Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

November 2005 (Abzug aus dem Gazastreifen)

Chronologie der Ereignisse

Dienstag, 1. November, bis Sonntag, 6. November
  • Israel hat offiziell grünes Licht für eine Stationierung von EU-Kontrolleuren am Grenzübergang Rafah vom Gazastreifen nach Ägypten gegeben. Das Sicherheitskabinett von Ministerpräsident Ariel Scharon stimmte einem entsprechenden Vorschlag zu, meldet der israelische Rundfunk. Gleichzeitig wurden aber mehrere Bedingungen für eine solche Grenzkontrolle genannt. Israel fordert vor allem eine aktive Rolle der EU-Grenzbeamten bei Sicherheitskontrollen und keinen reinen Beobachterstatus. (dpa, 1. Nov.)
  • Mehr als tausend Menschen haben am 1. Nov. in der Nähe der US-Botschaft in Damaskus gegen die UN-Resolution demonstriert, in der Syrien zur Zusammenarbeit bei der Aufklärung des Hariri-Mords aufgefordert wird. "Wir haben nichts zu verbergen" stand auf einem Spruchband, das junge Syrer trugen. Die syrische Gesellschaft für öffentliche Beziehungen hatte alle, die "den Druck und die ungerechten Drohungen gegen Syrien" ablehnen, zu der Kundgebung aufgerufen. Vor der US-Botschaft verhinderten Anti-Aufruhr-Einheiten, dass rund ein Dutzend Jugendliche in das Gebäude eindrangen. Im Botschaftsviertel der syrischen Hauptstadt errichteten die Demonstranten ein Zelt und legten Matratzen für eine Sitzdemonstration aus.
    Die syrische Regierung hat die jüngste Resolution des Sicherheitsrates zur Aufklärung des Hariri-Mordes kritisiert. Ein hochrangiger syrischer Regierungsvertreter bezeichnete den Text, der am 31. Okt. einstimmig verabschiedet worden war, als "ungerecht". Syrien bedauere, dass die Resolution einstimmig angenommen worden sei, sagte der syrische Regierungsvertreter weiter. "Das führt zu Unruhe bei den Syrern".
  • Die israelische Luftwaffe hat mit einem gezielten Raketenbeschuss zwei Palästinenser im Gazastreifen getötet. Es handele sich um Mitglieder der Brigaden der El-Aksa-Märtyrer, einer radikalen Gruppe, die der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nahesteht, teilte der palästinensische Innenminister Taufik Abu Chussa am 1. Nov. mit. Die beiden hätten in einem Auto gesessen, das in der Nahe des palästinensischen Flüchtlingslagers Dschabalija unterwegs war. Sie seien auf der Stelle tot gewesen. Die israelische Armee verweigerte zunächst jede Stellungnahme. Die radikalislamische Palästinenserbewegung Hamas nannte den Angriff den Beginn eines Krieges. Ihren Angaben zufolge starben bei dem Raketenbeschuss ein örtlicher Hamas-Führer und ein weiterer radikaler Palästinenserführer.
  • Die israelische Armee ist am 1. Nov. mit rund 40 Panzern und Geländefahrzeugen in die Palästinenserstadt Dschenin im Westjordanland eingedrungen. Palästinensische Sicherheitskräfte und Augenzeugen berichteten von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Soldaten und den Bewohnern der Stadt. Die israelischen Soldaten, aus der Luft unterstützt von zwei Hubschraubern, umzingelten ein Gebäude, in dem sich nach Angaben von Augenzeugen Mitglieder der radikalen Palästinensergruppe Islamischer Dschihad verschanzt hatten. Auch zwei Bulldozer seien in die Stadt gefahren.
  • Bei einer Razzia der israelischen Armee im Westjordanland ist am 2. Nov. ein israelischer Soldat getötet worden. "Der Soldat wurde bei einer Verhaftungsmaßnahme durch eine Salve von Schüssen tödlich verletzt", sagte ein Militärsprecher. Die israelische Armee war in das Dorf Marakeh bei Dschenin im Norden des Westjordanlands vorgedrungen. Der 20-jährige Soldat wurde den Angaben des Militärsprechers zufolge von einem "palestinensischen Aktivisten" tödlich getroffen, als er ein Haus verließ.
  • Israel will den Dialog mit den Palästinensern nach den Worten von Verteidigungsminister Schaul Mofas fortsetzen. Bedingung sei jedoch, dass die Palästinenser die "Terrororganisationen" auflösten, sagte Mofas am 2. Nov. nach einem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice in Washington. Nach der "sehr mutigen Entscheidung" Israels zum Abzug aus dem Gazastreifen seien jetzt die Palästinenser am Zuge.
  • Israelische Soldaten haben bei Schüssen auf protestierende palästinensische Jugendliche einen zwölfjährigen Jungen tödlich getroffen. Der Junge starb am 3. Nov. in der Stadt Dschenin im nördlichen Westjordanland, wie palästinensische Ärzte mitteilten. Er hatte zusammen mit anderen Jugendlichen die israelischen Soldaten mit Steinen beworfen. Die israelische Armee war mit mehr als 30 Geländewagen und unterstützt von zwei Hubschraubern in Dschenin eingerückt, um Mitglieder der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad festzunehmen.
    Ein palästinensischer Arzt hat Angaben dementiert, wonach Schüsse israelischer Soldaten einen zwölfjährigen Jungen in Dschenin im Westjordanland tödlich getroffen haben. Der Junge sei schwer am Gehirn getroffen worden und in ein Krankenhaus im Norden Israels gebracht worden, sagte der Arzt am 3. Nov. der Nachrichtenagentur AFP in Ramallah im Westjordanland. Zuvor hatte es geheißen, der Zwölfjährige sei getötet worden.
    Am 5. Nov. erlag der Junge nach Angaben seiner Familie seinen Verletzungen.
    Die israelische Armee hatte den Vorfall bedauert. Die Soldaten hätten geglaubt, jemand ziele mit einem Maschinengewehr auf sie. Erst danach hätten sie bemerkt, dass es sich um ein Kind mit einem Spielzeug gehandelt habe, sagte ein Sprecher.
  • In Israel haben am 3. Nov. die offiziellen Gedenkveranstaltungen zum zehnten Jahrestag des Mordes an Regierungschef und Friedensnobelpreisträger Jizchak Rabin begonnen. Präsident Mosche Katzav entzündete in Anwesenheit von Rabins Tochter Dahlia eine Kerze vor Rabins Haus in Jerusalem. Schulkinder sangen Trauerlieder. In Tel Aviv, wo Rabin am 4. November 1995 von dem jüdischen Extremisten Jigal Amir erschossen worden war, war eine Kundgebung auf dem Rabin-Platz geplant.
