Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Mai 2006

Chronologie der Ereignisse

Montag, 1. Mai, bis Sonntag, 7. Mai
  • Nach erfolgreichen Koalitionsvereinbarungen kann Israels Ministerpräsident Ehud Olmert fristgerecht seine neue Regierung präsentieren. Der geistliche Führer der ultra-orthodoxen Schas-Partei und der Rat der Weisen als oberstes Parteigremium stimmten am 1. Mai einem Regierungsbeitritt zu. Damit verfügt das Koalitionskabinett im Parlament über eine Mehrheit.
    Wie aus der Schas-Partei verlautete, erhält die strengreligiöse Formation der sephardischen Juden unter ihrem geistlichen Führer, dem Rabbiner Ovadia Jossef, dem Abkommen zufolge im neuen Kabinett die Ressorts Handel und Industrie, Telekommunikation, religiöse Angelegenheiten und ein Ministerium ohne Geschäftsbereich. Das Abkommen enthält eine Klausel, wonach die Schas-Partei dem von Olmert geplanten Teilrückzug aus dem Westjordanland nicht zustimmen muss.
  • Auf einem Luftwaffenstützpunkt im Süden Israels haben Soldaten und andere Mitarbeiter des israelischen Militärs serienmäßig eine 13-jährige geistig Behinderte missbraucht. Nach Militärangaben vom 1. Mai wurden bei den Ermittlungen bislang rund 15 Soldaten und andere Angestellte verhört. Sie gaben an, das Mädchen habe sich mehr als ein Jahr lang freiwillig auf die sexuellen Kontakte eingelassen und sie hätten gedacht, sie sei mindestens 16 Jahre alt. Luftwaffenchef Elieser Schkedi bezeichnete die Vorfälle als "schwerwiegend". Von den mindestens 20 Verdächtigen wurde zunächst niemand festgenommen. Das Mädchen besucht inzwischen eine Privatschule und wird von Psychologen betreut. Es ist die Tochter eines hochrangigen Militärs, der inzwischen von dem Luftwaffenstützpunkt wegzog.
  • Israelische Soldaten haben nach palästinensischen Angaben am 1. Mai in der Stadt Tulkarem im Westjordanland eine Palästinenserin erschossen und ihre beiden Töchter leicht verletzt. Die Soldaten seien mit etwa 20 Geländewagen vorgefahren, hätten ein Haus umstellt und das Feuer eröffnet, hieß es. Eine Sprecherin der israelischen Armee sagte, die Soldaten hätten ein ranghohes Mitglied der radikalislamischen Gruppe Islamischer Dschihad festgenommen. Sie hätten den Dschihadisten zuvor eineinhalb Stunden lang vergeblich aufgefordert sich zu ergeben und Schüsse in die Luft abgegeben. Das Feuer hätten sie eröffnet, nachdem es "verdächtige Bewegungen um das Haus" gegeben habe. Seit dem Beginn der Intifada, des Volksaufstands der Palästinenser im September 2000, wurden damit laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP 5035 Menschen getötet, zum größten Teil Palästinenser.
  • Das von Abbas ursprünglich für den 2. Mai geplante Treffen zum innerpalästinensichen Dialog (siehe unsere Chronik vom 29. April) scheiterte unter anderem an Streitigkeiten über den Vorsitz. Der Fatah-Abgeordnete Abdallah Abdallah sagte am 1. Mai, Abbas habe die Konferenz leiten wollen, doch dann habe Ministerpräsident Ismail Hanija von der Hamas denselben Anspruch erhoben. Außerdem fordere die Hamas mehr Zeit zur Vorbereitung.
  • In Israel leben mehr als sieben Millionen Menschen. Dies ergab eine am 1. Mai vom zentralen Statistikamt veröffentlichte Volkszählung. Insgesamt leben demnach 7.026.000 Menschen in Israel, das sind 8,7 mal mehr als bei der Staatsgründung am 14. Mai 1948. Mit 76 Prozent stellen die Juden den Großteil der Einwohner (5.333.000), 20 Prozent sind Araber (1.387.000). In Israel wird nach dem hebräischen Kalender am Mittwoch (3. Mai) der 58. Jahrestag der Staatsgründung begangen. Im Vergleich zum 57. Jahrestag hat sich die Bevölkerungszahl um 118.000 Einwohner erhöht.
  • Nach nur einem Jahr im Amt des internationalen Nahost-Vermittlers hat James Wolfensohn seinen Rücktritt angekündigt. Die Anwesenheit der radikalislamischen Hamas-Regierung in den Palästinensergebieten mache seine Arbeit untragbar, sagte der ehemalige Weltbankchef bei einer Pressekonferenz mit US-Außenministerin Condoleezza Rice in Washington am 1. Mai. Nach dem Rückzug Israels habe er bei der Förderung der Wirtschaft im Gazastreifen zwar einige Fortschritte erzielen können, betonte der 72-Jährige. Die politischen Ereignisse nach dem Hamas-Regierungsantritt überstiegen jedoch seine Kompetenzen, sagte Wolfensohn weiter. Es sei schwierig geworden, unabhängige Abmachungen zu treffen. Rice äußerte ihr Bedauern über Wolfensohns Entscheidung. Sie hoffe, dass Wolfensohn erneut eine "aktive Rolle" in der Region übernehmen werde, wenn die Bedingungenen es wieder zuließen, sagte die Außenministerin. Wolfensohn war als Sondergesandter des Nahost-Quartett aus UNO, USA, Europäischer Union und Russland in der Region tätig.
  • Der israelische Ministerpräsident will sich nach seinem Besuch in Washington in diesem Monat mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas treffen. Aus israelischen Regierungskreisen verlautete am 2. Mai, ein genaues Datum für das Gespräch gebe es noch nicht. Es wäre das erste Treffen des palästinensischen Präsidenten mit einem israelischen Regierungschef, seit Abbas und der damalige Ministerpräsident Ariel Scharon im Februar 2005 eine Waffenruhe verkündeten. Der palästinensische Unterhändler Sajeb Erakat erklärte, Abbas sei bereit, Olmert zu treffen, sobald dieser seine Regierung gebildet habe. Das neue israelische Kabinett soll am 4. Mai vereidigt werden.
  • Nach dem Stopp finanzieller Unterstützung aus dem Ausland hat die palästinensische Hamas-Regierung nach eigenen Angaben Geld beisammen, um die seit Wochen ausstehenden Gehälter von Beamten zu bezahlen. Es gebe Alternativen, sagte Ministerpräsident Ismail Hanija am 3. Mai. Die USA blockierten jedoch den Transfer der Mittel auf palästinensische Konten. Hanija rief die arabischen Staaten auf, sich dem Druck aus Washington zu widersetzen. Die Regierungen arabischer Länder sollten die "Belagerung" des palästinensischen Volks und die "politische Erpressung" durch die USA beenden, forderte Hanija. Die Hamas-Regierung kann seit März die Gehälter für rund 165.000 Angestellte nicht bezahlen und steht vor dem finanziellen Kollaps, nachdem unter anderem die EU ihre Hilfszahlungen eingestellt hat.
