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April 2006

Chronologie der Ereignisse

Samstag, 1. April, bis Sonntag, 9. April
  • Die israelische Armee hat am Morgen des 1. April erneut Ziele im Norden des Gazastreifens bombardiert. Mit dem Angriff habe die Artillerie auf palästinensischen Raketenbeschuss reagiert, sagte eine Militärsprecherin. Mutmaßliche Extremisten hätten zuvor drei Raketen auf Israel abgefeuert. Schon in der Nacht habe die israelische Luftwaffe Ziele im Norden des Gazastreifens attackiert.
    Bei Ramallah im Westjordanland nahmen Soldaten einen gesuchten palästinensischen Aktivisten fest.
  • Die israelische Armee hat am 2. April Ziele im Gazastreifen mit Artilleriefeuer beschossen. Israel reagierte damit nach offiziellen Angaben auf den erneuten Beschuss israelischer Grenzorte mit Raketen aus dem Gazastreifen. Dabei sei jedoch niemand verletzt worden.
  • Israel hat am 2. April rund 400 palästinensische Gefangene gegen ihren Willen verlegt. Die Wärter setzten Tränengas und nach palästinensischen Angaben auch Gummigeschosse gegen die Häftlinge ein. Sie wurden von der Haftanstalt Ksiot in der Nähe von Beerscheba im Süden Israels auf mehrere andere Gefängnisse verteilt. Der für Häftlinge zuständige palästinensische Minister Wasfi Kabha sagte der Nachrichtenagentur AFP, drei Gefangene seien von Gummigeschossen verletzt worden. Die israelische Gefängnisverwaltung bestritt dies.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am 3. April ein ausführliches Telefonat mit US-Präsident George W. Bush geführt. Bei dem Gespräch sei es um den Umgang mit dem Iran im Streit um dessen Atomprogramm sowie um die Lage im Nahen Osten nach der Parlamentswahl in Israel gegangen, sagte ein Regierungssprecher am Montag in Berlin. Weitere Themen seien die Lage in Weißrussland sowie in der Ukraine gewesen. Zudem habe Bush die Kanzlerin über den Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice im Irak unterrichtet.
  • Am 3. April erklärten sich Kadima und Arbeitspartei gegenseitig zum bevorzugten Partner. Damit ist die Koalitionsbildung in Israel einen ersten großen Schritt vorangekommen. So stellten sich Ehud Olmert, amtierender Premier sowie Chef der Kadima, und der Vorsitzende der linken Arbeitspartei (Avoda), Amir Peretz, fast schon wie ein harmonisches Paar dem Blitzlichtgewitter der Kameras. Man sei "glücklich" ankündigen zu können, sagte Olmert am 4. April, sofort in Koalitionsgespräche einzusteigen, sobald Staatspräsident Mosche Katzav grünes Licht erteilt habe. Die Arbeitspartei werde in der künftigen Regierung die Rolle des "Hauptpartners" übernehmen. Der Auftrag zur Regierungsbildung an Olmert seitens des Präsidenten gilt nur noch als Formalie.
  • Der neue palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija hat am Rande der ersten Sitzung seiner Regierung vor einer schweren Finanzkrise gewarnt. Behörden und Ministerien könnten Gehälter erst verspätet Mitte April auszahlen, weil westliche Geberländer im Streit um eine Anerkennung Israels und eine Absage der Hamas an Gewalt die Hilfen eingefroren haben. Hanija teilte am 5. April in Gaza mit, er selber werde seine Bezüge deswegen zunächst nicht bekommen.
  • Die Bundesregierung erwartet vom EU-Außenministertreffen am 10. April erste Finanz-Sanktionen gegen die Hamas-Regierung in Palästina. Berlin drängt dabei deutlicher zu Härte als einige andere EU-Staaten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte die deutsche Linie schon bei seinem USA-Besuch am 4. April angedeutet. Alle Zahlungen sollten vorläufig eingestellt werden, die nicht unmittelbar humanitäre Zwecke haben - falls die radikalislamische Hamas nicht "unverzüglich" ihre Haltung korrigiere. Erste Meldungen über eine vorsichtige Positionsverschiebung bei Hamas hin zu einem Akzeptieren der Existenz Israels gelten dazu in Berlin nach wie vor als nicht ausreichend.
  • Israelische Sicherheitskräfte haben offenbar den palästinensischen Minister für Jerusalem-Angelegenheiten, Chalid Abu Arafa, festgenommen. Der palästinensische Rundfunk meldete am 6. April, das Mitglied der radikal-islamischen Hamas-Bewegung sei an einem Militärposten am Rande Jerusalems festgehalten worden. Israel wollte das noch nicht bestätigen. Das Land erwägt nach einem Zeitungsbericht eingeschränkte Kontakte mit der neuen, von der radikal-islamischen Hamas-Bewegung geführten palästinensischen Regierung.
  • Präsident Mahmud Abbas hat seine Kontrolle über den mächtigen palästinensischen Sicherheitsapparat verstärkt. Er ernannte am 6. April einen Vertrauten aus den Reihen der Fatah zum Leiter dreier Sicherheitsdienste, die nominell der von der Hamas geführten neuen Regierung unterstehen. Der Schritt gilt als weiterer Versuch des Präsidenten, die Macht des neuen Kabinetts unter Ministerpräsident Ismail Hanija von der radikalislamischen Hamas zu begrenzen. Die drei Sicherheitsdienste, die jetzt von Raschid Abu Schbak geführt werden, unterstehen formell noch immer dem neuen Innenminister Said Sijjam. Im Streitfall hat jedoch der Nationale Sicherheitsrat das letzte Wort, der von Präsident Abbas geleitet wird. Abbas, der das Kommando über alle palästinensischen Sicherheitskräfte hat, unterstehen bereits mehrere andere Sicherheitsdienste direkt.
