folgten. In Bulgarien versammelten sich hunderte Muslime in Plovdiv, etwa 150 Kilometer südöstlich von Sofia.
Samstag, 10. Januar
  • Drei Wochen nach Beginn seiner Offensive im Gazastreifen hat Israel hat eine erneute Ausweitung der Angriffe angekündigt. Über Gaza warfen israelische Flugzeuge Flugblätter ab, in denen die Bevölkerung gewarnt wurde. Die Armee werde bald ihre Einsätze gegen für den Waffenschmuggel genutzte Tunnel, Waffenlager und "die Terroristen im gesamten Gazastreifen" intensivieren, hieß es in der Ankündigung. "Für Ihre Sicherheit und die Ihrer Familie sind Sie aufgefordert, sich nicht Terroristen, Waffenlagern und Waffen zu nähern", hieß es weiter. Die Warnung wurde auch per SMS an Handys geschickt.
  • Die israelische Außenministerin Livni will sich nicht auf einen Zeitplan für ein Ende der Offensive festlegen. "Wir müssen erst feststellen, dass wir unsere Ziele erreicht haben", sagte Livni der "Washington Post". Auf die Frage, ob die Kämpfe bei der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Barack Obama beendet sein würden, sagte Livni, ein möglichst rasches Ende der Kämpfe sei für Israel wünschenswert. Allerdings befinde sich ihr Land in einem "anhaltenden Krieg gegen Terror". Dafür erwarte Israel keine Kampfbeteiligung der internationalen Gemeinschaft, aber "etwas Verständnis und Zeit".
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas drängt die Vertreter der radikalislamischen Hamas zur Annahme des ägyptischen Plans für eine Waffenruhe. Er hoffe, dass die Hamas-Delegation bei ihren Gesprächen in Kairo "ohne Zögern" eine Einigung erziele, sagte Abbas in der ägyptischen Hauptstadt. "Die Lage erlaubt es nicht, Zeit zu verlieren", fügte Abbas hinzu. Die Einwände der Hamas gegen den Plan schienen ihm nicht "substanziell" zu sein.
    Eine Hamas-Delegation traf zu Gesprächen über den ägyptischen Vorschlag in Kairo ein. Die vierköpfige Delegation sei Freitagabend über den Grenzposten Rafah nach Ägypten eingereist, teilte ein Vertreter der ägyptischen Sicherheitskräfte in Kairo mit. Die Delegation wird demnach von Aiman Taha und Dschamal Abu Haschem geleitet. Im Laufe des Tages sollten auch Vertreter der in Damaskus im Exil lebenden Hamas-Führung nach Kairo kommen, um mit den Hamas-Vertretern aus Gaza und Ägyptens Geheimdienstchef Omar Suleiman über die Waffenstillstandspläne zu beraten.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte indes Ägypten konkrete Hilfe bei der Sicherung der Grenze zum Gazastreifen zu. Bereits in den kommenden Tagen solle eine deutsche Expertengruppe nach Ägypten reisen, um über eine effektive Grenzschutzstrategie zu beraten, sagte Steinmeier nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak in Kairo.
    Deutschland wolle bei Ausrüstung und Training der ägyptischen Grenzpolizisten helfen und technische Hilfsmittel zur Grenzüberwachung bereitstellen, sagte Steinmeier. Er sagte Ägypten Unterstützung dabei zu, den Waffenschmuggel in Richtung Gazastreifen zu stoppen. Die Expertengruppe soll nach Angaben aus Regierungskreisen von Bundespolizei und Zoll gestellt werden.
    Die Hilfen zur Grenzsicherung dienten dazu, die Voraussetzungen für einen dauerhaften Waffenstillstand zu leisten, sagte Steinmeier. "Wir müssen jetzt miteinander alle Anstrengungen unternehmen, damit aus der UN-Resolution ein wirklicher Waffenstillstand wird", fügte der Bundesaußenminister hinzu. Er sei sich mit Mubarak einig gewesen, dass die humanitäre Lage im Gazastreifen "Anlass zu allergrößter Sorge" sei. Alle Parteien müssten sicherstellen, "dass der Notleidenden Bevölkerung die dringend benötigte Hilfe auch zuteil wird".
  • Die israelische Armee hat während des Besuches von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Rafah Raketen in unmittelbare Nähe des Grenzübergangs gefeuert. Eine Rakete schlug so dicht an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ein, dass die Scheiben in dem Gebäude vibrierten, in dem sich Steinmeier befand. Unmittelbar nach dem Einschlag der Rakete waren direkt hinter der Grenze eine Stichflamme und ein Feuerball zu sehen, danach stieg eine schwarze Rauchsäule auf. Die Druckwelle der Detonation war bis auf die Dachterrasse zu spüren. "Natürlich spüren und hören wir, dass da hinten noch gekämpft wird", sagte Steinmeier. "Die humanitäre Lage ist bedrückend. Wir sehen Krankenwagen in kurzen Abständen vorbeifahren."
  • Tausende Menschen haben in zahlreichen deutschen Städten gegen die israelische Offensive im Gazastreifen protestiert. In Duisburg versammelten sich nach Polizeiangaben rund 10.000 Teilnehmer zu einer friedlichen Großdemonstration. Zu der Großdemonstration in Duisburg hatte die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs aufgerufen. Die Demonstranten trugen zahlreiche Plakate und skandierten Parolen gegen den Krieg im Gazastreifen. Es kam zu einem Zwischenfall, als Demonstranten zwei israelische Fahnen, die aus den Fenstern eines Hauses hingen, mit Schneebällen und anderen Gegenständen bewarfen. Die Polizei entfernte die Fahnen daraufhin.
    In Berlin zogen rund 6600 Menschen bei einem Protestmarsch durch die Stadt.
    In München beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen an einem Demonstrationszug, zu dem die palästinensische Gemeinde aufgerufen hatte.
    In Nürnberg gingen etwa 3500 Demonstranten auf die Straße.
    In Dortmund nahmen mehr als 1000 Menschen an einer friedlichen Protestaktion gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen teil.
    Auch in Köln demonstrierten nach Polizeiangaben am Samstag rund 500 Menschen. Zu der Protestaktion auf der Domplatte hatte das Deutsch-Syrische Kultur- und Medienzentrum aufgerufen.
    Nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative kam es noch in weiteren Städten zu Mahnwachen, Demonstrationen und Kundgebungen, mit denen Friedensgruppen für einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza, ein Ende der Blockade und eine Friedenslösung im Nahen Osten eintraten. Am Sonntag (11. Jan.) sind in zahlreichen Städten proisraelische Kundgebungen jüdischer Organisationen geplant.
Sonntag, 11. Januar
  • Zu Beginn der dritten Kriegswoche sind israelische Bodentruppen weiter in die Stadt Gaza vorgedrungen. Laut Augenzeugen rollten Panzer und gepanzerte Fahrzeuge in die südlichen Stadtgebiete. Im Stadtteil Scheich Adschlin in Küstennähe sei es zu schweren Gefechten mit militanten Palästinensern gekommen, hieß es.
    Demnach brachten sich israelische Soldaten auf Dächern in Stellung. Hamas-Kämpfer leisteten erbitterten Widerstand. Unter Trümmern wurden laut Ärzten zwölf Leichen gefunden. Zehn der Toten hätten der radikalislamischen Hamas angehört. Bei einem Bombenangriff auf Beit Lahija im Norden wurden Augenzeugen zufolge vier Kinder und zwei Frauen getötet.
    Eine israelische Armeesprecherin sagte am Morgen, die Luftwaffe habe seit Mitternacht etwa 60 Ziele angegriffen. In Rafah im südlichen Gazastreifen sei eine Moschee getroffen worden, die als Waffenlager und Trainingsstätte für die Hamas gedient habe. Außerdem habe die Luftwaffe weitere Gebäude und mehrere Gruppen bewaffneter Kämpfer beschossen. An der Grenze zu Ägypten seien erneut mehrere Schmugglertunnel bombardiert worden. Aus dem Gazastreifen sei in der Nacht nur eine Rakete auf Israel abgefeuert worden. Unter den Soldaten gebe es keine Verletzten. Palästinensischen Augenzeugen zufolge beschossen Hamas-Kämpfer östlich von Gaza-Stadt vorrückende israelische Panzer.
    Die israelischen Truppen zogen sich bei Tagesanbruch zurück, während verängstigte Anwohner mit Babys im Arm und Kleinkindern an der Hand flohen, wie Augenzeugen beobachteten. Die Hamas feuerte unterdessen sieben Raketen auf Israel ab, die bis zu 40 Kilometer weit in den Süden des Landes flogen, durch die aber niemand verletzt wurde.
  • Die israelische Armee kündigte am Vormittag des 11. Jan. eine erneute mehrstündige Feuerpause für den Gazastreifen an, um Hilfslieferungen in das umkämpfte Palästinensergebiet zu lassen. Die israelischen Angriffe seien seit 10.00 Uhr MEZ ausgesetzt, sagte ein Armeesprecher. Allerdings waren weiterhin Explosionen aus dem Norden des Gazastreifens zu hören.
  • Nach Angaben palästinensischer Ärzte wurden in dem Dorf Chusa östlich von Chan Junis durch Panzerfeuer eine Frau getötet und etwa 60 Menschen verletzt, mindestens 55 von ihnen durch Phosphorgranaten. Die israelischen Streitkräfte dementierten einen Militäreinsatz in dem Dorf und den Einsatz von Phosphorgranaten.
    Auch nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat die israelische Armee im Gazastreifen weißen Phosphor eingesetzt. Die Substanz könne Hautverbrennungen verursachen und auch Felder oder Häuser in Brand setzen. Die Organisation forderte Israel auf, den Gebrauch von Phosphor einzustellen.