  • Die iranischen Streitkräfte haben am 3. Mai die Äußerung eines Kommandeurs der Revolutionsgarde zurückgewiesen, wonach Israel bei einem US-Angriff das erste Ziel eines iranischen Vergeltungsschlages wäre. Diese Aussage sei eine rein "persönliche Ansicht", erklärte Brigadegeneral Aliresa Afschar laut der Nachrichtenagentur Entechab. Ein Kommandeur der Revolutionsgarde, General Mohammed Ebrahim Dehghani, hatte am 2. Mai erklärt, sollte Teheran von den USA angegriffen werden, werde sich seine erste Reaktion gegen Israel richten. Im Hinblick auf die Streitkräfte sei Dehghanis Äußerung bedeutungslos, erklärte Afschar. Die Revolutionsgarde ist eine militärische Organisation, die nach der Islamischen Revolution 1979 gegründet wurde und neben den regulären iranischen Streitkräften existiert.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum Abschluss ihres USA-Besuchs als erste deutsche Regierungschefin vor dem American Jewish Committee gesprochen. Anlass des Gala-Dinners war das 100-jährige Bestehen der Organisation amerikanischer Juden. In ihrer Ansprache bekräftigte die Kanzlerin ebenso wie US-Präsident George W. Bush die Unterstützung für Israel. Das entschiedene Eintreten für das Existenzrecht Israels sei "eine unverrückbare Konstante deutscher Außenpolitik", sagte Merkel am 4. Mai. "Das Existenzrecht Israels darf niemals in Frage gestellt werden." Merkel unterstützte die Haltung der US-Regierung, die palästinensische Hamas-Regierung deswegen nicht als Verhandlungspartner zu akzeptieren. (Die ganze Rede Merkels und Bushs Rede gibt es es hier: USA-Deutschland-Israel-Iran: "Ich kann Ihnen versichern ...".)
  • Nach der Vereidigung der neuen Regierung in Israel hat der palästinensische Präsident Mahmud Abbas zu einer raschen Aufnahme von Friedensgesprächen aufgerufen. Abbas telefonierte deswegen am 5. Mai mit Ministerpräsident Ehud Olmert, gratulierte ihm zur Kabinettsbildung und bot ihm eine Partnerschaft an, wie der palästinensische Unterhändler Sajeb Erekat mitteilte. Aus der Umgebung Olmerts verlautete anschließend, dass ein Treffen mit Abbas möglich sei. Ausgeschlossen seien hingegen Verhandlungen mit der Hamas-Regierung, solange diese nicht das Existenzrecht Israels anerkenne und der Gewalt abschwöre.
  • Die EU-Kommission sucht wegen der starren Haltung der Hamas-geführten Regierung nach alternativen Wegen zur Unterstützung der Palästinenser. Dabei wird erwogen, Präsident Mahmud Abbas als Vermittler zwischen der palästinensischen Seite und der internationalen Gemeinschaft stärker einzubinden, wie Kommissionssprecherin Emma Udwin am 5. Mai in Brüssel sagte. In einem Kommissionspapier heißt es, internationale Geber könnten mit Hilfe eines Überwachungsmechanismus weiterhin Geld an die Palästinenser überweisen, damit die Grundbedürfnisse der Menschen erfüllt werden können.
  • Israel hat die Erteilung eines schwedischen Visums an einen Minister der palästinensischen Hamas-Regierung kritisiert. Israel bedaure die Entscheidung der schwedischen Regierung, dem Flüchtlingsminister Atef Edwan für die Teilnahme an einer Konferenz von Exilpalästinensern am Wochenende in Malmö die Einreise zu erlauben, erklärte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums am 5. Mai.
  • Die neue israelische Regierung hat ihren ersten Test für den geplanten Rückzug aus weiten Teilen des Westjordanlands bestanden. Eine starke Polizeieinheit räumte am 7. Mai ein von jüdischen Siedlern besetztes Haus in Hebron. Die Aktion verlief ohne große Zwischenfälle, nachdem es in der Nacht noch zu Zusammenstößen gekommen war. Die Siedler warfen Steine und Flaschen auf die Polizisten, von denen 13 verletzt wurden. Mehrere Siedler wurden festgenommen. Am Morgen drangen die Polizisten in das Haus ein. Einige Siedler verließen das Gebäude daraufhin freiwillig, andere ließen sich wegtragen. Das von seinen palästinensischen Bewohnern verlassene Haus in Hebron war vor etwa einem Monat von drei jüdischen Familien besetzt worden, die zuvor in der Siedlung Avraham Avinu in Hebron lebten. Die Räumung wurde vom Obersten Gerichts Israels angeordnet.
  • Israel hat mit der Lockerung des Einreiseverbots für Palästinenser begonnen. In einem ersten Schritt soll 8.000 Arbeitern im Alter von über 35 Jahren aus dem Westjordanland die Einreise nach Israel erlaubt werden, wie der neue Verteidigungsminister Amir Perez am 7. Mai ankündigte. Auch 4.000 Kaufleute sowie im Jerusalemer Industriegebiet Atarot beschäftigte und über 28 Jahre alte Arbeiter dürften zurückkehren. Den meisten Palästinensern aus dem nördlichen Westjordanland bleibt damit jedoch weiter die Einreise untersagt.
  • EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat Israel und die Hamas-geführte palästinensische Regierung am 7. Mai aufgerufen, die Finanzkrise der Autonomiebehörde zu beenden. Die radikalislamische Hamas müsse der Gewalt abschwören und das Existenzrecht Israels anerkennen, forderte Ferrero-Waldner nach einem Treffen mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak in Kairo. Die Hamas müsse um der Palästinenser willen ihre Einstellung ändern, sagte die EU-Kommissarin. Israel rief sie auf, "zumindest die Steuern und Zölle zu überweisen", die von der Regierung für die Autonomiebehörde eingezogen werden. Als Reaktion auf den Wahlsieg der Hamas im Januar hat Jerusalem die Überweisung der Gelder in Höhe von mehreren Millionen Dollar eingefroren.
Montag, 8. Mai, bis Sonntag, 14. Mai
  • Im südlichen Gazastreifen spitzen sich die Spannungen zwischen der Hamas und der Fatah weiter zu: Bei Kämpfen wurden in der Nacht zum 8. Mai drei Palästinenser getötet. Die Zusammenstöße in der Ortschaft Abassan waren die bislang schwersten der rivalisierenden Gruppen seit der Regierungsübernahme der Hamas vor sechs Wochen. Wie Fatah-Sprecher Taufik Abu Chussa mitteilte, versuchten Hamas-Mitglieder kurz nach Mitternacht einen Anhänger der Fatah zu entführen. Bei einem Feuergefecht wurde ein Hamas-Mitglied schwer verwundet und erlag später seinen Verletzungen. Bei einem zweiten Gefecht nach einer Reihe weiterer Entführungen schossen Hamas-Extremisten mit Panzerabwehrraketen auf Fatah-Mitglieder und töteten zwei von ihnen. Es habe sich um Mitglieder der Sicherheitskräfte gehandelt, sagte Abu Chussa. Zehn Kämpfer wurden verletzt. Ministerpräsident Ismail Hanija rief beide Seiten zur Ruhe auf.
  • Mit Blick auf den geplanten Teilrückzug aus dem Westjordanland hat die israelische Regierung die Armee angewiesen, innerhalb der kommenden vier Monate eine Karte der illegalen jüdischen Siedlungen zu erstellen. Diese Karte solle alle auf privatem, staatlichem und palästinensischem Grund errichteten Siedlungen umfassen, berichtete der öffentliche Rundfunk am 8. Mai unter Berufung auf Angaben eines Armeegenerals. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert bekräftigte bei der ersten Sitzung seines Kabinetts am 7. Mai seine Absicht, der illegalen Besiedlung ein Ende zu setzen. "Wir werden Gewalt oder die Versuche, in der Region Tatsachen zu schaffen, nicht mehr hinnehmen", sagte Olmert. Offiziellen Angaben zufolge gibt es im Westjordanland mehr als einhundert illegale Siedlungen*.
    (* Anmerkung der Redaktion: Vom Völkerrecht betrachtet sind selbstverständlich nicht nur diese 100, sondern alle jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland illegal, also auch diejenigen Großsiedlungen, welche die israelische Regierung behalten und noch ausbauen möchte.)