  • Die israelische Armee und die schiitische Hisbollah-Miliz haben sich nach libanesischen Angaben einen Schusswechsel an der israelisch-libanesischen Grenze geliefert. Nach Angaben der libanesischen Polizei fand das Gefecht am frühen Abend des 3. Nov. im Gebiet der umstrittenen Scheeba-Farmen statt. Ob es Tote oder Verletzte gab, war zunächst nicht bekannt. Den Angaben zufolge feuerten ein israelischer Panzer und Feldartillerie auf libanesisches Gebiet, bevor die Schiitenmiliz den Angriff erwiderte. Rund fünfzig Granaten seien auf libanesischem Gebiet niedergegangen.
  • Ein umstrittenes jüdisches Siedlungsprojekt in Jerusalem hat die erste Genehmigungshürde genommen. Wie das Blatt "Bonus" aus der Verlagsgruppe der Tageszeitung "Jediot Ahronot" am 4. Nov. berichtete, stimmte der Denkmalschutzausschuss der Stadt Jerusalem dem Abriss des historischen Shepherd-Hotels im arabischen Viertel Scheich Dscharrah in Ostjerusalem zu, das dem Neubaublock mit 90 Wohnungen weichen soll. Nach Angaben von Stadträten werde das Projekt nun dem städtischen Planungsausschuss zur Genehmigung vorgelegt, berichtete "Bonus".
  • Nach mehrmonatiger Zwangspause dürfen sich israelische Unternehmen wieder an der Entwicklung eines neuen US-Kampfflugzeuges beteiligen. Das teilte der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Donald Rumsfeld am 4. Nov. in Washington mit, wie israelische Medien am 5. Nov. berichteten. Mit der Wiederaufnahme der Zusammenarbeit am Kampfflugzeug F-35 wurde ein Streit über ein Rüstungsgeschäft zwischen Israel und China beigelegt, durch das die USA ihre eigenen strategischen Interessen gefährdet sahen. Israelische Medien hatten im April berichtet, Washington habe die Rüstungskooperation wegen des Verkaufs unbemannter israelischer Aufklärungsflugzeuge an China ausgesetzt.
  • Bei Zusammenstößen im Westjordanland sind am 5. Nov. vier palästinensische Jugendliche verletzt worden. Die zwischen 13 und 15 Jahren alten Palästinenser seien in Kabatijah im Norden des Palästinensergebiets von den Kugeln israelischer Soldaten getroffen worden, teilten palästinensische Ärzte mit. Sie seien aber nicht ins Lebensgefahr. Zu den Zusammenstößen sei es gekommen, als rund 30 israelische Militärfahrzeuge in die Stadt fuhren, offenbar um palästinensische Verdächtige festzunehmen. Die Jugendlichen warfen den Angaben zufolge dabei Steine auf die Soldaten und wollten mit Molotow-Cocktails werfen, als die Soldaten das Feuer eröffneten.
  • Zehn Tage nach dem Selbstmordanschlag in der israelischen Küstenstadt Hadera ist eine 66-jährige Frau ihren schweren Verletzungen erlegen. Damit erhöhte sich die Zahl der getöteten Israelis auf sechs, wie der israelische Rundfunk am Abend des 5. Nov. berichtete. Zu dem Anschlag am 26. Oktober bekannte sich der Islamische Dschihad. Als Vergeltung flog Israel Luftangriffe auf den Gazastreifen und verstärkte die Razzien im Westjordanland.
  • Die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten scheint in greifbare Nähe gerückt. Der palästinensische Kabinettsminister Sajeb Erakat äußerte am 6. Nov. die Hoffnung, dass eine entsprechende Vereinbarung bis zum 15. November erzielt werden könnte. Auch aus israelischen Sicherheitskreisen verlautete, die bilateralen Verhandlungen seien weit gediehen. Voraussetzung für den Durchbruch war die Zustimmung des israelischen Kabinetts zur Stationierung europäischer Inspektoren am Grenzübergang Rafah. Über deren Befugnisse und genaue Funktion herrscht allerdings noch Uneinigkeit. Die Palästinenser wollen sie lediglich als Berater sehen, während Israel ihnen die letzte Entscheidungsgewalt zugestehen will.
Montag, 7. November, bis Sonntag, 13. November
  • Europäische Polizisten sollen beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen in den Palästinensergebieten helfen. Die EU gab am Montag grünes Licht für ein entsprechendes, auf drei Jahre angelegtes ziviles Polizeiprogramm. Danach sollen 30 bis 40 europäische Experten ranghohe palästinensische Polizeibeamte beraten und fortbilden; auch Mitarbeiter der Gefängnisverwaltung sollen geschult werden. Die Mission sei wichtig für den "Aufbau von Vertrauen" in der Region und werde so der palästinensischen Wirtschaft einen kräftigen Schub geben, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am 7. Nov. in Brüssel. Die EU hat bereits ein Koordinierungsbüro für die Unterstützung der palästinensischen Polizei eröffnet.
  • Im Streit um die Besetzung von Ministerämtern hat der israelische Regierungschef Ariel Scharon eine schwere Schlappe erlitten. Das Parlament lehnte am Abend des 7. Nov. zwei von Scharon nominierte Minister ab. Gegen den vom Regierungschef vorgeschlagenen Seev Boim als Einwanderungsminister und Roni Bar-On als Handelsminister stimmten am Abend auch mehrere Abgeordnete von Scharons Likud-Partei. Die beiden Politiker fielen in der Knesset mit 60 gegen 54 Stimmen durch. Scharon kündigte anschließend eine Sondersitzung der Regierung in der Parlamentsanlage an.
    Nach der schweren Abstimmungsniederlage für den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon im Parlament drohen nun vorgezogene Neuwahlen in Israel. Nachdem die Knesset auch mit den Stimmen mehrerer Abgeordneter von Scharons Likud-Partei zwei von ihm nominierte Minister abgelehnt hatte, kündigte der Regierungschef zwar nur vage "Konsequenzen" an. Israelische Medien interpretierten dies jedoch am 8. Nov. als Drohung, vorgezogene Neuwahlen herbeizuführen. Nach den Worten eines Vertrauten ist Scharons Geduld mit seinen innerparteilichen Gegnern am Ende. Für eine Entscheidung wolle er nur noch abwarten, wen die Arbeitspartei am 9. Nov. zu ihrem neuen Vorsitzenden wählt.