  • Die israelische Armee hat in der Nacht zum 7. April drei Luftangriffe auf den Gazastreifen geflogen. Zwei Angriffe galten Büros in Beit Lahia im Norden des Gebiets, wie ein Militärsprecher sagte. Dort hätten sich Aktivisten der El-Aksa-Brigaden versammelt gehabt, um Raketenangriffe auf Israel zu besprechen. Der dritte Luftangriff habe einen Hubschrauber-Landeplatz im Zentrum von Gaza zum Ziel gehabt. Zuvor hätten palästinensische Aktivisten sechs Kassam-Raketen vom Gazastreifen auf Südisrael abgeschossen. Dabei sei niemand verletzt worden.
  • Nach einem versöhnlichen Brief an die Vereinten Nationen schlug die Hamas-geführte Palästinenserregierung erneut moderate Töne im Nahost-Konflikt an. Außenminister Mahmud Sahar deutete in einem Interview mit der britischen Tageszeitung "Times" (7. April) an, seine Regierung könnte zu einer Zwei-Staaten-Lösung mit Israel bereit sein. Zunächst müsse aber geklärt werden, was das Konzept der Zwei-Staaten-Lösung sei, die vom Nahost-Quartett aus UNO, USA, EU und Russland in deren internationalem Friedensplan angestrebt wird. Dann werde die Frage innerhalb der Regierung diskutiert. Außerdem ließ Sahar durchblicken, womöglich das palästinensische Volk in einem Referendum über das Vorgehen abstimmen zu lassen. "Später werden wir vielleicht die Einstellung unseres Volkes erfragen müssen", sagte Sahar. "Dies ist das Land der Menschen. Es ist nicht das Land der Regierung."
  • Die Europäische Union hat alle Finanzhilfen für die Palästinensergebiete bis auf Weiteres gestoppt. Damit reagiere die EU darauf, dass die neue, von der radikal-islamischen Hamas-Bewegung geführte Palästinenserregierung sich bisher weder von der Gewalt losgesagt noch das Existenzrecht Israels anerkannt habe. Das sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am April in Brüssel. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte während eines Besuches in Prag, es seien von den Palästinensern "leider nicht jene Zeichen gekommen, die eine finanzielle Unterstützung seitens der EU in unveränderter Weise rechtfertigen" würden.
    Von dem Zahlungsstopp sind zunächst rund 30 Millionen Euro betroffen, die normalerweise in den kommenden Wochen an die Palästinenserbehörde überwiesen worden wären. Die EU-Kommission hat in diesem Jahr Zahlungen von insgesamt 250 bis 280 Millionen Euro eingeplant. Davon sind 121,5 Millionen Euro bereits vor Amtsantritt der Hamas-Regierung freigegeben worden. 64 Millionen gingen an das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA), 40 Millionen wurden für die Zahlung von Stromrechnungen vorgesehen. 17,5 Millionen flossen als Budgethilfe an die Regierung von Ahmed Kureia und wurden noch vor Amtsantritt der Hamas ausgegeben.
  • Bei einer "Razzia" israelischer Truppen im Westjordanland ist am 7. April ein Palästinenser erschossen worden. Palästinensische Bewohner von Nablus berichteten, die Soldaten hätten an die Tür eines Wohnhauses geklopft und dann das Feuer eröffnet. Dabei wurde ein 22-Jähriger tödlich getroffen. Nach Darstellung der Streitkräfte reagierten die Soldaten hingegen auf einen "Angriff von Extremisten". (AP)
  • Am Wochenende (8./.9. April) erklärte der amtierende israelische Premierminister in der Washington Post und im US-Magazin Newsweek die „Zeit für gekommen“ für eine einseitige Lösung des Nahost-Konflikts. Falls die Hamas-Regierung ihre Haltung gegenüber Israel und dem Friedenprozess nicht ändere, werde Israel die künftige Grenze zu den Palästinensergebieten einseitig festlegen. Die Siedlungen, die dann jenseits des 700 km langen „Grenzzauns“ (der Mauer) liegen, sollen aufgelöst werden, die anderen würden ausgebaut (z.B. die großen Siedlungen wie Maale Adumim oder Ariel). Von den Siedlungsauflösungen wären nur knapp ein Drittel (80.000) von insgesamt 250.000 Siedler betroffen.
  • Am 9. April erklärte der “Islamische Dschihad”, er werden in der kommenden Woche die Raketenangriffe auf Israel aussetzen. Bei „Vergeltungsangriffen“ der Israelis wurden in den letzten Tagen mindestens 15 Palästinenser getötet. Bei dem schwersten Angriff am Abend des 8. April auf ein Trainingscamp der Al-Risch-Brigaden im Süden des Gazastreifens wurden nach palästinensischen Angaben acht Kämpfer getötet. Stunden zuvor töteten israelische Laser-Raketen zwei Fatah-Mitglieder, die angeblich im Norden des Gazastreifens Kassem-Raketen abfeuern wollten. Bereits in der Nacht zum 8. April waren ein Kommandant der „Volks-Widerstands-Komitees“, sein kleiner Sohn sowie vier weitere Bewaffnete auf gleich Weise getötet worden. Auch ein Taxifahrer kam ums Leben.
  • Am 9. April begannen in Israel die Koalitionsverhandlungen. Dazu trafen sich Unterhändler der Kadima-Partei und der Arbeitspartei. Für den selben Tag waren Gespräche mit der Schas-Partei , dem rechten Likud-Block und der rechtsnationalistischen Partei Israel Beiteinu geplant.
  • Israel will die palästinensische Autonomiebehörde genauso isolieren wie früher Palästinenserpräsident Arafat. Das beschloss das Sicherheitskabinett am 9. April. Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen der Hamas-Regierung und Präsident Abbas. Letzterer solle zwar persönlich nicht disqualifiziert werden. Zur Zeit bestehe aber nicht die Absicht, sich mit ihm zu treffen. Offenbar will die israelische Regierung auch ausländische Politiker nicht mehr empfangen, die Kontakt zur Hamas-Regierung haben.