  • Die Weltbank hat vor einer humanitären Krise in den Autonomiegebieten gewarnt, sollte sich die finanzielle Situation der palästinensischen Regierung nicht bald bessern. Die Lage sei weitaus schlimmer als bisher angenommen, hieß es einen Tag vor einer Konferenz des Nahost-Quartetts aus UN, EU, USA und Russland, die am 9. Mai stattfinden soll. Die wirtschaftlichen Probleme der Palästinenser könnten eine humanitäre Krise, eine weitere Zunahme der Gewalt und den Kollaps der Autonomiebehörde zur Folge haben, heißt es in dem Bericht der Weltbank. Im März hatte sie Weltbank Daten veröffentlicht, nach denen das Einkommen in den Autonomiegebieten bis zum Jahresende um ein Drittel sinken, die Arbeitslosenquote von 23 auf etwa 40 Prozent hochschnellen und die Zahl der Menschen, die in Armut leben, von 44 auf 67 Prozent steigen werde. Diese Annahmen seien jedoch "zu rosig", hieß es nun. Im Juni will die Weltbank neue Schätzungen vorlegen.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas warnte am 8. Mai ebenfalls vor einer drohenden Krise. Die Entscheidung, der Hamas-Regierung Finanzhilfen vorzuenthalten, dürfte im Friedensprozess eher für Frustration sorgen als ihn beschleunigen, schrieb Abbas nach Angaben seines Büros in einem Brief an Geberländer.
  • Nur wenige Tage nach der Bestätigung der israelichen Regierung im Amt hat das Parlament am 8. Mai den ersten Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Ehud Olmert zurückgewiesen. Ein Antrag der ultranationalistischen Partei Israel Beitenu (Israel unser Haus) gegen Olmerts geplanten einseitigen Rückzug aus dem Westjordanland wurde mit einer Mehrheit von 50 Stimmen abgelehnt. Es gab 28 Gegenstimmen und 12 Enthaltungen.
  • Israels Ministerpräsident Ehud Olmert hat zum Erhalt der jüdischen Mehrheit unter den Einwohnern seines Landes aufgerufen. "Wir müssen weiter eine solide jüdische Mehrheit haben, ohne die die Vorstellung eines jüdischen Staates sinnlos würde", sagte Olmert am 8. Mai im Parlament anlässlich einer Veranstaltung in Gedenken an den Begründer des modernen Zionismus, Theodor Herzl (1860-1904). Der Zionismus verfocht die Idee, einen eigenen jüdischen Staat in Palästina zu schaffen, was nach dem Zweiten Weltkrieg auch geschah.
NROs können nicht die palästinensischen Behörden ersetzen
Nach Einstellung der Zahlungen an die palästinensischen Behörden durch die EU, Kanada, die USA, Israel und Japan soll die Unterstützung über internationale Hilfsorganisationen, die in Palästina präsent sind, direkt der Bevölkerung zukommen. Für Handicap International ist dieser Ersatz nicht glaubwürdig, da so der Zusammenbruch der öffentlichen Strukturen weiter beschleunigt wird. Und dies wird dramatische Folgen für die Zivilbevölkerung haben, wie u.a. die WHO befürchtet.

Die palästinensischen Institutionen sind von der internationalen Hilfe stark abhängig - allein die europäischen Hilfsgelder machen ein Viertel des Budgets der palästinensischen Behörden aus. Ohne diese Hilfe werden sie nicht mehr in der Lage sein, ihre administrativen Aufgaben wahrzunehmen, also den öffentlichen Dienst aufrecht zu erhalten oder die Angestellten zu bezahlen. Diese Aufgaben kann keine Nicht-Regierungs-Organisation (NRO) übernehmen. Die NROs übernehmen für die Bevölkerung wichtige Aufgaben in den Bereichen Ausbildung, Gesundheit, Soziale Dienste. Sie sind jedoch weder qualifiziert noch bereit dazu, die Arbeit der palästinensischen Behörden zu ersetzen.

Handicap International kümmert sich seit zehn Jahren um Menschen mit Behinderung, die zu den verletzlichsten Menschen in Palästina gehören. Diese sind besonders schwer betroffen von der kritischen Lage im Land, die sich seit Jahren nicht verbessert: Schwierigkeiten bei der Umsiedlung, kein Zugang zu spezieller Pflege, extreme Armut... Nach Angaben der Weltbank leben in den palästinensischen Gebieten 60 % der Menschen unterhalb der Armutsgrenze - und das schon vor der Einstellung der Hilfsleistungen!
"Die bisherigen Geberländer sind dafür verantwortlich, Entscheidungen zu treffen, die diese humanitäre Katastrophe und ihre Folgen abwenden - ohne sich hinter den Nicht-Regierungs-Organisationen zu verstecken! Wir sind nicht dafür zuständig, alle Folgen einer verkommenen diplomatischen Lage zu kaschieren," sagt François De Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International Deutschland. Die palästinensischen Behörden, Israel und die Internationale Gemeinschaft müssen gemeinsam einen diplomatischen Ausweg finden, der eine lang anhaltende Fortführung der humanitären Hilfe für die palästinensische Bevölkerung ermöglicht.

Quelle: Handicap International, 9. Mai 2006
  • Fast zwei Drittel der Bürger Israels sind einer Umfrage zufolge der Ansicht, dass die Regierung die dort lebenden Araber zur Auswanderung ermutigen sollte. 62 Prozent der Israelis sprachen sich für eine solche Politik aus, wie das Institut für Demokratie am 9. Mai mitteilte. Nur 14 Prozent bezeichneten demnach die Beziehungen zwischen Juden und Arabern im Land als gut. Derzeit sind 76 Prozent der sieben Millionen Menschen in Israel Juden. 20 Prozent sind Araber.
  • EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat bei einem Treffen des Nahost-Quartetts eine baldige Lösung der Finanzkrise der palästinensischen Autonomiebehörde angemahnt. Die israelische Regierung solle die für die Palästinenser eingezogenen Zölle und Steuern freigeben, die sie seit dem Wahlsieg der radikalislamischen Hamas einbehält, sagte Ferrero-Waldner am 9. Mai in New York. Aber auch die internationale Gemeinschaft müsse die Palästinenser so sehr wie möglich weiter unterstützen. Ferrero-Waldner betonte zugleich, für die Finanzprobleme sei in erster Linie die von der Hamas gestellte palästinensische Regierung selbst verantwortlich.
  • Israel will den Palästinensern bis zum Jahresende Zeit geben, ihre Bereitschaft zur Aushandlung eines endgültigen Friedensabkommens für den Nahen Osten unter Beweis zu stellen. Andernfalls werde Jerusalem im kommenden Jahr die Grenze zum Westjordanland einseitig festlegen, kündigte der israelische Justizminister Haim Ramon am 10. Mai in einem Interview des israelischen Militärrundfunks an.
    Israel wird nach den Worten von Ministerpräsident Ehud Olmert bereits in einem halben Jahr mit seiner einseitigen Grenzziehung beginnen, sollte die Palästinenserführung sich bis dahin nicht bewegt haben. "Wir werden einen Monat, zwei Monate, drei Monate, ein halbes Jahr warten. Sollten wir bis dahin keine Änderung in der palästinensischen Haltung festgestellt haben, werden wir allein und ohne ihr Einverständnis handeln", sagte Olmert am 10. Mai bei einem internationalen Bürgermeistertreffen in Jerusalem.
