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Mai 2005

Chronologie der Ereignisse

Sonntag, 1. Mai, bis Sonntag, 8. Mai
  • Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat bei seinem Besuch in Israel ein gemeinsames Vorgehen gegen den Terrorismus angeregt. "Wir müssen den Sumpf des Terrorismus austrocknen", sagte Erdogan bei einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Mosche Katzav am 1. Mai in Jerusalem, wie Katzavs Büro mitteilte. Beide Staaten müssten Solidarität in ihrem gemeinsamen Vorgehen gegen den Terrorismus zeigen. Katzav erklärte den Angaben zufolge, die Türkei und Israel müssten zum Wohl des gesamten Nahen Ostens zusammenarbeiten.
  • Der israelische Außenminister Sylvan Schalom hat das Angebot des türkischen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan abgewiesen, im Nahost-Konflikt zu vermitteln. "Wir sagen der Türkei, Russland und anderen Ländern, dass es nur 30 Minuten dauert, von Jerusalem nach Ramallah zu fahren - es ist also möglich, sich zu treffen, ohne dafür ins Ausland zu reisen", sagte Schalom am 2. Mai im israelischen Rundfunk. Die Türkei solle den Palästinensern lieber auf wirtschaftlichem und humanitärem Gebiet helfen.
  • Israelische Soldaten haben am 2. Mai bei einem Feuergefecht mit radikalen Palästinensern im Norden des Westjordanlands einen Palästinenser erschossen. Nach israelischen Militärangaben waren die Soldaten zuvor auf der Suche nach Anhängern radikaler Gruppierungen in die Ortschaft Sidon nahe Tulkarem eingedrungen. Dort sei das Feuer auf sie eröffnet worden. Laut dem Militärrundfunk war der getötete Palästinenser Mitglied der fundamentalistischen Bewegung Islamischer Dschihad. Die Armee habe inzwischen eine Ausgangssperre über Sidon verhängt. Bei dem Schusswechsel ist auch ein israelischer Soldat schwer verletzt worden und wenig später gestorben, verlautete aus der israelischen Armee. Ein weiterer Soldat sei verletzt worden.
  • Der israelische Jerusalem-Minister Nathan Scharanski ist am 2. Mai zurückgetreten. Er protestiert damit gegen den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen. Nach Angaben des israelischen Armeesenders hat der frühere sowjetische Dissident Premier Ariel Scharon bereits sein Rücktrittsgesuch übermittelt. Scharon will im Sommer 25 Siedlungen in den Palästinensergebieten räumen lassen.
  • Die israelische Armee hat am 2. Mai die vollständige Abriegelung der Palästinensergebiete aufgehoben. Dies gelte allerdings nicht für den nördlichen Sektor des Westjordanlandes, nachdem es Informationen über drohende anti-israelische Anschläge von dort aus gegeben habe, erklärte die Armee. Die Palästinensergebiete waren am 21. April für die Dauer des jüdischen Osterfestes abgeriegelt worden.
  • In der jüdischen Siedlung Ariel im Westjordanland wird die erste israelische Universität entstehen. Das israelische Kabinett stimmte am 2. Mai für die Umwandlung des dort bereits bestehenden Colleges Judäa und Samaria zur Universität, wie der öffentliche Rundfunk berichtete. 13 Minister hätten für den Plan gestimmt, sieben dagegen. In Ariel leben rund 17.000 Menschen. Die Siedlung liegt rund 20 Kilometer östlich der international anerkannten Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland.
    Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia protestierte am 3. Mai gegen Israels Plan, ein College in der jüdischen Siedlung Ariel im Westjordanland zur ersten israelischen Universität in den besetzten Gebieten umzuwandeln. Er forderte das Nahost-Quartett aus EU, Russland, UNO und USA in Ramallah auf, "die Übergriffe zu beenden".
  • Aus Protest gegen den Gaza-Abzugsplan haben jüdische Extremisten zu Gebeten für den Tod des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon aufgerufen. Entsprechende Flugblätter seien in jüngster Zeit bei Demonstrationen gegen den Abzugsplan aufgetaucht, berichtete die israelische Zeitung "Haaretz" am 3. Mai.
  • Die UN-Mitarbeiter, die sich im Libanon vom Abzug der syrischen Truppen überzeugen sollen, sind mit ihrem Einsatz vorläufig zufrieden. "Ich kann Ihnen versichern, dass wir keinem einzigen syrischen Soldaten begegnet sind", sagte der Leiter des Teams, der senegalesische General Elhadji Mouhamdou Kanji, am 4. Mai vor dem Militärstützpunkt Rajak im libanesischen Bekaa-Tal. "Ich bin zufrieden." Das Team der Vereinten Nationen hatte sich zunächst noch nicht zu den syrischen Feldlagern im Osten des Libanons begeben; aus amtlichen libanesischen Kreisen verlautete aber am Abend des 3. Mai, dass die Soldaten dort sich schon auf syrischem Gebiet befänden.
  • Israel hat die vereinbarte Übergabe weiterer Palästinenserstädte im Westjordanland eingefroren. Der Rundfunk meldet am 4. Mai, Verteidigungsminister Schaul Mofas habe das in einer Ministersitzung mitgeteilt. Die palästinensische Autonomiebehörde sei ihrer Verpflichtung zur Entwaffnung der Extremistengruppen nicht nachgekommen. Von den fünf vorgesehenen Städten hat Israel bislang nur Jericho und Tulkarem an die palästinensische Polizei übergeben.
  • Israelische Soldaten haben bei Ramallah im Westjordanland zwei Palästinenser getötet. Die beiden Jugendlichen im Alter von 17 und 16 Jahren hätten zusammen mit anderen Jugendlichen die Soldaten mit Steinen beworfen, teilten palästinensische Sicherheitskräfte am 4. Mai mit. Den Angaben zufolge eröffneten die Soldaten daraufhin das Feuer. Der Vorfall habe sich beim Dorf Beit Likjah, südwestlich von Ramallah, ereignet.