  • Trotz internationaler Forderungen nach einer Waffenruhe rief Ministerpräsident Ehud Olmert die Israelis zu Geduld und Entschlossenheit auf. Die Soldaten hätten in den vergangenen zwei Wochen deutliche Fortschritte erzielt, sagte er bei einer Kabinettssitzung in Jerusalem. Um ein Ende der palästinensischen Raketenagriffe sicherzustellen, müsse weiter gekämpft werden. Man dürfe nicht in letzter Minute aufgeben, was zuvor in einer beispiellosen Anstrengung des ganzen Landes erreicht worden sei, so Olmert.
    Außenministerin Zipi Livni betonte mit Blick auf die jüngste Resolution des Weltsicherheitsrates, nur Israel entscheide, wann seine Offensive beendet werde, nicht die Staatengemeinschaft. Nach ihrem Gespräch mit Steinmeier fügte sie hinzu, ihr Land lehne jegliche Vereinbarung mit der radikal-islamischen Hamas ab. Dies sei kein Disput, der in einem Vertrag ende.
  • Der politische Berater des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak, Amos Gilad, berät heute in Kairo über Ägyptens Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen. Gilad trifft nach amtlichen Angaben den Chef des ägyptischen Geheimdienstes, Omar Suleiman. Die ägyptische Initiative sieht eine zeitlich begrenzte Waffenruhe vor, die Hilfskorridore für die Zivilbevölkerung ermöglichen und genutzt werden soll, um einen umfassenden Waffenstillstand auszuhandeln.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier setzte seine Bemühungen um eine Waffenruhe in Israel fort. In Jerusalem sprach er zunächst Staatspräsident Schimon Peres. Dieser stellte klar, dass Israel den Gaza-Streifen nicht wiedererobern wolle. Ziel sei, die Raketenangriffe zu beenden.
    Der künftige US-Präsident Barack Obama will sofort mit seinem Amtsantritt in gut einer Woche in Nahost vermitteln. Er sei schon jetzt dabei, ein Expertenteam zusammenzustellen, sagte Obama dem Fernsehsender ABC. Ziel sei es, "dass wir am 20. Januar, also gleich am ersten Tag, die besten Leute beieinander haben, die sich sofort im Nahost-Friedensprozess als Ganzes engagieren". Es gehe darum, sowohl Israel als auch den Palästinensern eine Zukunft zu bieten. Derzeit habe aber noch Präsident George W. Bush das Sagen, betonte Obama.
  • Seit Beginn der israelischen Offensive am 27. Dez. sind nach palästinensischen Angaben etwa 850 Menschen im Gazastreifen getötet worden, 3.500 wurden verletzt. Fast die Hälfte der Toten sollen Zivilisten gewesen sein. Aufseiten der Israelis kamen bisher 13 Menschen ums Leben, unter ihnen zehn Soldaten.
Montag, 12. Januar
  • Mit Panzern und einem massiven Streitkräfte-Aufgebot hat die israelische Armee ihren Vorstoß auf die Stadt Gaza fortgesetzt. Regierungschef Ehud Olmert warnte, sein Land werde so lange weiter mit harter Hand im Gazastreifen vorgehen, wie der Raketenbeschuss Süd-Israels durch die Hamas anhalte. Der UN-Menschenrechtsrat verurteilte die israelische Offensive im Gazastreifen. Den verstärkten Einsatz von Reservisten werteten Beobachter als Anzeichen für den Beginn einer neuen Phase der Offensive.
    Israelische Infanteristen, die von tausenden frisch eingezogenen Reservisten unterstützt wurden, kämpften im gesamten Gazastreifen gegen den erbitterten Widerstand der radikalislamischen Hamas an. In den Vierteln Eidschlin, Tuffa und Seitun im Süden der Stadt Gaza rückten Panzereinheiten immer weiter vor, wie Bewohner berichteten. Im Süden rückten die israelischen Truppen in Chan Junis vor, wo Augenzeugen von 35 zerstörten Häusern berichteten.
    Erklärte Ziele der israelischen Operation sind, die Kassam-Raketenangriffe auf Israel zu stoppen und den Waffenschmuggel durch Tunnel von Ägypten in den Gazastreifen zu unterbinden. Das erste Ziel ist, so die Zeitung "Haaretz", wohl erreicht. Unter Berufung auf das Militär berichtet das Blatt, seit Beginn der Offensive sei die Zahl der von der Hamas abgeschossenen Kassam-Raketen "dramatisch", nämlich um 50 Prozent zurückgegangen. Das zweite Ziel, die Tunnelanlagen, soll nun, so die Zeitung "Jerusalem Post", verstärkt ins Visier genommen werden: Die Militärführung habe angekündigt, sie werde ihre Operationen gegen die Tunnelanlagen an der Südgrenze zu Ägypten ausweiten.
  • Der UN-Menschenrechtsrat verurteilte die israelischen Angriffe und kündigte eine Untersuchung der "schweren" Menschenrechtsverletzungen der Streitkräfte an. Die Ratsmitglieder nahmen eine entsprechende Resolution an, die jedoch von westlichen Staaten nicht unterstützt wurde. Während 33 afrikanische, asiatische, arabische und lateinamerikanische Länder für die Entschließung stimmten, enthielten sich 13 überwiegend europäische Staaten der Stimme - Kanada stimmte als einziges Land dagegen.
    Israel wies derweil Vorwürfe zurück, es habe mit dem Einsatz von Phosphorbomben im Gazastreifen gegen das Völkerrecht verstoßen. "Der Einsatz unserer Waffen erfolgt im Rahmen der legalen Grenzen des internationalen Rechts", sagte ein Armeesprecher. Olmert-Sprecher Mark Regev sagte, die von Israel verwendete Munition stimme mit derjenigen aller westlichen Demokratien einschließlich der NATO-Staaten überein.
  • Ägypten versucht, in den Verhandlungen um eine Waffenruhe für den Gazastreifen zu vermitteln. Der Vorschlag Ägyptens sieht eine zeitlich begrenzte Waffenruhe vor, die Hilfskorridore für die Zivilbevölkerung ermöglichen und genutzt werden soll, um einen dauerhaften Waffenstillstand auszuhandeln.
    Steinmeier sagte auf dem Rückflug von seiner Nahost-Reise nach Berlin, die Eindämmung des Waffenschmuggels für die Hamas sei "die Schlüsselfrage" bei den Verhandlungen um einen dauerhaften Waffenstillstand. "Die konkrete Perspektive für eine effektivere Bekämpfung des Waffenschmuggels an der Grenze von Ägypten zum Gazastreifen ist da", sagte Steinmeier. Der Außenminister rief dazu auf, eine "humanitäre Waffenruhe" einzulegen. Der Nahost-Beauftragte Tony Blair sagte, für einen "sofortigen Waffenstillstand" lägen die Voraussetzungen nun vor. Er hoffe auf "baldige Früchte" der Verhandlungen, sagte Blair in Kairo.
  • Belgien verschob einen bereits für Freitag geplanten Evakuierungsflug für verletzte Kinder aus Gaza auf Dienstag (13. Jan.). Ägypten hatte darum gebeten, da das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wegen der schweren Kämpfe seine Transporte bis auf weiteres eingestellt hat. Venezuela kündigte am Sonntag an, es werde ein Flugzeug mit 12,5 Tonnen Medikamenten für den Gazastreifen schicken. Vom zyprischen Hafen Larnaca soll heute ein Schiff auslaufen, das nicht nur Hilfsgüter an Bord hat, sondern auch pro-palästinensische Aktivisten, Ärzte und Mitglieder des Europäischen Parlaments.
  • Bei den jüngsten Kämpfen seien 20 Palästinenser getötet worden, berichteten Rettungskräfte vor Ort. Damit habe sich die Gesamtzahl der Opfer auf palästinensischer Seite auf mindestens 917 erhöht. Mehr als 4100 seien verletzt worden.
Dienstag, 13. Januar
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon beginnt heute (13. Jan.) in der ägyptischen Hauptstadt Kairo eine einwöchige Nahost-Reise, bei der er im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln will. Er wolle zum einen die diplomatischen Bemühungen um ein Ende der Kämpfe vorantreiben, sagte Ban im Vorfeld. Zum anderen wolle er sicherstellen, dass die humanitäre Hilfe zu den Bedürftigen gelange.
    Der UN-Sicherheitsrat sei sich einig in seiner Unterstützung von Bans Initiative und der Rolle, die der Generalsekretär bei der Umsetzung der Resolution 1860 für einen Waffenstillstand im Gazastreifen spielen könne, sagte der französische UN-Botschafter Jean-Maurice Ripert. Die Entschließung fordert eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe, die zum Abzug der Israelis aus dem Gazastreifen führen solle.
  • Nach den bislang schwersten nächtlichen Angriffen auf den Gazastreifen hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Israel vorgeworfen, die dortige Bevölkerung "auslöschen" zu wollen.
    Es sei "die längste Nacht" seit Beginn der Kämpfe, berichtete aus Gaza ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP. Am 18. Tag der israelischen Offensive drangen israelische Panzer unterstützt von der Luftwaffe in drei Stadtviertel von Gaza vor. Augenzeugenberichten zufolge gab es in drei Stadtvierteln von Gaza, Tal el Hawa, Eidschlin und Seitun, heftige Kämpfe mit der radikalen Palästinenserorganisation Hamas. Diese zerstörte nach eigenen Angaben zwei Panzer der israelischen Armee, mehrere Soldaten seien getötet worden. Diese Angaben wurden vom israelischen Militär dementiert. Es räumte aber ein, dass im Norden des Gazastreifens drei Soldaten verletzt worden seien.
    Nach israelischen Armeeangaben flog die Luftwaffe in der Nacht rund 60 Angriffe. Palästinensischen Rettungskräften zufolge starben in der Nacht und im Laufe des Dienstags bei den Kämpfen in Gaza und anderen Teilen des Gazastreifens mindestens 70 Menschen. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf mehr als 930, darunter sind nach Angaben der Rettungskräfte mehr als 270 Kinder. Laut den Vereinten Nationen sind inzwischen eine Million Palästinenser im Gazastreifen ohne Strom, das sind zwei Drittel der Bevölkerung. 750.000 Menschen haben kein Wasser.