  • Die Palästinenser können zumindest vorübergehend wieder auf Finanzhilfen der EU und der USA hoffen. Das "Nahost-Quartett" billigte am 10. Mai einen EU-Vorschlag, der zeitlich begrenzte Direkthilfen an die Palästinenser vorsieht, wie UN-Generalsekretär Kofi Annan nach einem Treffen des Quartetts mitteilte. In einer Erklärung des Nahost-Quartetts war von der Bereitschaft die Rede, "einen einstweiligen internationalen Mechanismus zu bewilligen, dessen Umfang und Dauer begrenzt ist, der mit voller Transparenz und Verantwortung arbeitet und direkte Unterstützung für das palästinensische Volk gewährleistet". Würden diese Kriterien eingehalten, könne die Hilfe sobald wie möglich erfolgen. Nach einem Zeitraum von drei Monaten solle sie überprüft werden, um über ihre Fortsetzung zu entscheiden, hieß es in der Erklärung weiter. Experten sollten so bald wie möglich in Brüssel die Voraussetzungen dafür schaffen, sagte Ferrero-Waldner. Kurz vor Beginn des Treffens teilte das US-Außenministerium in Washington mit, die USA würden medizinische Hilfen im Wert von zehn Millionen Dollar (7,9 Millionen Euro) an die Palästinenser liefern. Dies habe Außenministerin Condoleezza Rice entschieden. Die Hilfen würden nicht der Regierung, sondern regierungsunabhängigen Organisationen ausgehändigt.
  • Die israelische Firma Dor Energy will die Benzinlieferungen in die Palästinensergebiete stoppen. Grund seien erhebliche Zahlungsrückstände, erklärte am 10. Mai ein Mitarbeiter des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert, Assaf Scharif. Palästinensische Regierungsvertreter erklärten, die Benzinvorräte würden vermutlich nur bis zum 11. Mai ausreichen.
  • In der Affäre um ein Mitte April entdecktes mumtaßliches geheimes Waffenlager der Hamas haben die jordanischen Behörden 20 Verdächtige festgenommen. Dies teilte Regierungssprecher Nasser Dschawhed am 10. Mai in Amman mit. Über ihre Identität äußerte er sich nicht. Die Ermittler hätten zudem herausgefunden, dass Anhänger der radikalislamischen Bewegung jordanische Staatsbürger für eine "militärische Ausbildung in Syrien und dem Iran" angeworben hätten. Jordanische Sicherheitskräfte hatten in dem Waffenversteck Sprengstoff, Raketen und andere Waffen entdeckt. Sie beschuldigen die Hamas, das Waffenlager angelegt zu haben. Die Waffen seien aus Syrien ins Land gebracht worden. Unter ihnen waren nach Angaben des Regierungssprechers auch Katjuscha-Raketen iranischer Herstellung.
  • Die israelische Luftwaffe hat nach Augenzeugenberichten am Abend des 10. Mai ein mutmaßliches Trainingslager bewaffneter Palästinenser angegriffen. Die Armee habe zwei Raketen auf das mutmaßliche Lager in Chan Junis im südlichen Gazastreifen abgefeuert, berichteten Augenzeugen. Ob dabei jemand getötet oder verletzt wurde, war nicht bekannt. In dem Lager sollen die Brigaden Abu el Risch trainiert haben, eine bewaffnete Gruppe mit Verbindungen zur Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
  • Vertreter der Hamas und der rivalisierenden Fatah forderten die Errichtung eines palästinensischen Staates an der Seite Israels. Der neue Staat solle "auf dem 1967 besetzten Land" entstehen. Die Unterzeichner bezogen sich damit auf das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem. Die Initiative geht zurück auf Hamas- und Fatah-Mitglieder, die alle im israelischen Gefängnis Hadarim sitzen. Sie legten das Papier am 10. Mai dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas vor. Abbas bezeichnete das Dokument als sehr bedeutend. "Es enthält eine realistische politische Vision, die in weiten Teilen meinen Ansichten entspricht", sagte er. Hamas-Sprecher Muschir al Masri erklärte, das Dokument stelle eine gute Basis für den Dialog dar, müsse aber noch diskutiert werden.
  • Israel will für Hilfsprojekte in den palästinensischen Autonomiegebieten mehrere Millionen Dollar freigeben. Außenministerin Zipi Livni sagte am 11. Mai im israelischen Fernsehen, es würden Teile der einbehaltenen Steuern und Zolleinnahmen an die Palästinenser überwiesen. Das Geld soll in die Gesundheitsfürsorge fließen und dürfe nicht verwendet werden, um die Gehälter der Angestellten der Autonomiebehörde zu bezahlen. Über die Höhe der Summe entschied die Regierung noch nicht. (Siehe hierzu auch: "Geld für Abbas, aber nicht für Hamas".)
  • UN-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour hat vor einer schweren humanitären Krise im Nahen Osten gewarnt. Die andauernde Gewalt mit vielen Toten auf israelischer wie palästinensischer Seite bringe die Region zudem "an den Rand einer Menschenrechtskrise", sagte Arbour am 12. Mai in Genf. "Die Zahl der verlorenen Menschenleben, ob nun Folge gezielter Tötungen oder von Selbstmordanschlägen, selbst gebastelten Raketen oder Artilleriebeschuss, ist inakzeptabel", sagte Arbour in Genf. "Zivilpersonen, besonders die am meisten verletzlichen wie Kinder, Frauen und Alte, sollten nicht den Preis für eine Vernachlässigung der Menschenrechte und humanitären Verpflichtungen zahlen müssen." Israel sei als Besatzungsmacht nach internationalem humanitären Recht für das Wohlergehen der palästinensischen Bevölkerung verantwortlich, mahnte die auch für Flüchtlinge zuständige Hochkommissarin. Die palästinensische Autonomiebehörde habe andererseits die vordringliche Pflicht, Recht und Ordnung zu gewährleisten und Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung zu verhindern.
  • Nach einer mehrtägigen Unterbrechung werden die Palästinensergebiete wieder mit Kraftstoff aus Israel versorgt. Das israelische Mineralölunternehmen Dor-Alon habe seine Lieferungen wieder aufgenommen, seit dem Morgen seien 1,5 Millionen Liter in den Lagern angekommen, sagte der Leiter der palästinensischen Mineralölbehörde, Mudschahid Salameh, am 12. Mai. Das Unternehmen habe versprochen, die täglichen Lieferungen dem Bedarf anzupassen. Dieser beträgt nach Angaben Salamehs zwei Millionen Liter pro Tag. In Ramallah bildeten sich lange Schlangen an den Tankstellen. (Vgl. hierzu auch die Meldung vom 10. Mai.)
  • Nach dem Ausfall der EU- und US-Finanzhilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde gewährt Indien der Bevölkerung in den Autonomiegebieten humanitäre Hilfe in Höhe von 2,2 Millionen Dollar (1,73 Millionen Euro). Wie das Außenministerium in Neu Delhi am 13. Mai mitteilte, wird die Unterstützung in Form von Medikamenten und medizinischen Geräten geleistet. Indien reagierte damit auf Warnungen der Vereinten Nationen, wonach sich die Palästinensergebiete wegen der Finanznot am Rande einer humanitären Krise befinden.
  • Die Hamas-Regierung ist nach Angaben von Gesundheitsminister Bassem Naim bereit, mit der israelischen Regierung über eine Beendigung der humanitären Krise in den Palästinensergebieten zu sprechen. Dies bedeute aber nicht, dass damit das Existenzrecht Israels anerkannt werde, sagte Naim am 13. Mai nach einem Treffen mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, in Kairo. Sein Ministerium benötige dringend 4,3 Millionen Dollar, um die medizinische Versorgung sicherzustellen.
  • Die meisten israelisch-palästinensischen Ehepaare dürfen auch künftig nicht gemeinsam in Israel leben. Das oberste Gericht in Jerusalem bestätigte am 14. Mai ein umstrittenes Gesetz, wonach palästinensische Ehepartner von Israelis weder ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht noch die israelische Staatsbürgerschaft erhalten. Die elf Richter wiesen mit sechs zu fünf Stimmen eine Klage gegen die Regelung aus dem Jahr 2002 zurück. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Gesetz als rassistisch und unmenschlich. "Das ist ein schwarzer Tag für den Staat Israel und ein schwarzer Tag für meine Familie und die anderen Familien, die wie wir leiden", sagte der Anwalt Muad el Sana, ein israelischer Araber, der mit einer Palästinenserin aus Bethlehem verheiratet ist. "Die Regierung hält die Menschen nur wegen deren Nationalität davon ab, ein normales Familienleben zu führen." Laut Schätzungen verhindert das Gesetz die Zusammenführung hunderter, womöglich tausender israelisch-palästinensischer Familien.