  • Die Palästinenser haben am 5. Mai neue Kommunalvertreter in mehr als 80 Ortschaften im Westjordanland und dem Gazastreifen gewählt. Mehr als 40.000 Palästinenser waren bei dem Urnengang stimmberechtigt, der vor allem als Test für die radikalislamische Hamas vor der Parlamentswahl im Juli gesehen wird, bei der sie erstmals antreten will.
  • Zum Gedenken an die sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden haben am 5. Mai in ganz Israel die Sirenen geheult. Menschen stiegen aus ihren Autos und verharrten in stiller Erinnerung. Danach begannen landesweite Gedenkveranstaltungen.
  • Die Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Kommunalwahlen am 5. Mai nach offiziellen Angaben klar gewonnen. Die Fatah habe 59,9 Prozent der Stimmen erzielt und liege in 50 Städten und Gemeinden vorn, sagte der Leiter der Wahlbehörde, Firas Iari am 6. Mai. Die radikalislamische Hamas kam mit 33,3 Prozent der Stimmen auf Platz zwei. Die Hamas setzte sich in 28 Gemeinden durch. Eine Gemeinde ging an die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und eine an die Demokratische Front für die Befreiung Plästinas (DFLP); in zwei weiteren siegte der unabhängige Kandidiat Mustafa Barghuthi. In drei Gemeinderäten müssen Koalitionen gebildet werden. Zu den Urnengängen waren mehr als 400.000 Stimmberechtigte aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag mit 80 Prozent sehr hoch. Mehr als 2.500 Kandidaten, unter ihnen 399 Frauen, bewarben sich um die gut 900 Mandate. Unter den 76 Ortschaften im Westjordanland waren drei Städte: Bethlehem, Kalkilija und Salfit. Im Gazastreifen befanden sich unter den insgesamt acht Ortschaften zwei Städte: Rafah und Beit Lahija.
  • Bei einem Raketenangriff in Sderot am Morgen des 6. Mai gab es weder Verletzte noch Sachschäden, wie das israelische Militär mitteilte. Die Rakete sei aus dem nahen Gazastreifen abgefeuert worden. Einwohner Sderots hätten sich spontan zum Protest gegen den Beschuss versammelt und die Armee zur Vergeltung aufgefordert. Bereits am Abend des 5. Mai war Sderot Ziel zweier Kassam-Raketen. Ein Haus wurde getroffen und beschädigt.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan will am Wochenende an einem Treffen des so genannten Nahost-Quartetts in Moskau teilnehmen. Annan werde seine Anwesenheit in der russischen Hauptstadt zu den Feiern zum 60. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs nutzen, um mit den Partnern im Nahost-Quartett den Fortgang der Friedensbemühungen zu erörtern, sagte ein UN-Sprecher am 6. Mai in New York.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat den peruanischen UNO-Diplomaten Alvaro de Soto als neuen Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen im Nahen Osten vorgeschlagen. Annan teilte dem UNO-Sicherheitsrat am 6. Mai seine Absicht mit, den 62-Jährigen mit der Aufgabe zu betrauen. Mit der Zustimmung des Rates wird gerechnet. De Soto folgt Terje Roed-Larsen nach und soll Annan im Nahost-Quartett aus UNO, USA, EU und Russland vertreten. Das nächste Treffen ist für den 9. Mai geplant. Unter dem Jubel seiner Anhänger ist der frühere libanesische Regierungschef und Christengeneral Michel Aoun aus dem französischen Exil in seine Heimat zurückgekehrt. Der langjährige Widersacher der syrischen Besatzung Libanons landete am 7. Mai auf dem Flughafen von Beirut, nur zwölf Tage, nachdem der letzte syrische Soldat das Land verlassen hatte.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat am 8. Mai die geplante Freilassung von 400 weiteren palästinensischen Gefangenen aus israelische Haft vorerst gestoppt. Nach Angaben seines Sprechers wirft Scharon Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor, nichts gegen die anhaltende Gewalt in den Palästinensergebieten zu unternehmen. Solange sich die Palästinenserführung nicht an die Vereinbarungen von Scharm-el-Scheich halte, fühle sich auch Israel nicht an seine Verpflichtungen gebunden, sagte der Sprecher nach der wöchentlichen Sitzung des israelischen Kabinetts.
    Die Palästinenser haben die Entscheidung von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon, die geplante Freilassung von 400 weiteren palästinensischen Gefangenen aus israelischer Haft vorerst zu stoppen, scharf kritisiert. Nachdem schon die Übergabe der Sicherheitskontrolle im Westjordanland suspendiert worden sei, sei dies ein weiteres Zeichen für das Bestreben Israels, die bisher erzielten Fortschritte zunichte zu machen, sagte der für die Gefangenen zuständige Minister Sufian Abu Saideh am 8. Mai der Nachrichtenagentur AFP. "Diese Entscheidung ist Teil der israelischen Hindernisse für die Umsetzung der Vereinbarungen von Scharm-el-Scheich", fügte der Minister unter Verweis auf den israelisch-palästinensischen Gipfel im Februar hinzu.
Montag, 9. Mai, bis Sonntag, 15. Mai
  • Nach Gerüchten über eine bevorstehende Protestaktion radikaler jüdischer Siedler am Tempelberg in Jerusalem haben sich palästinensische Demonstranten und israelische Polizisten am 9. Mai gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Mindestens sieben Polizisten und elf Demonstranten wurden verletzt. Nach eigenen Angaben wurden die Polizisten von Palästinensern mit Steinen beworfen. Palästinenservertreter warfen Polizisten vor, Demonstranten verprügelt zu haben.
    Am Vorabend hatten sich rund tausend Moslems zu einer Nachtwache an dem Heiligtum eingefunden, um es gegen die erwarteten Revava-Demonstranten zu verteidigen. Die Menschen seien bereit, die drittheiligste Stätte des Islam "mit ihrem Leben zu verteidigen", sagten Teilnehmer der Wache. Im Laufe des Vormittags des 9. Mai wuchs die Menge auf etwa 5.000 Menschen an.