    Aus der Europäischen Kommission kamen erstmals schwere Vorwürfe gegen Israel. "Israel missachtet das humanitäre Völkerrecht", sagte EU-Entwicklungskommissar Louis Michel.
  • Israels Generalstabschef Gabi Aschkenasi sagte vor Abgeordneten, die Offensive komme voran. Allerdings hätten die Soldaten in der Stadt Gaza mit "komplizierten" Bedingungen zu kämpfen. Hamas-Regierungschef Ismail Hanija hatte in einer Fernsehanpsrache gesagt, Israel werde nicht den Willen der Palästinenser brechen. Diese würden den Sieg davontragen. Zugleich deutete er an, dass die Islamisten bereit seien, jeden Vorstoß zu prüfen, der den Angriffen ein Ende machen könne. "Das Blut, das geströmt ist, wird nicht umsonst geströmt sein, denn es wird uns den Sieg bringen." Hanija soll sich an einem unbekannten Ort im Gazastreifen aufhalten.
  • Eine Hamas-Delegation hielt sich in Kairo auf, um dort über die ägyptische Initiative für eine Waffenruhe zu beraten. Ein ranghoher ägyptischer Diplomat sagte, die Unklarheit müsse ein Ende haben, die Hamas müsse "jetzt Ja sagen zu unserem Plan". Die Initiative sieht zunächst eine zeitlich begrenzte Waffenruhe vor, die zur Einrichtung von Hilfskorridoren genutzt werden soll.
Mittwoch, 14. Januar
  • Die UN-Vollversammlung berät heute (14. Jan.) bei einer Dringlichkeitssitzung über den Gaza-Konflikt. Die Sitzung sei auf Antrag mehrerer Mitgliedsstaaten für den Morgen anberaumt worden, teilte UN-Sprecher Enrique Yeves mit. Es werde darum gehen, eine "starke Botschaft" zu senden, dass die internationale Gemeinschaft für einen sofortigen Waffenstillstand ist.
  • Zweieinhalb Wochen nach Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen mit mehr als tausend Toten zeichnet sich der französischen Regierung zufolge eine Waffenruhe für das Palästinensergebiet ab. Es gebe aber allerdings noch "größere Hindernisse", sagte Außenminister Bernard Kouchner. "Ich bin überzeugt, dass unsere Bemühungen Früchte tragen", sagte Kouchner vor der Nationalversammlung in Paris: "Wir haben einen Druck aufgebaut und aufrechterhalten, der heute nützlich ist und in ein paar Tagen wirksam sein wird." Kouchners spanischer Kollege Angel Moratinos hatte zuvor in Kairo gesagt, ein Abkommen für eine Waffenruhe rücke näher.
    Die Hamas steht nach Angaben aus Kairo der ägyptischen Initiative für eine Waffenruhe offenbar aufgeschlossen gegenüber. Die Hamas-Delegation habe bei den Gesprächen der vergangenen Tage in der ägyptischen Hauptstadt "positiv" auf den Vorstoß reagiert, zitierte die Nachrichtenagentur Mena "befugte ägyptische Kreise". Israels Unterhändler Amos Gilad wird für Donnerstag in Kairo erwartet.
  • Die israelische Armee lieferte sich heftige Feuergefechte mit Hamas-Anhängern. Unterstützt von der Luftwaffe drangen israelische Spezialtruppen mit Panzern mehrere hundert Meter in Stadtbezirke Gazas vor, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die Palästinenser schossen aus dem Gazastreifen rund ein Dutzend Raketen auf den Süden Israels ab.
    In Rafah nahe der ägyptischen Grenze flohen nach Angaben der Hilfsorganisation Care hunderte Menschen in Panik vor den Luftangriffen. Die Militärflugzeuge griffen nach Armeeangaben seit Montagmorgen (12. Jan.) mehr als hundert Ziele an. Darunter waren den Angaben zufolge 55 Tunnel, durch die Waffen in den südlichen Gazastreifen geschmuggelt wurden.
  • Auf den Norden Israels sind am Morgen des 14. Jan. Raketen aus dem Libanon abgefeuert worden. Nach Angaben der israelischen Polizei schlugen bei Kiriat Schmona drei Geschosse ein. Die Raketen hätten niemanden verletzt und auch sonst keine Schäden angerichtet. Als Reaktion auf den Raketenbeschuss aus dem Libanon feuerte die israelische Armee unmittelbar darauf vier Geschosse zurück, die nördlich der südlibanesichen Ortschaft Gadschar einschlugen, wie libanesische Sicherheitskräfte mitteilten.
  • Osama bin Laden, der Chef des Terrornetzwerks El Kaida, heizte mit einem Aufruf zum "heiligen Krieg" den Konflikt weiter an. In einer Tonaufnahme rief er zur gewaltsamen Beendigung der israelischen Offensive auf, wie das auf die Beobachtung islamistischer Webseiten spezialisierte IntelCenter mitteilte.
  • Die Zahl der getöteten Palästinenser im Gazastreifen weiter. Mindestens 1010 Palästinenser seien seit Beginn der Militäroffensive "Gegossenes Blei" am 27. Dez. getötet worden, sagte der Chef der Rettungskräfte, Muawija Hassanein. Mehr als 4700 Menschen seien verletzt worden.
Donnerstag, 15. Januar
  • Israel hat bei der Gaza-Offensive auch das UN-Hilfswerk, ein Krankenhaus und ein Gebäude mit Journalistenbüros bombardiert. Hunderte Menschen versuchten am Abend des 15. Jan., aus dem in Brand geschossenen El-Kuds-Krankenhaus zu entkommen.
    Wie ein AFP-Reporter berichtete, bemühten sich Angehörige, Patienten und Verletzte auf Krankenhausbetten sowie früh geborene Babys in Brutkästen aus dem brennenden Gebäude ins Freie zu bringen, wo Schüsse der israelischen Armee zu hören waren. Über dem in Flammen stehenden Brand Gebäude stieg dichter Rauch auf.
    Ein bereits zuvor durch israelischen Beschuss ausgelöster Brand im Krankenflügel der Klinik hatte gelöscht werden können. Nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern waren dort Phosphorgranaten zum Einsatz gekommen, die schwere Verbrennungen verursachen. Hunderte Menschen, unter ihnen auch Kriegsverletzte, hatten in dem stark beschädigten Gebäude festgesessen. Am Abend brannte der Teil des Krankenhauses, in dem die Verwaltung untergebracht ist.
  • Die israelische Armee schoss das Hauptquartier des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) in Gaza nach Angaben des UNRWA-Direktors John Ging mit Phosphorbomben in Brand. Dies hätten ihm internationale UNRWA-Mitarbeiter mitgeteilt, sagte Ging. Drei Mitarbeiter des UN-Hilfswerks wurden nach UNRWA-Angaben verletzt. Etwa 700 Menschen in dem Gebäude warteten darauf, in Sicherheit gebracht zu werden.
    Der israelische Regierungschef Ehud Olmert erklärte sein "Bedauern" über den Beschuss des UNRWA-Gebäudes. Die israelische Armee habe angegriffen, nachdem die Hamas aus dem Gebäudekomplex geschossen habe. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sprach von einem "schweren Fehler".
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich "empört" und nannte die Zahl der palästinensischen Opfer im Gazastreifen "unerträglich". Seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 27. Dez. wurden nach Angaben der Rettungskräfte 1073 Palästinenser getötet, unter ihnen 355 Kinder. Mehr als 5000 Menschen wurden verletzt.
    Die Attacke auf das Hauptquartier des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) sei "einfach inakzeptabel", teilte die tschechische EU-Präsidentschaft in Brüssel mit. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen reagierte mit "tiefer Sorge" auf den Beschuss der UN-Einrichtung. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der sich in Israel ebenfalls um Vermittlung bemühte, sprach von "inakzeptablen" Angriffen.
  • In Tal El Hawa drangen israelische Panzerverbände erstmals mehrere hundert Meter tief in ein Wohnviertel der Hauptstadt vor. Israelische Soldaten lieferten sich dort den Berichten der Augenzeugen zufolge erbitterte Kämpfe mit palästinensischen Kämpfern. Hunderte von Familien flohen vor den Gefechten.
    In der Nacht hatte die israelische Luftwaffe 70 Ziele im Gaza-Streifen angegriffen. Nach Angaben der Streitkräfte wurden Waffenstellungen und Raketentrupps der Hamas sowie eine Moschee in Gaza, die als Waffenlager gedient habe, angegriffen.
    Während israelische Panzer tief in die Stadt eindrangen wurde auch der Innenminister der Hamas-Regierung im Gaszastreifen, Said Siam, getötet. Die Meldung der israelischen Armee über den Tod Siams wurde am Abend im Hamas-Sender El-Kuds-TV nach kurzer Zeit bestätigt. Der Angriff wurde nach Angaben eines israelischen Militärsprechers von der Armee und dem Inlandsgeheimdienst Schin Beth gemeinsam ausgeführt.
  • Währenddessen laufen die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um eine Waffenruhe auf Hochtouren. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kam in Jerusalem zunächst mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres zusammen. Die Unterredung fand unter vier Augen statt und diente der Eröffnung der zweiten Vermittlungsmission des Außenministers im Gazakonflikt innerhalb einer Woche.
    Geplant sind auch Treffen Steinmeiers mit Regierungschef Ehud Olmert und Außenministerin Zipi Livni. Steinmeier will ferner in Ramallah mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und in Kairo mit ägyptischen Regierungsvertretern sprechen.
    In Berlin forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der britische Premermimister Gordon Brown eine schnelle Feuerpause schon vor einem Abkommen über die Verhinderung des Waffenschmugel in den Gaza-Streifen. Der Stopp des Waffenschmuggels ist eine Hauptforderung Israels.