  • Ein amerikanischer Jugendlicher ist am 14. Mai seinen schweren Verletzungen erlegen, die er vor fast vier Wochen bei einem Bombenanschlag in Tel Aviv erlitten hatte.
  • Bei dem Angriff der israelischen Armee auf ein Haus im Westjordanland sind insgesamt fünf Palästinenser getötet worden. Unter den Opfern seien zwei Mitglieder des Islamischen Dschihad, teilte die Organisation am 14. Mai mit. Nach Angaben der israelischen Armee handelte es sich bei einem von ihnen um den Verantwortlichen für die vergangenen acht Selbstmordanschläge in Israel. Der 28-Jährige und sein Bruder seien seit mehreren Jahren gesucht worden. Bei dem Angriff auf das Haus in der Stadt Kabatija nahe Dschenin wurden zudem acht Menschen verletzt. Das Haus wurde anschließend von Bulldozern zerstört.
Montag, 15. Mai, bis Sonntag, 21. Mai
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat die Aufhebung des Finanzboykotts gegen die Palästinenser gefordert. Das Ende des "wirtschaftlichen und politischen Boykotts" habe oberste Priorität für das palästinensische Volk, sagte Abbas im Fernsehen kurz vor seiner Abreise nach Russland am 15. Mai.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat Israel die Blockade einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt vorgeworfen. "Israel nutzt alle möglichen Ausreden, um der Welt zu sagen, dass es keinen palästinensischen Partner für Verhandlungen gibt", sagte Abbas am 15. Mai in Ramallah. Israel wolle seinen Plan zur Annexion von Teilen des Westjordandlands vorantreiben. Damit werde die Möglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung auf dem Verhandlungsweg "praktisch zerstört".
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind nach Berichten von Augenzeugen am 15. Mai drei "militante Palästinenser" (AP) verletzt worden. Die israelischen Truppen hätten zwei Raketen auf einen Kleinlaster gefeuert, in dem vier Mitglieder des Islamischen Dschihads saßen. Israel bestätigte einen Angriff auf Militante.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat die Europäer zur Wiederaufnahme ihrer Finanzhilfe aufgefordert. Vor dem Europaparlament in Straßburg sagte Abbas am 16. Mai, er hoffe auf einen «nationalen Dialog» mit der Hamas, die seit Ende März die Regierung führt. Ziel sei es, die Hamas dazu zu bringen, die Vereinbarungen bisheriger Abkommen mit Israel zu befolgen. "Unser Ansatz braucht die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft", sagte Abbas. "Die neue Regierung muss die Chance bekommen, sich an die grundlegenden Erfordernisse der internationalen Gemeinschaft anzupassen."
  • Die israelische Discount Bank will mit Banken im palästinensischen Autonomiegebiet keine Finanzgeschäfte mehr tätigen. Die Ankündigung vom 16. Mai gilt als weiterer Rückschlag für die von völliger Zahlungsunfähigkeit bedrohte Hamas-Regierung.
  • Gegen den Widerstand des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas hat die Hamas-Regierung am 17. Mai eine neue bewaffnete Einheit aufgestellt. Die Truppe steht unter der Führung von Dschamal Abu Samhadana, der von Israel mit Raketenangriffen der jüngsten Vergangenheit in Verbindung gebracht wird. Die neue Einheit solle die Sicherheit der Bürger schützen, sagte Innenminister Said Sijam.
  • Die israelische Regierung hat am Abend des 17. Mai laut einem Medienbericht die Räumung von zwölf illegalen Siedlungen im Westjordanland beschlossen. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert und Verteidigungsminister Amir Perez hätten eine entsprechende Anordnung unterzeichnet, berichtete das öffentliche israelische Radio. In dem Bericht wurde nicht präzisiert, um welche Siedlungen es sich handelt und für wann ihr Abriss vorgesehen ist.
  • Die israelische Regierung hat am Abend des 17. Mai laut einem Medienbericht die Räumung von zwölf illegalen Siedlungen im Westjordanland beschlossen. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert und Verteidigungsminister Amir Perez hätten eine entsprechende Anordnung unterzeichnet, berichtete das öffentliche israelische Radio. In dem Bericht wurde nicht präzisiert, um welche Siedlungen es sich handelt und für wann ihr Abriss vorgesehen ist.
  • Zwischen dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und der Hamas-Regierung verschärft sich der Konflikt über die Kontrolle der Sicherheitskräfte. Abbas forderte am 18. Mai die von der radikalislamischen Organisation gestellte Regierung auf, ihre am 17. Mai im Gazastreifen stationierten neuen Sicherheitskräfte wieder Zurückzuziehen. "Es ist eine sehr Besorgnis erregende Situation", sagte der Abbas-Vertraute Sajeb Erakat. Abbas habe den Einsatz "regulärer" palästinensischer Sicherheitskräfte befohlen und die 3.000 Mitglieder der von der Hamas-Regierung berufenen neuen Truppe aufgefordert, sich aus den Straßen zurückzuziehen, sagte Erakat. "Ich hoffe, dass sie gehen". "Wenn nicht, steuern wir auf eine schwere Krise zu."
    Tausende palästinensische Polizisten bekundeten unterdessen in Gaza ihre Unterstützung für Abbas. Sie marschierten an dem Stützpunkt der 3.000 Milizionäre vorbei. Sie riefen "Wir sind die Staatsgewalt" und "Wir salutieren Abu Masen (Abbas)". Die Hamas-Milizionäre reagierten zunächst nicht.
  • Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hält Gespräche mit der palästinensischen Hamas in Zukunft nicht für ausgeschlossen. "Mag sein, dass es einmal Entwicklungen gibt, die man durch direkte Kontakte fördern sollte", sagte Polenz dem "Tagesspiegel" vom 19. Mai. Gleichzeitig kritisierte er die Bundestagskollegen von SPD und FDP, die in den vergangenen Tagen den palästinensischen Flüchtlingsminister Atef Edwan in Berlin getroffen hatten: "Auf diesem verminten Terrain sollten aber Deutsche nicht sondieren. Wir haben besondere Pflichten gegen Israel."
  • Im Konflikt um die Kontrolle der palästinensischen Sicherheitskräfte sind am 19. Mai Schüsse gefallen: In Gaza lieferten sich die neuen Truppen der Hamas-Regierung und Einheiten der Fatah von Präsident Mahmud Abbas ein Feuergefecht. Dabei wurden nach Polizeiangaben zwei Polizisten sowie ein Milizionär der Hamas verletzt. Die Schießerei trug sich in der Nähe des Parlamentsgebäudes und der Polizeizentrale zu. Die Polizei, die weitgehend loyal zu Präsident Abbas steht, wurde über Rundfunk aufgerufen, Angriffe der Hamas mit Gewalt zu beantworten. Milizionäre der Hamas riegelten Zufahrtsstraßen zum Polizeihauptquartier ab. Unbekannte hätten von einem fahrenden Auto heraus auf das Polizeihauptquartier geschossen, sagte Chaled Abul Hilal, der Sprecher des von der Hamas kontrollierten Innenministeriums. Die Polizei habe offenbar angenommen, Sicherheitskräfte der Hamas, die sich in der Nähe aufhielten, seien dafür verantwortlich gewesen und hätten auf sie geschossen. Alle Beteiligten seien bemüht, die Lage zu beruhigen.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind am 20. Mai mindestens vier Palästinenser getötet worden. Bei den Opfern handelt es sich nach Angaben aus palästinensischen Krankenhauskreisen um ein Mitglied der radikalen Palästinensergruppe Islamischer Dschihad und drei Zivilisten. Nach Angaben eines Dschihad-Sprechers war der getötete Mohammed Dahduh einer der Anführer der Organisation in Gaza. Dahduh habe Raketen gebaut, die vom Gazastreifen aus auf Israel abgefeuert worden seien. Dem Sprecher zufolge feuerte eine israelische Militärmaschine zwei Raketen auf sein Auto. Zwei Palästinenserinnen und ein vierjähriger Junge in einem Wagen hinter dem Auto Dahduhs wurden laut Krankenhausmitarbeitern ebenfalls getötet. Ein israelischer Militärsprecher bestätigte einen Luftangriff auf ein Dschihad-Mitglied.