  • Israels Regierungschef Ariel Scharon hat den Termin für den Abzug aus dem Gazastreifen festgesetzt. Der Abzug werde "unmittelbar" nach dem 14. August beginnen, teilte Scharon am 9. Mai im israelischen Fernsehen mit. Dies ist im Anschluss an eine traditionelle jüdische Trauerperiode, die Ende Juli beginnt und am 14. August endet. Ursprünglich sollte der Abzug von Armee und insgesamt etwa 8.000 jüdischen Siedlern aus 21 Siedlungen im Gazastreifen Mitte Juli beginnen. Der Abzug wird voraussichtlich einen Monat lang dauern. Außenminister Silvan Schalom betonte derweil, Israel werde seine Abzugspläne noch einmal überdenken, falls die radikalislamische Hamas bei den Parlamentswahlen in den Palästinensergebieten im Juli gewinne.
  • Die EU wird die Palästinenser in den besetzten Gebieten und im Libanon mit einem Hilfsprogramm im Umfang von 28,3 Millionen Euro unterstützen. Die Gelder sollen unter anderem für Lebensmittel, die Trinkwasserversorgung, für die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie für die Gesundheitsversorgung eingesetzt werden, wie die EU-Kommission am 10. Mai in Brüssel erläuterte. Die Abhängigkeit von Hilfsleistungen nehme in den besetzten Gebieten als Folge einer nie da gewesenen Armut und Arbeitslosigkeit zu. Immer mehr Palästinenser hätten Schwierigkeiten, ihren Arbeitsplatz, Krankenhäuser, Schulen und Wasserquellen zu erreichen. Dies gelte besonders in den Gegenden, in denen die israelische Sperranlange zum Westjordanland entstehe.
  • In der brasilianischen Hauptstadt Brasilia hat am 10. Mai das erste Gipfeltreffen südamerikanischer und arabischer Staaten begonnen. "Wir stehen vor einer historischen Chance, die Wegmarken für eine starke Zusammenarbeit zwischen Südamerika und der arabischen Welt zu setzen", sagte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva in seiner Eröffnungsrede. Er betonte, dass sein Land die Initiative ergriffen habe, "für die Annäherung der beiden entfernten Regionen zu arbeiten". Insgesamt sind in Brasilien Vertreter aus 21 Migliedsstaaten der Arabischen Liga und der Palästinensischen Autonomiebehörde sowie Vertreter aus zwölf südamerikanischen Ländern vertreten, darunter auch Staats- und Regierungschefs.
    Zu Beginn des ersten arabisch-südamerikanischen Gipfeltreffens in Brasilia haben führende arabische Politiker Israel aufgefordert, sich an das Völkerrecht und an UN-Resolutionen zu halten. "Wir müssen eine Lösung finden, damit Israel sich an die internationalen Gesetze hält und den ausgehandelten Frieden akzeptiert", sagte der amtierende Vorsitzende der Arabischen Liga, Algeriens Staatschef Abdelaziz Bouteflika, am 10. Mai in der brasilianischen Hauptstadt. Es sei das "souveräne Recht der Palästinenser, Jerusalem als Hauptstadt zu haben und dass Israel sich aus den besetzten Gebieten zurückzieht".
  • Die Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin ist von Israel als "positiver Schritt" gewürdigt worden. Israel sehe die deutsche Regierung als Verbündeten im Kampf gegen den weltweiten Antisemitismus, so ein Sprecher des israelischen Außenministeriums. Das Mahnmal sei auch symbolhaft für die Beziehungen zwischen Israel und dem neuen Deutschland. Das Denkmal war am Nachmittag des 10. Mai in der Nähe des Brandenburger Tors eingeweiht worden. An dem Festakt nahmen 1.000 Ehrengäste aus aller Welt teil.
  • Anlässlich des 40. Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel hat sich Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) vorbehaltlos hinter den Anspruch des jüdischen Staates auf militärische Überlegenheit über seine arabischen Nachbarn gestellt. In einem am 11. Mai veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Fischer, er habe den Eindruck, "dass viele Menschen in Europa, nicht nur in Deutschland, nicht mehr ausreichend begreifen, warum Israel eine Position der militärischen Überlegenheit braucht". Da die Existenz Israels von den Nachbarn "niemals wirklich anerkannt" worden sei, habe das Land stets um seine Existenz kämpfen müssen. "Das erfordert militärische Überlegenheit."
  • Mit einem Friedensaufruf für den Nahen Osten ist das erste südamerikanisch-arabische Gipfeltreffen am 11. Mai zu Ende gegangen. Die Vertreter der 34 teilnehmenden Staaten verabschiedeten in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia eine Erklärung. In ihr wird auch das "Recht auf Widerstand gegen ausländische Besetzungen" unterstützt. Die Passage löste in den USA und Israel Sorgen aus. Sie könne als stillschweigende Unterstützung palästinensischer oder irakischer Terroraktionen ausgelegt werden, so die Befürchtung.
  • Im Norden Israels ist am Abend des 11. Mai eine Katjuscha- Rakete eingeschlagen. Israelische Medien berichteten, die aus Libanon abgefeuerte Rakete habe schweren Sachschaden an einem Gebäude in der Ortschaft Schlomi im Grenzgebiet angerichtet. Bei dem Angriff sei jedoch niemand verletzt worden. Das Geschoss schlug kurz nach Beginn eines Feuerwerks ein, das anlässlich der Feiern zum 57. Unabhängigkeitstag Israels gezündet wurde.
  • Jüdische Siedler haben nach Augenzeugenberichten im nördlichen Westjordanland Feuer in Olivenhainen gelegt und einen palästinensischen Bauern verprügelt. Dabei hätten sie dem etwa sechzigjährigen Mann den Arm gebrochen, berichteten Augenzeugen nach dem Vorfall in der palästinensischen Ortschaft Salem am 12. Mai. Die Siedler seien aus Elon Moreh gekommen. Die israelische Polizei teilte mit, sie habe 26 Siedler festgenommen, die in zwei Dörfer im Norden des Palästinensergebietes eingedrungen seien, obwohl dies für Israelis streng verboten ist.