Montag, 10. April, bis Sonntag, 16. April
  • Palästinenserpräsident Abbas sagte am 10. April, die Position Israels, die Palästinenserbehörde zu isloieren, verletze vollständig die getroffenen Vereinbarungen und internationales Recht. Ein Hamas-Sprecher sprach von einer Kriegserklärung und von einem gescheiterten Versuch, einen Keil zwischen die Palästinenser zu treiben.
  • Ein Meinungsaustausch der EU-Außenminister am 10. April darüber, wie die Hilfe für die palästinensische Bevölkerung ohne direkten Kontakt zu Hamas fortgesetzt werden könne, führte noch zu keinem Ergebnis. Zwar unterstützten die Außenminister den Beschluss der Kommission vom 7. April, die Zahlungen „an oder über“ die Autonomiebehörde bis auf weiteres einzustellen, bei den „Grundbedürfnissen“ der Palästinenser wie etwa der Versorgung mit Trinkwasser, Elektrizität und Nahrungsmittel könne aber auch in Zukunft die nötige Unterstützung gewährt werden. Auch sei Hilfe für Präsident Abbas und sein Büro ebenfalls möglich, sagte EU-Kommissarin Ferrero-Waldner.
    Der deutsche Außenminister Steinmeier rechtfertigte die Entscheidung der EU-Kommission. Bisher gebe es von der Hamas-Regierung keine „belastbaren“ Signale, dass sie auf die Bedingungen der EU für eine Zusammenarbeit einginge. Diese Bedingungen sind: Gewaltverzicht, Anerkennung Israels und die Übernahme aller Verpflichtungen aus dem Nahost-Friedensprozess. Die EU Habe es mit diesen Bedingungen „ernst gemeint“, sagte Steinmeier.
    Neben der Aufforderung an Hamas, diese Bedingungen zu erfüllen, appellierten die EU-Außenminister an Israel, die nach der Palästinenserwahl zurück gehaltenen Steuer- und Zolleinnahmen wieder an die Autonomiebehörde zu überweisen. So sehe es das Oslo-Abkommen vor. Auch solle Israel sich jeder Aktion enthalten, die mit internationalem Recht nicht vereinbar sei. Insbesondere werde die EU eine Änderung der Grenzen von 1967 nur akzeptieren, wenn diese von beiden Konfliktparteien vereinbart worden sei.
  • Am 11. April brach eine Delegation der Hamas nach Teheran auf, um dort um Geld für die Bezahlung der 140.000 Staatsangestellten der palästinensischen Autonomiebehörde zu bitten.
  • Palästinenserpräsident Abbas sagte am 11. April, die Lage im Gazastreifen spitze sich dramatisch zu. Der Direktor des UN-Hilfwerks UNWRA, Ging, sprach von einem „Countdown zur Katastrophe in Gaza“. Aus dem Büro des EU-Nahost-Beauftragten Otte verlautete am 11. April, die EU wolle sich dafür einsetzen, im Sinne einer weitgehenden Definition von humanitärer Hilfe den Palästinensern eine normales Leben zu ermöglichen. „Direkte Hilfe an oder über die palästinensische Regierung ist derzeit aber nicht möglich“, sagte er.
    Der Fatah-Chef in Gaza und frühere PLO-Gesandte in Berlin, Frangi, hat die Geberstaaten aufgefordert, „kreativer zu denken“. Eine reine Boykottpolitik sei verkehrt. Gegenüber der FAZ sagte er, gerade für die anderen arabischen Nationen sei es „wichtig, dass die Welt den demokratischen Prozess in den palästinensischen Gebieten ernst nimmt“. Die Mehrheit der Palästinenser, Lehrer und Polizisten, „ist weder Fatah noch Hamas“. Die Gründung einer neuen Nichtregierungsorganisation, die die Hilfe an der Regierung vorbei zu den Palästinensern brächte, sei kein guter Weg. „Denn jede neue Institution birgt die Gefahr in sich, neuer Korruption das Tor zu öffnen.“ (FAZ, 12. April)
  • Israel setzte auch am 11. April den Beschuss palästinensischer Ziele im Gazastreifen fort. Obwohl nach Augenzeugen keine Rakete auf Israel abgefeuert wurde (dies dient Israel immer als Argument für eigene Angriffe), landeten zwei israelische Geschosse auf einem Grundstück bei Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen. Nachdem das erste Geschoss eingeschlagen war, hatte das Familienoberhaupt seine Familie im Haus versammelt, wo die zweite Granate dann Frau und Kinder traf. Ein zwölf Jahre altes Mädchen starb, die Mutter wurde schwer verletzt, zehn weitere Familienmitglieder trugen leichte Verletzungen davon. – Verteidigungsminuister Mofaz bedauerte den Tod des Mädchens.
    In einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat teilte der palästinensische UN-Beobachter Mansur mit, dass seit dem 7. April bei israelischen Raketenangriffen 18 Palästinenser getötet worden seien, darunter mehrere Kinder.
  • Das israelische Kabinett erklärte in einer Sitzung am 11. April den früheren Ministerpräsidenten Sharon für „dauerhaft amtsunfähig“.
  • Der bisherige Interimsregierungschef Ehud Olmert ist seit dem 15. April Ministerpräsident von Israel. Damit folgte Olmert offiziell Ariel Scharon nach, der seit einem Schlaganfall am 4. Januar im Koma liegt. Um Mitternacht lief die gesetzlich festgelegte Frist von hundert Tagen ab, an deren Ende ein amtsunfähiger Regierungschef formell durch einen Nachfolger ersetzt wird.
  • Der Politbürochef der regierenden Palästinenserorganisation Hamas, Chaled Meschaal, hat eine Anerkennung des Staates Israel ausgeschlossen. Bei einer Konferenz in Teheran, bei der am 15. April über Hilfen für die radikal-islamische Hamas beraten wurde, rief er die islamische Welt zur Unterstützung seiner Bewegung auf. "Die neue Regierung in Palästina wird Israel niemals anerkennen. Es gibt keinen anderen Weg als Widerstand, um den Feind aus unserem Land zu vertreiben", zitierte die iranische Nachrichtenagentur ISNA den Hamas-Führer, der im Exil lebt.