  • Eine palästinensische Rakete hat am 21. Mai ein leeres Klassenzimmer einer Schule in der südisraelischen Stadt Sderot getroffen. Verletzt wurde niemand, wie die israelischen Streitkräfte mitteilten. Die Schule hatte zwar schon begonnen, die Kinder befanden sich aber zum morgendlichen Gebet in einem anderen Raum, als die Rakete durch die Decke in dem Klassenzimmer einschlug. Insgesamt seien am Sonntag fünf palästinensische Raketen in Israel eingeschlagen. Die israelische Artillerie feuerte zur Vergeltung in den Norden des Gazastreifens. Ein Palästinenser wurde dabei leicht verletzt.
  • Die israelische Regierung hat für die Palästinenser 50 Millionen Schekel (knapp 8,8 Millionen Euro) für den Kauf von Medikamenten freigegeben. Ministerpräsident Ehud Olmert sagte am 21. Mai, davon werde "kein einziger Schekel an die Hamas-Regierung transferiert". Alles werde direkt an die Krankenhäuser im Westjordanland und im Gazastreifen gehen. Seit dem Wahlsieg der fundamentalistischen Hamas am 25. Januar hatte die israelische Regierung die Gelder gesperrt. Die israelische Außenministerin Tzipi Livi sagte, dass ihr Land "das palästinensische Volk wirtschaftlich unterstützen" wolle. Im Anschluss an ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Rande einer Konferenz des Weltwirtschaftsforums zum Nahen Osten im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich sagte Livi, "wir wollen dem palästinensischen Volk helfen und es nicht für seine Wahl bestrafen". Sie fügte zugleich hinzu, dass die von der Hamas-Bewegung gebildete palästinensische Regierung nicht als rechtmäßig anerkannt werden dürfe. Die Hamas sei eine "terroristische Organisation".
  • Die israelische Regierung plant die Erweiterung von vier Siedlungen im Westjordanland. Wie das Verteidigungsministerium in Jerusalem der Nachrichtenagentur AP am 21. Mai bestätigte, wurde der Ausbau bereits vor Monaten angeordnet. Das Vorhaben dürfte bei dem für den 23. Mai geplanten Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert in den USA für Gesprächsstoff sorgen. Geplant ist nach Angaben eines Abgeordneten von Olmerts Kadima-Partei, Othniel Scheller, die Erweiterung der Siedlungen Beitar Illit, Givat Seev, Maskiot und Oranit. Die drei erstgenannten liegen in Gebieten, die Ministerpräsident Olmert an Israel anschließen will.
  • Eine nach eigenen Angaben zum Terrornetzwerk El Kaida gehörende Extremistengruppe hat sich zum Anschlag auf den palästinensischen Geheimdienstchef Tarek Abu Radschab bekannt. "Wir übernehmen die vollständige Verantwortung für diese Operation", teilte die "Organisation El Kaida des Dschihad in Palästina" auf einer islamistischen Internetseite am 21. Mai mit. Radschab war am Vortag bei einer Bombenexplosion in seinem Hauptquartier in Gaza schwer verletzt worden.
Montag, 22. Mai, bis Sonntag, 28. Mai
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat erneut vor einer iranischen Atombombe gewarnt. Der Iran sei näher an der Entwicklung nuklearer Waffen als bisher angenommen, sagte er dem US-Nachrichtensender CNN am 22. Mai. Die Zeitspanne könne "besser in Monaten als in Jahren gemessen werden". Es sei aber unwahrscheinlich, dass Israel versuchen werde, alleine militärisch gegen den Iran vorzugehen, so Olmert. Israel hatte 1981 die irakischen Nuklearanlagen bei einem überraschenden Luftangriff zerstört.
  • Bei einem Großeinsatz in Ramallah hat die israelische Armee den Chef des bewaffneten Arms der radikalislamischen Hamas im Westjordanland festgenommen. Rund 200 Meter von der Privatresidenz von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas umstellten am Morgen des 23. Mai israelische Soldaten, Polizisten und Sondereinsatzkräfte ein Haus und forderten Ibrahim Hamed auf, sich zu ergeben. Israel wirft dem 41-Jährigen vor, eine Reihe von Attentaten organisiert zu haben, bei denen mehr als 60 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt worden waren.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert trifft am 23. Mai bei seinem Antrittsbesuch in Washington mit US-Präsident George W. Bush zusammen. Bei dem Gespräch im Weißen Haus dürfte es vor allem um die Probleme gehen, die sich aus der Regierungsübernahme der radikalislamischen Hamas in den Palästinensergebieten für den Friedensprozess ergeben. Olmert will Bush über seinen Plan informieren, die Lösung des Konflikts mit einseitigen Schritten voranzutreiben.
  • Der palästinensische Regierungschef Ismail Hanija hat sein Angebot einer langfristigen Waffenruhe an Israel bekräftigt. Wenn Israel sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehe, werde "Friede herrschen" und die Palästinenser würden "auf lange Jahre einen Waffenstillstand einhalten", sagte Hanija der israelischen Tageszeitung "Haaretz" (Ausgabe vom 23. Mai). Auf eine Frage nach der Charta seiner Hamas-Bewegung von 1988, in der zur Zerstörung Israels aufgerufen wird, antwortete Hanija ausweichend. Er äußere sich nicht als Hamas-Führer, sondern als Regierungschef "aller Palästinenser", sagte Hanija.
  • Die EU-Staaten haben 34 Millionen Euro an humanitärer Soforthilfe für die palästinensischen Gebiete freigegeben. Dies teilte die EU-Kommission in Brüssel am 23. Mai mit. Damit reagiert die EU auf die zunehmend schlechte humanitäre Lage in den Gebieten. Die internationale Gemeinschaft hat ihre Hilfszahlungen an die palästinensische Autonomiebehörde eingestellt, weil die radikalislamische Hamas dort die Regierung stellt. Die Zahlungen sollen erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Hamas den Staat Israel anerkennt, Terror und Gewalt abschwört und sich zu bestehenden Vereinbarungen bekennt. Die freigegebenen 34 Millionen Euro sollen den Angaben zufolge an der Hamas-Regierung vorbei über UN-Agenturen und das Internationale Rote Kreuz direkt an die Bedürftigen fließen. Das Europäische Parlament muss dem noch zustimmen, womit im Juni gerechnet wird.
  • Der Oberste Gerichtshof in Israel hat am 23. Mai eine Sammelklage gegen den Verlauf der Sperranlage bei Ostjerusalem abgewiesen. Palästinensische Einwohner eines im Westjordanland gelegenen Vororts hatten mit der Berufungsklage verhindern wollen, dass sie durch die Anlage von Jerusalem abgeschnitten werden. In der Nähe befindet sich die jüdische Großsiedlung Maale Adumim, die auch nach einem israelischen Abzug aus dem Westjordanland bestehen bleiben soll. Die Mauer verläuft so, dass Maale Adumim auf israelischer Seite liegt.