    Fortschritte gibt es offenbar bei der ägyptischen Initiative für eine Waffenruhe. Ein Sprecher des ägyptischen Außenministeriums sagte, die Regierung in Kairo stehe mit der Hamas und Israel wegen einer zehntägigen Waffenruhe in Kontakt. "Wir hoffen, bald ein Ergebnis zu erreichen", erklärte der Sprecher.
    Der Chef der Hamas-Regierung im Gazastreifen, Ismail Hanija, nannte in der britischen Zeitung "The Independent" "klare und einfache" Bedingungen für eine Waffenruhe. Dies seien eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens, die Öffnung der Grenzübergänge und der komplette Rückzug Israels.
    Als Indiz für Bewegung im Ringen um einen Stopp der Kämpfe gilt auch die Ankunft des israelischen Chefunterhändler Amos Gilad in Kairo. Vor wenigen Tagen hatte er eine Reise nach Ägypten noch mit den Worten abgelehnt, die Zeit dafür sei noch nicht reif.
  • Auch Syrien hat sich nach den Worten von Präsident Baschar el-Assad eingeschaltet. Dem britischen Sender BBC sagte Assad, die Hamas sei zu einer nachhaltigen Waffenruhe bereit und Syrien arbeite auf einen Waffenstillstand hin.
    Es war der erste Hinweis darauf, dass Syrien sich an den Bemühungen um eine Waffenruhe beteiligt und die Hamas an einer langfristigen Lösung interessiert sein könnte. Die Regierung in Damaskus hat der politischen Hamas-Führung Asyl gewährt.
  • Die israelische Regierung hält den Gazastreifen für ausländische Journalisten gesperrt und erschwert damit massiv die Berichterstattung über den Konflikt. Internationale Medien stützen sich aber für ihre Vor-Ort-Berichte auf von ihnen beschäftigte palästinensische Reporter, die im Gazastreifen leben. Unter welch gefährlichen Umständen diese Journalisten ihre Arbeit leisten, zeigte ein Vorfall am Donnerstag, bei dem zwei Kameramänner des Senders Abu Dhabi Television bei einem israelischen Luftangriff verletzt wurden. Bei dem Angriff wurde ein Gebäudekomplex getroffen, in dem mehrere Journalistenbüros untergebracht waren, unter anderem der Nachrichtenagentur Reuters und der Fernsehsender Fox und Sky.
  • Venezuela hat seine diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen. Als Grund gab die Regierung in Caracas die israelische Militäroffensive im Gazastreifen an. In einer im Fernsehen verlesenen Erklärung des Außenministeriums hieß es, Israel sei für die "grausame Verfolgung des palästinensischen Volkes" verantwortlich. Dies sei mit Venezuelas "Vision eines Weltfriedens, Solidarität und Respekt vor den Menschenrechten" nicht vereinbar.
  • Seit Beginn der Offensive starben mindestens 1038 Palästinenser, wie der Chef der Rettungskräfte, Muawija Hassanein, sagte. Mehr als 4850 Menschen seien verletzt worden.
Freitag, 16. Januar
  • Der israelische Unterhändler Amos Gilad verhandelte innerhalb von 48 Stunden zwei Mal mit dem ägyptischen Vermittler Omar Suleiman über einen möglichen Waffenstillstand, verließ Kairo jedoch ohne konkretes Ergebnis. Es gebe eine Verzögerung in den Verhandlungen "bis Samstagabend oder Sonntag", hieß es aus Diplomatenkreisen. Israel lehnte demnach einen Vorschlag der Hamas für einen auf ein Jahr begrenzten Waffenstillstand ab.
    Das israelische Sicherheitskabinett werde dagegen am Samstag einen einseitigen Waffenstillstand im Gazastreifen beschließen, verlautete aus Regierungskreisen in Jerusalem. Nach Inkrafttreten des Waffenstillstands werde die israelische Armee jedoch im Gazastreifen bleiben. Bei Angriffen der Hamas werde sie zurückfeuern und die Offensive fortsetzen, hieß es weiter.
  • In Washington unterzeichneten die Außenministerinnen der USA und Israels, Condoleezza Rice und Zipi Livni, eine Absichtserklärung zur Bekämpfung des Waffenschmuggels. Die Vereinbarung sei ein "entscheidender Baustein für ein Ende der Feindseligkeiten", sagte Livni. Beim Kampf gegen den Waffenschmuggel solle mit der NATO und Staaten der Region zusammengearbeitet werden.
  • Bei einem Sondertreffen arabischer Staaten in Doha verabschiedeten die Teilnehmer einen Elf-Punkte-Plan, der beim Gipfel der Arabischen Liga am Montag und Dienstag in Kuwait vorgelegt werden soll. In dem Dokument werden unter anderem das sofortige Einstellen der israelischen Angriffe, die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens und die dauerhafte Öffnung aller Grenzübergänge des Palästinensergebiets gefordert.
  • Im Gazastreifen wurden die Kämpfe fortgesetzt. Die israelische Armee hat in der Nacht zum 16. Jan. erneut Angriffe auf den Gazastreifen geflogen. Die Luftwaffe habe sechs bewaffnete Gruppen bombardiert sowie eine Moschee im Norden des Gazastreifens, in der Waffen gelagert worden seien, vier Unterführungen und zwei Stellungen von Hamas-Kämpfern, sagte ein Militärsprecher. Bei den Angriffen wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 55 Menschen getötet. In Gaza wurden nach den schweren Kämpfen am Vortag 23 Leichen geborgen. Bei 13 palästinensischen Raketenangriffen auf den Süden Israels wurden vier Menschen leicht verletzt.
  • In Gaza nahmen mehrere tausend Anhänger Abschied von Hamas-Innenminister Said Siam, der am Donnerstag bei einem Luftangriff getötet worden war. Die Trauergemeinde schwor Rache für den Tod des 49-Jährigen und rief: "Mit unserer Seele und unserem Blut werden wir uns für Dich opfern."
Samstag, 17. Januar
  • Nach dem UN-Sicherheitsrat hat auch die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe im Gaza-Konflikt gefordert. Bei drei Gegenstimmen und neun Enthaltungen stimmte eine große Mehrheit von 142 Staaten für die Einhaltung der Resolution des UN-Sicherheitsrats von vergangener Woche, in der auch der vollständige Rückzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen verlangt wurde.
    Israel und die USA stimmten gegen die Resolution. Der stellvertretende US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Alejandro Wolff sagte im Verlauf der Sondersitzung, die UNO müsse darauf achten, die diplomatischen Bemühungen um einen Frieden im Gazastreifen nicht zu erschweren. Die Vollversammlung dürfe nicht "zu einer Bühne für Schmähkritik werden, während alle Anstrengungen unternommen würden, den Konflikt zu beenden", sagte Wolff. Unter anderem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bemüht sich auf Reisen ins Westjordanland und nach Ägypten nach um eine Umsetzung der Resolution.
    Israel hatte vergeblich versucht, die Sondersitzung mit der Begründung zu verhindern, dass sich die Vollversammlung nicht in ein Thema einbringen könne, das bereits vom UN-Sicherheitsrat verhandelt werde.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Sonntag (17. Jan.) an einem internationalen Gipfeltreffen zu den Kämpfen im Gazastreifen teilnehmen. Im Anschluss werde Merkel zu Gesprächen mit der israelischen Führung nach Tel Aviv weiterreisen, sagte ein Sprecher der Bundesregierung der Nachrichtenagentur AFP. Zu dem Gipfeltreffen lud der ägyptische Präsident Husni Mubarak mehrere ausländische Staats- und Regierungschefs nach Scharm el Scheich ein.
    Zu den Eingeladenen zählen nach Angaben aus Kairo der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der britische Premier Gordon Brown, Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero und Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi. Mubarak will vor dem Treffen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas empfangen.
  • Drei Wochen nach Beginn der Angriffe auf den Gazastreifen wird Israel eine einseitige Waffenruhe ausrufen: Ministerpräsident Ehud Olmert werde die Feuerpause am Abend nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts verkünden, sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Israel behalte sich aber vor, im Fall von Angriffen der Hamas zurückzuschießen. Die Hamas drohte damit, die Gewalt gegen Israel auch im Falle einer einseitig erklärten Waffenruhe fortzusetzen. Derweil wurde bekannt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag an einem internationalen Gipfeltreffen zu Nahostkrise teilnimmt.
  • Beim Beschuss einer Schule der Vereinten Nationen am 17. Jan. durch israelische Soldaten im Norden des Gazastreifens wurden indes zwei Menschen getötet. Eine Frau und ein Kind seien in dem Gebäude in Beit Lahija gestorben, wo sie zusammen mit anderen Zivilisten Schutz vor den Kampfhandlungen gesucht hätten, wie Hilfskräfte vor Ort berichteten. Elf weitere Menschen seien verletzt worden. Um die Schule, die von den Vereinten Nationen geführt wird, lieferten sich israelische Soldaten in Panzern demnach heftige Kämpfe mit militanten Palästinensern.
  • Nach palästinensischen Angaben kamen bei den Kämpfen seit dem 27. Dez. mehr als 1200 Palästinenser ums Leben, mehr als 5300 weitere wurden verletzt. Rund 65 Prozent der Opfer seien Zivilisten.
Sonntag, 18. Januar
  • Wenige Stunden nach der Verkündung einer einseitigen Waffenruhe durch Israel hat es im Gazastreifen neue Gefechte gegeben. Die israelische Armee teilte am Morgen des 18. Jan. mit, Hubschrauber und Panzer hätten in der Stadt Gaza auf bewaffnete Männer geschossen, nachdem diese eine Einheit der Armee angegriffen hätten. Mehrere Angreifer seien verletzt worden, sagte eine Sprecherin. Wie die Armee weiter mitteilte, wurden am Morgen fünf palästinensische Raketen in Richtung der israelischen Stadt Sderot gefeuert. Vier von ihnen seien in Sderot gelandet, hätten aber niemanden verletzt und keine Schäden angerichtet.