  • Israelische Sicherheitskräfte haben am 16. April in Ost-Jerusalem einen führenden Parlamentsabgeordneten der radikalislamischen Hamas festgenommen. Begründung: Der Parlamentarier soll "Vorbereitungen für eine illegale Kundgebung" getroffen haben. Der palästinensische Parlamentarier Mohammed Abu Teir sei mit sechs weiteren Hamas-Mitglieder für ein Verhör in Gewahrsam genommen worden, teilten die Behörden mit. Bei der palästinensischen Parlamentswahl im Januar hatte Abu Teir auf dem zweiten Listenplatz kandidiert.
Montag, 17. April, bis Sonntag, 23. April
  • Iran kündigte am 16. April eine Finanzhilfe in Höhe von 50 Millionen Dollar für die Palästinenser an. Am 17. April stellte auch Katar die Zahlung von 50 Millionen Dollar in Aussicht. Auch Russland erklärte sich zu Finanzhilfen bereit.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in Tel Aviv sind am 17. April rund 60 Menschen verletzt und zehn getötet worden, darunter der Attentäter. Die schwere Explosion erschütterte die Küstenstadt. Israelische Medien berichteten, der palästinensische Täter habe eine Bombe in einem Schnellrestaurant im Bereich des alten Busbahnhofs im Süden der Stadt gezündet. Zu dem Anschlag bekannte sich mit einem Anruf bei der Nachrichtenagentur AP der Islamische Dschihad. Laut palästinensischen Medien übernahmen jedoch auch die Al-Aksa-Brigaden Verantwortung für die Tat.
    Die regierende palästinensische Hamas bezeichnete den Anschlag als "Selbstverteidigung" der Palästinenser. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri sagte in Gaza, solche Anschläge seien Widerstand gegen die israelische Besatzung und gehörten zum Recht seines Volkes. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hingegen verurteilte die Tat in einer von seinem Büro verbreiteten Erklärung als Terroranschlag. Sie schade dem nationalen Interesse der Palästinenser.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den palästinensischen Selbstmordanschlag in Tel Aviv als "nicht zu rechtfertigen" verurteilt. Annan fordere die palästinensische Autonomiebehörde auf, klar und öffentlich Stellung gegen solch "ungerechtfertigte Terrorakte" zu beziehen, erklärte sein Sprecher Stephane Dujarric am 17. April am Sitz der UNO in New York. Annan habe zur Kenntnis genommen, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dies getan habe, die neue Palästinenserregierung bedauerlicherweise nicht.
  • Nach dem Selbstmordanschlag in Tel Aviv droht eine weitere Eskalation der Lage im Nahen Osten: Israel kündigte am 18. April an, führende Mitglieder der radikalen Palästinenserbewegungen Islamischer Dschihad und Hamas gezielt zu töten. Auch Funktionäre der Palästinenserregierung kämen als Ziele in Frage, sagte ein Verantwortlicher des Büros von Regierungschef Ehud Olmert.
  • Bei Einsätzen um Dschenin und Nablus nahm die israelische Armee am 17. und 18. April 38 Palästinenser fest, nach palästinensischen Angaben auch den Vater des Selbstmordattentäters von Tel Aviv.
  • Der palästinensische Regierungschef Ismail Hanija hat Israel die Schuld an der anhaltenden Gewalt im Nahost-Konflikt gegeben. Die Gewalt habe ihren Ursprung in der Besetzung der Palästinensergebiete und in den "Aggressionen" Israels, sagte Hanija zu Beginn der wöchentlichen Sitzung des palästinensischen Kabinettes am 18. April. Frieden und Sicherheit werde es geben, wenn Israel die Palästinensergebiete verlasse und seinem Volk die Rechte wiedergebe, sagte der Politiker der radikalislamischen Hamas.
  • Israel hat die palästinensische Hamas-Regierung am 18. April für den Selbstmordanschlag von Tel Aviv verantwortlich gemacht und Gegenmaßnahmen angekündigt. Von einem umfassenden Militäreinsatz sah die Regierung aber ab. Auch werde die Autonomiebehörde nicht zur "feindlichen Instanz" erklärt, verlautete nach einer Sondersitzung des Kabinetts. Zu den beschlossenen Gegenmaßnahmen soll aber die gezielte Tötung von Extremisten gehören. Als Sofortmaßnahme entzog Israel drei Abgeordneten der Hamas das Wohnrecht in Jerusalem. Einer der betroffenen Hamas-Abgeordneten, Ahmed Atun, kündigte rechtliche Schritte gegen den Beschluss an.
    Ranghohe Hamas-Vertreter wiesen den Vorwurf Israels zurück, für den Anschlag verantwortlich zu sein, bei dem ein Selbstmordattentäter am Montag neun Menschen mit in den Tod riss. "Israel versucht, einen Vorwand zu finden, um gegen die palästinensischen Institutionen und gegen das palästinensische Volk vorzugehen", sagte Hamas-Minister Atef Adwan.
  • Einen Tag vor einem vereinbarten Besuch in Jordanien hat die Regierung in Amman den Außenminister der palästinensischen Hamas-Regierung wieder ausgeladen. Regierungssprecher Nasser Dschudeh begründete die Entscheidung am 18. April mit dem Schmuggel von Raketen und anderen Waffen in das Königreich. Ob dabei auch Aktivisten der Hamas festgenommen wurden, sagte er nicht. Der palästinensische Außenminister Mahmud al Sahar ist der politische Führer der islamisch-fundamentalistischen Hamas-Bewegung im Gazasstreifen. Die Reise werde bis auf weiteres nicht stattfinden, sagte Dschudeh am Abend der Nachrichtenagentur AP.
  • Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hat die neue palästinensische Hamas-Regierung erneut aufgerufen, der Gewalt gegen Israel abzuschwören. Die Hamas müsse erkennen, "dass der Weg der Gewalt eine Sackgasse ist", sagte Chirac in einem am 19. April veröffentlichten Interview mit der ägyptischen Tageszeitung "Al Ahram". Er bekräftigte außerdem die Forderung an die Organisation, das Existenzrecht Israels anzuerkennen.
  • Sollten die westlichen Finanzhilfen für die palästinensische Autonomiebehörde längere Zeit eingestellt bleiben, droht der Bevölkerung laut einem UN-Bericht eine humanitäre Notlage. Ohne das Geld aus dem Westen und die von Israel überwiesenen Steuereinnahmen könnten 75 Prozent der Palästinenser unter die Armutsschwelle rutschen, erklärte David Shearer, der Leiter des örtlichen UN-Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten, am 19. April. Außerdem könnten weitere Gewalttaten ausgelöst werden, wenn bewaffnete Sicherheitskräfte wegen ausstehender Gehälter das Gesetz in die eigene Hand nähmen, sagte Shearer. Der Bericht solle die Geberländer aufrütteln und über die humanitären Folgen aufklären, sagte er. Voraussichtlich werde das Bruttoinlandsprodukt in den Autonomiegebieten um 25 Prozent zurückgehen, die Regierung werde die Kontrolle über die 70.000 Sicherheitskräfte verlieren. Schulen und Gesundheitsdienste müssten große Einschnitten hinnehmen, heißt es in dem Bericht des UN-Büros.
  • Die palästinensische Regierung unter Führung der Hamas hat noch keinen Weg gefunden, die ausstehenden Gehälter für ihre 165.000 Angestellten zu bezahlen. Die Auszahlung habe höchste Priorität, sagte Finanzminister Omar Abdel Rasek am 20. April der Nachrichtenagentur AP. Die März-Gehälter sind seit drei Wochen überfällig, ein Datum für ihre Auszahlung konnte der Minister allerdings nicht nennen. "Es ist ein kompliziertes Problem", sagte Abdel Rasek. "Man kann nichts tun. Man kann nur warten." Seit dem Wahlsieg der Hamas sei die Zahl der Angestellten der Autonomiebehörde auf 165.000 gestiegen. In den zwei Monaten bis zur Übernahme der Regierung durch seine Partei habe die unterlegene Fatah 9.000 neue Mitarbeiter eingestellt. Die Zahl der Sicherheitskräfte sei von 60.000 auf 80.000 gestiegen. Die Regierung benötigt nach Angaben des Ministers monatlich rund 160 Millionen Dollar (130 Millionen Euro): 118 Millionen Dollar (96 Millionen Euro) für die Gehälter und 40 Millionen Dollar (32 Millionen Euro) für die Deckung der laufenden Kosten. Jeden Monat nehme die Regierung 30 Millionen Dollar (24 Millionen Euro) ein, dieses Geld fließe jedoch in Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe.
  • Angesichts andauernder Raketenangriffe bereitet Israels Armee eine Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen vor. Das meldet der israelische Rundfunk am 20. April unter Berufung auf einen hochrangigen Militär. Falls die von der radikal-islamischen Hamas geführte Palästinenserregierung nicht selbst gegen die Militanten dort vorgehe, sei dieser Einsatz geplant. Am Morgen schlugen erneut mehrere Kassam-Raketen in Israel ein. Dabei wurde jedoch niemand verletzt.
  • Der neue palästinensische Innenminister hat am 20. April einen, wie AP schreibt, "berüchtigten Extremisten" zu seinem wichtigsten Mitarbeiter ernannt und die Bildung eines Sicherheitsdienstes aus Mitgliedern militanter Gruppen angekündigt. Hamas-Minister Siad Sijam beförderte Jamal Abu Samhadana, Chef des Komitees des Volkswiderstandes, zum Generaldirektor. Sein Komitee ist verantwortlich für zahlreiche Raketenangriffe auf Israel aus den vergangenen Wochen. Samhadana war von der früheren Fatah-Regierung als Offizier entlassen worden, weil er während der zweiten Intifada nicht zum Dienst erschien. Am 20. April wurde er zum Oberst befördert. Ministeriumssprecher Chaled Abu Hilal erklärte ferner, Minister Sijam werde einen eigenen Sicherheitsdienst aufbauen, um Ruhe und Ordnung auf den Straßen der Autonomiegebiete herzustellen. Die Truppe werde aus der "Elite der Freiheitskämpfer und Dschihadisten" bestehen. Die Ankündigung ist laut AP ein deutlicher Affront gegen Präsident Mahmud Abbas, der alle palästinensischen Sicherheitskräfte unter seine Kontrolle bringen will.
  • Syrien will die vom finanziellen Kollaps bedrohte palästinensische Hamas-Regierung verstärkt unterstützen. Das kündigte der syrische Außenminister Walid Moallem am 20. April nach einem Treffen mit seinem palästinensischen Kollegen Mahmud Sahar in Damaskus an. Syrien werde Geld für die Palästinenser sammeln und direkte Telefonverbindungen einrichten, sagte Moallem während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sahar.
  • Abbas legte am 21. April sein Veto gegen die Ernennung eines bekannten Extremisten zum Chef eines neuen Sicherheitsdienstes ein. Demnach wollte der Präsident noch im Laufe des Tages mit Ministerpräsident Ismail Hanija zusammentreffen, um ihm seine Entscheidung mitzuteilen.
  • Ägypten will zur Wiederbelebung der Nahost-Friedensgespräche ein Treffen zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und dem palästinensischen Präsidenten Abbas vermitteln, wie Außenminister Ahmed Abul Gheit am 21. April ankündigte. Olmert solle schon in der kommenden Woche nach Kairo eingeladen werden, verlautete aus dessen Regierungsbüro in Jerusalem. Ein Datum stehe aber noch nicht fest.
  • Der Politbüro-Chef der Hamas, Chaled Meschaal, hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ein Komplott gegen die Hamas-Regierung vorgeworfen. Ohne Abbas beim Namen zu nennen, sprach Meschaal am 21. April von einer "Parallelregierung" in den Palästinensergebieten. Diese von den Vereinigten Staaten und Israel unterstützte "Gegenregierung" beraube die Palästinenser ihrer Rechte. "Eine gewisse Fraktion unseres Volkes verschwört sich gegen uns", sagte Meschaal, der im Exil in Damaskus lebt.
    Die Fatah erklärte daraufhin, Meschaal wolle mit seinen Äußerungen einen Bürgerkrieg provozieren.
    Im Gazastreifen und im Westjordanland lieferten sich Anhänger beider Organisationen gewalttätige Auseinandersetzungen. In Gaza lieferten sich am 22. April hunderte Sympathisanten beider Organisationen mit Steinen eine Straßenschlacht, nachdem Fatah-Anhänger auf dem Dach der El-Ashar-Universität ihre Flagge gehisst hatten. Etwa 15 Demonstranten wurden nach Ärzteangaben leicht verletzt. Rund 500 Mitglieder der El-Aksa-Brigaden, des militanten Arms der Fatah, zogen aus Protest durch die Straßen von Ramallah im Westjordanland. Auch in Nablus und Tulkarem demonstrierten mehrere hundert Fatah-Anhänger. In Nablus besetzten mehr als ein Dutzend Demonstranten vorübergehend ein Justizgebäude und forderten eine Entschuldigung Meschaals.
  • Die militante Hamas-Bewegung und die Fatah des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas wollen den Machtkampf der vergangenen Tage nicht weiter eskalieren lassen. Beide Lager riefen nach einem gemeinsamen Treffen die Palästinenser auf, alles zu unterlassen, was zu Spannungen führen könnte. Man wolle zusammenarbeiten, um die nationale Einheit zu stärken, hieß es in einer Erklärung vom 23. April.
  • Ungeachtet aller Appelle zur Mäßigung ist es am 23. April erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der Hamas-Bewegung und der Fatah von Präsident Mahmud Abbas gekommen. Bewaffnete beider Seiten lieferten sich vor dem Gesundheitsministerium in Gaza ein Feuergefecht, bei dem drei Menschen verletzt wurden, wie palästinensische Sicherheitskräfte erklärten.
Montag, 24. April, bis Sonntag, 30. April
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat der radikalislamischen Hamas-Regierung mit einer Absetzung gedroht, sollte sie sich weiterhin einem Dialog mit Israel verweigern. Nach der palästinensischen Verfassung habe er das Recht, eine Regierungen abzuberufen, sagte Abbas am 24. April im türkischen Fernsehsender CNN-Türk. "Ich möchte von diesem Recht keinen Gebrauch machen, aber jeder sollte wissen, dass ich die Macht dazu habe." Die Hamas müsse sich der Realität stellen und in Fragen des alltäglichen Zusammenlebens Kontakte mit Israel aufnehmen. Die derzeitige Strategie der Regierung widerspreche den Interessen des palästinensischen Volkes, betonte Abbas.
    Ein hochrangiges Hamas-Mitglied erklärte daraufhin, wenn Abbas seine Drohung wahrmache, werde die radikalislamische Bewegung den seit 15 Monaten geltenden Waffenstillstand mit Israel aufkündigen. Sollte Abbas das Kabinett tatsächlich entlassen, so werde die Hamas Neuwahlen boykottieren, wieder im Untergrund arbeiten und "uns an keine Vereinbarung halten, keine Waffenruhe", sagte ein Hamas-Funktionär, der ungenannt bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AP. Ein offizieller Sprecher des von der Hamas gestellten Kabinetts erklärte lediglich, Präsident Abbas sollte keine Drohungen an die Adresse der Regierung richten.
  • Bei einer Anschlagserie in dem ägyptischen Badeort Dahab sind am 24. April mindestens 23 Menschen getötet worden, darunter auch ein deutsches Baby. Mindestens 62 Menschen wurden nach Angaben des ägyptischen Innenministeriums verletzt, als am Abend binnen weniger Minuten drei Bomben auf einem Markt und vor zwei Restaurants explodierten. Bei den meisten Opfern handelt es sich um Ägypter. Der kleine Ort am Roten Meer ist ein Paradies für Taucher und galt bisher als sicheres Reiseziel. Unter den 62 Verletzten sind nach Angaben des Innenministeriums 20 Ausländer.
  • Der frühere israelische Ministerpräsident Schimon Peres sieht Parallelen zwischen dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Adolf Hitler. "Seit Hitler ist er der erste, der sich hinstellt und sagt, das jüdische Volk müsse vernichtet werden", sagte er am 25. April bei einem Besuch in Krakau dem israelischen Rundfunk. Israel begeht am 25. April den Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Unter Anspielung auf die nuklearen Ambitionen des Iran sagte der Friedensnobelpreisträger: "Hitler hat Vernichtungslager eingerichtet, er (Ahmadinedschad) will die Bombe für, wie er sagt, zivile Zwecke. Wir wissen genau, was er vorhat, und deshalb müssen wir seine Erklärungen ernst nehmen."
  • Mit einem neuen Aufklärungssatelliten will Israel einem Zeitungsbericht zufolge seinen Erzfeind Iran besser aus dem All beobachten können. Der Spionagesatellit Eros B sollte am 25. April, dem Holocaust-Gedenktag, an Bord einer russischen Rakete von Sibirien aus ins All geschickt werden, berichtete die Tageszeitung "Jediot Aharonot". Der Satellit soll die Erde in einer Höhe zwischen 480 und 600 Kilometern umrunden und aus dieser Entfernung dank einer besonders guten Kamera Objekte ab einer Größe von 70 Zentimetern erkennen können. Der Satellit ist eine verbesserte Version des bereits im Dienst befindlichen Eros A.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat umgehend eine internationale Konferenz zum Nahost-Konflikt gefordert. Die Suche nach einer Lösung dürfe wegen des "Ungleichgewichts von Besatzern und Besetzten" nicht Israelis und Palästinensern überlassen werden, sagte Abbas am 26. April in Oslo. Eine internationale Konferenz müsse zu direkten Verhandlungen auf der Grundlage der internationalen Resolutionen und Vereinbarungen führen. Seit dem Wahlsieg der radikalislamischen Hamas Anfang des Jahres sind alle direkten Kontakte zwischen Israel und der Palästinenserregierung auf Eis gelegt.