  • Das Repräsentantenhaus des US-Kongresses hat am 23. Mai für Sanktionen gegen Palästina gestimmt. Mit 361 Stimmen wurde ein mit "Palästinensischer Anti-Terror-Akt 2006" überschriebener Gesetzentwurf angenommen. 37 Kongressabgeordnete votierten dagegen. Laut Dokument wird jegliche US-amerikanische Finanz- und Wirtschaftshilfe für die Palästinensische nationale Administration eingestellt. Vertretern der palästinensischen Führung werden demnächst keine US-Einreisevisa erteilt. Die Vertretung der Palästinensischen nationalen Administration in den USA soll geschlossen werden. Die bei der UN akkreditierten palästinensischen Vertreter rechnen mit Einschränkungen der Freizügigkeit auf dem Territorium der USA. Zudem kürzt Washington seine Jahresbeiträge zum UN-Haushalt, solange Vertreter der radikal-islamischen Bewegung Hamas zur Palästinensischen nationalen Administration gehören und solange die Hamas das Existenzrecht Israels abstreitet. Die Sanktionen werden aufgehoben, nachdem der US-Präsident dem Kongress schriftlich bestätigt hat, dass kein einziges Ministerium, kein einziges Amt oder Organ der Palästinensischen nationalen Administration von einer ausländischen Terrororganisation kontrolliert wird und kein einziger Vertreter einer ausländischen Terrororganisation einen ranghohen Posten in den oben genannten Ämtern belegt. (RIA Nowosti)
  • Beim ersten Staatsbesuch von Israels Ministerpräsident Ehud Olmert in den USA hat sich Präsident George W. Bush offen für dessen Pläne zur einseitigen Grenzfestlegung gezeigt, gleichzeitig aber die Notwendigkeit von Verhandlungen mit den Palästinensern betont. Olmerts "mutige Ideen" könnten "ein wichtiger Schritt" für den Friedensprozess im Nahen Osten sein, sagte Bush bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Olmert in Washington am 23. Mai. Einem Abkommen über die künftige Gestalt der Region müssten jedoch beide Seiten zustimmen. Sollte sich in der nächsten Zeit kein Fortschritt für den in der so genannten Roadmap festgelegten Friedensprozess abzeichnen, könnten Olmerts Pläne eine Möglichkeit zu einer Zwei-Staaten-Lösung in der Region aufzeigen, sagte Bush. Jedes Friedensabkommen müsse aber auf Änderungen beruhen, denen beide Seiten in Verhandlungen zugestimmt hätten. Bush bekräftigte seine Forderung an die Adresse der radikalislamischen Hamas-Regierung in den Palästinensergebieten, Israel anzuerkennen und dem Terrorismus abzuschwören. "Die Hamas muss sich ändern", sagte Bush. Olmert bekräftigte die Bereitschaft seiner Regierung, sich an die Vorgaben der Roadmap, des internationalen Friedensplans, zu halten. Sein Land könne aber nicht "unbegrenzt" auf einen Wandel bei den Palästinensern warten und werde sich nicht zur "Geisel" der Hamas machen lassen. "Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass ein Fortschritt nicht möglich ist, werden wir gezwungen sein, einen anderen Weg einzuschlagen", betonte Olmert.
  • Bei der Explosion einer Autobombe in Gaza wurde am 24. Mai der Chef einer von der Fatah geführten palästinensischen Sicherheitstruppe getötet. Der Stellvertreter von Nabil Hodhod wurde verletzt, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Über die Hintergründe des Anschlags lagen zunächst keine Informationen vor.
  • In Gaza wurden am 24. Mai drei Kämpfer der Hamas verschleppt und angeschossen, wie Vertreter der militanten Bewegung berichteten. Die Hamas machte Abbas' rivalisierende Fatah für die Tat verantwortlich. Einer der drei starb später an seinen Verletzungen.
  • Bei Kämpfen mit israelischen Soldaten wurden am 24. Mai im Westjordanland vier Palästinenser getötet. 30 Menschen erlitten nach palästinensischen Angaben Verletzungen. Die Gefechte brachen aus, als israelische Soldaten "auf der Suche nach Extremisten" in Ramallah eindrangen. Dort worden sie von Palästinensern angegriffen und beschossen. Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie hätten ein führendes Mitglied des Islamischen Dschihad festgenommen, Mohammed al Schubaki. Bei der Militäraktion sei ein Soldat leicht verletzt worden.
  • Der palästinensische Außenminister Mahmud Sahar hat Israel vorgeworfen, mit der jüngsten Gewalt die geplante Verständigung zwischen den palästinensischen Lagern zu sabotieren. "Israel will den nationalen Dialog zum Scheitern bringen, indem es die Gewalt eskalieren lässt", erklärte Sahar am 24. Mai nach einem Treffen seiner radikalislamischen Hamas-Bewegung. Damit bezog er sich auf den Einmarsch der israelischen Armee in Ramallah, bei dem vier Palästinenser getötet und 60 weitere verletzt wurden. "Wir verteidigen dieses Verbrechen und rufen die internationale Gemeinschaft auf, Druck auszuüben, damit Israel diese Aggressionen beendet", erklärte Sahar weiter.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat ein Referendum für den Fall angekündigt, dass die rivalisierenden Organisationen Fatah und Hamas ihren Streit nicht beilegen. Wenn die Parteien sich nicht binnen zehn Tagen auf ein gemeinsames Programm einigten, werde er den Vorschlag von mehreren in Israel inhaftierten Palästinenserführern "zur Erhaltung der palästinensischen Einheit" dem Volk zur Abstimmung vorlegen, erklärte Abbas am 25. Mai in Ramallah. Das Referendum solle in 40 Tagen abgehalten werden.
  • Israel hat Waffenlieferungen an Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unterstellte Sicherheitskräfte genehmigt. Es handele sich um mehrere hundert leichte Waffen mitsamt Munition, die aus dem Ausland stammten, teilte das Büro des israelischen Verteidigungsministers Amir Perez am 25. Mai mit. Die Lieferung werde genau kontrolliert, hieß es: "Wir werden wissen, wo und an wen die Waffen geliefert werden".
  • Zwei Funktionäre der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad sind am 26. Mai bei einem Sprengstoffattentat im Südlibanon ums Leben gekommen. Die beiden Brüder starben laut Polizei durch die Explosion eines Sprengsatzes, der am Rande der Stadt Sidon in einem Auto versteckt war. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Ein Sprecher des Islamischen Dschihad äußerte die Vermutung, dass Israel hinter dem Anschlag stecke. Der Libanon wird seit Ende 2005 von einer Attentatswelle heimgesucht.
  • Die rivalisierenden palästinensischen Organisationen Hamas und Fatah haben sich am 26. Mai um eine Entspannung in ihrer Kraftprobe bemüht, bei der in der vergangenen Woche zehn Menschen getötet worden sind. Die regierende Hamas-Bewegung zog ihre 3.000 Mann starke Miliz von den Straßen im Gazastreifen zurück. Am Abend wurde die Bildung eines gemeinsamen Komitees angekündigt, das Differenzen beilegen und weitere Zusammenstöße verhindern soll. Die 3.000 Mann starke schwarz gekleidete Hamas-Miliz war erst in der vergangenen Woche aufgestellt worden. Als Ziel ihres Einsatzes wurde die Sicherung der öffentlichen Ordnung genannt. Die Mitglieder der Miliz waren am Freitag nicht mehr zu sehen, in den Straßen von Gaza blieb es ruhig. Hamas-Vertreter betonten aber, die Miliz sei nicht aufgelöst worden. Es sei nur die Anweisung an die Kämpfer ergangen, sich an sechs Punkten zu sammeln. Vertreter der Hamas und der Fatah berieten am Freitag den zweiten Tag, wie die Spannungen beendet werden können.
    Ungeachtet der Bemühungen um Entspannung in den palästinensischen Gebieten hat die neue Hamas-Miliz am 27. Mai wieder Stellung in den Straßen von Gaza bezogen. Beamte der Hamas-Regierung betonten, es handele sich keinesfalls um eine bewusste Provokation des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Dessen Fatah erklärte jedoch, die neue Situation stelle die am Vortag getroffenen Vereinbarungen wieder in Frage.