  • Der israelische Generalstabschef Mosche Jaalon hat Iran indirekt mit einem Angriff gegen seine Atomanlagen gedroht. "Israel hat immer Mittel gefunden, um auf Bedrohungen zu antworten (...). Ich hoffe, dass der auf den Iran ausgeübte Druck Wirkung zeigt", sagte Jaalon am 12. Mai im Militärradio. Jaalon machte keine genaueren Angaben über mögliche Absichten Israels. Im Jahr 1981 hatte die israelische Luftwaffe die iranische Atomfabrik Osirak zerstört. Vor Jaalons Äußerungen hatte Außenminister Silvan Schalom bekräftigt, dass der Iran in der Lage sei, in sechs bis neun Monaten eine erste Atombombe zu bauen. Man müsse die Ankündigungen Teherans ernst nehmen, dass es die Vorbereitungen zur Urananreicherung wieder aufnehmen wolle.
  • Die israelische Luftwaffe hat am 13. Mai zwei Luftangriffe auf Ziele im Südlibanon geflogen. Beim ersten Angriff schossen Kampfflugzeuge zwei Raketen auf das Gebiet um die Ortschaft Habbarije, wie die libanesische Polizei mitteilte. Kurz darauf folgte demnach ein zweiter Angriff westlich des Dorfes Kfar Schuba nahe der von Israel besetzten Schebaa-Farmen.
  • Die Palästinensische Autonomiebehörde hat nach eigenen Angaben die illegalen Waffen von mehr als 100 militanten Palästinensern in Tulkarem und Jericho eingezogen. Die Behörde bestätigte am 13. Mai entsprechende Medienberichte. Israel hatte das Einsammeln illegaler Waffen als Bedingung für den Abzug aus weiteren Städten gefordert. Der Bürgermeister von Tulkarem, Issedin Scharif, dementierte jedoch später die Berichte. Das Problem der illegalen Waffen sei noch nicht gelöst.
  • Nach Gefechten zwischen der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon und Israel haben die USA beide Seiten zur sofortigen Beendigung der Gewalt aufgerufen. Die Gelegenheit, die Demokratie in Libanon voranzutreiben, dürfe nicht vertan werden, sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher am 13. Mai.
  • Israel hat die Absperrung des Westjordanlands und des Gazastreifens teilweise aufgehoben. Einige Orte im nördlichen Westjordanland bleiben aber gesperrt. Es gebe Informationen, dass Terroristen von dort aus Angriffe im Herzen Israels starten wollten, sagte ein Armeesprecher am 15. Mai. Die Armee hatte die Palästinensergebiete am 10. Mai vor zwei israelischen Feiertagen in den beiden folgenden Tagen gesperrt. Mit der Aufhebung können palästinensische Arbeiter nun wieder zu ihren Arbeitsplätzen in Israel gelangen.
  • In fast allen autonomen Städten des Westjordanlands dürfen palästinensische Polizisten wieder Waffen tragen. Die israelische Armee habe den palästinensischen Sicherheitskräften bereits vor sechs Wochen in sechs der acht autonomen Regionen die Erlaubnis dazu erteilt, teilte ein Militärsprecher am 15. Mai mit. Nach Angaben eines hohen Armeevertreters soll die palästinensische Autonomiebehörde damit die Möglichkeit erhalten, wirksamer gegen bewaffnete radikale Gruppen vorzugehen.
  • Vier Israelis sind am 15. Mai durch eine palästinesische Panzerabwehr-Rakete leicht verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich in Rafah im südlichen Gazastreifen, sagte eine israelischer Armeesprecher. Die Arbeiter seien unter Beschuss geraten, als sie im Auftrag des israelischen Verteidigungsministeriums Sicherheitsarbeiten an der israelisch-ägyptischen Grenze durchführen wollten.
  • Israel wird Palästinensern, die einen Israeli arabischer Abstammung heiraten, auch weiterhin nicht die Staatbürgerschaft zuerkennen. Das israelische Kabinett habe das entsprechenden Gesetz am 15. Mai mit 16 zu zwei Stimmen um ein Jahr verlängert, verlautete aus Regierungskreisen. Nach der Regelung ist es Palästinensern aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen nicht möglich, durch Heirat einen israelischen Pass und das Aufenthaltsrecht in Israel zu bekommen. Viele Familien leben deshalb dauerhaft getrennt.
  • Mit Demonstrationen und Kundgebungen im Gazastreifen und im Westjordanland haben tausende von Palästinensern der Staatsgründung Israels vor 57 Jahren als schwärzestem Tag in ihrer Geschichte gedacht. In einer von palästinensischen Radiosendern verbreiteten Botschaft zur "Nakba" (Katastrophe) betonte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am 15. Mai, ohne einen unabhängigen Palästinenserstaat und eine "gerechte und einvernehmliche Lösung des Flüchtlingproblems" könne es keinen stabilen Frieden im Nahen Osten geben. Ministerpräsident Ahmed Kureia sagte vor den Abgeordneten in Ramallah, die Palästinenser würden niemals auf ihr "Rückkehrrecht" verzichten.
Montag, 16. Mai, bis Sonntag, 22. Mai
  • Mit einem Großaufgebot und Unterstützung aus der Luft hat die israelische Polizei am 16. Mai versucht, eine von radikalen Siedlern geplante Blockade der wichtigsten Verkehrsadern des Landes verhindern. Einheiten der Sicherheitskräfte stünden bereit, um jederzeit eingreifen zu können, sagte ein Polizeisprecher. Mit ihrer Aktion wollten die radikalen Siedler gegen den ab August geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen protestieren. Nach Angaben der Polizei wollten sie sich mit brennenden Reifen auf den wichtigsten Kreuzungen postieren und so ein Verkehrschaos provozieren.
  • Angesichts des israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen will Japan die Palästinenser mit Hilfsgeldern in Höhe von 100 Millionen US-Dollar (mehr als 77 Millionen Euro) unterstützen. Dies kündigte der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi am 16. Mai bei einer Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Tokio an. Koizumi führte nicht aus, wie das Geld verwendet werden soll und ob die Zahlung an den tatsächlichen Abzug Israels aus dem Gazastreifen gebunden ist. Abbas, der nach dem Besuch in Japan nach China weiterreisen wollte, bedankte sich für die finanzielle Unterstützung Tokios.