  • Zwei Tage nach den Terroranschlägen in dem ägyptischen Touristenort haben sich auf der Sinai-Halbinsel erneut zwei Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Die Attentate galten diesmal ägyptischen Polizisten und Angehörigen der auf dem Sinai stationierten Multinationalen Truppen (MFO). Außer den Attentätern kam nach Angaben des Innenministeriums niemand zu Schaden. (In der ersten Meldung von dpa hieß es noch, zwei Soldaten der multinationalen Friedenstruppe seien verletzt worden.)
    Die ägyptische Polizei erklärte unterdessen, auch die Anschläge in dem Touristenort Dahab vom Montagabend seien wahrscheinlich von Selbstmordattentätern verübt worden. Von drei Arabern seien in Dahab nur Leichenteile gefunden worden. Dies deute darauf hin, dass diese Männer möglicherweise die Bomben bei sich getragen hätten.
  • Norwegen hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit Finanzhilfezusagen in Millionenhöhe und Kritik an Israel den Rücken gestärkt. Norwegen könne Hilfsprogramme mit einem Gesamtumfang von umgerechnet 16 Millionen Euro in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Energie prüfen, sagte der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit Abbas in Oslo am 26. April. Es sei auch erörtert worden, inwiefern das palästinensische Präsidialamt Hilfsgelder direkt verwalten könne. Abbas hatte vorgeschlagen, Finanzhilfen an sein Amt zu überweisen, um die Regierung der radikalislamischen Hamas nicht einbinden zu müssen. Norwegen hatte seine Finanzhilfen nach der Einsetzung der neuen Palästinenerregierung nicht offiziell eingestellt; bislang waren keine Hilfszahlungen fällig geworden. Von der Hamas-Regierung hatte Oslo die Anerkennung Israels und das Abschwören von Gewalt gefordert. Stoltenberg forderte Israel auf, von Gewalt Abstand zu nehmen und der Annektierung palästinensischer Gebiete, dem illegalen Siedlungsbau und dem Bau des Sperrwalls um die Palästinensergebiete ein Ende machen. In diesem Jahr werde Norwegen mindestens so hohe Hilfszahlungen leisten wie im vergangenen, als es 64 Millionen Euro gezahlt hatte. Norwegens Außenminister Jonas Gahr Stoere sagte, Norwegen werde auch "direkte Hilfe für die Betriebskosten des Präsidialamtes" anbieten.
  • Die Europäische Union hat Israel aufgefordert, die seit der Machtübernahme der Hamas einbehaltenen Zölle und Steuern an die Palästinenser auszuzahlen. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte am 26. April in Brüssel, das Geld stehe den Palästinensern zu. Der Stopp der Auszahlung bringe Leid über viele Familien, weil Gehälter nicht bezahlt und die Grundversorgung nicht gewährleistet werden könne. Israel hatte die Überweisung der rund 50 Millionen Dollar (40 Millionen Euro) pro Monat nach der Regierungsübernahme durch die militante Hamas-Bewegung eingestellt. Außerdem seien die Blockaden des Westjordanlands und des Gazastreifens verstärkt worden, sagte Ferrero-Waldner weiter. Die Erklärung der EU-Kommissarin steht in deutlichem Widerspruch zur Einstellung der direkten EU-Hilfe an die palästinensische Regierung.
  • Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, hat Europa aufgefordert, die palästinensische Autonomiebehörde wieder finanziell zu unterstützen. "Das palästinensische Volk soll nicht den Preis für seine Regierungswahl zahlen", sagte Mussa nach einem Treffen mit dem französischen Präsident Jacques Chirac am 26. April in Paris. Seiner Einschätzung nach werde die EU ihre Entscheidung überdenken, die nach der Einsetzung einer von der radikalislamischen Organisation Hamas gebildeten Palästinenserregierung ebenso wie Israel und die USA ihre Finanzhilfen eingefroren hatte.
  • Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind am 27. April zwei militante Palästinenser schwer verletzt worden. Palästinensische Rettungskräfte hatten die beiden Männer zunächst für tot erklärt, bei ihrer Einlieferung ins Krankenhaus stellte ein Arzt jedoch fest, dass sie noch am Leben seien. Nach Angaben der Streitkräfte richtete sich der Raketenangriff auf zwei Fahrzeuge gegen eine Zelle, die Anschläge auf Israel plante. Getroffen wurde nur eines der beiden Fahrzeuge. Die beiden Schwerverletzten gehörten dem Islamischen Dschihad an, wie deren Sprecher Abu Ahmad mitteilte. Ahmad schwor Israel Vergeltung.
  • Frankreich will beim Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen Weltbank-Treuhandfonds zur Finanzierung der Autonomiebehörde vorschlagen. Über diesen könnten auch die Beamten der Palästinenserregierung bezahlt werden, hieß es am 27. April aus dem Umfeld des französischen Staatschefs Jacques Chirac. Paris hoffe, mit dem Vorschlag Bewegung in den Streit innerhalb der Europäischen Union um die Hilfszahlungen an die Palästinenser zu bringen.