  • Libanesische Untergrundkämpfer haben am frühen Morgen des 28. Mai zahlreiche Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Nach Angaben der israelischen Streitkräfte schlugen mehrere Raketen auf einem Militärstützpunkt in der Nähe der Stadt Safed ein. Dabei wurde ein Soldat verletzt. Die Streitkräfte machten Libanon für den Angriff verantwortlich. In der Vergangenheit reagierte Israel auf derartige Übergriffe mit Luftangriffen auf Ziele im Libanon.
    Die Reaktion ließ auch diesmal nicht lange auf sich warten. Am 28. Mai haben israelische Kampfflugzeuge mutmaßliche Stützpunkte militanter Palästinenser im Libanon angegriffen. Fünf Militante seien dabei verletzt worden, verlautete aus libanesischen Sicherheitskreisen. Die israelischen Angriffe galten nach libanesischen Angaben einem Lager der Volksfront zur Befreiung Palästinas - Generalkommando (PFLP-GC) in Sultan Jacub nahe der syrischen Grenze sowie einem weiteren Stützpunkt rund 20 Kilometer südlich von Beirut. Ein PFLP-Sprecher berichtete von Sachschaden.
Montag, 29. Mai, bis Mittwoch, 31. Mai
  • Die israelische Armee hat offenbar einen Selbstmordanschlag militanter Palästinenser in Israel verhindert. Der Rundfunk meldete am 29. Mai, zwei Männer seien nahe einer Militärsperre bei Nablus im Westjordanland angehalten worden. Sie liefen fort und warfen dabei eine Tasche mit einem Sprengstoffgürtel weg. Die Soldaten zündeten die Bombe kontrolliert. Wie es weiter hieß, hatte der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Beth eine konkrete Warnung vor einem geplanten Anschlag im Zentrum Israels vorgelegen.
  • Israelische Soldaten haben in der Nähe des Grenzwalls zwischen Israel und dem Gazastreifen einen Palästinenser erschossen. Nach Angaben der Streitkräfte vom 29. Mai entdeckten die Soldaten drei Männer in der Nähe der Grenzbefestigung und eröffneten das Feuer. Sie hätten vermutet, dass die Männer einen Anschlag begehen wollten. Mindestens einer der Männer sei getroffen und später vom palästinensischen Rettungsdienst abtransportiert worden. Das militante palästinensische Volkswiderstandskomitee erklärte, bei dem Opfer habe es sich um eines seiner Mitglieder gehandelt.
  • Die Tochter des palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija ist in Israel mit einem gefälschten Ausweispapier festgenommen worden, wie die israelischen Justizbehörden am 29. Mai mitteilten. Die 17-Jährige habe versucht, mit dem Ausweis in das Gefängnis Eschel im Süden des Landes zu kommen, sagte eine Sprecherin. Sie habe angegeben, ihren Bruder besuchen zu wollen, erklärte die Polizei.
  • Israel hat einen palästinensischen Minister und drei Abgeordnete der radikalislamischen Hamas zum Rücktritt von ihren politischen Ämtern aufgefordert und ihnen anderenfalls mit Ausweisung gedroht. Sollten die vier Politiker der Aufforderung nicht innerhalb von 30 Tagen nachkommen, werde ihnen die Aufenthaltsgenehmigung für Jerusalem entzogen, erklärte Innenminister Roni Bar-On am 29. Mai im israelischen Fernsehen. Es handle sich dabei um den palästinensischen Minister für Jerusalem-Fragen, Chaled Abu Arafeh, und die Abgeordneten Mohammed Abu Teir, Ahmed Attun, und Mohammed Totah, die im Falle einer Weigerung in die palästinensischen Gebiete ausgewiesen werden könnten.
  • Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat mit seinem Vorstoß zu einem neuen Umgang mit der Hamas-Regierung für heftigen politischen Wirbel gesorgt. Seine am 29. Mai erhobene Forderung, den Boykott der radikal-islamischen Hamas-Regierung aufzuheben, stieß bei nahezu allen Fraktionen des Bundestages auf Kritik. Schröder hatte gesagt, wenn der politische Prozess im Nahen Osten weitergeführt werden solle, "dann muss mit der demokratisch gewählten Hamas-Regierung direkt verhandelt werden". Widerspruch kam sowohl von Union und FDP, aber auch von der SPD. Der Außenexperte der Unions-Fraktion, Eckhart von Klaeden (CDU), hielt dem SPD-Politiker vor, ihm fehle das "außenpolitischem Augenmaß". Schröder opfere "elementare Prinzipien" der deutschen Außenpolitik "kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen". Ähnlich äußerte sich der FDP-Außenexperte Werner Hoyer. Für ihn hat Schröder seinen außenpolitischen Kompass "offenbar endgültig verloren".
  • Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht zum 30. Mai im nördlichen Gazastreifen mindestens drei Mitglieder des Islamischen Dschihad sowie einen weiteren Palästinenser getötet. Wie Ärzte und palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten, wurden neun Palästinenser verletzt, zwei von ihnen schwer. Unter den Verletzten seien zwei Journalisten und ein Sanitäter. In einer Erklärung des bewaffneten Arms des Islamischen Dschihad hieß es, der Hubschrauberangriff im Gebiet von Beit Lahia im Norden des Gazastreifens habe Mitgliedern der Organisation gegolten, die Raketen auf südisraelisches Gebiet abfeuerten. Aus einer Erklärung der israelischen Armee ging hervor, dass bei einem Infanterieeinsatz im Gazastreifen mit Unterstützung der Luftwaffe ein Raketenangriff auf Israel vereitelt worden sei. Dabei sei es zu einem Feuergefecht mit einem palästinensischen Kommando gekommen. Es war das erste Mal seit Israels Abzug aus dem Gazastreifen im August 2005, dass die israelische Armee einen Vorstoß ihrer Infanterie in das Autonomiegebiet erwähnte.
  • Bei einem Schusswechsel mit der Armee im Westjordanland wurde ein Kämpfer der mit der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas liierten El-Aksa-Brigaden getötet. Bei dem im nördlichen Westjordanland getöteten Kämpfer der El-Aksa-Brigaden handelt es sich nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte um einen 22-jährigen Mann. Er sei am frühen Morgen des 30. Mai im Flüchtlingslager Balata in Nablus durch einen Schuss in den Kopf getötet worden. Zwei weitere Palästinenser, unter ihnen ein Mitglied der El-Aksa-Brigaden, wurden verletzt.
    Die Zahl der Toten seit dem Beginn der Intifada, des palästinensischen Volksaufstands, im September 2000 stieg damit nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP auf 5.072. Vier Fünftel der Toten sind Palästinenser.
  • Radikale Palästinenser haben am Morgen des 31. Mai vom Gazastreifen aus drei Raketen auf israelisches Gebiet abgeschossen. Eines der Geschosse schlug in der Ortschaft Sderot beim Haus von Verteidigungsminister Amir Perez ein, wie die Armee mitteilte. Bei den Angriffen wurde niemand verletzt, doch verursachten sie größere Schäden.
  • Der palästinensische Finanzminister kündigte am 31. Mai eine Auszahlung der ausstehenden Gehälter für die Bediensteten der Autonomiebehörde an. In den nächsten Tagen sollen alle, die weniger als 1.500 Schekel (270 Euro) im Monat verdienen, ihr Geld bekommen, wie Finanzminister Omar Abdel Rasek mitteilte. Die Regierung sieht sich wegen der Finanzkrise mit zunehmend wütenden Protesten der 40.000 betroffenen Angestellten konfrontiert. Ursache der Krise ist die Einstellung der westlichen Finanzhilfen im Anschluss an die Regierungsübernahme der islamisch-fundamentalistischen Hamas-Bewegung.



Zurück zur Chronik-Übersicht

Zurück zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage