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Oktober 2006

Chronologie der Ereignisse


Sonntag, 1. Oktober, bis Sonntag, 8. Oktober
  • Israel hat am Morgen des 1. Okt. nach eigenen Angaben den Abzug seiner Truppen aus dem Südlibanon abgeschlossen. Die Armee erklärte, jetzt sei die libanesische Regierung verantwortlich dafür, die Ruhe in dem Gebiet zu wahren. Die Kontrolle im Südlibanon übernehmen jetzt fast 6.000 Mann der UN-Friedenstruppe UNIFIL und 15.000 libanesische Soldaten. Israel hat seine Sicherheitskräfte vor dem jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Tausende zusätzliche Polizisten sollen mögliche Anschläge verhindern. (dpa)
  • Die israelische Armee hat sich am 1. Okt. fast vollständig aus dem Süden des Libanons zurückgezogen. Allein im südlibanesischen Grenzdorf Ghadschar blieben nach Angaben von Generalstabschef Dan Halutz noch einige Soldaten stationiert. Damit kann nach Einschätzung der israelischen Regierung die UN-Resolution 1701 umgesetzt werden, die vorsieht, dass die libanesische Armee unterstützt von der UN-Friedenstruppe UNIFIL den Süden des Landes kontrolliert und Angriffe der Hisbollah-Miliz auf Israel verhindern soll. Ohne Zwischenfälle kehrten die letzten rund zweihundert israelischen Soldaten über die Grenze in ihre Heimat zurück. "Ich bin sehr froh, dass unsere Soldaten den Libanon verlassen haben", sagte Halutz dem israelischen Rundfunk. Er zeigte sich überzeugt, dass für das Dorf Ghadschar an der Grenze zu den von Israel besetzten Golanhöhen eine Regelung gefunden werde, damit auch die dort stationierte Einheit in den nächsten Tagen abziehen könne. Die israelische und libanesische Armee sowie die UNIFIL hätten sich nicht auf Sicherheitsgarantien einigen können, sagte ein israelischer Armeesprecher.
    Die UNIFIL bestätigte in einer Erklärung den Rückzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon mit Ausnahme des Sektors Ghadschar. UN-Soldaten sollten ab Mittag in den geräumten Gebieten patrouillieren, ab dem 2. Okt. sollten die libanesischen Streitkräfte dort stationiert werden.
    Halutz machte klar, dass die Armee die Hisbollah-Milizionäre notfalls mit Waffengewalt davon abhalten wolle, ihre Stellungen an der Grenze wieder zu befestigen. Nach Angaben des israelischen Militärrundfunks blieben entlang der libanesischen Grenze Truppen stationiert, um eingreifen zu können. Israel wolle darüber hinaus seine Kontrollflüge über libanesisches Territorium beibehalten, um den Schmuggel von Waffen von Syrien an die Hisbollah zu verhindern, hieß es aus Militärkreisen. Niemand könne erwarten, dass Israel die UN-Forderung nach einem Gewaltverzicht einseitig einhalte, während die andere Seite dies nicht respektiere, sagte ein Sprecher des israelischen Außenamtes. (AFP)
  • Syriens Präsident Baschar al-Assad hat den Einsatz der deutschen Marine im Nahen Osten kritisiert. Die Deutschen hätten erklärt, dass sie mit ihrer Mission Israel schützen wollen, sagte der Staatschef der spanischen Zeitung "El País" (1. Okt.). Damit disqualifiziere man den Einsatz: Die UN-Truppen müssten Neutralität wahren. Sie dürften nicht für eine Seite Partei ergreifen. Assad hatte bereits vor einer Woche Zweifel daran geäußert, dass der Einsatz der Deutschen Marine den Waffenschmuggel der Hisbollah stoppt.
  • Bei den schwersten innerpalästinensischen Ausschreitungen seit Bildung der Hamas-Regierung sind am Wochenende (30. Sept./1. Okt.) acht Menschen ums Leben gekommen. Bewaffnete Kräfte der Hamas gingen im Gazastreifen gewaltsam gegen Demonstranten vor, die seit Wochen die Auszahlung ihres vollen Lohns fordern. Daraufhin setzten Mitglieder der Fatah-Bewegung am Sonntag ein Regierungsgebäude in Ramallah in Brand. Die Zusammenstöße überschatten die Bemühungen um die Bildung einer Mehrparteienregierung unter Einschluss der Fatah.
  • Die libanesische Armee wird nach den Worten ihres Chefs Michel Sleiman auf neuerliche israelische "Aggressionen" reagieren. "Ich fordere euch auf, jeglicher israelischer Aggression entgegenzutreten", sagte Sleiman am 2. Okt. während einer Fahnenzeremonie in Labbuneh nahe der Grenze zu Israel. Libanesische Soldaten bezogen erstmals seit vier Jahrzehnten Stellung entlang der so genannten blauen Linie in der Grenzregion im Süden des Landes, unter anderem in den Dörfern Kfar Kila, Adaysse, Marun el Ras und Marwahin.
  • Der historische Einsatz der Bundesmarine im Nahen Osten steht kurz bevor: Die ersten Schiffe könnten noch in der Nacht zum 3. Okt. vor der libanesischen Küste eintreffen, der Rest werde spätestens am 4. Okt. folgen, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin. Insgesamt acht Schiffe, darunter auch zwei Fregatten mit tausend Bundeswehrsoldaten an Bord, befinden sich seit 21. September auf dem Weg in den Libanon. Sie sollen dort im Rahmen der UN-Friedensmission helfen, Waffenlieferungen an die radikalislamische Hisbollah-Miliz zu unterbinden.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat die Palästinenser zu einem Regierungswechsel aufgerufen. Sie müssten eine Regierung finden, die die Prinzipien des vom Nahost-Quartett ausgearbeiteten Friedensplans respektiere, sagte Rice am 3. Okt. auf einer Pressekonferenz im saudiarabischen Dschiddah. Zu den Grundsätzen gehören unter anderem die Anerkennung des israelischen Existenzrechts, Verzicht auf Gewalt und die Einhaltung der bestehenden Verträge zwischen Israel und den Palästinensern. Die seit April regierende Hamas-Bewegung lehnt alle Forderungen bisher ab.
  • Knapp zwei Wochen nach seinem Auslaufen in Wilhelmshaven hat der deutsche Marineverband den Basishafen für seinen Libanon-Einsatz auf Zypern erreicht. Die acht Schiffe seien am Vormittag des 4. Okt. im Hafen von Limassol eingetroffen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte. Zu dem Verband gehören neben den beiden Fregatten "Mecklenburg-Vorpommern" und "Karlsruhe" auch vier Schnellboote sowie ein Lazarett- und ein Versorgungsschiff. Als Teil der UN-Friedenstruppe UNIFIL sollen die rund 1.000 deutschen Marinesoldaten zusammen mit Einheiten aus anderen europäischen Ländern die 225 Kilometer lange libanesische Seegrenze überwachen, um den Waffenschmuggel für die radikal-islamische Hisbollah zu unterbinden und damit die Waffenruhe mit Israel dauerhaft abzusichern.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat den Dialog mit der regierenden Hamas am 4. Okt. für beendet erklärt. Die Gespräche zwischen seiner Fatah-Bewegung und der Hamas über die Bildung einer gemeinsamen Regierung seien vorerst gescheitert, sagte Abbas in Ramallah.