  • US-Präsident George W. Bush will am 26. Mai Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Weißen Haus empfangen. Das teilte am 17. Mai in Washington US-Präsidentensprecher Scott McClellan mit. Er bestätigte damit entsprechende Informationen aus palästinensischen Kreisen. Es wird Abbas' zweiter Besuch im Weißen Haus sein. Er war dort bereits im Juli 2003 von Bush empfangen worden, als er noch palästinensischer Ministerpräsident war.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hält eine Regierungsbeteiligung der radikalislamischen Hamas für denkbar. Die Hamas sei "willkommen, am politischen Prozess teilzunehmen, sogar in der künftigen Regierung", sagte Abbas am 17. Mai in der chinesischen Hauptstadt Peking. Voraussetzung sei, dass die Gruppierung bei der für Juli geplanten Parlamentswahl antrete und "genügend Sitze" gewinne. Bei einer Einbindung der Hamas in die politischen Abläufe könnte sie auf Waffengewalt verzichten, argumentierte Abbas.
  • Zwei Monate vor den für den 17. Juli geplanten Parlamentswahlen hat das palästinensische Parlament nach wochenlangem Tauziehen am 18. Mai ein neues Wahlgesetz gebilligt. Den Angaben nach soll das neue Parlament demnach 132 statt 88 Sitze haben. Der lang andauernde Streit über das Wahlgesetz hatte den geplanten Termin für die Parlamentswahlen in Frage gestellt. Die radikal- islamische Hamas- Bewegung hatte der Fatah von Abbas vorgeworfen, die Abstimmung aus Furcht vor einem Sieg der Extremistengruppe verschieben zu wollen.
  • Die israelische Armee hat am 18. Mai Mitglieder der radikalislamischen Hamas-Bewegung im Gazastreifen beschossen. Nach palästinensischen Angaben feuerte ein Kampfflugzeug der Luftwaffe eine Rakete ab. Ein Hamas-Mitglied sei dabei lebensgefährlich verletzt worden. Die Extremisten waren laut dpa nach Angaben beider Seiten vor dem Luftangriff dabei, Mörsergranaten auf israelische Siedlungen zu schießen.
  • Bei Auseinandersetzungen mit militanten Palästinensern sind am 18. Mai im südlichen Gazastreifen drei palästinensische Sicherheitskräfte verletzt worden. Eine der Sicherheitskräfte habe bei dem Vorfall in Chan Junis Schussverletzungen erlitten, die anderen beiden seien durch Steinwürfe verletzt worden, teilte das palästinensische Innenministerium mit. Laut dem Ministerium handelte es sich bei den militanten Angreifern um Mitglieder der radikalislamischen Hamas-Bewegung. Ein Hamas-Sprecher bestritt dies jedoch und behauptete, die Sicherheitskräfte seien von Mitgliedern der militanten Abu-Risch-Brigaden angegriffen worden.
  • Zwei palästinensische Kassam-Raketen sind am Abend des 18. Mai im Süden Israels eingeschlagen. Die Raketen seien aus dem Gazastreifen abgefeuert worden und nahe einer Militärbasis im westlichen Teil der Negev-Wüste explodiert, teilte das israelische Militär mit. Es habe weder Verletzte noch sonstige Schäden gegeben.
  • Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über das Wiederaufflammen der Gewalt im Nahen Osten geäußert. Die jüngsten Vorfälle zwischen Israelis und Palästinensern könnten das "Vertrauen zwischen beiden Seiten" beschädigen, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär Kieran Prendergast am 18. Mai im UN-Sicherheitsrat. Informationen über eine Zunahme gewaltsamer Zwischenfälle seien Anlass zur Sorge, sagte Prendergast. Er rief besonders Israel zur direkten Zusammenarbeit mit den Palästinensern auf, um die auf dem Gipfel von Scharm el Scheich erzielten Vereinbarungen umzusetzen. Auf dem Treffen in dem ägyptischen Badeort hatten sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Februar auf eine Waffenruhe geeinigt.
  • Nach Mörserangriffen auf israelische Siedlungen im Gazastreifen hat Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas am 19. Mai harte Maßnahmen gegen palästinensische Extremisten angeordnet. Mofas wies die Armee zu einer Reihe von Einsätzen an, um eine Fortsetzung der Angriffe zu verhindern, meldete der israelische Rundfunk.
  • Israel und die Palästinenser haben vereinbart, für eine Einhaltung der Waffenruhe zwischen beiden Seiten zu sorgen. Diese Vereinbarung sei am 19. Mai bei einem Treffen des israelischen Regierungsberaters Dov Weisglass und des palästinensischen Chefunterhändlers Sajeb Erakat getroffen worden, berichteten ranghohe Palästinenservertreter. Beide Seiten hätten zudem ein Treffen zwischen Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für Juni vereinbart. Zudem sollten die gemeinsamen Ausschüsse zur Umsetzung der "vertrauensbildenden Maßnahmen" wieder eingesetzt werden, die beim Gipfel von Scharm el Scheich verabredet worden waren.
  • Israelische Soldaten haben im südlichen Gazastreifen einen bewaffneten Palästinenser erschossen. Der Mann hatte sich mit zwei weiteren Palästinensern in einem leeren Haus versteckt, wie am 20. Mai aus dem israelischen Militär verlautete. Der Vorfall ereignete sich demnach in der Nähe der jüdischen Siedlung Kfar Darum.
Die israelische Erfolgsschriftstellerin Batya Gur ist tot. Gur starb am 19. Mai im Alter von 57 Jahren in Jerusalem, wie ihre Angehörigen am 20. Mai mitteilten. Die Autorin hatte als Lehrerin gearbeitet, bevor sie mit 39 Jahren ihr erstes Buch mit dem Titel "Denn am Samstag sollst du ruhen" veröffentlicht. In dem Kriminalroman geht es um einen Mord im Umfeld der Jerusalemer Psychoanalytischen Gesellschaft; der ermittelnde Inspektor Michael Ochajon war auch in Gurs nachfolgenden Krimis die Hauptfigur.