    Das öffentlich-rechtliche israelische Radio hatte zuvor berichtet, israelische Armeehubschrauber hätten am Morgen Geschosse auf die Gegend von Beit Lahija im Norden des Gazastreifens gefeuert. Das Radio sendete die Geräusche der Schüsse. Ob es sich bei der Militäraktion um eine Reaktion auf einen palästinensischen Angriff handelte, wurde nicht gesagt.
    Israels Regierungschef Ehud Olmert nannte die Waffenruhe "brüchig". Sie müsse von Minute zu Minute "neu bewertet" werden, sagte er vor der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem. "Wir hoffen, dass am Ende der Rechnung die Gefechte aufhören." Sollte die Hamas nicht mit ihren Angriffen auf Israel aufhören, werde die israelische Armee reagieren.
  • Im Zuge der Feuerpause bargen Rettungskräfte in zwei Ortschaften im Norden des Gazastreifens nach eigenen Angaben 40 Leichen in den Trümmern. Unter den Toten in Beit Lahija und Dschabalija seien Kinder, aber auch zehn palästinensische Kämpfer, sagte der Chef der Rettungsdienste des Gazastreifens.
  • Nach Israel hat auch die radikalislamische Hamas am Abend des 18. Jan. eine Waffenruhe für den Gazastreifen ausgerufen. Die Nummer zwei des Hamas-Politbüros, Mussa Abu Marsuk, forderte Israel zugleich auf, seine Streitkräfte während der zunächst für eine Woche verkündeten Feuerpause abzuziehen.
    Der Chef der Hamas-Regierung im Gazastreifen, Ismail Hanija, bezeichnete Israels militärische Offensive in dem Palästinensergebiet als Niederlage. Das palästinensische Volk habe in Gaza einen "großen Sieg" über Israel errungen, sagte Hanija in einer Fernsehansprache. "Wir haben die Aggression gestoppt, und der Feind hat keines seiner Ziele erreicht", fügte er hinzu. Ein Sprecher der Organisation Islamischer Dschihad in Gaza sagte nach einem Treffen von Palästinenservertretern im syrischen Damaskus, die Palästinenser seien offen für Vermittlungsbemühungen Ägyptens, der Türkei, Syriens sowie anderer arabischer Staaten, die zu einem vollständigen Rückzug der israelischen Kräfte aus dem Gazastreifen sowie einer dauerhaften Öffnung der Kontrollpunkte führen.
  • Die israelische Armee hat nach Angaben eines Militärsprechers mit dem schrittweisen Abzug aus dem Gazastreifen begonnen. Zuvor hatten Augenzeugen berichtet, israelische Truppen seien aus Schlüsselpositionen in Gaza abgezogen und hätten sich in der Nähe der Grenze zu Israel in Stellung gebracht. Nach den Worten von Israels Ministerpräsident Ehud Olmert will Israel nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe im Gazastreifen "schnellstmöglich" aus dem Palästinensergebiet abziehen.
    Sobald die Sicherheit der im Süden Israels lebenden Menschen gewährleistet sei und sich der Waffenstillstand stabilisiere, solle der Rückzug der israelischen Truppen so schnell wie möglich erfolgen, sagte Olmert in Jerusalem in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und fünf weiteren Staats- und Regierungschefs aus EU-Ländern. Der israelische Militärsprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, er könne bestätigen, dass es einen stufenweisen Rückzug gebe.
    Panzer gaben laut Augenzeugen ihre Hauptstellung in der früheren Siedlung Netzarim auf und öffneten damit erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive am 3. Januar die Straße zwischen dem südlichen und nördlichen Gazastreifen. Auch aus dem Gebiet um Atatra im Norden des Gazastreifens rückten die israelischen Truppen ab. Wie Augenzeugen berichteten, bezogen die Panzer Stellungen an der nördlichen und östlichen Grenze des Palästinensergebiets. AFP-Fotografen sahen mehrere Gruppen von Soldaten, die den Gazastreifen mit zum Siegeszeichen gespreizten Fingern verließen.
  • Insgesamt kamen bei dem Konflikt mindestens 1245 Palästinenser ums Leben, darunter mehr als 400 Kinder, wie palästinensische Rettungskräfte mitteilten. Über 5300 Menschen seien verletzt worden.
Montag, 19. Januar, bis Sonntag, 25. Januar
  • Nach 22 Tagen der militärischen Konfrontation hielten Israel und die Hamas den getrennt voneinander ausgerufenen Waffenstillstand offenbar ein. "Alles ist ruhig, es gibt keine Hinweise auf irgendwelche Aktivitäten, die ganze Nacht über nicht", sagte der israelische Militärsprecher am Morgen.
  • Ein Konvoi mit 120 Lastwagen solle über den Grenzübergang Kerem Schalom Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen, teilte ein israelischer Armeesprecher am 19. Jan. mit. Ein weiterer Konvoi mit 60 bis 70 Lkw solle den Grenzübergang Karni passieren. Zudem war die Lieferung von 400.000 Liter Heizöl vorgesehen. Seit Beginn der israelischen Offensive am 27. Dezember wurden nach Angaben der Armee 40.000 Tonnen Hilfsgüter wie Lebensmittel und Medikamente in den Gazastreifen gebracht.
  • Nach dem vorläufigen Ende der Kämpfe im Gazastreifen haben die arabischen Staaten der Hamas-Regierung Aufbauhilfen in Milliardenhilfe zugesagt. Saudi-Arabien stelle für Programme zum Wiederaufbau eine Milliarde Dollar (756 Millionen Euro) zur Verfügung, sagte König Abdallah zu Beginn eines arabischen Gipfels in Kuwait.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas schlug der Hamas eine Regierung der nationalen Einigung mit seiner Fatah vor. Diese solle im Westjordanland und im Gazastreifen zeitgleich Parlaments- und Präsidentschaftswahlen einberufen, sagte er.
  • Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, wirbt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem Fünf-Stufen-Plan für ein abgestimmtes Vorgehen der Europäischen Union. "Es gibt jetzt eine Zäsur", hieß es dem Bericht zufolge aus dem Auswärtigen Amt. Diese müsse auch von der EU genutzt werden. Der Arbeitsplan lag der Zeitung nach eigenen Angaben vor. Dem Bericht zufolge verfolgt Steinmeier, der während des Gaza-Krieges zwei Mal in die Region gereist war, mit dem Arbeitsplan unter anderem das Ziel, der palästinensischen Autonomiebehörde wieder zu mehr Geltung im von der Hamas beherrschten Gazastreifen zu verhelfen.
    Ein Regierungssprecher bekräftigte in Berlin das Angebot Deutschlands, Ägypten bei der Sicherung seiner Landgrenze zu Gaza zu unterstützen, um "Waffenschmuggel wirksam zu unterbinden". Dabei gehe es um technische und organisatorische Hilfe beim "Border-Management", sagte er. Eine deutsche Präsenz zur Sicherung der Seeseite nach dem Vorbild Libanons schloss der Regierungssprecher dagegen aus.
  • Die israelische Armee will ihre Truppen vorerst nicht komplett aus dem Gazastreifen abziehen. "Im Moment ist von einem vollständigen Abzug der Truppen nicht die Rede", sagte eine Armeesprecherin am 20. Jan. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, ein Abzug hänge von den aktuellen Gegebenheiten in dem Palästinensergebiet ab. Die Soldaten würden zwar schrittweise abrücken, an den Grenzen zum Gazastreifen blieben jedoch Truppen stationiert, um "schnell auf jede Situation" reagieren zu können. Auch die Luftwaffe beobachte das Gebiet weiterhin, hieß es.
    Israels Außenministerin Zipi Livni hat für die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen eine Freilassung des verschleppten israelischen Soldaten Gilad Schalit zur Bedingung gemacht. Schalit war im Juni 2006 von Palästinensern im Gazastreifen entführt worden und befindet sich seitdem in der Gewalt der Hamas. Das eine könne nicht getrennt von dem anderen betrachtet werden, erklärte Livni. Nach israelischen Angaben wurden 80 Prozent der Schmugglertunnel der Hamas nach Ägypten während der Militäroffensive zerstört.
  • Die Außenminister der Europäischen Union und Israels beraten heute in Brüssel über einen dauerhaften Frieden für den Gazastreifen. Bei einem informellen Abendessen treffen die 27 europäischen Chefdiplomaten erstmals seit Beginn der Waffenruhe am Wochenende ihre israelische Kollegin Zipi Livni. Bei den Beratungen dürfte auch der Fünf-Stufen-Plan von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Sprache kommen. Steinmeier dringt unter anderem auf humanitäre Hilfe der EU für den Gazastreifen.
  • Die arabischen Länder haben sich nach Angaben des irakischen Außenministers Hoschjar Sebari nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme zum Gazastreifen einigen können. Arabische Außenminister hätten bei der Vorbereitung einer Abschlusserklärung zu ihrem Wirtschaftsgipfel in Kuwait bezüglich Gaza nicht zu einer gemeinsamen Haltung gefunden, sagte Sebari am Dienstag im staatlichen kuwaitischen Fernsehen.
    Die arabischen Staaten sind mit Blick auf Gaza in zwei Lager gespalten. Das eine unterstützt die in dem Gebiet regierende Hamas, das andere versucht, Druck auf die Hamas auszuüben.
  • Zwei Tage nach Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sich ein Bild von den Zerstörungen gemacht. Bei seinem Besuch in Gaza forderte er eine juristische Untersuchung der israelischen Angriffe auf UN-Gebäude.
    Die Verantwortlichen für die Angriffe auf UN-Gebäude müssten juristisch zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Ban. "Es muss eine grundlegende Untersuchung geben, (...) um sicherzugehen, dass so etwas nicht wieder passiert." Er könne gar nicht ausdrücken, was er fühle, sagte Ban mit Blick auf die Trümmer eines Lagers der UN-Organisation für palästinensische Flüchtlinge, UNRWA. Ban warf Israel vor, "überzogene Gewalt" im Gazastreifen angewendet zu haben.
    Gleichzeitig verurteilte Ban auch die von Palästinensern abgeschossenen Raketen auf Israel. "Ich erwarte, dass die internationalen Menschenrechte, die Zivilisten beschützen, wieder hergestellt werden, (...) und nicht wiederholt verletzt werden wie von der Hamas." Ban besuchte auch die israelische Stadt Sderot, die regelmäßig von Raketen aus dem Gazastreifen getroffen wird.
  • Die UNO schlug eine Reihe bekannter Persönlichkeiten für die Leitung einer Untersuchung zu mutmaßlichen Menschenrechtsvergehen im Gazastreifen während des Konflikts vor. Unter ihnen sind der Friedensnobelpreisträger und frühere finnische Präsident Marti Ahtisaari, der frühere UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson und der frühere UNRWA-Chef Peter Hansen. Der UN-Menschenrechtsrat hatte die Untersuchungsmission beschlossen.
  • In den mehr als dreiwöchigen Kämpfen waren nach palästinensischen Angaben im Gazastreifen mehr als 1300 Menschen getötet sowie rund 5300 verletzt worden. Auf israelischer Seite kamen zehn Soldaten sowie drei Zivilisten ums Leben.
  • Gut drei Wochen nach Beginn seiner Militäroffensive hat Israel am 21. Jan. den vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen vermeldet. Die dort regierende Hamas reagierte mit der Forderung, die andauernde Abriegelung des Palästinensergebiets vollständig aufzuheben.
    Der letzte Soldat habe den Gazastreifen am Morgen des 21. Jan. verlassen, sagte ein Militärsprecher. Die Armee bleibe jedoch an der Grenze zum Gazastreifen, um für alle Fälle gewappnet zu sein.
    Ein Hamas-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Truppenabzug reiche nicht aus. "Damit unser Volk in Frieden und Sicherheit leben kann, verlangen wir die vollständige Aufhebung der Blockade und die Wiedereröffnung der Grenzübergänge." Das sei die Vorbedingung für Gespräche über einen beiderseitigen Waffenstillstand. Als Vermittler für einen Waffenstillstand agiert Ägypten, wo in den kommenden Tagen israelische und Hamas-Unterhändler erwartet werden.
  • Die Europäische Union hat Israel zur sofortigen Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen aufgerufen. "Wir müssen jetzt nach Eintritt der Waffenruhe dafür sorgen, dass die Bevölkerung im Gazastreifen mit dem Lebensnotwendigsten versorgt wird", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Brüssel. Dort trafen die EU-Chefdiplomaten die israelische Außenministerin Zipi Livni am 20. Jan. zu einem informellen Abendessen. Die humanitäre Hilfe für Gaza ist zentraler Punkt eines von Steinmeier vorgelegten Fünf-Stufen-Plans.
    "Es gibt Anzeichen, dass Israel einlenkt", sagte der Luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in Brüssel zu den Forderungen der EU. "Israel muss sehen: Solange Gaza in dieser Form besteht, mit oder ohne Hamas, wird Israel nicht in Frieden leben können."
    Der schwedische Ressortchef Carl Bildt sagte: "Es gibt keine Lösung der Gaza-Krise ohne die Öffnung der Grenzen und die Rückkehr zu einem normalen Leben." Israel hatte zuvor den vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen vermeldet.
    Direkte Gespräche mit der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas schlossen die Außenminister vorerst aus. Die Hamas steht in der EU wie in den USA auf der Liste der Terrororganisationen. Der finnische Außenminister Alexander Stubb sagte aber: "Ohne Hamas kann es keine umfassende Lösung geben".
    Einen ähnlichen Standpunkt äußerte Hamas-Chef Chaled Meschaal: Seit drei Jahren werde durch eine Blockade des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens versucht, seine Organisation "loszuwerden", sagte er in Damaskus in einer von mehreren arabischen Fernsehsendern übertragenen Rede. Nun sei es an der Zeit, mit der Hamas zu reden.
  • Gleich an seinem ersten Arbeitstag hat sich US-Präsident Barack Obama in den Nahost-Konflikt eingeschaltet. Obama wolle von Beginn seiner Amtszeit an seinen Einsatz für einen Frieden im Nahen Osten zeigen, sagte sein Sprecher Robert Gibbs am heutigen Mittwoch (21. Jan.). Er habe telefonischen Kontakt mit mehreren Staats- und Regierungschefs aus der Region aufgenommen.
    Nach Angaben des Sprechers telefonierte Obama mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Israels Regierungschef Ehud Olmert, dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak sowie Jordaniens König Abdullah II.. Obama wolle sich künftig aktiv in den arabisch-israelischen Friedensprozess einschalten, sagte Gibbs.
  • Der Oberste Gerichtshof in Israel hat das gegen zwei arabische Parteien verhängte Verbot am 21. Jan. wieder aufgehoben. Die zwei Parteien waren während der israelischen Offensive im Gazastreifen von einem Parlamentsausschuss mit der Begründung verboten worden, den Terrorismus zu unterstützen.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) geht Vorwürfen nach, Israel habe möglicherweise Munition mit abgereichertem Uran eingesetzt. Eine IAEA-Sprecherin sagte in Wien, die Behörde werde den von arabischen Staaten vorgetragenen Vorwürfen zum möglichen Einsatz von Uranmunition durch Israel "gemäß unseren Kompetenzen" nachgehen. Der israelische IAEA-Botschafter Israel Michaeli wollte sich nicht zu dem Thema äußern. Abgereichertes Uran erhöht in großkalibriger Munition die Durchschlagskraft bei gepanzertem Material. Der beim Aufschlag freigesetzte Uranstaub kann eingeatmet werden oder durch Wunden in den Körper gelangen und schwere Gesundheitsschäden anrichten.
  • Israelische Kriegsschiffe haben am 22. Jan. den Gazastreifen beschossen und fünf Palästinenser verletzt. Nach Berichten von Augenzeugen waren unter den Verletzten im direkt am Mittelmeer gelegenen Flüchtlingslager Schati zwei Frauen, zwei Kinder und ein älterer Mann. Die von der israelischen Marine abgefeuerten Granaten hätten auch ein Haus und mehrere palästinen¬sische Fischerboote beschädigt, sagten Augenzeugen.
    Livni warnte die Hamas vor neuen Angriffen auf den Gazastreifen. Wenn die radikalislamische Organisation in dem Palästinensergebiet erneut Tunnel an der Grenze zu Ägypten zum Waffenschmuggel nutze, behalte Israel sich "ein für allemal" das Recht vor, "militärisch gegen die Tunnel vorzugehen", sagte Livni im isrealischen Rundfunk. Eine ähnliche Warnung hatte am Mittwoch (21. Jan.) bereits der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak ausgesprochen.
    Israels Außenministerin Zipi Livni sicherte ihren EU-Amtskollegen in Brüssel bereits am Abend des 21. Jan. zu, dass wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen hineingelassen werden sollten. Eine generelle Grenzöffnung sagte sie nicht zu. Wann Hilfsgüter geliefert werden können, blieb nach Angaben Schwarzenbergs allerdings offen.
  • Der neue US-Präsident Barack Obama hat sich zu Israel bekannt und entschiedene Anstrengungen zur Herbeiführung eines dauerhaften Friedens zwischen Israelis und Palästinensern angekündigt. Die USA würden immer Israels „Selbstverteidigungsrecht“ verteidigen, sagte er am Donnerstag (22. Jan.) in Washington. In seiner ersten Erklärung zur Nahost-Krise seit seiner Amtsübernahme rief er die radikalislamische Hamas auf, den Raketenbeschuss auf Israel zu stoppen. Israel forderte er auf, den Truppenabzug aus dem Gazastreifen zu beenden.
  • Israel bereitet sich auf mögliche Klagen wegen Kriegsverbrechen während der Offensive im Gazastreifen vor. Ministerpräsident Ehud Olmert habe Justizminister Daniel Friedman am 22. Jan. mit der Leitung einer interministeriellen Arbeitsgruppe beauftragt, welche die juristische Verteidigung von Zivilisten und Soldaten gegen mögliche Klagen koordinieren solle, hieß es aus Regierungskreisen. Den Angaben zufolge rechnet Israel unter anderem mit Klagen durch internationale Instanzen.
    Aus Angst vor Rache durch die radikalislamische Hamas und vor Kriegsverbrecherklagen hat die Militärzensur bereits die Veröffentlichung der Namen der Kommandeure untersagt, die während der Gaza-Offensive Einsätze befehligt hatten.
    Der UN-Berichterstatter zur Menschenrechtslage in den Palästinensergebieten, Richard Falk, hatte Israel am 22. Jan. Kriegsverbrechen während der dreiwöchigen Offensive im Gazastreifen vorgeworfen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte am Dienstag (20. Jan.) bei einem Besuch vor Ort gesagt, die Verantwortlichen für die Zerstörungen von Gebäuden der Vereinten Nationen im Gazastreifen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Acht israelische Menschenrechtsorganisationen haben die Regierung aufgefordert, angesichts der massiven Zerstörungen im Gazastreifen Untersuchungen einzuleiten. Amnesty International wirft Israel den Einsatz von Phosphorbomben vor.
  • Bei der dreiwöchigen Offensive der israelischen Streitkräfte kamen nach neuen palästinensischen Angaben 1330 Palästinenser ums Leben, 5450 weitere wurden verletzt. Unter den Todesopfern sind demnach 437 Kinder unter 16 Jahren, 110 Frauen sowie 123 ältere Menschen. Auf israelischer Seite wurden nach offiziellen Angaben zehn Soldaten und drei Zivilisten getötet.
  • Mit der Ernennung von zwei Sondergesandten für Krisenherde hat US-Präsident Barack Obama am 23. Jan. erste außenpolitische Akzente gesetzt. Während er den früheren Senator George Mitchell zum Nahost-Beauftragten ernannte, wurde der frühere UN-Botschafter Richard Holbrooke zum Sondergesandten für Afghanistan und Pakistan berufen. Diese Posten gab es unter seinem Vorgänger George W. Bush zuletzt nicht.
    Der 75-jährige Mitchell und der 67 Jahre alte Holbrooke können lange Erfahrungen in der Krisendiplomatie vorweisen. Auf seinem neuen Posten soll Mitchell die Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang bringen. Er solle "so schnell wie möglich" in den Nahen Osten reisen, um mit den Parteien vor Ort eine dauerhafte Feuerpause im Gazastreifen zu erreichen, sagte Obama.
    Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana begrüßte die Ernennung Mitchells. Er freue sich darauf, mit dem US-Beauftragten eng zusammenzuarbeiten, erklärte Solana in Brüssel. Der palästinensische Justizminister Ali Kaschan unterhielt sich am Donnerstag in Den Haag mit dem Chefankläger des internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno Ocampo. Dabei sei es unter anderem um Vorwürfe gegen Israel wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen gegangen, sagte Moreno Ocampos Beraterin Beatrice le Fraper der Nachrichtenagentur AFP.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat Israel aufgefordert, die Grenzen zum Gazastreifen zu öffnen. Das Wichtigste sei jetzt, sich um die Menschen zu kümmern, "die keine Wohnung, Nahrung und Gesundheitsversorgung mehr haben", sagte Solana am 24. Jan. dem Deutschlandfunk. Der EU-Chefdiplomat sprach sich auch für eine internationale Untersuchung der dreiwöchigen Angriffe Israels aus. Es müsse geklärt werden, ob Israel in dieser Zeit Kriegsverbrechen begangen habe.
    Die EU strebe an, sofort mit dem Wiederaufbau im Gazastreifen zu beginnen, lehne es aber ab, dabei mit der Hamas zusammenzuarbeiten, sagte Solana. Notwendig als Ansprechpartner sei eine palästinensische Allparteienregierung, "die konsensgestützt ist und alle Parteien umfasst". Eine solche palästinensische Allparteienregierung müsse bis zu Neuwahlen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geführt werden, sagte Solana.
  • Insgesamt können rund 200.000 Kinder die 221 Schulen im Gazastreifen nun wieder besuchen. Das UN-Flüchtlingswerk in den Palästinensergebieten (UNRWA) wolle der jungen Generation ein "Gefühl der Normalität" vermitteln, sagte UNRWA-Sprecher Christopher Gunness am 24. Jan. in Gaza.
    Durch den Konflikt im Gazastreifen seien 53 UN-Gebäude beschädigt oder zerstört worden, darunter mehr als 30 Schulen, sagte Gunness. Obwohl die Reparaturarbeiten noch nicht abgeschlossen seien, wolle die UNO den Schulbetrieb aber wieder aufnehmen. Die rund 1,5 Millionen Einwohner des Gazastreifens sind stark von internationaler Hilfe abhängig.
  • Der neue US-Sondergesandte für den Nahen Osten, George Mitchell, wird schon am kommenden Mittwoch (28. Jan.) in Israel erwartet. Er wolle sich dort um eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern bemühen, verlautete am Samstag (24. Jan.) aus Regierungskreisen in Jerusalem. Geplant seien unter anderem Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas.
  • In Frankreich haben sich am Samstag (24. Jan.) tausende Menschen an Demonstrationen aus Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen beteiligt. In Paris gingen nach Angaben der Veranstalter 20.000, nach Polizeiangaben 9.500 Demonstranten auf die Straße. Aus Protest gegen den israelischen Militäreinsatz trugen sie Spruchbänder mit Parolen wie "Israel Mörder", "Gaza/Palästina: Stoppt das Massaker!" oder Fotos mit verletzten palästinensischen Kindern.
  • Die Außenminister der Europäischen Union beraten heute (25. Jan.) mit Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde über die angespannte Lage im Gazastreifen. Bei dem informellen Abendessen in Brüssel geht es um eine Stabilisierung der seit einer Woche geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Laut einem Zeitungsbericht soll ein Konzept von Außenminister Frank-Walter Steinmeier als "EU-Aktionsplan" Grundlage der europäischen Politik für den Nahen Osten werden.
    An dem Treffen in Brüssel nehmen neben den 27 EU-Außenministern auch die Ressortchefs Ägyptens, Jordaniens und der Türkei teil. Norwegen ist ebenfalls eingeladen.
    Berliner Diplomaten hätten in dieser Woche mit französischen, britischen, italienischen und spanischen Kollegen das Steinmeier-Papier abgestimmt, berichtet die "Welt am Sonntag". Ziel sei die Etablierung eines "unabhängigen, demokratischen, zusammenhängenden und lebensfähigen Palästinenser-Staats im Westjordanland und in Gaza", der neben Israel "in Frieden und Sicherheit existiert", zitiert die Wochenzeitung aus dem Papier. Der Aktionsplan soll am Montag (26. Jan.) von den Außenministern beschlossen werden.
    Der mit der tschechischen Ratspräsidentschaft eng abgestimmte Steinmeier-Plan fordert humanitäre Maßnahmen zur Versorgung des Gazastreifens mit Nahrung, Medizin, Energie und Wasser. Der Waffenschmuggel in das Gebiet solle in Koordination auch mit den US-Geheimdiensten gestoppt werden. Die EU-Grenzmission (BAM) solle bei Rafah die Übergänge nach Ägypten wieder öffnen. Untersucht werde zudem die Ausweitung des Mandats auf die Kontrollpunkte zu Israel.
  • Die Beschaffung neuer Waffen will sich die Hamas einem Vertreter im Libanon zufolge in keinem Fall verbieten lassen. Weder Flugzeugträger im Mittelmeer noch die Überwachung auf der Luft könnten die Hamas daran hindern, ihre militärische Schlagkraft auszubauen, sagte der in Libanons Hauptstadt Beirut ansässige Hamas-Vertreter Ussama Hamdan.
Montag, 26. Januar, bis Samstag, 31. Januar
  • Ägypten hat nach palästinensischen Angaben einen ersten Entwurf für einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen vorgelegt. Wie ein Vertreter der Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas (FDLP) am 26. Jan. in Kairo sagte, soll der Waffenstillstand bereits am 5. Februar in Kraft treten. Bedingung sei jedoch eine Öffnung der Grenzen zum Gazastreifen.
    Der ägyptische Plan sieht weiter eine Aussöhnung zwischen den fünf größten und zum Teil verfeindeten palästinensischen Bewegungen vor, darunter vor allem zwischen der radikalislamischen Hamas und der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Ab dem 22. Februar sollten die Palästinenser über die Möglichkeiten einer Regierung der nationalen Einigkeit in Kairo verhandeln, mit dem Ziel einer Neuwahl von Parlament und Präsidenten. Auch die palästinensischen Sicherheitskräfte sollten neu organisiert werden.
    Die Fatah-Bewegung rief in Ägypten zur Bildung einer Regierung der nationalen Verständigung auf und drängte auf eine Rückkehr der palästinensischen Autonomiebehörde in den Gazastreifen, aus dem sie im Juni 2007 von der Hamas vertrieben worden war. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte nach dem EU-Außenrat in Brüssel, dabei gehe es den Palästinensern um die Bildung einer "Expertenregierung, einer Technokratenregierung, die die Hitze der politischen Auseinandersetzung kühlen kann". Damit wolle die gemäßigte Palästinenserregierung unter Abbas in den kommenden Monaten im Gazastreifen Präsenz zeigen und Wahlen vorbereiten.
  • Der israelische Oppositionsführer Benjamin Netanjahu will im Fall eines Wahlsiegs an der umstrittenen Siedlungspolitik des scheidenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert festhalten. Er werde zwar keine neuen jüdischen Siedlungen im Westjordanland bauen lassen, kündigte Netanjahu laut einem Bericht der Tageszeitung «Haaretz» vom 26. Jan. an. Bereits bestehende Siedlungen könnten jedoch ausgebaut werden, um dem Bevölkerungswachstum Rechnung zu tragen. Der rechtsgerichtete Likud-Block des früheren Ministerpräsidenten geht als klarer Favorit in die vorgezogene Parlamentswahl am 10. Februar.
    Die Siedlungspolitik könnte auch zum Streitpunkt zwischen Israel und der neuen US-Regierung von Präsident Barack Obama werden. Deren neuer Sondergesandter für den Nahen Osten, George Mitchell, wird in dieser Woche zu seinem ersten Besuch in der Region erwartet. Dabei ist auch ein Treffen mit Netanjahu geplant.
  • Die EU hat Fatah und Hamas aufgerufen, sich unter dem gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas zu versöhnen. Der tschechische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Karel Schwarzenberg sagte nach einem Treffen in Brüssel, dies sei "grundlegend" für Fortschritte in der Region. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte das Treffen ein "gutes Signal". Der ägyptische Außenminister Achmed Abul Gheit äußerte die Hoffnung, dass sich in den Palästinensergebieten bald eine Regierung der nationalen Einheit bilden werde.
    Die 27 Außenminister der Europäischen Union berieten bei dem informellen Abendessen am 25. Jan. mit Vertretern von Abbas' Autonomiebehörde unter anderem über die angespannte Lage in dem von der radikalislamischen Hamas regierten Gazastreifen. An dem Treffen nahmen auch die Außenminister Ägyptens, Jordaniens und der Türkei teil.
    Der britische Außenminister David Miliband sprach von einer nötigen "Wiedervereinigung der Palästinenser". Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn forderte die Bildung einer palästinensischen Einheitsregierung. Kairo will Ende Februar eine Geberkonferenz für die Palästinenser in Ägypten einberufen. Die dort beschlossenen Fonds sollten der nationalen Einheitsregierung zugute kommen, sagte Außenminister Abul Gheit.