  • Israel und die Hisbollah-Miliz haben sich laut einer UN-Studie im jüngsten Libanon-Krieg beide der Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht. Deshalb sollte gegen beide Seiten ermittelt werden, erklärten vier unabhängige Experten, die im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats die Region besucht haben und am 4. Okt. in Genf ihren Bericht vorlegten. Arabische und muslimische Länder wiesen die Ergebnisse als einseitig zurück. Die USA und Israel warfen den Autoren ebenfalls Parteilichkeit vor. Die vier Experten bereisten Israel und den Libanon im September, um die Auswirkungen des fünfwöchigen Konflikts auf die Zivilbevölkerung zu untersuchen. In ihrem 40-seitigen Bericht wird Israel unangemessenes Verhalten bei der Kriegsführung vorgeworfen. So sei die Trennlinie zwischen militärischen Zielen und zivilen Erfordernissen häufig verwischt worden. Auch habe es keine ausreichenden Maßnahmen gegeben, um den Schaden für die Zivilbevölkerung auf dem Minimum zu halten. Die Hisbollah wiederum wird beschuldigt, gezielte Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung verübt zu haben. Auch hier sei nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden worden. Die schiitische Miliz wird aufgefordert, ihre Kämpfer zur Beachtung internationaler Menschenrechte anzuhalten. Genau an diesem Punkt setzte die Kritik des israelischen UN-Botschafters in Genf, Itschak Levanon, an. Er kritisierte, dass der Hisbollah mit diesem Bericht indirekt Legitimität verliehen werde, weil sie nicht zur Entwaffnung und Auflösung aufgerufen werde.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind am 5. Okt. zwei mutmaßliche Mitglieder des Islamischen Dschihad getötet worden. Wie Augenzeugen und Ärzte mitteilten, feuerte ein israelisches Flugzeug in Rafah nahe der Grenze zu Israel eine Rakete auf das Auto der beiden Männer, die den Angaben zufolge der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad angehörten. Die israelische Armee bestätigte den Luftangriff. Dieser habe sich gegen "zwei Terroristen" gerichtet, die Angriffe auf Israel geplant hätten, sagte ein Armeesprecher.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und US-Außenministerin Condoleezza Rice haben sich bei einem Treffen im Westjordanland am 5. Okt. für einen Regierungswechsel in den Palästinensergebieten ausgesprochen. Eine künftige palästinenische Regierung müsse Israel und die in der Vergangenheit geschlossenen israelisch-palästinensischen Verträge anerkennen und der Gewalt abschwören, sagte Rice mit Blick auf die radikalislamische Hamas-Regierung. Zu den Verhandlungen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit mit der Hamas sagte Abbas, diese dürften sich nicht ewig hinziehen. Sie wünsche sich die Einsetzung einer Regierung, welche die Bedürfnisse der Palästinenser befriedige und die Forderungen des Nahost-Quartetts erfülle, betonte Rice. Nur so könne das gemeinsame Ziel der Errichtung zweier friedlich nebeneinander existierender demokratischer Staaten Israel und Palästina erreicht werden. Wenn es nicht bald zu einer Einigung komme, werde die palästinensische Führung Maßnahmen zur Beendigung der Krise beschließen, sagte Abbas. Mit Blick auf die Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen betonte der Palästinenserpräsident, "alle Optionen" seien vorstellbar. Ein Bürgerkrieg müsse aber mit allen Mitteln vermieden werden. Rice will auf ihrer einwöchigen Nahost-Reise die Möglichkeiten für einen Frieden in der Region ausloten. Die US-Außenministerin hatte sich bereits vor ihrer Abreise für einen Regierungswechsel in den Palästinensergebieten ausgesprochen.
  • Die palästinensische Hamas-Regierung hat Präsident Mahmud Abbas zur Wiederaufnahme der Koalitionsgespräche aufgerufen. Falls der Dialog nicht fortgesetzt werde, könne die Hamas zu "anderen Optionen" greifen, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der radikalislamischen Organisation. Abbas hatte die Gespräche über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit am Mittwoch für vorerst gescheitert erklärt. Die Hamas machte Abbas für den Zusammenbruch der Verhandlungen verantwortlich. Der Präsident habe neue Bedingungen "diktiert", die eine Einigung unmöglich gemacht hätten. Die Hamas sei jedoch nach wie vor an der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit interessiert. Im Mittelpunkt des Streits steht die Weigerung der Hamas, das Existenzrecht Israels anzuerkennen.
  • Im Machtkampf zwischen Hamas und Fatah wollen die Vereinigten Staaten den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas mit 20 Millionen Dollar unterstützen. Von dem Geld soll die Präsidentengarde besser ausgebildet werden, wie am 5. Okt. aus US-Kreisen verlautete. Außerdem solle die Sicherheit am Grenzübergang Karni zwischen dem Gazastreifen und Israel verbessert werden, über den hauptsächlich Waren transportiert werden. Auf diese Weise hoffen die USA, die wirtschaftliche Lage der Palästinenser verbessern zu können. Der Plan, den der amerikanische Sicherheitskoordinator in den Autonomiegebieten, Keith Dayton, ausarbeitet, soll bis November umgesetzt werden, rechtzeitig zur Erntezeit im Gazastreifen. Die Präsidentengarde soll die palästinensische Seite des Grenzübergangs kontrollieren und das Vertrauen der israelischen Seiten in die Sicherheitskontrollen wiederherstellen. Der Plan wurde während des Besuchs von US-Außenministerin Condoleezza Rice im Westjordanland diskutiert. Die Hamas kritisierte den Plan als versteckten Putschversuch.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind in der Nacht zum 6. Okt. offenbar fünf palästinensische Extremisten ums Leben gekommen. Der Angriff galt nach palästinensischen Angaben einem Tunnel an der Grenze zu Ägypten. Die Al-Aksa-Märtyerbrigaden erklärten, die fünf Extremisten gehörten ihrer Organisation an. Israel greift häufig die Tunnel unter der Grenze an, durch die nach israelischen Angaben Waffen und Sprengstoff in den Gazastreifen eingeschmuggelt werden.
    Bei einer Explosion in einem Tunnel unter der Grenze zu Ägypten sind in der Nacht zum 6. Okt. fünf palästinensische Extremisten verschüttet worden, wie die Al-Aksa-Märtyerbrigaden erklärten. Es habe mindestens einen Toten gegeben. Es habe sich nicht wie zunächst angegeben um einen israelischen Luftangriff gehandelt, hieß es. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, sie hätten mit dem Zwischenfall nichts zu tun. Israel greift häufig die Tunnel unter der Grenze an, durch die nach israelischen Angaben Waffen und Sprengstoff in den Gazastreifen eingeschmuggelt werden.
  • Israelische Kampfflugzeuge haben im Tiefflug das Bekaa-Tal im Osten des Libanons überflogen. Das verlautete aus libanesischen Sicherheitskreisen am 6. Okt. Israel ist seit der Waffenruhe am 14. August wiederholt in den libanesischen Luftraum eingedrungen. Der Libanon hat dagegen bei den Vereinten Nationen protestiert.
  • Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat UN-Generalsekretär Kofi Annan aufgefordert, Israel zur Beendigung seiner Flüge über libanesischem Hoheitsgebeit zu bewegen. Siniora habe in einem Telefonat mit Annan am Abend des 6. Okt. auch gefordert, dass Israel nicht weiter die "blaue Linie" zwischen beiden Staaten verletze, teilte Sinioras Büro am 7. Okt. in Beirut mit. Siniora habe dabei die Tatsache angesprochen, dass in dem Grenzort Ghadschar nach wie vor israelische Soldaten stationiert sind. Die israelische Armee hatte sich am 1. Oktober gemäß der UN-Resolution 1701 aus dem Südlibanon zurückgezogen, aber einige Soldaten noch in Ghadschar nahe der zwischen Israel und Syrien umstrittenen Golanhöhen belassen.
  • Militante Palästinenser haben am 7. Okt. wieder vom Gazastreifen aus eine Rakete auf die nahe gelegene südisraelische Stadt Sderot abgefeuert. Es entstanden aber keine Schäden, wie die israelischen Streitkräfte mitteilten. Generalstabschef Dan Halutz warnte in dieser Woche, die Armee erwäge eine neue Offensive im Gazastreifen, um die militanten Palästinenser daran zu hindern, weiter Raketen auf Israel abzufeuern.
  • Syrien schließt einen Krieg mit Israel nicht aus und bereitet sich nach eigenen Angaben auf diese Situation vor. "Wir rechnen mit einer israelischen Aggression", sagte der syrische Staatschef Baschar el Assad in einem am 7. Okt. von einer kuwaitischen Zeitung veröffentlichten Interview, das syrische Zeitungen am Sonntag aufgriffen. "Alle wissen, dass Israel militärisch stark ist und direkt von den Vereinigten Staaten unterstützt wird." Jeder würde sein Land verteidigen, wenn ihm ein Angriff drohe, sagte Assad. "Man muss immer bereit sein."
Montag, 9. Oktober, bis Sonntag, 15. Oktober
  • Der syrische Präsident Baschar el Assad hält eine friedliche Koexistenz mit Israel für möglich. Auf die Frage, ob Syrien und Israel Seite an Seite in Frieden und Harmonie leben könnten, sagte Assad dem britischen Rundfunksender BBC am 9. Okt.: "Ja. Die Antwort ist Ja." Dafür notwendig sei jedoch ein unabhängiger Vermittler zwischen beiden Staaten. Die Vereinigten Staaten hätten nicht den Willen und die Vision, diese Rolle einzunehmen. Deswegen müssten die Vereinten Nationen und Europa eine "unterstützende Rolle" einnehmen.
  • Bei den Palästinensern werden angesichts der gescheiterten Bemühungen um eine Einheitsregierung von Hamas und Fatah Rufe nach Neuwahlen laut. Ein Berater von Präsident Mahmud Abbas (Fatah) sagte am 10. Okt., eine von der radikal-islamischen Hamas abgelehnte Initiative Katars sei "der letzte Versuch" einer Einigung gewesen. Er sehe nun die Notwendigkeit vorgezogener Wahlen, sagte Jassir Abed Rabbo. Die Hamas lehnt nach Angaben eines Sprechers sowohl eine Zwei-Staaten-Lösung mit Israel als auch einen Gewaltverzicht weiter ab. Damit wies die Organisation zwei von insgesamt sechs Punkten eines Kompromissvorschlags zurück, den Katars Außenminister Hamad bin Jassim bin Jaber al-Thani vorgelegt hatte. Al-Thani reiste nach Gesprächen mit Abbas und Ministerpräsident Ismail Hanija in Gaza am 10. Okt. wieder ab.
  • Israelische Soldaten töteten am Abend des 10. Okt. einen mutmaßlichen Attentäter, der aus dem Gazastreifen in den Süden des Landes eingedrungen war. Der Mann habe einen Gürtel mit Sprengstoff getragen, hieß es. Palästinensische Sicherheitskreise konnten den Vorfall zunächst nicht bestätigen.
  • Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht zum 11. Okt. zwei Einsätze im Gazastreifen geflogen. Ein Angriff galt dem Haus eines Abgeordneten der Hamas in der Stadt Gaza, wie palästinensische Sicherheitskreise berichteten. Das Haus habe jedoch leer gestanden, so dass niemand verletzt worden sei. Die israelischen Streitkräfte erklärten, die Luftwaffe habe ein unbewohntes Gebäude angegriffen, in dem Waffen gelagert worden seien.
    Zuvor wurde aus einem israelischen Kampfflugzeug auf ein Fahrzeug geschossen, wobei nach palästinensischen Angaben ein Bewaffneter verletzt wurde. Der Angriff habe sich nahe des Flüchtlingslagers Nusseirat in der Mitte des Gazastreifens ereignet. Israel bestätigte lediglich, dass ein Extremist getroffen worden sei.
  • Ein im Westjordanland entführter Amerikaner wurde am 11. Okt. unverletzt befreit. Der 24-jährige Michael Leighton Phillips wurde von 20 bewaffneten Männern der Al-Aksa-Brigaden zum Haus des Bürgermeisters von Nablus, Ghassan Schakaa, gebracht. Die Männer sagten, sie hätten ein verdächtiges Auto gestoppt und darin Phillips und vier seiner Entführer vorgefunden. Die Entführer seien unerkannt entkommen. Phillips, der als Lehrer für das Projekt Hoffnung in Flüchtlingslagern arbeitet, sagte, er wolle im Westjordanland bleiben. Er sei am 10. Okt. entführt worden. Die Al-Aksa-Brigaden stehen der Fatah-Organisation von Präsident Mahmud Abbas nahe.
  • Israelische Soldaten haben am Morgen des 11. Okt. in der Stadt Nablus im Westjordanland einen militanten Palästinenser erschossen. Nach Angaben von Angehörigen handelte es sich bei dem Getöteten um ein 31-jähriges Mitglied der Al-Aksa-Brigaden. Der Mann sei von Israel gesucht worden. Eine Kugel habe ihn am Kopf getroffen, während er am Fenster seiner Wohnung eine Schießerei zwischen Extremisten und Soldaten beobachtet habe. Die Darstellung der israelischen Streitkräfte wich von diesen Angaben ab. Sie erklärten, die Soldaten seien während einer nächtlichen Razzia angegriffen worden und hätten auf einen Mann geschossen, der dabei gewesen sei, einen Sprengsatz zu legen.
  • Syrien hat am 12. Okt. eine Einladung an Staatspräsident Baschar al Assad zu einem Besuch in Israel zurückgewiesen. Diese Einladung zeige nur, wie geschwächt Israel nach dem Krieg im Libanon sei, hieß es auf der Titelseite der Regierungszeitung "Al Baath". Der stellvertretende israelische Ministerpräsident Schimon Peres hatte Assad am 10. Okt. in einem Fernsehinterview zu einem Besuch in Jerusalem eingeladen. Nach Angaben des Fernsehens hatte Regierungschef Ehud Olmert dies aber sofort widerrufen. "Israel weiß, dass kein syrischer Bürger je eine solche Einladung annehmen würde", hieß es in der "Al Baath". "Frieden kann nicht durch inakzeptable protokollarische Besuche erreicht werden." Israelisch-syrische Gespräche scheiterten 2000, nachdem Syrien Sicherheiten dafür verlangt hatte, dass Israel die ganzen besetzten Golanhöhen wieder zurückgibt. Israel hatte die Golanhöhen 1967 erobert und schließt seitdem eine Rückgabe aus.
  • Bei einem israelischen Raketenangriff wurden am 12. Okt. im südlichen Gazastreifen sechs Palästinenser getötet. Es habe sich um vier militante Mitglieder der Hamas und zwei weitere Personen gehandelt, verlautete aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Der Vorfall ereignete sich im Dorf Abasan östlich von bei Chan Juni. Fünf der Toten seien Mitglieder derselben Familie, hieß es.
  • Der Chef des Hamas-Politbüros, Chaled Meschaal, hat die rasche Gründung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 gefordert. Dieser Staat, der binnen vier Jahren gegründet werden solle, werde Jerusalem einschließen, sagte Meschaal am Abend des 12. Okt. in Damaskus. Er bekräftigte, dass die radikalislamische Hamas Israel nicht anerkennen und den Widerstand gegen die israelische Besetzung fortsetzen werde.
  • Israels Verteidigungsminister Amir Peretz ordnete am 13. Okt. den Abriss illegaler Siedlungen im Westjordanland an. Bei israelischen Militäreinsätzen in den Palästinensergebieten wurden mehrere Menschen getötet, unter ihnen auch zwei Mädchen.
  • Mit einer Zeremonie an Bord des italienischen Flugzeugträgers "Garibaldi" hat die deutsche Marine am 15. Okt. das Kommando über den internationalen Flottenverband vor der libanesischen Küste übernommen. Flottillenadmiral Andreas Krause sagte bei dem Appell im Hafen von Beirut, die Aufgabe bestehe darin, im Rahmen der UN-Resolution 1701 die libanesische Regierung zu unterstützen und die Seegrenze gegen den illegalen Zustrom von Waffen zu sichern. Für die Übergabe des Kommandos hatte die deutsche Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" unter Kommandant Ulrich Reinecke 500 Meter neben der "Garibaldi" im Beiruter Hafen festgemacht, während die übrigen Schiffe und Boote des Verbandes aus Sicherheitsgründen vor der Küste kreuzten.
Montag, 16. Oktober, bis Sonntag, 22. Oktober
  • Der bewaffnete Arm der palästinensischen Hamas hat Israel vor weiteren Militäreinsätzen im Gazastreifen gewarnt. Wenn Israel eine stärkere Konfrontation mit der radikalislamischen Hamas suche, "werden wir diese Herausforderung annehmen", erklärten die Essedin-el-Kassam-Brigaden am 16. Okt. "Wir haben die Vorbereitungen abgeschlossen, um dem zionistischen Feind eine Lektion zu erteilen, die er nicht vergessen wird." Die Brigaden hätten "die nötigen Mittel und Waffen" dazu. Israel unterstelle der Hamas, Waffen in den Gazastreifen zu schmuggeln, "um seine kriminellen Einsätze zu rechtfertigen".
  • Israels Regierungschef Ehud Olmert ist zu einem sofortigen Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bereit. Abbas sei "ein rechtmäßiger Partner", sagte Olmert am 20. Okt. vor dem israelischen Parlament. "Ich bin bereit, ihn unverzüglich zu treffen, um über den Friedensfahrplan zu reden, wenn er es wünscht." Zu Gesprächen mit der palästinensischen Regierung unter der radikalen Hamas-Bewegung sei Israel dagegen nicht bereit, stellte Olmert klar: "Wir unterscheiden zwischen der Hamas-Regierung und Abu Masen (Abbas)."
  • Israelische Flugzeuge haben am späten Abend des 16. Okt. Raketen auf Ziele im nördlichen Gazastreifen abgefeuert. Dabei hatten sie offenbar militante Palästinenser im Visier, wie Anwohner erklärten. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Die israelischen Streitkräfte erklärten, Ziel seien palästinensische Raketenwerfer gewesen.
  • Israel gerät wegen der Verletzung des libanesischen Luftraumes mit Flügen seiner Luftwaffe unter zunehmenden Druck. Israels Verteidigungsminister Amir Perez habe vor Abgeordneten gesagt, französische Offiziere der UN-Truppe im Libanon hätten Israel vor französischem Flugabwehrfeuer gewarnt. Das berichten israelische Medien am 17. Okt. Zuvor hatte sich bereits der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora darüber beklagt, dass Israel immer wieder den libanesischen Luftraum verletzt.
  • Trotz des Scheiterns der Gespräche zwischen der radikalislamischen Hamas und der gemäßigten Fatah-Bewegung dringt die EU weiter auf die Bildung einer gemeinsamen palästinensischen Regierung. Die EU-Außenminister bekräftigten am 17. Okt. ihre Unterstützung für Präsident Mahmud Abbas und riefen die Palästinenser auf, sich "seinen Bemühungen um nationale Einheit" und die Bildung einer neuen Regierung anzuschließen. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana will in der kommenden Woche in den Nahen Osten reisen.
  • Israelische Soldaten haben am 17. Okt. im Westjordanland vier Palästinenser erschossen. Unter ihnen ist auch ein 16-jähriger Jugendlicher, der in Kabatijeh mit Steinen auf Soldaten geworfen hatte. Außerdem wurden in der gleichen Ortschaft zwei Kämpfer des Islamischen Dschihads sowie der Al-Aksa-Brigaden erschossen. Anlass der Unruhen war eine Razzia der israelischen Soldaten in der im nördlichen Westjordanland gelegenen Ortschaft.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hält ein Kabinett der Technokraten für den besten Ausweg aus der politischen Krise. Er werde dies aber nicht ohne die Zustimmung der Hamas durchsetzen, sagte Abbas am 17. Okt. Er bevorzuge die Lösung, Technokraten statt Politiker ins Kabinett zu holen, sagte Abbas am Abend vor Journalisten. "Aber es sollte Übereinstimmung herrschen in der Frage, wie lange es (das Kabinett) amtieren soll", fügte der palästinensische Präsident hinzu. Die Hamas, die über eine absolute Mehrheit im Parlament verfügt, reagierte zurückhaltend auf Abbas' Vorschlag. Eine breit angelegte Koalitionsregierung sei nach wie vor die beste Option, sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum am 18. Okt. "Wenn eine Koalitionsregierung die Last nicht schultern kann, den Ansprüchen des Volkes gerecht zu werden, dann denke ich nicht, dass eine Regierung der Technokraten diese Verantwortung übernehmen kann", sagte Barhum.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat in Moskau ein entschlossenes Vorgehen gegen das iranische Atomprogramm gefordert. Nach einer Unterredung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Olmert am 18. Okt., dieser habe großes Verständnis für die Haltung Israels gezeigt. Olmert rief Russland auf, seinen Einfluss auf Teheran geltend zu machen, um ein Einlenken im Atomstreit zu erreichen. "Wir können uns den Luxus nicht leisten, es zuzulassen, dass ein Staat wie der Iran unkonventionelle Waffen besitzt", sagte der israelische Regierungschef auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er Israel auslöschen wolle. Also habe die Regierung in Jerusalem keine Wahl, als dies mit allen Mitteln zu verhindern. Putin lobte die guten Beziehungen zwischen Israel und Russland. Das Verhältnis basiere heute stärker denn je auf gegenseitigem Vertrauen. Putin betonte nach dem Gespräch mit Olmert seine Bereitschaft, den Friedensprozess im Nahen Osten voranzubringen. Offen blieb zunächst, ob auch mögliche russische Waffenlieferungen an den Iran und Syrien zur Sprache kamen. Nach israelischen Angaben benutzte die Hisbollah-Miliz während des jüngsten Krieges im Südlibanon Raketen, die ursprünglich aus Russland stammten. Israel vermutet, dass diese Waffen über den Iran und Syrien in den Libanon gelangten.
  • Auch die Hisbollah-Miliz hat laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch während des Libanon-Krieges im Sommer Streubomben eingesetzt. Beim Beschuss eines Wohngebiets in der nordisraelischen Ortschaft Maghar mit dieser Munition seien am 25. Juli drei Zivilpersonen verletzt worden, heißt es in einem am 19. Okt. veröffentlichten Bericht der Organisation. Human Rights Watch und die Vereinten Nationen hatten bisher nur Israel vorgeworfen, Streubomben eingesetzt zu haben. Die Israelis sollen während des einmonatigen Kriegs bis zu vier Millionen Streubomben auf Ziele im Libanon abgeschossen haben. Bis zu eine Million davon sind nach Schätzungen nicht explodiert und bedrohen heute die Bevölkerung. Seit dem Waffenstillstand am 14. August sind 20 Libanesen bei der Explosion der Blindgänger getötet worden. Die Vereinten Nationen haben den Einsatz von Streubomben kritisiert.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den Libanon aufgerufen, diplomatische Beziehungen zu Syrien aufzunehmen. Die Gelegenheit sei nach dem Ende des Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz günstig, erklärte Annan in einem am 19. Okt. in New York veröffentlichten Bericht. "Es ist meine tiefe Hoffnung, dass die aus diesem Konflikt entstandenen Gelegenheiten genutzt werden und dass Libanon noch einmal aus der Asche der Zerstörung und des Kriegs auferstehen wird", schrieb der UN-Generalsekretär. Auch der Streit um das Gebiet der Tschebaa-Höfe müsse beigelegt werden. Israel betrachtet die Tschebaa-Höfe bislang als Teil des 1967 besetzten syrischen Territoriums. Der Libanon erhebt jedoch auch Anspruch auf das Gebiet.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat laut AP Israel erneut das Existenzrecht abgesprochen. Die Bemühungen, das "unehrliche Regime" zu stabilisieren, seien gescheitert, habe er am 20. Okt. auf einer propalästinensischen Kundgebung in Teheran. Deshalb werde es verschwinden. Es gebe keinen Grund mehr für seine Existenz.
  • Angesichts der anhaltenden Verletzungen des libanesischen Luftraums durch Israel hat der Kommandeur der UNIFIL-Mission, Alain Pellegrini, gefordert, israelische Militärflugzeuge notfalls mit Gewalt zu stoppen. "Wenn diplomatische Mittel nicht ausreichen, sollten möglicherweise andere Maßnahmen in Erwägung gezogen werden", sagte Pellegrini am 19. Okt. in New York. Pellegrini sagte, die andauernden israelischen Flüge über libanesischem Gebiet seien eine "klare Verletzung" der UN-Resolution 1701 und gäben ihm Anlass "zu großer Besorgnis". "Sie sind nicht akzeptabel." Bislang stünden der UNIFIL keine anderen Mittel zur Verfügung, als jedesmal dem Generalsekretariat der Vereinten Nationen umgehend Bericht zu erstatten und dann in Israel Protest einzulegen. Auf die Frage, ob die UNIFIL Israel notfalls auch mit Gewalt stoppen solle, sagte der General: "Das ist in Erwägung zu ziehen." Dazu müsste die UNO allerdings die Rechtsgrundlagen für die Mission ändern, betonte er. Die französischen UN-Truppen im Libanon seien derzeit dabei, sich zur Selbstverteidigung mit Luftabwehrraketen auszurüsten, sagte Pellegrini weiter. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev, nannte Pellegrinis Äußerungen am 20. Okt. "bedauerlich". Offenbar sei es "einfacher, immer neue Forderungen an Israel zu richten". Dabei sei sein Land vor drei Wochen aus dem Libanon abgezogen, womit es im Gegensatz zur Gegenseite "den wichtigsten Teil unserer Verpflichtungen aus der UN-Resolution 1701 erfüllt" habe.
  • Das geistliche Oberhaupt der libanesischen Schiiten, Mohammed Hussein Fadhlallah, kritisierte in seiner Freitagspredigt am 20. Okt. die UNIFIL und speziell den Auftrag der Deutschen Marine vor der libanesischen Küste. "Der Libanon ist auf dem besten Wege zu einem internationalen Protektorat zu werden", sagte er nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur ANI. Das Land sei nun von der Seeseite her blockiert.
  • Der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad hat den Westen am so genannten Jerusalem-Tag davor gewarnt, Israel zu unterstützen. Die israelische Regierung werde "endgültig verschwinden", sagte der Präsident am 20. Okt. bei einem öffentlichen Auftritt in Teheran. Der Westen solle sich darüber im Klaren sein, "dass jede Regierung, die das zionistische Regime jetzt noch unterstützt, als Ergebnis nur den Hass der Völker ernten wird". Zum Jerusalem-Tag gingen auch im Irak und im Libanon tausende Menschen für die Palästinenser auf die Straße. "Ihr sollt euch nicht beschweren, dass wir euch nicht gewarnt haben", sagte der iranische Präsident. "Wir sagen es jetzt ausdrücklich." Wenn der Hurrikan losbreche, werde er nicht an den geografischen Grenzen haltmachen. Israel werde seine Anhänger mit ins Verderben reißen. "Die beste Lösung für euch ist, alle Bestandteile des Regimes zu nehmen und zu entfernen." Ahmadinedschad hatte im vergangenen Jahr gesagt, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden.
    Zum Jerusalem-Tag, der auch als El-Kuds-Tag bekannt ist, versammelten sich zehntausende Iraner auf den Straßen von Teheran. In Sprechchören riefen sie "Tod Israel" und "Palästina Triumph". Wie jedes Jahr zündeten Teilnehmer der Großkundgebung Flaggen der Vereinigten Staaten und Israels an. Das Fernsehen zeigte Demonstrationen auch in weiteren Städten des Landes.
    Im Irak gingen mehr als tausend Menschen auf die Straße, im Libanon und im Gazastreifen fanden ähnliche Kundgebungen stattt.
    Der iranische Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini hatte den Jerusalem-Tag ins Leben gerufen, um die Rückgabe der "Heiligen Stadt" an die Palästinenser zu fordern.
  • Israelische Soldaten haben bei einem Einsatz im Süden des Gazastreifens einen Palästinenser getötet. Der 50 Jahre alte Mann sei am 21. Okt. auf dem Weg zum Morgengebet in der Nähe des Grenzübergangs Sufa erschossen worden, hieß es aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Bei dem Mann habe es sich um eine Zivilperson gehandelt. Die Streitkräfte bestätigten den Einsatz in dem Gebiet, erklärten jedoch, die Soldaten hätten bei einem Feuergefecht mit palästinensischen Extremisten einen bewaffneten Mann erschossen. Am Vortag waren vom südlichen Gazastreifen aus fünf Raketen nach Israel abgefeuert worden; dabei wurden zwei Israelis leicht verletzt.
  • Hamas gibt Israel die Schuld daran, dass es noch nicht zu einem Austausch des entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit gegen palästinensische Gefangene gekommen ist. "Es ist der israelische Premierminister (Ehud) Olmert, der ein Abkommen verhindert", sagte der Außenminister der Hamas-Regierung, Mahmud Sahar, dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner jüngsten Ausgabe (Vorabbericht vom 21. Okt.). "Ich appelliere an die Familie des entführten Soldaten, ihre Regierung dazu zu bringen, alles für die Freilassung ihres Sohnes zu tun", sagte er.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan setzt einem Pressebericht zufolge einen Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) als Vermittler im Nahost-Konflikt ein. Der Nachrichtendienstler aus Berlin sondiere seit September zwischen Israel und der Schiitenmiliz Hisbollah in geheimer Mission die Bedingungen für einen möglichen Austausch zweier verschleppter israelischer Soldaten, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am 21. Okt. vorab aus seiner aktuellen Ausgabe. Hisbollah-Kämpfer hatten die Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev im Juli entführt.
  • Dutzende palästinensische Sicherheitsbeamte haben bei einer Demonstration im Gazastreifen ihre ausstehenden Gehälter eingefordert. Die Männer setzten am 21. Okt. Autoreifen in Brand und blockierten die Zufahrtswege zur Residenz des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Gaza. Auslöser der Unruhen waren Berichte, wonach nur Beamte der untersten Gehaltsgruppen zu Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan ein volles Monatsgehalt bekommen sollen. Die rund 165.000 Beamten der palästinensischen Autonomiebehörde werden seit dem Regierungsantritt der Hamas im März nur noch unregelmäßig bezahlt. Grund ist die Einstellung der internationalen Finanzhilfen an die Regierung.
  • Israel hat einem Zeitungsbericht zufolge erstmals den Einsatz von Phosphorbomben gegen Ziele der radikalen Hisbollah- Miliz während des jüngsten Libanon-Kriegs eingestanden. Minister Jaakov Edri habe nach einer entsprechenden Anfrage einer Abgeordneten den Einsatz solcher Waffen bestätigt, schreibt die israelische Zeitung "Haaretz" am 22. Okt. Phosphor ist hochgiftig und verursacht bei Menschen schwere und oft tödliche Verbrennungen. Bislang hatte Israel angegeben, solche Bomben nur zu Markierungszwecken zu benutzen.
  • Israel will seine Aufklärungsflüge über dem Libanon fortsetzen, um den Waffenschmuggel für die Hisbollah zu unterbinden. "Die libanesische Regierung erfüllt nicht ihre Versprechen zur Durchsetzung von Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats", sagte der israelische Verteidigungsminister Amir Perez am 22. Okt. Der Sicherheitsratsbeschluss diente im August als Grundlage für das Ende des israelischen Kampfeinsatzes im Südlibanon. Er schreibt ein Waffenembargo gegen die Hisbollah vor, verbietet aber auch Flüge Israels über dem Libanon.
  • Der Machtkampf zwischen dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und der Hamas-Regierung geht in eine neue Runde. Um den Aufbau einer weiteren Hamas-eigenen Sicherheitseinheit zu verhindern, kündigte Abbas am 21. Okt. ein einheitliches Kommando für alle Sicherheitskräfte im Westjordanland an. Ausgenommen blieben nur die drei Einheiten des Innenministeriums. Letztlich unterstehen die Sicherheitsbeamten Abbas und gehören größtenteils seiner Fatah-Bewegung an. Deshalb hat die Hamas-Regierung konkurrierende Einheiten aufgestellt, die im Gazastreifen bereits 6.000 Mann umfassen. Im Westjordanlamd wurde zur Rekrutierung von 1.500 Mann aufgerufen.
    Den anhaltenden Kämpfen zwischen den rivalisierenden Einheiten fiel am frühen Morgen des 22. Okt. ein prominenter Fatah-Aktivist zum Opfer. Milizionäre beider Seiten lieferten sich ein blutiges Feuergefecht nahe der Flüchtlingslager Bureidsch und Nusseirat im Gazastreifen.
    Später demonstrierten Dutzende Sicherheitsbeamte abermals für die Auszahlung ihrer ausstehenden Gehälter. Dabei wurden Straßen blockiert und Autoreifen in Brand gesetzt.
  • Bei der Explosion einer Streubombe ist am 22. Okt. im Südlibanon ein zwölfjähriger Junge getötet worden. Sein jüngerer Bruder erlitt Verletzungen, wie libanesische Sicherheitskräfte mitteilten. Die beiden ernteten Oliven in dem Hain ihrer Familie in der Ortschaft Halta, als der Sprengsatz hochging. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsgruppen haben Israel vorgeworfen, im jüngsten Krieg gegen die Hisbollah-Miliz etwa vier Millionen Streubomben im Libanon abgeworfen zu haben. Von diesen sind nach UN-Angaben ein Viertel nicht explodiert. Nach dem Ende des bewaffneten Konflikts Mitte August kamen durch Streubomben 21 Menschen ums Leben. Es gab zudem mehr als 100 Verletzte. Gefährdet sind vor allem Kinder, die die kleinen Sprengsätze etwa mit Batterien verwechseln können.
Montag, 23. Oktober, bis Sonntag, 29. Oktober
  • Israelische Soldaten haben im nördlichen Gazastreifen am 23. Okt. sieben Palästinenser erschossen. Wie aus palästinensischen Krankenhauskreisen verlautete, waren unter den Toten drei Brüder und ihr Cousin. 14 weitere Menschen wurden bei dem Angriff am ersten Tag des Fests Eid al Fitr zum Ende des Ramadans verletzt. Die israelischen Streitkräfte erklärten, bei dem Einsatz seien zehn militante Palästinenser getroffen worden, die Raketen auf den Süden Israels abfeuern wollten. Palästinensische Sicherheitskräfte sagten, die Soldaten hätten auf eine Gruppe Palästinenser geschossen. Die Volkswiderstandskomitees, eine Dachorganisation militanter Gruppen, erklärten, Ziel der Aktion sei offenbar Ata Schindari gewesen, der in der Organisation für den Raketenbeschuss zuständig war. Schindari und einer seiner Brüder seien getötet worden, sagte ein Sprecher.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bemüht sich um die Aufnahme des Hardliners Avigdor Lieberman in sein Regierungsbündnis. Lieberman würde elf Abgeordnete seiner Partei Israel Beitenu mit in die Koalition bringen, damit könnte Olmert auf 78 der 120 Mandate im Parlament zählen. Olmert wollte am 23. Okt. Gespräche mit Lieberman führen. Nach Angaben eines Sprechers soll baldmöglichst eine Einigung getroffen werden.
    Lieberman hat die Todesstrafe für israelische Abgeordnete gefordert, die mit Führern der Hamas zusammengetroffen sind. Mit seiner Partei in der Regierung dürften weitere territoriale Zugeständnisse an die Palästinenser unmöglich werden. Die Arbeitspartei hat ursprünglich ein Bündnis mit Israel Beitenu ausgeschlossen. Mehrere Minister haben sich inzwischen allerdings dafür ausgesprochen, bei einer Aufnahme der Partei die Regierung nicht zu verlassen.
    Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert und der Vorsitzende von Israel Beitenu, Avigdor Lieberman, sind sich über die Regierungsbeeteiligung der nationalistischen Partei einig. Olmert und Lieberman hätten eine entsprechende Vereinbarung über die Koalitionsbildung unterzeichnet, teilte Olmerts Büro am Abend des 23. Okt. mit. Olmert hatte zuvor bereits angekündigt, Liebermann solle stellvertretender Ministerpräsident und Minister für strategische Gefahren werden, die Israel drohten. Die Abgeordneten von Israel Beitenu vergrößern das Regierungslager um elf Sitze. Die Regierung von Olmert baut damit ihre Mehrheit auf 78 der insgesamt 120 Sitze aus.
  • Die deutschen Marinesoldaten haben bei ihrem Einsatz vor der libanesischen Küste bislang noch keine verdächtigen Schiffe aufgespürt. Bei bislang "mehr als hundert Abfragen" habe es noch "kein Indiz für ein verdächtiges Schiff" gegeben, sagte der stellvertretende Kommandeur des multinationalen Flottenverbandes, Dirk Koch, im AFP-Gespräch am 24. Okt. Nach Angaben des Kapitäns zur See wäre ein Angriff mit einem sprengstoffbeladenen Speedboot oder einer Rakete das schlimmste Szenario für den Marineverband.
  • Nach knapp einem Tag in der Gewalt von Entführern ist ein im Gazastreifen verschleppter Fotograf der Nachrichtenagentur AP wieder auf freiem Fuß. Der 37-jährige Spanier Emilio Morenatti wurde am Abend des 24. Okt. von Fatah-Funktionären zum Büro des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Gaza gebracht. Er sei müde, aber unversehrt, sagte der Journalist.
  • Beim Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste ist es zu einem Zwischenfall mit der israelischen Luftwaffe gekommen. Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegel" vom 25. Okt. sollen zwei israelische Kampfflugzeuge vom Typ F-16 beim Überfliegen eines deutschen Schiffes zwei Schüsse in die Luft abgegeben haben. Die israelische Armee bestätigte den Vorfall am 25. Okt., dementierte aber, dass dabei Schüsse gefallen seien. Dem "Tagesspiegel" zufolge feuerten die israelischen Kampfflugzeuge auch Infrarot-Täuschkörper zur Raketenabwehr ab. Die Zeitung beruft sich auf Angaben des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages. Nach Angaben eines Sprechers des Einsatzsführungskommandos in Potsdam wird der Sachverhalt derzeit untersucht. Eine "abschließende Bewertung" liege aber noch nicht vor. Laut einer Sprecherin der israelischen Armee hatten die Kampfflugzeuge vor Rosch Hanikra an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon einen Hubschrauber abgedrängt, der sich dort ohne Absprache aufgehalten habe. Er sei daraufhin abgedreht und zu dem deutschen Marineschiff geflogen. Die Sprecherin versicherte, es seien keine Schüsse gefallen. Auch der israelische Verteidigungsminister Amir Perez versicherte nach Angaben seines Sprechers, dass "kein israelisches Flugzeug auf ein deutsches Schiff gefeuert" habe. Perez habe wegen des Vorfalls mit Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) telefoniert. Dabei habe er beteuert, Israel habe nicht die Absicht, "die Bundeswehr anzugreifen". Gleichzeitig habe Perez "bessere Absprachen zwischen der israelischen Armee und der deutschen Marine" angeregt.
  • Die Bundeswehr bleibt nach dem Zwischenfall beim Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste dabei, dass ein israelisches Kampfflugzeuge zwei ungezielte Schüsse abgegeben hat. Bei dem Zwischenfall mit insgesamt sechs Flugzeugen der israelischen Luftwaffe vom Typ F-16 seien auch Infrarot-Täuschkörper zur Abwehr von Raketen abgefeuert worden, bestätigte am 26. Okt. ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam die Angaben vom Vortag. Das israelische Verteidigungsministerium wiederholte unterdessen die Angaben des Sprechers von Verteidigungsminister Amir Perez. Danach hat Perez gegenüber seinem deutschen Kollegen Franz Josef Jung (CDU) "klargestellt, dass die israelische Luftwaffe nicht auf deutsche Flugzeuge oder Schiffe geschossen hat."
  • Die Bundesregierung betrachtet den Zwischenfall mit israelischen Kampfflugzeugen und der deutschen Marine als geklärt. "Wir sind zuversichtlich, dass sich ein solcher Fall in Zukunft nicht wiederholen wird", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, am 27. Okt. in Berlin. "Wir betrachten das nicht als Provokation." Das Flottendienstboot "Alster" habe sich Anfang der Woche 50 Seemeilen (gut 90 Kilometer) vor der israelischen Küste auf internationalem Gebiet befunden und sei von sechs israelischen F-16-Maschinen überflogen worden. Dabei seien zwei Schüsse aus einer Bordwaffe abgegeben worden, allerdings nicht zielgerichtet. Das Schiff sei auch nicht getroffen worden.
  • Israelische Soldaten haben am 27. Okt. im Westjordanland drei Palästinenser getötet. Im Flüchtlingslager Al Faraa bei Nablus erschossen die Truppen einen 23-jährigen Mann und einen 17-jährigen Jugendlichen, wie palästinensische Ärzte mitteilten. Der Onkel des Jugendlichen sagte, wahrscheinlich habe sein Neffe ein Armeefahrzeug mit Steinen beworfen. Im benachbarten Dorf Jamun wurde ein 28-Jähriger erschossen, der nach Darstellung von Familienmitgliedern auf das Dach seines Hauses stieg, um den Einsatz der israelischen Truppen zu beobachten. Er wurde von einer Kugel im Kopf getroffen, zwei seiner Brüder wurden verletzt. Der Islamische Dschihad erklärte, der Getötete sei ein Mitglied gewesen und während eines Gefechts mit israelischen Soldaten erschossen worden.
    Nach Angaben der Streitkräfte wurden beide Zwischenfälle von militanten Palästinensern provoziert. In Al Faraa hätten die Soldaten auf bewaffnete Palästinenser geschossen, in Jamun hätten Palästinenser mindestens zwei Soldaten durch Schüsse verletzt.
    Bei einem Luftangriff im Flüchtlingslager Dschebalija im Gazastreifen zerstörten die israelischen Streitkräfte in der Nacht zum 27. Okt. ein Haus, in dem nach ihrer Darstellung Waffen gelagert wurden. Die Bewohner wurden kurz vor dem Angriff aufgefordert, das Haus zu verlassen. Verletzt wurde niemand. Israel hat seine Offensive im Gazastreifen nach der Entführung des Soldaten Gilad Schalit Ende Juni begonnen, seitdem wurden mehr als 200 Palästinenser getötet.
  • Die Bundesregierung gerät wegen der bislang unpräzise dargestellten Einsatzbedingungen des deutschen UN-Marine-Kontingents vor der libanesischen Küste in Erklärungsnot. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) musste am 27. Okt. nach einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Verteidigungsausschusses in Berlin einräumen, das es entgegen der bisherigen Darstellungen der Bundesregierung zumindest innerhalb einer Sechs-Meilen-Zone erhebliche Beschränkungen gebe. Die FDP bekräftigte daraufhin ihren Vorwurf, die Regierung habe das Parlament getäuscht. Die Linkspartei forderte gar eine neue Abstimmung über den Libanon-Einsatz. Jung erläuterte nach der von der FDP betriebenen Ausschuss-Sondersitzung, deutsche Schiffe könnten im Rahmen der UNIFIL-Mission nur in die Sechs-Meilen-Zone eindringen, wenn sie ein anderes Schiff verfolgten oder ein "anerkannter" Verdacht des Waffenschmuggels für die extremistische Hisbollah bestehe. Gebe es keinen Verdacht, könne ein Schiff nur auf Anforderung der Libanesen in diese Zone fahren. Die FDP hielt auch nach den Erläuterungen Jungs im Ausschuss den Vorwurf eines "vorsätzlichen oder zumindest fahrlässigen Täuschungsmanövers gegenüber der Öffentlichkeit und dem Bundestag" aufrecht. Sie verlangte eine umfassende Klärung des Sachverhaltes in einer weiteren Sondersitzung. Für die FDP kann der Waffenhandel nur unterbunden werden, wenn die Marine uneingeschränkt auch unmittelbar vor der libanesischen Küste eingreifen kann. Die Vorfälle hätten ein parlamentarisches Nachspiel, kündigten FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle und seine Stellvertreterin Birgit Homburger an.
  • Der Vorsitzende des Bundeswehr-Verbandes, Bernhard Gertz, verlangt eine Klarstellung des Mandats für die deutschen Marinesoldaten im Nahen Osten. Die Beschränkung, dass die deutschen Schiffe in der Sechs-Meilen-Zone nur mit Zustimmung des Libanons operieren dürften, sei nicht zu akzeptieren, sagte Gertz der Chemnitzer "Freien Presse" (Ausgabe vom 28. Okt.). Er forderte die Bundesregierung auf, bei der UNO darauf zu dringen, dass über den Libanon-Einsatz erneut verhandelt werde.
  • Der Kommandeur der UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL), Alain Pellegrini, hat die EU am 28. Okt. aufgefordert, Israel zum Verzicht auf seine Aufklärungsflüge über dem Libanon zu bewegen. Pellegrini habe sich bei einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Beirut über die umstrittenen Flüge beschwert, sagte UNIFIL-Sprecher Daljeet Bagga. Der Kommandeur habe Solana aufgefordert, Druck auf Israel auszuüben, um die Flüge zu beenden. Solana hält sich derzeit zu einer mehrtägigen Rundreise im Nahen Osten auf. Die UNIFIL hatte sich bereits mehrfach darüber beschwert, dass die israelischen Flüge ihren Einsatz im Libanon behinderten. Israel hält die Flüge für notwendig, um den Waffenschmuggel für die Hisbollah zu unterbinden.
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana ist am Abend des 28. Okt. in Amman mit dem jordanischen Außenminister Abdul al Chatib zusammengetroffen. Er war vom Libanon aus nach Jordanien weitergereist. Solana hatte in Beirut dem prowestlichen libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Saniora die Unterstützung der Europäischen Union zugesichert. Die EU stellt den größten Teil der derzeit 7.000 Mann starken internationalen Libanon-Friedenstruppe UNIFIL. Besorgt zeigte sich Solana über die Flüge israelischer Militärmaschinen über libanesischem Territorium. Er habe bei seinen vorherigen Gesprächen in Jerusalem die israelische Regierung aufgefordert, die Flüge einzustellen, sagte Solana bei einer Pressekonferenz in Beirut unter Hinweis auf die Vorgaben der UN-Resolution 1701.
  • Die israelische Außenministerin, Zipi Liwni, hat eine Reise zu einer UN-Konferenz in Katar abgesagt, weil zu dieser auch Abgeordnete der Hamas eingeladen sind. Ein israelischer Minister werde nicht an einer Konferenz teilnehmen, auf der auch die radikalislamische Palästinenserorganisation vertreten sei, erklärte das israelische Außenministerium am 29. Okt. Liwni sollte am Rande der UN- Konferenz auch den katatrischen Außenminister, Hamad Bin Dschassim al-Thani, treffen.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bereitet sich offenbar auf eine Verschärfung des Konflikts mit der regierenden Hamas vor. Aus palästinensischen Kreisen verlautete am Wochenende (28./29. Okt.), Abbas habe Israel um Erlaubnis gebeten, Soldaten der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) aus Jordanien zu rekrutieren. Angesichts der immer heftigeren Kämpfe zwischen Anhängern der Hamas und der Fatah im Gazastreifen habe Israel zugesagt, die Bitte in Erwägung zu ziehen. Abbas hatte seinen Kurs gegenüber der Hamas bereits am 27. Okt. verschärft. Er kündigte bei einem Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana an, die Hamas-Regierung innerhalb von zwei Wochen aufzulösen, falls diese sich nicht zur Bildung einer Koalition mit seiner Fatah bereit erklärt. Abbas habe Solana gesagt, dass er die Hamas-Regierung durch ein Expertenkabinett ersetzen werde, hieß es weiter. Diesen Vorschlag hat der Präsident bereits mehrfach gemacht, bislang jedoch stets erklärt, ihn nicht gegen den Willen der Hamas umsetzen zu wollen.
  • Nach einer Anschlagswarnung hat die Polizei im Norden von Israel ihre Alarmbereitschaft erhöht. Die Polizei habe im Bereich der arabischen Ortschaft Um el Faham im Nordosten von Hadera Straßensperren aufgestellt, sagte ein Polizeisprecher am 29. Okt. Die Verbindung zwischen Hadera und Afula sei derzeit blockiert.
  • Beim Libanon-Einsatz der deutschen Marine hat es erneut einen Zwischenfall mit der israelischen Luftwaffe gegeben: Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte in Berlin, dass es in der Nacht 27. Okt. zu einem Vorfall mit einem Bundeswehrhubschrauber und israelischen Jagdbombern des Typs F-16 gekommen sei. Ein Sprecher hob aber hervor, die Lage sei nicht besonders bedrohlich gewesen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will am kommenden Freitag (2. Nov.) in Israel Gespräche führen. Im Berliner Verteidigungsministerium herrsche Verwunderung über den erneuten Zwischenfall mit israelischen Jagdbombern, zumal Israels Verteidigungsminister Amir Perez seinem Kollegen Jung erst kürzlich in einem Telefonat versichert habe, es werde keine gefährlichen Annäherungen an deutsche Hubschrauber im UN-Marineverband mehr geben, berichtet die "Bild am Sonntag" (29. Okt.). Das Parlament sei am 27. Okt. informiert worden, der israelische Generalstabschef habe sich entschuldigt, sagte ein Ministeriumssprecher. "Jetzt ist die Sache ausgeräumt."
  • Die israelische Arbeitspartei bleibt in der Regierungskoalition. Die rund 3.000 Mitglieder des Zentralkomitees stimmten am 29. Okt. mit großer Mehrheit für eine Fortsetzung des Bündnisses, wie der Generalsekretär der Partei, Eitan Cabel, bekannt gab. In der Partei hatte sich Unmut gegen die geplante Aufnahme der rechtsnationalistischen Partei Israel Beitenu von Avigdor Lieberman in die Koalition breit gemacht. Ein Teil der Delegierten hatte die weitere Beteiligung an der Koalition offen in Frage gestellt. Der Parteivorsitzende, Verteidigungsminister Amir Perez, setzte sich für einen Verbleib der Sozialdemokraten in der Regierung ein.
  • Nach den deutsch-israelischen Zwischenfällen vor der libanesischen Küste bemühen sich beide Regierungen um Schadensbegrenzung. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert telefonierte am Sonntagabend (29. Okt.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dabei sicherte Olmert der Kanzlerin zu, dass sich die Zwischenfälle nicht wiederholen werden und dass Israel die Bewegungen seiner Luftwaffe künftig besser mit der Friedenstruppe UNIFIL abstimmen werde, wie Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm in Berlin mitteilte.
Montag, 30. Oktober, bis Dienstag, 31. Oktober
  • Israel will seinen Militäreinsatz im Gazastreifen ausweiten. In den kommenden Tagen solle über das weitere Vorgehen entschieden werden, sagte Ministerpräsident Ehud Olmert nach Angaben eines Abgeordneten. Der Parlamentarier Limor Livnat zitierte am 30. Okt. Äußerungen Olmerts vor dem Verteidigungsausschuss. Die israelische Offensive im Gazastreifen begann Ende Juni, nachdem palästinensische Extremisten einen israelischen Soldaten entführt hatten.
  • In Israel hat die Regierung der Aufnahme des Rechtsnationalisten Avigdor Lieberman ins Kabinett zugestimmt. Wie offiziell am 30. Okt. in Jerusalem mitgeteilt wurde, stimmten 22 Minister dafür, Lieberman mit dem Ressort für strategische Angelegenheiten zu betrauen. Wissenschafts- und Kulturminister Ofir Pines-Pas von der Arbeitspartei habe dagegen votiert. Aus Parlamentskreisen verlautete, der Chef der rechtsnationalistischen Partei Israel Beitenu werde noch am Abend vor der Knesset seinen Amtseid ablegen.
  • In Israel hat der geplante Kabinettseintritt des Rechtsnationalisten Avigdor Lieberman für einen Eklat in der Regierung gesorgt. Kulturminister Ofir Pines-Pas erklärte wegen Liebermans Nominierung seinen Rücktritt. Nach dem Kabinettsbeschluss habe er keine andere Wahl gehabt, als seinen Posten aufzugeben, teilte Pines-Pas am 30. Okt. mit. Er warf Lieberman Rassismus vor. Nach offiziellen Angaben aus Jerusalem stimmten 22 Minister dafür, Lieberman mit dem Ressort für strategische Angelegenheiten zu betrauen. Der Chef der rechtsnationalistischen Partei Israel Beitenu sollte noch am Abend des 30. Okt. vor der Knesset seinen Amtseid ablegen. Ministerpräsident Ehud Olmert und Lieberman hatten sich in der vergangenen Woche auf eine Beteiligung der rechtsnationalistischen Partei an der Regierung geeinigt. Laut Olmerts Büro soll sich Lieberman als neuer Minister für strategische Angelegenheiten vor allem mit der atomaren Bedrohung durch den Iran beschäftigen. Er sei glücklich über die Regierungsbeteiligung Liebermans, sagte Olmert. "Wir haben einen wichtigen Schritt unternommen, die Regierung zu stärken." Der arabisch-israelische Abgeordnete Ahmed Tibi sagte hingegen AFP: "Das ist ein schwarzer Tag für Israel." Die Kabinettsentscheidung zeige das wahre Gesicht der Regierung Olmert.
    Der Chef der russischen Einwandererpartei sorgte vor allem mit Forderungen für Aufsehen, jüdische und arabische Israelis zu trennen, um zwei "ethnisch homogene Staaten" zu schaffen. Davon betroffen wären hunderttausende arabische Israelis. Mit der Regierungsbeteiligung von Israel Beitenu kann die Regierung Olmert ihre Mehrheit im Parlament auf 78 der 120 Sitze ausbauen. Lieberman stammt aus dem früher zur Sowjetunion gehörenden Moldawien und wanderte 1978 nach Israel aus. Er arbeitete lange als Generalsekretär der Likud-Partei, bevor er 1999 Chef von Israel Beitenu wurde.
  • Unionsfraktionschef Volker Kauder hat Israel die besondere Solidarität Deutschlands zugesichert. "Wir haben eine besondere Verantwortung, deshalb ist das Existenzrecht Israels für uns unabdingbar", sagte Kauder nach einem Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem am 30. Okt. Kauder hält das Verhältnis zu Israel nach der Entschuldigung für die Zwischenfälle zwischen israelischen Kampfjets und der Deutschen Marine für ungetrübt.
  • Ungeachtet von Protesten der Friedenstruppe UNIFIL hat die israelische Luftwaffe nach libanesischen Berichten ihre Flüge über dem Libanon am 30. Okt. intensiviert. Dabei überflogen die Maschinen im Süden des Landes nach Angaben der Polizei auch von der UN-Friedenstruppe kontrolliertes Gebiet. Augenzeugen berichteten von einer Serie von Scheinangriffen auf die Stadt Nabatijeh. Zwei Flugzeuge hätten am Vormittag Beirut und die von der radikal-islamischen Hisbollah dominierten Vorstädte im Süden der Hauptstadt in ungewöhnlich niedriger Höhe überflogen, berichtete die Polizei. Zu dieser Zeit befand sich nach Angaben von Augenzeugen auch ein Schiff der Deutschen Marine in der Nähe der libanesischen Küste. Die israelische Armeepressestelle in Tel Aviv lehnte eine Stellungnahme zunächst ab. Zu Details aktueller Einsätze würden grundsätzlich nichts bekannt gegeben. Israel begründet seine Flüge über dem Libanon mit der Notwendigkeit zur Aufklärung, um mögliche Waffenlieferungen an die Hisbollah zu verhindern.
    Der französische Befehlshaber der UN-Truppen im Libanon, Alain Pellegrini, hat sich mehrfach über die anhaltende Verletzung des libanesischen Luftraums beklagt und bei den Vereinten Nationen in New York um Luftabwehrgeschütze zum Schutz der UNIFIL nachgefragt.
  • Die Zwischenfälle zwischen israelischen und deutschen Streitkräften vor der libanesischen Küste haben in der SPD massive Kritik an Israel hervorgerufen. Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen sagte der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 31. Okt.), Israel dringe regelmäßig in den libanesischen Luftraum ein. Dies seien "Provokationen, die den Waffenstillstand gefährden". Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) müsse dies auf seiner Israel-Reise am Wochenende deutlich ansprechen.
  • Der libanesische Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah verhandelt nach eigenen Angaben mit Israel über den Austausch von Gefangenen. Ein Unterhändler der Vereinten Nationen sei mit Vertretern der Hisbollah und Israels zusammengetroffen, die Verhandlungen dauerten an, sagte Nasrallah am 31. Okt. im Hisbollah-eigenen TV-Kanal El Manar. Gegenwärtig tauschten die Parteien "Ideen und Bedingungen" . "Die Verhandlungen sind auf einem guten Weg und gehen voran."
  • Der israelische Verteidigungsminister Amir Perez bezeichnete einen saudiarabischen Plan für einen umfassenden Frieden im Nahen Osten aus dem Jahr 2002 als denkbare Verhandlungsgrundlage. Damit deutete er am 31. Okt. auf einem Symposium an der Universität von Tel Aviv eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme der festgefahrenen Gespräche mit den Palästinensern an. Israel stimme dem Plan zwar nicht zu, aber er könnte als Grundlage für Verhandlungen dienen, sagte Perez. Die saudiarabische Initiative wurde im März 2002 in Beirut bei einem Gipfeltreffen von den Staaten der Arabischen Liga angenommen. Er bot Israel erstmals normale Beziehungen mit allen arabischen Staaten im Tausch gegen die Räumung aller im Sechstagekrieg 1967 besetzten Gebiete an. Darunter fallen der inzwischen geräumte Gazastreifen, das Westjordanland, der Ostteil Jerusalems und die syrischen Golan-Höhen.
    Israel hatte damals skeptisch auf den Friedensplan reagiert und einige Zusatzpunkte wie etwa die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge nach Israel abgelehnt. Der Plan wurde 2003 durch die Roadmap des aus den USA, Russland, der EU und den Vereinten Nationen bestehenden Nahost-Quartetts überholt. Die Roadmap sieht die Schaffung eines palästinensischen Staates in drei Stufen vor und erwähnt die saudiarabische Friedensinitiative als Teil einer Grundlage zur Lösung des Konflikts.



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