  • Im Westjordanland haben israelische Soldaten nach palästinensischen Angaben einen Jugendlichen getötet. Der 15-jährige Palästinenser sei durch Schüsse ums Leben gekommen, verlautete am 8. Nov. aus palästinensischen Sicherheitskreisen und von Ärzten. Demnach hatten zuvor Jugendliche versucht, einen Sprengsatz im Norden des Westjordanlandes zu deponieren.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon erwägt angeblich, mit seinem rechtsgerichteten Likud-Block zu brechen und eine neue Partei zu gründen. Wie das israelische Fernsehen am 9. Nov. berichtet, reagiert Scharon damit auf den Druck der Hardliner innerhalb der Likud-Partei, die ihm den Abzug Israels aus dem Gazastreifen nicht verzeihen. Das Büro des Regierungschefs verbreitete unterdessen eine Erklärung, wonach Scharon "keine Entscheidung getroffen" habe, die Likud-Partei zu verlassen.
  • Schimon Peres hat die Vorstandswahl der israelischen Arbeitspartei am 9. Nov. offenbar verloren. Wie der israelische Rundfunk unter Berufung auf eine Wahlnachbefragung berichtete, gewann Amir Perez, der Chef des Gewerkschaftsbunds Histadrut. Die rund 100.000 Mitglieder der Arbeitspartei hatten die Wahl zwischen drei Kandidaten. Der Sieger ist gleichzeitig auch Spitzenkandidat der Partei für die nächste Parlamentswahl, die regulär im November 2006 ansteht. Die Arbeitspartei ist derzeit an der Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon beteiligt.
  • Bei drei Selbstmordanschlägen auf westliche Hotels in der jordanischen Hauptstadt Amman sind am Abend des 9. Nov. mehr als 67 Menschen getötet worden. Kurz hintereinander waren drei Sprengsätze in den Hotels Radisson SAS, Grand Hyatt und Days Inn explodiert. Die neuen Zahlen nannte der stellvertretende jordanische Regierungschef Marwan Muascher nach Angaben des Nachrichtensenders CNN. In Jordanien hatte es zuvor noch nie Selbstmordattentate gegeben. Die meisten Todesopfer sind nach Angaben von Ärzten Jordanier, aber auch einige Iraker, die in Jordanien Zuflucht vor den Unruhen in ihrem Land gesucht hatten. Ein Augenzeuge sagte, er habe am Eingang des Days Inn fünf getötete Asiaten gesehen. Diese gehörten möglicherweise einer Delegation aus China an. Vor dem Hotel seien drei Autos durch die Explosion zerstört worden.
  • Der neue Chef der israelischen Arbeitspartei, Amir Perez, hat den Austritt aus der Koalition mit dem rechtsgerichteten Likud von Ministerpräsident Ariel Scharon angekündigt. Die Arbeitspartei müsse wieder zu einer echten Alternative werden, sagte Perez in der Nacht zum 10. Nov. nach seinem überraschenden Sieg über den bisherigen Parteichef Schimon Peres. Bei der Vorstandswahl am Mittwoch hatten die Parteimitglieder mit rund 42 Prozent für den 53-jährigen Gewerkschaftschef gestimmt; der 82-jährige Peres kam nur auf knapp 40 Prozent. Er war ein entschiedener Verfechter der Koalition mit Scharon.
    Der neue Chef der israelischen Arbeitspartei, Amir Perez, will vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Er habe bereits mit Ministerpräsident Ariel Scharon telefoniert und für Anfang kommender Woche ein Treffen gefordert, bei dem über das Datum der Neuwahlen entschieden werden könne, sagte Perez am 10. Nov. Im Gegensatz zum bisherigen Parteivorsitzenden Schimon Peres, der ihm in einer Urwahl der rund 100.000 Mitglieder überraschend unterlag, will Perez die Koalition mit Scharons konservativem Likud nicht fortsetzen. "Wir werden uns von der Regierung absetzen, damit die Arbeitspartei zu einer Alternative wird", sagte der 53-jährige Perez, auf den in der Urabstimmung am 9. Nov. 42,35 Prozent der Stimmen der Parteimitglieder entfielen. Für den 82-jährigen Friedensnobelpreisträger Peres, der durch die Koalition mit Scharon den israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen gewährleistete, sprachen sich lediglich 39,96 Prozent der Parteimitglieder aus. Mit seinem Sieg bei der parteiinternen Wahl sicherte sich Perez auch den Anspruch für die Spitzenkandidatur seiner Partei bei der Parlamentswahl, die nun zwischen Januar und Juli 2006 anberaumt werden könnte.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Syrien die Blockade der Ermittlungen zum Mord am libanesischen Ex-Regierungschef Rafik Hariri vorgeworfen. "Ich glaube nicht, dass das Kooperation darstellt", sagte Rice am 10. Nov. Die UN-Resolution, in der Syrien zur Zusammenarbeit mit dem deutschen Sonderermittler Detlev Mehlis aufgefordert wurde, "hätte nicht klarer sein können in dem, was sie von den Syrern verlangt", fügte Rice hinzu. "Es wurde von ihnen verlangt, zustimmend und positiv auf alles zu antworten, was Mehlis braucht, um seine Ermittlungen zu Ende zu führen". Assad hatte zuvor an der Universität Damaskus vor tausenden Studenten eine kämpferische Rede gehalten, in der er den Ermittlern im Fall Hariri Einseitigkeit vorwarf.
  • Der neue Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Amir Perez, trifft sich noch diese Woche mit Regierungschef Ariel Scharon, um vorgezogene Neuwahlen durchzusetzen. Perez werde Scharon am 13. Nov. in Jerusalem treffen und versuchen, "mit ihm ein Datum für Neuwahlen zu finden", sagte sein Mitarbeiter Amit Weinberg am 11. Nov. Nach seinen Angaben könnten die Parlamentswahlen Anfang des Jahres stattfinden, frühestens im Februar. Die laufende Legislaturperiode endet im November kommenden Jahres. Nach seiner überraschenden Wahl zum Chef der Arbeitspartei hatte Perez am 9. Nov. jedoch den Austritt aus der Regierungskoalition mit Scharons konservativem Likud angekündigt. (Hier geht es zu einem Porträt von Peretz.)
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am 11. Nov. den Grundstein eines Mausoleums für seinen vor einem Jahr verstorbenen Vorgänger Jassir Arafat gelegt. Das elf Meter breite und 15 Meter hohe Grabmal im palästinensischen Hauptquartier in Ramallah soll in acht Monaten vollendet werden. Das Mausoleum wird aus Steinquadern errichtet, die aus dem Ostteil Jerusalems stammen, da Arafat stets einen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt gründen wollte. Auf dem Mausoleum soll ein 25 Meter hohes Minarett errichtet werden, daneben sind der Bau einer kleinen Moschee und eines Arafat-Museums geplant.
  • In Anwesenheit von US-Außenministerin Condoleezza Rice hat in Bahrein am 12. Nov. ein Ministertreffen zur Zukunft der Demokratisierung des arabischen Raums begonnen. An dem von den USA initiierten, zweitägigen Zukunftsforum in Manama nehmen unter anderem der britische Außenminister Jack Straw und 13 weitere Minister arabischer Staaten teil. Auf der Konferenz sollen ein Fonds und eine Stiftung zur Förderung der Demokratie in der arabisch-islamischen Welt ins Leben gerufen werden. Beide Projekte sind den Angaben zufolge mit insgesamt 154 Millionen DollarMillionen Euro) ausgestattet.
  • Der neue Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Amir Perez, rechnet nach eigenen Angaben im März 2006 mit Neuwahlen in Israel. "Es wird im März Neuwahlen geben, und wir haben die Absicht, sie zu gewinnen", sagte Perez am 12. Nov. im israelischen Rundfunk. Ein zunächst für den 13. Nov. angekündigtes Treffen mit Ministerpräsident Ariel Scharon, bei dem Perez den Austritt seiner Arbeitspartei aus der Regierungskoalition mit Scharons konservativem Likud-Block erklären wollte, soll nun erst am 17. Nov. stattfinden. Bei dem Treffen soll auch der Wahltermin festgelegt werden.
  • Eine von den G-8 und mehreren arabischen Staaten organisierte Konferenz zur Demokratisierung und wirtschaftlichen Entwicklung des Nahen Ostens ist am 12. Nov. ohne Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Grund war der Widerstand Ägyptens gegen Formulierungen, in denen die Ausweitung der politischen Betätigung auch für regierungsunabhängige Organisationen gefordert wird. Gebilligt wurde vom so genannten Forum für die Zukunft aber ein 100 Millionen Dollar umfassendes Wirtschaftsförderungsprogramm sowie die Einrichtung einer Stiftung, die sich für Demokratie und Reformen im Nahen Osten einsetzen soll. An der Konferenz in Manama, der Hauptstadt von Bahrain, nahmen Vertreter aus 36 Ländern teil.
  • Israelische Soldaten haben im Gazastreifen einen Palästinenser getötet. Die Leiche des 19-Jährigen sei im Süden des Gazastreifens nahe dem Grenzübergang Suffa gefunden worden, hieß es in der Nacht zu 13. Nov. aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Ein zweiter Mann sei durch Schüsse verletzt worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, Soldaten hätten am Nachmittag zwei Palästinenser entdeckt, die dabei gewesen seien, nahe dem Grenzübergang eine Bombe zu platzieren. Daraufhin hätten die Soldaten das Feuer eröffnet.
  • Mehr als 200.000 Menschen haben am Abend des 12. Nov. in Tel Aviv der Ermordung des früheren israelischen Regierungschefs und Friedensnobelpreisträgers Jizchak Rabin vor zehn Jahren gedacht. "In den vergangenen zehn Jahren ist keine Woche vergangen, keine einzige Woche, in der ich nicht an ihn gedacht und ihn vermisst hätte", sagte der ehemalige US-Präsident Bill Clinton bei der offiziellen Gedenkfeier auf dem nach Rabin benannten Platz. Ein jüdischer Extremist hatte Rabin vor zehn Jahren während einer Friedenskundgebung in Tel Aviv erschossen. Zu Beginn der Gedenkfeier wurde die Rede abgespielt, die Rabin eine Stunde vor seiner Ermordung auf dem Platz gehalten hatte. Dicht an dicht drängten sich die Menschen vor der Bühne, manche ließen Luftballons in den israelischen Farben Weiß und Blau in den Himmel steigen. Während der Reden und der Auftritte mehrerer israelischer Künstler prangte im Hintergrund der Bühne ein überlebensgroßes Bild des früheren Ministerpräsidenten.
  • Ohne Ergebnis sind am Abend des 13. Nov. Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern über eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah zu Ende gegangen. Beide Seiten vereinbarten, die Verhandlungen am 14. Nov. fortzusetzen, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. An den Gesprächen nahm der internationale Nahost-Gesandte James Wolfensohn als Vermittler teil. Es wäre eine Tragödie, wenn es nicht bald zu einer Einigung komme, sagte Wolfensohn. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach sich am Sonntag in Jerusalem für eine größere Bewegungsfreiheit der Palästinenser aus. Israel hat den Grenzübergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten vor seinem Abzug aus dem Territorium geschlossen. Vor einer Öffnung verlangt Israel Garantien gegen den Waffenschmuggel und die Einreise von Extremisten.
Montag, 14. November, bis Sonntag, 20. November
  • Israelische Soldaten haben am Morgen des 14. Nov. den örtlichen Kommandanten der radikalislamische Hamas in Nablus erschossen. Nach Angaben eines Krankenhaussprechers wurde der 35-jährige Amdschat Hinawi bei einer Razzia von 15 Kugeln getroffen. Die israelische Armee teilte mit, Hinawi habe ganz oben auf der Liste der meist Gesuchten gestanden. Der Hamas-Führer sei erschossen worden, als er nach einem Gefecht fliehen wollte. Bei der Leiche seien ein Schnellfeuergewehr, ein Revolver und Munition gefunden worden.
  • In ihrem Bemühen um eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses ist US-Außenministerin Condoleezza Rice am 14. Nov. zu getrennten Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammengekommen. Bei ihrem Treffen mit Scharon in Jerusalem bekräftigte Rice, sie wolle sich weiterhin für eine Zwei-Staaten-Lösung in der Region einsetzen. Ziel sei es, dass "Israel und die Plästinenser in Frieden und ohne Terror in einem demokratischeren und freieren Nahen Osten nebeneinander leben können". Anschließend reiste die Ministerin zu Gesprächen mit dem Chef der palästinensischen Autonomiebehörde nach Ramallah ins Westjordanland.
  • Der neue Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Amir Peretz, hat dem Parlament einen Plan zum freiwilligen Abzug der jüdischen Siedler aus dem Westjordanland vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht umfangreiche Entschädigungen für Siedler vor, die aus freien Stücken nach Israel zurückkehren, wie ein Parlamentsvertreter am 14. Nov. mitteilte. Dem Perez-Plan zufolge seien 60 Prozent der Siedler bereit, das Gebiet freiwillig zu verlassen. Die Initiative sei vom Gaza-Abzugsplan inspiriert, bei dem im Sommer rund 8.000 Siedler 24 Siedlungen des Gazastreifens und vier im Westjordanland verlassen hatten.
  • Die Delegation von US-Außenministerin Condoleezza Rice hat der israelischen Regierung einen Vorschlag für die Öffnung der Grenzen des Gazastreifens vorgelegt. Wie der israelische Rundfunk am 15. Nov. berichtete, sieht der Plan unter anderem vor, den bei israelischen Angriffen stark beschädigten Flughafen von Gaza wiederzueröffnen und einen großen Handelshafen einzurichten. Darüber hinaus will Rice eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten sowie regelmäßige Verbindungen zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland erreichen.
  • Die israelische Regierung und die palästinensische Autonomieverwaltung haben sich nach Angaben von US-Außenministerin Condoleezza Rice auf eine Grenzöffnung für den Gazastreifen geeinigt. Sie sei "erfreut", die Einigung zur Freizügigkeit im Personenverkehr bekannt geben zu können, sagte Rice am 15. Nov. in Jerusalem. Der Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten soll demnach nach mehrmonatiger Sperrung wieder geöffnet werden. Geplant ist eine gemeinsame israelisch-palästinensische Video-Überwachung unter europäischer Oberaufsicht. An der Pressekonferenz der US-Außenministerin in Jerusalem nahm auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana teil.
  • Die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad haben das Abkommen über eine Öffnung der Grenze des Gazastreifens kritisiert. Es verletze die palästinensische Souveränität und Würde, dass Israel den Verkehr an dem palästinensisch-ägyptischen Übergang Rafah künftig mit Kameras überwachen könne. Das erklärten die beiden Organisationen am 16. Nov. in Gaza. Der Gazastreifen unterstehe damit weiter einer israelischen Kontrolle.
  • Sicherheitskräfte haben im Westjordanland einen jungen Palästinenser mit einem Sprengstoffgürtel festgenommen. Der junge Mann wurde nach Militärangaben am 16. Nov. an einer Straßensperre bei Nablus im Norden des Westjordanlandes gefasst. In einer Tasche habe er einen Sprengstoffgürtel mit sechs Sprengladungen bei sich getragen. Derartige Gurte werden von radikalen Palästinenserorganisationen für Selbstmordattentate auf Israelis eingesetzt.
  • Der israelische Regierungschef Ariel Scharon und der neue Chef der Arbeitspartei, Amir Perez, haben am 17. Nov. bei einem Treffen in Tel Aviv eine Einigung über vorgezogene Parlamentswahlen in Israel erzielt. Wie Perez nach einer Unterredung mit Scharon mitteilte, sollen die Wahlen zwischen Ende Februar und Ende März kommenden Jahres stattfinden. Scharon wollte im Laufe des Tages auch mit dem Oppositionsführer im Parlament, Jossef Lapid von der laizistischen Mitte-rechts-Partei Schinui, zusammentreffen.
  • Eine Sondereinheit der israelischen Armee hat am 17. Nov. in Dschenin im Westjordanland zwei Palästinenser getötet. Die Identität der beiden Männer war nach Angaben von Ärzten und Sicherheitskräften zunächst nicht bekannt. Dschenin ist eine Hochburg der El-Aksa-Brigaden, einer bewaffneten Gruppe, die der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nahesteht. Seit Beginn der zweiten Intifada im September 2000 hat die israelische Armee mehrere El-Aksa-Chefs gezielt getötet.
  • Der israelische Präsident Mosche Katzav ist am 17. Nov. von Papst Benedikt XVI. im Vatikan zu einer Audienz empfangen worden. Das Treffen dauerte 25 Minuten und fand nach Angaben des Vatikans in einer "herzlichen Atmosphäre" statt. Über den Inhalt wurden keine Angaben gemacht.
  • Der wegen "Spionage" und "Verrats" zu Landesarrest verurteilte israelische Atomforscher Mordechai Vanunu ist am 18. Nov. von der israelischen Polizei festgenommen worden. Vanunu habe versuchte, in das Westjordanland auszureisen, und sei an einer Straßensperre im Norden Jerusalems aufgegriffen worden, berichtete der israelische Militärrundfunk. (Lesen Sie über Vanunu: "Mordechai Vanunu - Ein unbeugsamer Friedenskämpfer".)
  • In der Nähe der Stadt Hebron im Westjordanland haben am 18. Nov. israelische Soldaten auf einen Palästinenser geschossen. Er trug nach Militärangaben ein verdächtiges Objekt bei sich. Vorausgegangen sei eine Explosion im Dorf Beit Kachil. Auf der Suche nach der Ursache seien die Soldaten auf den Mann gestoßen und hätten auf ihn geschossen. Über seinen Zustand war zunächst nichts bekannt.
  • Im Gazastreifen ist bei einem gewaltsamen Streit um Land im Gebiet der früheren jüdischen Siedlung Neve Dekalim ein 17-Jähriger getötet worden. Die Schießerei, an der am 18. Nov. zwei rivalisierende Klane und palästinensische Polizisten beteiligt waren, war der erste derartige Zwischenfall seit dem Abzug der Israelis aus dem Autonomiegebiet im September. Einer der beteiligten Klane hatte die auch von dem anderen Klan beanspruchte Parzelle eingezäunt. Nach Angaben der palästinensischen Behörden vom Samstag wollten Polizisten den Zaun einreißen und wurden dabei beschossen. Bei dem anschließenden Feuergefecht wurde der 17-Jährige getötet. Fünf weitere Menschen wurden verletzt, darunter zwei Polizisten. Drei Menschen wurden festgenommen und in eine Arrestzelle in Chan Junis gebracht. Später stürmten Dutzende Menschen die Polizeiwache in Chan Junis, forderten die Freilassung der Festgehaltenen und verwüsteten das Gebäude. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat erklärt, das Gebiet der früheren Siedlungen werde der öffentlichen Nutzung zugeführt, etwa für Sozialwohnungen, Universitäten oder Naturschutzgebiete. Von Israel ehemals enteignete Grundbesitzer erhielten ihr Land nicht automatisch zurück. Aus Sicherheitskreisen verlautete, die umstrittene Parzelle liege im Gebiet der abgerissenen Siedlung Neve Dekalim. Ohne genaue Karten des Gebiets lasse sich aber nicht sagen, ob der Grund direkt zu der ehemaligen Siedlung gehört habe.
  • In Nablus im Westjordanland begann die palästinensische Polizei damit, gestohlene israelische Autos zu beschlagnahmen. Auch illegale Waffen sollen nach Polizeiangaben konfisziert werden. Dazu wurden mehr als 400 Beamte zusätzlich in die Stadt gebracht. Ziel sei, die Kontrolle über die Straßen zu gewinnen, sagte Dehan Abdullah, ein Polizeikommandeur in Nablus. "Wir werden die völlige Ordnung wieder herstellen", sagte er laut AP. Im Rahmen der Aktion zerstörten palästinensische Polizisten am 19. Nov. mindestens 24 gestohlene Autos. Zur Begründung hieß es, man befürchte, die Diebe wollten sich die Fahrzeuge wieder aneignen und Zusammenstöße mit der Polizei anzetteln. Nach Schätzungen der Behörden befinden sich tausende in Israel gestohlene Autos in Nablus.
  • Der wegen Spionage und Verrats zu Landesarrest verurteilte israelische Atomforscher Mordechai Vanunu ist seit dem 19. Nov. gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Wie am Abend aus Justizkreisen verlautete, entschied ein Gericht in Tel Aviv, ihn gegen die Zahlung von 1500 Dollar freizulassen. Vanunu war am 18. Nov. (siehe oben) von der israelischen Polizei festgenommen worden, als er versuchte, in das Westjordanland auszureisen. Bei seiner Festnahme hatte der zum Christentum Konvertierte gesagt, er wolle "gegen die Apartheids-Mauer" demonstrieren, "die die Palästinenser in einem Ghetto" einschließe.
  • Unmittelbar vor ihrem Abschied hat die alte Regierung noch umstrittene Waffenexporte genehmigt. Die Türkei erhält Leopard-2-Panzer. Israel zwei U-Boote im Wert von einer Milliarde Euro - ein Drittel davon zahlt nach Informationen des SPIEGEL der Bund. Israel wird zwei weitere "Dolphin"-U-Boote erhalten, zusammen kosten sie eine Milliarde Euro. Ein Drittel davon spendiert Berlin - quasi als Abschiedsgeschenk Gerhard Schröders und Joschka Fischers. Im Bundessicherheitsrat, einem geheim tagenden Kabinettsausschuss, hat diesmal auch der grüne Außenminister zugestimmt. Fischer will den Vertrag am Montag [21.11.2005] aber nicht selbst unterschreiben, sondern schickt einen Staatssekretär. (Der Spiegel, Vorabmeldung vom 19. Nov.)
  • Die Minister der Arbeitspartei in der israelischen Regierung werden Ministerpräsident Ariel Scharon am 21. Nov. ihre Rücktrittsschreiben übergeben. Einer der Minister, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte laut AFP am 20. Nov., noch am Nachmittag werde das Zentralkomitee der Arbeitspartei den Ausstieg aus der Koalition mit Scharons rechtsgerichtetem Likud-Block beschließen. Da die Rücktritte 48 Stunden nach ihrer Einreichung wirksam werden, bedeutet dies, dass das Kabinett bei seiner Sitzung am 20. Nov. zum letzten Mal in der bisherigen Zusammensetzung vertreten sein wird.
Montag, 21. November, bis Sonntag, 27. November
  • Nach dem Auseinanderbrechen seiner Regierungskoalition hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon am 21. Nov. dem Likud den Rücken gekehrt und eine neue Partei gegründet. Der Regierungschef reichte zudem seinen Rücktritt ein und bat Staatspräsident Mosche Katzav um die Auflösung des Parlaments, um vorgezogene Neuwahlen zu ermöglichen. Bei der spätestens für kommenden März erwarteten Wahl will Scharon als Spitzenkandidat seiner neuen Partei antreten.
    Scharon erklärte in einem Schreiben an den Likud-Vorstand, er verlasse die 1973 von ihm mitgegründete Partei und gründe eine neue. Laut Umfragen könnte Scharons neue Partei namens Nationale Verantwortung bei der für Februar oder März erwarteten vorgezogenen Parlamentswahl aus dem Stand 28 Mandate erringen. Sie würde damit neben der Arbeitspartei stärkste Fraktion in der Knesset.
    Eine große Zahl von Likud-Ministern und -Abgeordneten ist offensichtlich bereit, Scharon in die neue Gruppierung zu folgen. An der am Sitz des Regierungschefs abgehaltenen Gründungssitzung der Partei nahmen unter Scharons Vorsitz unter anderem Justizministerin Tzippi Livni, Finanzminister Ehud Olmert, Tourismusminister Abraham Hirschson sowie der Minister für innere Sicherheit, Gideon Esra, teil. Als mögliche Überläufer werden auch Spitzenpolitiker der Arbeitspartei gehandelt, unter ihnen der bisherige Parteivorsitzende Schimon Peres sowie der Minister ohne Geschäftsbereich, Chaim Ramon. Der Partei will offenbar auch der frühere Chef des Inlandsgeheimdiensts Schin Beth, Avi Dichter, beitreten.
  • Das israelische Parlament beschloss am 21. Nov. seine Selbstauflösung und machte damit den Weg für eine Neuwahl frei.
  • Die israelische Luftwaffe hat am 21. Nov. die seit Monaten heftigsten Angriffe gegen Stellungen der Hisbollah-Miliz im Süden Libanons geflogen. Dabei wurden nach Angaben der Hisbollah drei ihrer Kämpfer getötet. Nach Berichten von Reportern der Nachrichtenagentur AFP feuerten israelische Kampfjets Raketen auf zwei Ziele im Grenzbereich ab. Zugleich lieferten sich die israelische Armee und Hisbollah-Kämpfer Artillerie-Gefechte. Die israelischen Streitkräfte sprachen von mehreren Opfer unter den eigenen Soldaten. Das israelische Fernsehen berichtete, es habe vier Tote auf Seiten der Hisbollah gegeben.
    Das Gebiet der Tschebaa-Höfe gehört nach israelischer Darstellung zu den ehemals syrischen Golan-Höhen, die von Israel 1967 erobert und später annektiert wurden. Libanon und Syrien erklärten, das Gebiet sei libanesisches Territorium.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat mit seiner neu gegründeten Partei mehreren aktuellen Umfragen zufolge gute Aussichten auf einen Wahlsieg. Scharons neue Partei der Mitte könne bei den vorgezogenen Neuwahlen im kommenden Jahr mit 30 bis 33 Sitzen in der 120 Sitze zählenden Knesset rechnen, heißt es in drei am 22. Nov. veröffentlichten Umfragen. Scharons ehemalige Partei, der Likud, kommt in den Erhebungen nur auf zwölf bis 15 Sitze. Derzeit ist sie mit 40 Abgeordneten die stärkste Kraft im israelischen Parlament.
  • Der israelische Präsident Mosche Katzav hat am 22. Nov. nach eigenen Angaben der Auflösung des Parlaments zugestimmt. Alle Parteien, mit denen er gesprochen habe, seien für vorgezogenen Neuwahlen in Israel, deshalb werde es eine Auflösung der Knesset geben, sagte Katzav am 22. Nov. in Jerusalem. Auf seine Bitte hin habe der Parlamentspräsident den Prozess der Auflösung aber gestoppt, damit er als Präsident dieses Recht ausüben könne. Es werde in den kommenden Tagen eine Übereinkunft dazu geben, kündigte der Präsident an.
    Die vorgezogenen Neuwahlen in Israel finden nach einem Zeitungsbericht voraussichtlich am 28. März statt. Das Datum habe Parlamentspräsident Reuven Rivlin am Abend des 22. Nov. genannt, berichtete die Zeitung "Haaretz" auf ihrer Internetseite unter Berufung auf Parlamentskreise.
  • Die israelische Regierung behält sich ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die schiitische Hisbollah-Miliz im Nachbarland Libanon vor. Die "derzeitige Situation im Libanon kann so nicht weitergehen", sagte Außenminister Silvan Schalom am 23. Nov. Er warf der libanesischen Regierung vor, sich nicht gegen die Hisbollah im Südlibanon durchsetzen zu können. "Niemand wagt es, die Hisbollah zu entwaffnen und die libanesische Armee im Süden zu stationieren." Israel werde "auf angemessene Weise" auf die Situation reagieren. Bei Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und Hisbollah-Aktivisten an der Grenze waren am 21. Nov. vier Kämpfer der Schiitenmiliz getötet worden. Am 22. Nov. griff die israelische Luftwaffe Ziele im Libanon an. Nach Angaben von Verteidigungsminister Schaul Mofas waren es die schwersten Kämpfe seit 2000.
  • Israelische Flugzeuge haben am 23. Nov. Flugbätter über der libanesischen Hauptstadt Beirut und dem Süden des Landes abgeworfen, auf denen vor der Schiitenmiliz Hisbollah gewarnt wird. Tausende solcher Papiere landeten in Beirut und seinen Vororten. In der südlibanesischen Stadt Tyrus warfen israelische Kampfhubschrauber Pakete von Flugblättern an Fallschirmen ab. "Hisbollah fügt dem Libanon schweren Schaden zu. Sie ist ein Instrument in den Händen ihrer syrischen und iranischen Herren", hieß es auf den Blättern. Die libanesische Armee kritisierte die Aktion, die die "aggressiven Absichten des israelischen Feindes" zeige.
  • Bei Schusswechseln am Rande eines israelischen Militäreinsatzes in der Palästinenserstadt Dschenin im Westjordanland sind am 23. Nov. mehrere Menschen verletzt worden. Wie palästinensische Augenzeugen und Ärzte berichteten, feuerten die Soldaten in eine Gruppe Steine werfender Jugendlicher und verletzten neun von ihnen. Die Demonstranten hätten eine Ausgangssperre missachtet, die die Armee bei ihrem Einmarsch verhängt habe. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, drei Soldaten seien bei den Auseinandersetzungen leicht verletzt worden.
  • Israelische Truppen und schiitische Hisbollah-Kämpfer haben sich erneut Kämpfe an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon geliefert. Auslöser für die Gefechte war ein ziviler Fallschirmspringer, der wenige Meter hinter der Grenze auf libanesischem Boden landete. Der israelische Fallschirmspringer sei im Südwesten des Libanons nahe dem Dorf Meis el Dschabal gelandet, erklärte ein Vertreter der Hisbollah-Miliz am 23. Nov. Unter dem Feuerschutz des israelischen Militärs sei es ihm gelungen, wieder israelischen Boden zu erreichen. Nach Angaben israelischer Militärkreise war der Mann durch Wind abgetrieben worden. Als er gelandet sei, hätten Hisbollah-Milizionäre das Feuer auf ihn eröffnet. Ein israelischer Sicherheitsvertreter bestätigte, dass es dem Fallschirmspringer gelungen sei, mit Hilfe des Militärs israelischen Boden zu erreichen.
  • Das israelisch-palästinensische Abkommen über die Öffnung des Kontrollpunkts Rafah nimmt Gestalt an: Ab 26. Nov., einen Tag nach der offiziellen Öffnung des Grenzübergangs zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, dürfen Palästinenser den Kontrollpunkt passieren. Wie der italienische Leiter der EU-Beobachtermission, Polizeigeneral Pietro Pistolesi, am 24. Nov. weiter mitteilte, ist die Öffnung zunächst für vier Stunden am Tag vorgesehen. Die Öffnungszeiten würden in dem Maße ausgedehnt, wie zusätzliche Polizisten zur Überwachung des Grenzverkehrs am Kontrollpunkt einträfen.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am 25. Nov. den Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen wiedereröffnet. An der Zeremonie nahmen der EU-Sondergesandte Marc Otte und ausländische Diplomaten teil. Israelis und Palästinenser hatten am 15. November unter Vermittlung von US-Außenministerin Condoleezza Rice ein Abkommen zur Wiederöffnung des Kontrollpunkts unterzeichnet. Der Grenzübergang Rafah war seit dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen Mitte September fast durchgehend geschlossen. Er ist für die 1,3 Millionen Palästinenser im Gazastreifen die einzige Verbindung nach Ägypten und damit die einzige Landverbindung in den Gazastreifen, die nicht über Israel führt.
    Nach Öffnung des Übergangs Rafah haben am 26. Nov. die ersten Palästinenser die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten passiert. Die Reisenden kamen am Samstag in einem Bus und überquerten die Grenze kurz nach ihrer Öffnung. Rund eintausend Palästinenser hatten sich in den Stunden zuvor an dem Übergang gedrängt. Der Übergang öffnet in einer ersten Phase zunächst vier Stunden täglich.
  • Der von Israel inhaftierte Palästinenserführer Marwan Barguti hat die Vorwahlen seiner Fatah-Bewegung in Ramallah mit großer Mehrheit gewonnen und wird bei der im Januar geplanten Parlamentswahl die Liste anführen. Barguti bekam offiziellen Angaben vom 26. Nov. zufolge 96 Prozent der Stimmen in Ramallah im Westjordanland. Er ist der populäre Chef der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland. Barguti wurde von Israel wegen Beteiligung an anti-israelischen Anschlägen 2004 zu fünfmal lebenslänglich verurteilt.
  • Nach der Wahl des in Israel zu lebenslanger Haft verurteilten Marwan Barguti zum Fatah-Spitzenkandidaten hat ein israelischer Minister eine Begnadigung des Palästinenserführers ins Gespräch gebracht. "In der Politik soll man niemals nie sagen", sagte Verkehrsminister Meir Schetrit am 27. Nov. im öffentlich-rechtlichen israelischen Rundfunk. "Wenn wir mit den Palästinensern ein Friedensabkommen schließen, ist eine Begnadigung denkbar", sagte der Minister von der Kadima-Partei von Regierungschef Ariel Scharon.
  • Der ehemalige Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Schimon Peres, erwägt angeblich eine Unterstützung der neuen Partei von Ministerpräsident Ariel Scharon. Wie der Armeerundfunk am 27. Nov. berichtet, wird Peres seine Entscheidung in den kommenden Tagen bekannt geben. Scharon wolle seinem gegenwärtigen Vize im Kabinett den zweiten Listenplatz bei den Parlamentswahlen überlassen, hieß es.
  • Bei dem am Sonntagabend, 27. Nov., in Barcelona beginnenden Gipfel der EU und den südlichen Mittelmeeranrainern sind fast keine moslemischen Länder auf Ebene der Staats- und Regierungschefs vertreten. Zu dem Treffen anlässlich der zehnjährigen Mittelmeer-Partnerschaft (Euromed) sagte am Wochenende auch der ägyptische Präsident Husni Mubarak ab. Gründe wollte sein Sprecher nicht nennen. Zuvor hatten bereits mehrere andere Staats- und Regierungschefs aus den zehn Euromed-Partnerländern abgesagt. Für die Veranstaltung gilt höchste Sicherheitsstufe.
    An dem Gipfel nehmen neben den 25 EU-Staaten Bulgarien, Rumänien, Kroatien und die Türkei sowie Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon, Israel und der Palästinensische Autonomiebehörde teil.
    Anlass des Treffens ist der zehnte Jahrestag des so genannten Barcelona-Prozesses. 1995 vereinbarten die damals 15 EU-Staaten in Barcelona mit den südlichen Mittelmeer-Anrainern eine Partnerschaft unter dem Namen Euromed. Neben einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit rückten in den vergangenen Jahren immer mehr politische Fragen in den Mittelpunkt der Partnerschaft. So drängt die EU die südlichen Mittelmeer-Anrainer zu einem Bekenntnis gegen den Terror und zur Einhaltung von Menschenrechten. Weiteres dringendes Thema ist die illegale Einwanderung nach Europa.
  • Eine Woche nach dem Auszug der Arbeitspartei aus der Koalition in Israel hat Regierungschef Ariel Scharon am 27. Nov. sein auf zwölf Minister geschrumpftes Kabinett versammelt. Angesichts der Ende März bevorstehenden Parlamentswahl habe Scharon zunächst darauf verzichtete, die vakanten Ministerämter neu zu besetzen, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Generalstaatsanwalt Menahem Masus habe sich einer Neubesetzung entgegen gestellt. Daher verwalte Scharon die durch den Rücktritt der acht Minister der Arbeitspartei verwaisten Ämter bis Anfang Dezember kommissarisch.
  • Der palästinensische Abgeordnete Hossam Chader ist am 27. Nov. von einem israelischen Militärgericht in Salem zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht befand den 43-jährigen Abgeordneten der Fatah-Bewegung laut Militärangaben schuldig, Geldmittel an "terroristische Organisationen" transferiert zu haben.
Montag, 28. November, bis Mittwoch, 30. November
  • Knapp zwei Monate vor der palästinensischen Parlamentswahl will die Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erstmals im arabisch dominierten Ost-Jerusalem über die Wahllisten abstimmen lassen. Rund 23.000 Fatah-Mitglieder sollten am 29. Dez. zwölf Fatah-Kandidaten für die Wahl am 25. Januar bestimmen, sagte ein Sprecher der Bewegung am 28. Dez. der Nachrichtenagentur AFP. Die Fatah rechne mit Widerstand Israels, das gegen jede politische Aktivität der Autonomiebehörde in Ost-Jerusalem sei.
  • Die EU und ihre Partner am Mittelmeer haben sich auf einen Verhaltenskodex zur Bekämpfung des Terrorismus verständigt. Terrorismus könne niemals gerechtfertigt sein, heißt es in dem Text, auf den sich die Staats- und Regierungschefs am 28. Nov. in Barcelona zum Abschluss des EU-Mittelmeergipfels einigten. Während auch das Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahren einvernehmlich angenommen wurde, scheiterte die eigentliche Gipfelerklärung zum zehnjährigen Bestehen der Partnerschaft laut Diplomaten an einem geplanten Passus zum Nahost-Friedensprozess. Stattdessen wurden nur so genannte Schlussfolgerungen des Vorsitzes veröffentlicht.
  • Ein Palästinenser hat am Abend des 28. Nov. im Westjordanland einen israelischen Militärposten mit einem Sprengsatz angegriffen, wie Anwohner berichteten. Verletzt wurde bei dem Zwischenfall in Hebron niemand. Die Streitkräfte berichteten lediglich von einer Explosion.
  • Die Bundesregierung hat die deutsche Beteiligung an mehreren internationalen Missionen von Polizei und Militär beschlossen. Bundespolizei und Zoll werden sich mit bis zu 15 Beamte an dem EU-Einsatz am Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten beteiligen, wie Rergierungssprecher Ulrich Wilhelm am 29. Nov. in Berlin mitteilte. Mit dem Engagement der EU solle die dortige Grenzabfertigung durch eine Drittpartei "aktiv beobachtet" werden. Der Übergang in Rafah war am Samstag für den Personenverkehr geöffnet worden. Das Terminal wird unter EU-Beobachtung von ägyptischen und palästinensischen Beamten kontrolliert.
  • Der ehemalige Vorsitzende der israelischen Arbeitspartei, Schimon Peres, hat sich einem Medienbericht zufolge für einen Wechsel zur neuen Partei von Ministerpräsident Ariel Scharon entschieden. Peres wolle seinen Schritt nach seiner Rückkehr aus Barcelona bekannt geben, berichtete das israelische Fernsehen am 29 Nov. Der 82-Jährige nahm am Abend an einer Sportveranstaltung für den Frieden in der spanischen Stadt teil.
  • Die israelische Armee ist am 30. Nov. in die Palästinenserstadt Nablus im Westjordanland eingerückt. Rund 20 Geländewagen der Armee umringten mehrere Häuser in der Stadt. Augenzeugen berichteten, sie hätten Explosionen gehört. Anschließend kam es zu Schusswechseln zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern, wie Augenzeugen und palästinensische Sicherheitskräfte berichteten. Schüler warfen zudem Steine auf die Soldaten. Als die Soldaten die Jugendlichen mit Gummigeschossen auseinandertrieben, seien zehn von ihnen verletzt worden. Die israelische Armee nahm den Angaben zufolge zwei Palästinenser fest. Ein Sprecher der Armee bestätigte den Einsatz.



Zurück zur Chronik-Übersicht

Zurück zur Nahost-Seite

Zurück zur Homepage