    Abbas' Außenminister Riad el Malki sagte, der Gazastreifen benötige nach der dreiwöchigen israelischen Militäroffensive täglich 800 Lastwagenladungen mit humanitärer Hilfe. Derzeit kämen am Tag wegen der israelischen Blockade nur etwa 150 Laster durch. Schwarzenberg äußerte sich besorgt über die humanitäre Lage im Gazastreifen und sprach sich dafür aus, die Grenzübergänge zum Gazastreifen zu öffnen.
    Steinmeier sagte: "Wir müssen verhindern, dass die Hamas sich sehr schnell wiederbewaffnet". Laut Schwarzenberg wird Ägypten aus der EU all diejenige Hilfe erhalten, die es benötige. Doch der ägyptische Außenminister erwiderte, der Waffenschmuggel in den Gazastreifen erfolge nicht von seinem Land, sondern vom Meer aus.
  • Der US-Sondergesandte George Mitchell ist am 27. Jan. zu seiner ersten Vermittlungsmission im Nahen Osten eingetroffen. Auf dem Flughafen der ägyptischen Hauptstadt Kairo unterhielt sich Mitchell nach seiner Ankunft kurz mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana, wie die Flughafenverwaltung mitteilte. Im Laufe des Tages sollte er mit Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit zusammenkommen. Mitchell erhielt von Präsident Obama alle nötigen Vollmachten.
    "Wenn er spricht, dann spricht er in unserem Namen", sagte Obama in Washington bei einem Treffen mit Mitchell und Außenministerin Hillary Clinton. Nur so könne der neue Sondergesandte "klare Diskussionen" führen und "wirkliche Fortschritte" erreichen. Die Lösung des Nahost-Konfliktes sei für die USA wichtig, betonte Obama. "Es ist mir persönlich wichtig." Allerdings werde es keine Lösung über Nacht geben.
  • Seit Beginn der ersten Nahost-Reise des neuen US-Sondergesandten am Dienstag (27. Jan.) hat sich der Konflikt zwischen Israel und der Hamas wieder zugespitzt. Am Dienstag kam ein israelischer Soldat bei einem Sprengstoffanschlag nahe dem südlichen Gazastreifen ums Leben. Anschließend wurde in dem Gebiet ein 24-jähriger Palästinenser durch israelische Schüsse getötet. In der Nacht zum 28. Jan. griff die israelische Armee Tunnel zwischen dem Gazastreifen und Ägypten an. Dabei handelte es sich laut Olmert aber nicht um Reaktionen auf den Anschlag.
    Olmert kündigte weitere Reaktionen auf den Anschlag an. "Israels Antwort wird kommen", sagte Olmert nach Angaben eines Regierungsvertreters.
  • Vor dem Hintergrund neuer Gewalt zwischen Israel und der Hamas hat der US-Gesandte George Mitchell am 28. Jan. zu einer Festigung der Waffenruhe gedrängt. Die gegenseitigen Angriffe und der Waffenschmuggel müssten beendet und die Grenzübergänge zum Gazastreifen geöffnet werden, sagte Mitchell nach einem Treffen mit Israels Regierungschef Ehud Olmert in Jerusalem.
    Die Macht der Hamas müsse eingedämmt werden, damit die Autonomiebehörde dort wieder Fuß fassen könne, sagte Olmert demnach. Als Bedingung für eine Öffnung der Grenzübergänge nannte er erneut die Freilassung des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit, der sich seit Juni 2006 in der Gewalt der Hamas befindet.
  • In New York forderte UN-Nothilfekoordinator John Holmes erneut Israel zur Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen auf. Vor dem UN-Sicherheitsrat sagte er am Dienstagabend (27. Jan.), im Gazastreifen werde dringend umfassende Hilfe benötigt. Deshalb müssten die Grenzübergänge wieder geöffnet werden. Die Menschenrechts-organisation Human Right Watch forderte derweil von den Vereinten Nationen eine unabhängige Untersuchung zu Berichten über Menschenrechtsverletzungen während der Kämpfe zwischen Israel und Hamas im Gazastreifen.
  • Bei einem israelischen Luftangriff am 29. Jan. im Gazastreifen sind sechs Palästinenser verletzt worden. Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte sind unter den Verletzten vier Schulkinder sowie zwei Männer, die mit einem Motorrad unterwegs waren. Augenzeugen zufolge galt der Angriff in der Stadt Chan Junis dem Motorradfahrer. Radikale Palästinenser feuerten nach Angaben der israelischen Armee erneut eine Rakete auf den Süden Israels ab. Dabei sei niemand verletzt worden.
  • Die Vereinten Nationen wollen einen Hilfsaufruf über 613 Millionen Dollar (rund 464 Millionen Euro) für die Bewohner des Gazastreifens starten. Das kündigte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am 29. Jan. in Davos an. Die Kalkulation der erforderlichen Hilfsleistungen bezieht sich auf die kommenden neun Monate. Vorgesehen sind Nahrungsmittelhilfen im Umfang von 153 Millionen Dollar, Nothilfe im Umfang von 27 Millionen Dollar und Ausgaben für Zelte in Höhe von 128 Millionen Dollar.
  • Der israelische Regierungschef Ehud Olmert ist offenbar bereit, im Zuge eines Friedensplans für den Nahen Osten 60.000 jüdische Siedler aus dem Westjordanland umzusiedeln. Wie die Tageszeitung "Jediot Ahronot" am 29. Jan. berichtet, nannte Olmert bei einem Gespräch mit dem US-Sondergesandten George Mitchell am Mittwoch (28. Jan.) in Jerusalem erstmals konkrete Zahlen zu der Aufgabe jüdischer Siedlungen in dem Palästinensergebiet. Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen wurden sechs Palästinenser verletzt.
    Im vergangenen September hatte Olmert noch von einem "fast vollständigen" Rückzug der derzeit rund 250.000 israelischen Siedler aus dem Westjordanland gesprochen. Laut "Jediot Ahronot" erwägt Olmert nun, die bevölkerungsreichsten jüdischen Siedlungen im Westjordanland in das israelische Staatsgebiet einzugliedern. Im Gegenzug sollen die Palästinenser eine gleich große Fläche im Süden Israels als Ausgleich erhalten. Die jüdischen Siedlungen im Westjordanland sind eine Schlüsselfrage in den Verhandlungen um ein Friedensabkommen.
  • Nach Stationen in Ägypten und Israel hat sich der US-Gesandte George Mitchell bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am 29. Jan. für eine Festigung der brüchigen Waffenruhe im Gazastreifen eingesetzt. Mitchell rief in Ramallah zu einem "verlässlichen und dauerhaften Waffenstillstand" auf.
  • Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos am 29. Jan. für einen Eklat gesorgt. Erdogan wollte auf Peres' langen Beitrag antworten, der die israelische Großoffensive im Gazastreifen vehement verteidigt hatte. Doch der Moderator der Veranstaltung, der Journalist David Ignatius von der "Washington Post", verweigerte dem türkischen Regierungschef das Wort mit dem Hinweis, dass die Debatte beendet sei. Erdogan setzte sich darüber hinweg und sagte, der Applaus für Peres' Ausführungen stimme ihn "sehr traurig". Er halte es für falsch, Aktionen zu beklatschen, bei denen es viele Tote gegeben habe, sagte er.
    In einer eilig einberufenen Pressekonferenz sagte Erdogan anschließend, dass er aus Protest gegen das Verhalten des Moderators das Podium verlassen habe. Anadolu meldete unter Berufung auf das Umfeld des Regierungschefs, dass sich Peres in einem fünfminütigen Telefonat beim türkischen Regierungschef entschuldigt habe. Die mit Israel verbündete Türkei hatte die israelische Offensive im Gazastreifen scharf kritisiert.
  • Die spanische Justiz hat wegen eines tödlichen Luftangriffs auf einen Hamas-Führer im Gazastreifen im Juli 2002 Ermittlungen gegen den damaligen israelischen Verteidigungsminister Binjamin Ben Elieser und sechs weitere Israelis aufgenommen. Bei dem Bombenangriff wurden neben dem Hamas-Führer Salh Schehadeh weitere 13 Menschen getötet, darunter neun Kinder.
    Richter Fernando Andreu erklärte am 29. Jan., der Angriff könne möglicherweise als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden. Andreu bezieht sich bei seinen Ermittlungen auf das Prinzip der „universellen Jurisdiktion“ in Menschenrechtsfragen, das die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlaubt, auch wenn die Taten in einem anderen Land begangen worden sind.
    Der frühere israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Ermittlungen im Rundfunk als absurd. „Israel kämpft gegen Kriegsverbrecher, und jetzt werden wir der Kriegsverbrechen beschuldigt“.
  • Nach der Aufnahme von Ermittlungen der spanischen Justiz gegen israelische Politiker wegen möglicher Kriegsverbrechen plant Spanien nach Angaben aus Jerusalem eine Gesetzes¬änderung. Dies habe Außenminister Miguel Angel Moratinos mitgeteilt, erklärte dessen israelische Kollegin Zipi Livni am 30. Jan. Eine solche Änderung der Gesetze könne einen Missbrauch des spanischen Rechtssystems verhindern, sagte Livni.
    Der frühere israelische Stabschef Mosche Yaalon, inzwischen Kandidat der Likud-Partei bei der bevorstehenden Parlamentswahl und einer der sieben Betroffenen, bezeichnete die Vorwürfe am Freitag (30. Jan.) im Armeerundfunk als Propaganda. Ben Elieser, der heute im Kabinett von Ministerpräsident Ehud Olmert Infrastrukturminister ist, nannte die Ermittlungen aberwitzig. Das israelische Justizministerium erklärte, es habe Unterlagen zu dem Fall an die spanischen Behörden übermittelt. Das Ministerium verurteilte die Ermittlungen und äußerte die Hoffnung, dass sie bald eingestellt würden. „Der Staat Israel ist entschlossen, mit rechtlichen und diplomatischen Mitteln gegen diese Art von Prozessen in Spanien und anderen Ländern vorzugehen“, erklärte das Ministerium.



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