Batya Gur galt als Kritikerin der israelischen Besatzungspolitik.
  • Die israelische Armee hat am 20. Mai die Abriegelung des nördlichen Westjordanlands aufgehoben. Das teilte ein Armeesprecher mit. Die Palästinensergebiete waren am 10. Mai aus Angst vor Anschlägen während des Nationalfeiertags am 12. Mai vollständig abgesperrt worden. Fünf Tage später wurde die Blockade aufgehoben; der Norden des Westjordanlands blieb gesperrt, weil es Informationen über Angriffspläne von dort aus gegeben hatte.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Syrien politische Rückständigkeit vorgeworfen. Es sei Zeit für Damaskus einzusehen, dass das Land den Entwicklungen zur Demokratie in der Nahost-Region klar hinterherlaufe, sagte Rice am 20. Mai nach einem Treffen mit dem irakischen Planungsminister Barham Saleh in Washington. Syrien solle nicht glauben, dass es "immun" gegen die Veränderungen in der Region sei. Syrien habe zwar "begonnen", seine Streitkräfte aus dem Libanon abzuziehen, unterstütze aber palästinensische Gegner eines Friedensprozesses mit Israel und lasse es zu, dass von seinem Staatsgebiet aus Anschläge im Irak organisiert würden.
  • Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat am 21. Mai eine israelische Stellung im Gebiet der umstrittenen Schebaa-Farmen am Fuß der Golanhöhen beschossen. Als "Antwort" auf Schüsse der israelischen Armee habe die Hisbollah ein Dutzend Geschosse auf die Stellung Ruweissat el Aalam abgefeuert, hieß es in einer Erklärung der Gruppe, die die Nachrichtenagentur AFP erhielt. Armeekreise in Jerusalem bestätigten den Angriff der Hisbollah. Demnach hatten israelische Soldaten zuvor Warnschüsse abgegeben, als ein Schäfer in eine verbotene Zone eindrang. Laut der libanesischen Polizei schossen israelische Soldaten zudem mit Maschinengewehren auf den Ort Schebaa. Es habe keine Verletzten gegeben. Fünf Häuser seien beschädigt worden.
  • Die militante palästinensische Hamas-Organisation will den Beschuss von jüdischen Siedlungen im Gazastreifen einstellen. Das teilte ein Mitarbeiter des palästinensischen Innenministeriums nach Gesprächen mit Hamas-Verantwortlichen am 21. Mai mit. Nach Raketen- und Mörsergranatenangriffen in den vergangenen drei Tagen hatte Israel mit Militäraktionen gedroht. Das würde ein Ende der seit drei Monaten geltenden Waffenruhe bedeuten.
  • Militante Palästinenser haben in der Nacht zum 22. Mai erneut Mörsergranaten auf israelische Siedlungen im Gazastreifen abgefeuert. Der israelische Rundfunk meldete, zwei der Geschosse seien in einer Siedlung eingeschlagen. Dabei entstand jedoch keinerlei Schaden.
  • Nach den jüngsten palästinensischen Angriffe auf jüdische Siedlungen im Gazastreifen hat der stellvertretende israelische Verteidigungsminister Seev Boim sich dafür ausgesprochen, den für August geplanten Abzug der Siedler zu verschieben. "Es ist nicht hinnehmbar, dass der Abzug unter Beschuss stattfindet", sagte Boim am 22. Mai. "Wenn diese Terrorangriffe andauern, werden wir das Problem aus militärischer Sicht angehen müssen." Ähnlich äußerte sich der israelische Gesundheitsminister Danni Naweh, ein erklärter Gegner des Rückzuges, im öffentlichen Rundfunk: "Einen Abzug unter Beschuss würde die palästinensische Öffentlichkeit als Eingeständnis eines Fehlers unsererseits werten."
  • Die israelische Armee hat am 22. Mai an einer Straßensperre im Westjordanland einen palästinensischen Jugendlichen mit einem Sprengstoffgürtel festgenommen. Der 14-Jährige sei an einer Straßensperre nahe der Stadt Nablus festgenommen worden, teilte eine Armeesprecherin mit. Der Junge habe sich verdächtig verhalten. Als die Soldaten ihn aufforderten, sein Hemd hochzuheben, sei ein Gürtel mit zwei Sprengladungen zum Vorschein gekommen. In den vergangenen zwei Monaten seien an Militärabsperrungen im Westjordanland insgesamt 14 Palästinenser im Alter von unter 18 Jahren festgenommen worden, sagte die Sprecherin weiter. Sie hätten Sprengladungen bei sich gehabt, die sie entweder vor den Soldaten zünden oder für andere Anschläge transportieren wollten.
Montag, 23. Mai, bis Sonntag, 29. Mai
  • Die für den 17. Juli angesetzten palästinensischen Parlamentswahlen werden voraussichtlich verschoben. Das Zentrale Wahlkomitee teilte am 23. Mai mit, für die Vorbereitungen brauche man mindestens zwei Monate. Es bleibe nicht genug Zeit, um die Wahlen plangemäß abzuhalten, sagte ein Mitarbeiter des Komitees in Gaza. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte mehrmals betont, die Wahlen sollten zum geplanten Zeitpunkt stattfinden.
  • Die Vereinten Nationen haben den syrischen Truppenabzug aus dem Libanon offiziell bestätigt. Eine in den Libanon entsandte UN-Mission habe festgestellt, dass der Abzug vollzogen sei, teilte Generalsekretär Kofi Annan am 23. Mai in New York mit. Die Beobachter hätten ihren Bericht fertiggestellt; er selbst habe den Bericht an den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet. Es seien "viele Fortschritte gemacht worden", auf welche die UNO stolz sein könne, fügte Annan hinzu. Nach dem Abzug der israelischen Armee aus dem Libanon hätten sich nun auch die syrischen Truppen zurückgezogen. "Im Prinzip müsste der Libanon jetzt frei von ausländischen Truppen sein."
    Die USA haben nach dem Abzug der syrischen Truppen freie und demokratische Wahlen im Libanon gefordert. In einer am 23. Mai verabschiedeten Resolution drängte das Abgeordnetenhaus auch darauf, dass den Truppen nun die Mitarbeiter der syrischen Geheimdienste folgen müssen. Die für den 29. Mai geplanten Wahlen seien ein "sehr wichtiger Moment" für den Libanon, aber erst der Anfang einer "Reise in Richtung volle Souveränität und einer freien demokratischen Regierung", sagte die republikanische Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen. Die Resolution folgte unmittelbar auf die Feststellung der UNO, dass der syrische Truppenabzug aus dem Libanon vollzogen sei.
  • Ohne nennenswerte Fortschritte ist nach palästinensischer Einschätzung ein Gespräch über den geplanten Gaza-Rückzug zwischen dem israelischen Verteidigungsminister Schaul Mofas und dem palästinensischen Innenminister Nasr Jussef zu Ende gegangen. Ein Palästinenservertreter bezeichnete das Treffen am 23. Mai als "negativ". Die Israelis hätten versucht, die Palästinenser gegeneinander auszuspielen. Außerdem hätten sie erneut den palästinensischen Bemühungen die Anerkennung verweigert.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hält von Abkommen mit arabischen Staaten nicht viel. Israelische Medien berichteten am 24. Mai, Scharon habe bei einem Hintergrundgespräch mit einer pro-israelischen Gruppe in New York gesagt: "Ohne die arabische Welt beleidigen zu wollen, muss man sagen, dass ihre Vereinbarungen, Erklärungen und Reden nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind." Jemand, der nicht in der Region lebe, könne nicht verstehen, dass Worte nur eine begrenzte Garantie böten. Alles, was zähle, seien Fakten und Taten.
  • Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat die Freilassung von weiteren 400 palästinensischen politischen Gefangenen angekündigt. Seine Regierung werde "alle denkbaren Anstrengungen" unternehmen, um der neuen Führung unter Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu helfen, sagte Scharon am 24. Mai in Washington bei einer Rede vor dem US-israelischen Komitee für öffentliche Angelegenheiten (AIPAC), der einflussreichsten jüdischen Lobby in den Vereinigten Staaten.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat sich zu einer Verschiebung der palästinensischen Parlamentswahl bereit erklärt. Er wolle Anfang Juni mit den übrigen Palästinenserorganisationen über eine mögliche Wahlverschiebung beraten, sagte Abbas am 24. Mai vor seinem Abflug zu einem USA-Besuch in Ramallah. Bis dahin gelte weiterhin der 17. Juli als Datum für die Parlamentswahl. Die Wahlkommission hatte am 23. Mai erklärt, das Datum des Urnengangs müsse voraussichtlich verschoben werden.
  • Die militante Palästinensergruppe Komitees des Volkswiderstands hat der von ihr bislang verfolgten Politik des bewaffneten Kampfes vorübergehend entsagt und eine Waffenruhe angekündigt. Nach Gesprächen mit einer Abordnung ägyptischer Sicherheitsleute sagte ihr Sprecher Abu Abir der Nachrichtenagentur AFP am 25. Mai in Gaza, unter der Voraussetzung, dass Israel seine Angriffe und Vorstöße beende, werde die Gruppe die Waffen schweigen lassen. Die ägyptische Delegation sprach auch mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas über die Fortsetzung der Waffenruhe. Am 20. Mai hatten die Komitees des Volkswiderstands, die El-Aksa-Brigaden und die Hamas sich als Reaktion auf die Tötung eines Hamas-Kämpfers zu Angriffen auf jüdische Siedlungen im Gaza-Streifen bekannt.
  • Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat US-Präsident George W. Bush vor seinem Besuch im Weißen Haus zur Hilfe bei der Rettung des Nahost-Friedensprozesses aufgerufen. Mit dem Bau von Siedlungen und der Sperranlage entlang der Grenze zum Westjordanland "ersticke" Israel derzeit palästinensische Städte, schrieb Abbas in einem am 26. Mai veröffentlichten Artikel für das "Wall Street Journal". Israel versuche täglich, Bushs "Vision" von einer Zwei-Staaten-Lösung für den Konflikt zu untergraben. Sollte der US-Präsident weiter an einer solchen Lösung interessiert sein und Israels Ministerpräsident Ariel Scharon zur Aufgabe einer unilateralen Lösung gedrängt werden, könne 2005 zum "Jahr des Friedens" im Nahen Osten werden, sagte Abbas.
  • Die Palästinenserführung ist für eine Zerstörung der Häuser in den jüdischen Siedlungen im Gazastreifen sofort nach deren im Sommer geplanter Räumung. "Wir hätten gern, dass Israel uns sauberes Land übergibt", sagte Wohnungsbauminister Mohammed Schtajeam 26. Mai. Man könne es sich nicht leisten, diese Luxushäuser in einer dicht besiedelten Region zu behalten.
  • US-Präsident George W. Bush hat Israel aufgerufen, den Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland zu beenden. Illegale Siedlungen müssten zudem aufgelöst werden, forderte Bush am 26. Mai bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Washington. Zugleich bekräftigte der US-Präsident seine Unterstützung für einen unabhängigen zusammenhängenden Palästinenserstaat. Um dies zu erreichen, sei die Roadmap des Nahost-Quartetts der einzige Weg. Abbas äußerte sich "tief besorgt" über die israelischen Siedlungsaktivitäten. Der Ausbau der Siedlungen müsse ebenso gestoppt werden wie der Bau der israelischen Sperranlage zum Westjordanland.
    Die palästinensische Führung hat die Ergebnisse des Gipfeltreffens zwischen US-Präsident George W. Bush und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Donnerstag begrüßt. Sie zeigte sich besonders erfreut über Bushs Unterstützung für einen unabhängigen Palästinenserstaat sowie seine Ankündigung, der Autonomiebehörde 50 Millionen Dollar (fast 40 Millionen Euro) US-Hilfe zukommen zu lassen. Der Sprecher der Autonomiebehörde, Nabil Abu Rudeina, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die "höchsten Erwartungen" der palästinensischen Seite seien erfüllt worden.