  • Die neue Regierung in Israel steht: Die Kadima-Partei von Ministerpräsident Ehud Olmert und die Arbeitspartei haben ihren Koalitionsvertrag unterzeichnet. "Wir haben erfolgreich die Linien des Regierungsprogramms der nächsten Koalition ausgearbeitet", sagte der Vertreter der Arbeitspartei, David Libai am 27. April. Seine Ankündigung wurde live im israelischen Fernsehen übertragen. Den Angaben zufolge soll die Arbeitspartei das Verteidigungs-, Bildungs- und Landwirtschaftsministerium bekommen. Insgesamt stellt die Partei, die mit 19 Sitzen im 120 Abgeordnete zählenden Parlament vertreten ist, sieben Minister, davon zwei ohne Geschäftsbereich.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat am 28. April die Bundesregierung um Unterstützung für einen weiteren Boykott gegen die palästinensische Hamas-Regierung gebeten. Deutschland sei "sehr wichtig und hilfreich"; Berlin solle seine Position nutzen, um die Front der europäischen Staaten gegen die radikalislamische Hamas stabil zu halten.
    Vizeregierungssprecher Thomas Steg sagte zu Olmerts Äußerungen, in der Frage des Umgangs mit der Hamas gebe es eine "einheitliche Haltung in Europa". Auch die Bundesregierung vertrete nachdrücklich den Standpunkt, dass eine Unterstützung der Hamas-geführten Regierung ausgeschlossen sei, solange die Hamas die bekannten Bedingungen nicht erfülle. Davon unabhängig sei die direkte humanitäre Hilfe, die unmittelbar der palästinensischen Bevölkerung zugute komme.
  • "Die humanitäre und technische Hilfe muss aus menschlichen und politischem Gründen aufrecht erhalten werden", sagte Chirac am 28. April bei einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Paris. Er schlug dem Nahost-Quartett vor, die Hilfe für die palästinensischen Beamten künftig über einen Treuhandfonds der Weltbank laufen zu lassen. Abbas begrüßte Chiracs Vorschlag. Für die Hamas-Regierung sagte deren Finanzminister Omar Abdelrasek, prinzipiell sei gegen einen solchen Fonds nichts einzuwenden. Dem Finanzministerium müssten aber weiterhin die Oberaufsicht über die finanziellen Verfahrensabläufe haben.
  • Israel will die endgültigen Grenzen als mehrheitlich jüdischer, demokratischer Staat festlegen. Das sieht der zwischen Kadima- und Arbeitspartei unterzeichnete Koalitionsvertrag vor. Dafür müsse die Ausdehnung der jüdischen Siedlungen im Westjordanland verringert werden, heißt es in dem von israelischen Medien am 28. April veröffentlichten Vertragstext. Die künftige Regierung plant die Umsiedlung von rund 70.000 jüdischen Siedlern aus dem Westjordanland. Im Gegenzug sollen die großen Siedlungsblöcke ausgebaut und dem israelischen Territorium zugeschlagen werden. Im Vertragstext ist außerdem davon die Rede, dass der "Terrorismus überall und unablässig" bekämpft und der Bau der Sperranlage zügig fertiggestellt werden soll. Die Sperranlage, die insgesamt mehr als 650 Kilometer lang werden soll und zum Teil weit in das Westjordanland hineinreicht, ist laut AFP "international umstritten".
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat zu einem "nationalen Dialog" über die wirtschaftliche und politische Krise der Palästinenser eingeladen. An dem Forum vom 2. bis 4. Mai sollen Mitglieder des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Vertreter der Hamas-Regierung und verschiedener Gruppierungen, sowie Geschäftsleute, Journalisten und Unabhänggige teilnehmen. Das geht aus der Einladung hervor, die der Nachrichtenagentur AFP am 29. April vorlag. Bei dem Treffen solle über die derzeitige Lage beraten werden, schrieb Abbas in der Einladung. Zugleich solle die Einheit der Palästinenser gestärkt werden, die der Wirtschaftsblockade trotzen müssten.
  • Das israelische Kabinett hat am 30. April einige Änderungen im Verlauf des umstrittenen Grenzwalls zum Westjordanland beschlossen. Demnach sollen die palästinensischen Wohnviertel im Bereich der jüdischen Siedlung Ariel vom israelischen Territorium abgetrennt werden. Bislang war geplant, einige dieser palästinensischen Gegegenden auf der israelischen Seite zu belassen, was den Betroffenen bessere Arbeitsmöglichkeiten eröffnet hätte. Die Umzäunung der Siedlung Ariel ist besonders heftig umstritten, da diese mitten auf palästinensischem Gebiet liegt.
  • Am 30. April billigte bereits das Zentralkomitee der Arbeitspartei die von ihrem Vorsitzenden Amir Peretz vorgelegte Liste mit den Namen ihrer künftiger Minister in der Koalitionsregierung. 667 Mitglieder stimmten für die geplante Besetzung von sechs Ministerämtern für die Arbeitspartei, 633 votierten dagegen. Peretz' künftiger Posten als Verteidigungsminister bedurfte nicht der Zustimmung des Zentralkomitees.
    Olmert legte auch die Namen der elf von seiner Kadima-Partei gestellten Minister im neuen Kabinett vor, dass er bis zum 4. Mai vorstellen will. Außenministerin bleibt Tzipi Livni, der bisherige Verteidigungsminister Schaul Mofas übernimmt das Verkehrsressort, Schimon Peres ist für die Enwicklung von Negev und Galiläa zuständig.
    Bereits am 26. April hatten Kadima und Rentnerpartei (sieben Sitze) ein Bündnis geschlossen. Demnach erhält Partei der Pensionäre zwei Kabinettspostzen, darunter den des Gesundheitsministers.
  • Die Arabische Liga hat der Hamas-geführten palästinensischen Regierung am 30. April eine Soforthilfe von 150.000 Dollar überwiesen. Das Geld werde dringend für die Gesundheitsversorgung benötigt, erklärte Generalsekretär Amr Mussa. In Syrien begann am 30. April eine Kampagne, bei der eine Woche lang Geld für die Palästinenser gesammelt werden soll. Es wurde erwartet, dass tausende Syrer spenden werden.



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