  • Die radikalislamische Palästinenserbewegung Hamas und die Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas haben sich auf einen Dialog geeinigt, um ihre jüngsten Spannungen aufzulösen. "Wir haben beschlossen, unsere Meinungsverschiedenheiten mit unseren Brüdern von der Fatah durch den Dialog zu lösen, und nur durch den Dialog, und damit die Krise und die Spannungen zwischen unseren beiden Bewegungen zu mindern", sagte ein ranghohes Hamas-Mitglied, Ismail Hanije, am 26. Mai vor Journalisten in Gaza. Ein Mitglied des Fatah-Zentralkomitees, Abdullah el Efrandschi, pflichtete ihm bei: "Ich bestätige, dass wir beschlossen haben, all die Konflikte unter uns durch Diskussion zu lösen, und ich bedauere die Zusammenstöße, die es nach den umstrittenen Wahlergebnissen gegeben hat."
  • Im Norden des Westjordanlandes ist vermutlich ein anti-israelischer Anschlag verhindert worden. An einem Kontrollpunkt der israelischen Armee wurde am 27. Mai ein junger Palästinenser mit einem Sprengstoffgürtel festgenommen, wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete. Der Posten sei anschließend zwei Stunden lang gesperrt worden.
  • Frankreich hat das erste Gipfeltreffen zwischen US-Präsident George W. Bush und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Washington begrüßt. Die "Wiederaufnahme des direkten Kontakts" zwischen Palästinensern und Amerikanern auf höchster Ebene trage dazu bei, ein "günstiges Klima" für den geplanten Abzug Israels aus dem Gazastreifen zu schaffen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Paris am 27. Mai. Bush und Abbas hätten die "grundlegenden Prinzipien" des Nahost-Friedensprozesses besprochen.
  • Ein Mitglied der radikal-islamistischen Hamas-Bewegung ist am 27. Mai bei der Explosion einer Kassam-Rakete im nördlichen Gazastreifen getötet worden. Nach Augenzeugenberichten wurden zwei Palästinenser bei dem Unfall verletzt. Die Rakete sei bei dem Transport aus bisher ungeklärter Ursache detoniert.
  • Bei einem Schusswechsel mit israelischen Soldaten im Norden des Westjordanlands ist am 28. Mai ein Palästinenser getötet worden. Zwei weitere wurden verletzt, wie die israelische Armee mitteilte. Die drei Männer hätten einen Armeeposten nahe der jüdischen Siedlung Newe Dotan bei Dschenin beschossen, sagte ein israelischer Sprecher. Die Soldaten hätten zurückgeschossen und die drei Palästinenser verletzt. Einer der Verwundeten sei später im Krankenhaus gestorben. Die beiden anderen seien festgenommen worden.
  • Im Libanon hat am Morgen des 29. Mai die erste Parlamentswahl seit dem Abzug der syrischen Truppen begonnen. Insgesamt sind rund drei Millionen Libanesen aufgerufen, die 128 Parlamentsmandate zu vergeben. Weniger als vier Wochen nach dem Rückzug der letzten syrischen Soldaten stehen die Zeichen für die syrienkritische Opposition auf Erfolg, auch wenn die Bewegung entlang religiöser Linien gespalten ist. Besonders dem Sohn des Mitte Februar ermordeten sunnitischen Ex-Regierungschefs Rafik Hariri, Saad Hariri, werden gute Chancen auf eine einflussreiche Rolle in der libanesischen Politik eingeräumt.
  • Ein israelischer Soldat hat im Westjordanland einen Palästinenser nach einem Messerangriff getötet. Der Palästinenser habe den Soldaten an einer Straßensperre bei Hebron mit einem Messer angegriffen, woraufhin der Soldat den Mann erschossen habe, teilten israelische Ärzte am 29. Mai mit. Ein Sprecher der israelischen Armee konnte zwar die Messerattacke, nicht aber den Tod des Palästinensers bestätigen.
  • Die israelische Regierung ist einverstanden mit einer Vermittlerrolle der USA für einen koordinierten Abzug aus dem Gazastreifen. Wenn die USA zu einem erfolgreichen Rückzug beitragen wollten, indem sie die palästinensische Autonomiebehörde zur Einhaltung ihrer Zusagen brächten, könne dies nur begrüßt werden, sagte ein Verantwortlicher des Büros von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon am 29. Mai der Nachrichtenagentur AFP in Jerusalem. Er bezog sich damit auf einen Vorschlag von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vom 27. Mai, den US-General William Ward als Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern auftreten zu lassen.
  • Die israelische Regierung hat der Freilassung von 400 Palästinensern aus israelischer Haft zugestimmt. Die Minister hätten bei der wöchentlichen Kabinettssitzung am 29. Mai mit 18 zu sechs Stimmen für den von Ministerpräsident Ariel Scharon vorgeschlagenen Schritt votiert, berichtete der israelische Rundfunk. Von den zur Freilassung vorgesehenen Palästinensern ist nach Medienberichten keiner wegen Mordes in Haft, und die Mehrzahl von ihnen hat bereits mehr als zwei Drittel ihrer Strafe verbüßt.
  • Drei Mitglieder der radikal-islamischen Hamas- Organisation sind bei Explosionen im Gazastreifen tödlich verletzt worden. Ein 23 Jahre alter Mann sei am Rande von Chan Junis umgekommen, als seine Panzerfaust bei einem versuchten Angriff auf ein israelisches Fahrzeug vorzeitig explodierte, berichteten palästinensische Augenzeugen und Krankenhausmitarbeiter am 29. Mai. Zwei weitere Hamas-Leute seien gestorben, als östlich der Stadt Gaza Sprengstoff in ihrem Fahrzeug detonierte.
  • Saad Hariri, der Sohn des ermordeten früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, hat seine Partei zum Sieger der Parlamentswahl in Libanon erklärt. Am 29. Mai waren zunächst nur die rund 420 000 wahlberechtigten Einwohner Beiruts an die Urnen gerufen worden. Im Süden, Osten und Norden Libanons wird nacheinander an den drei kommenden Sonntagen gewählt. Die Wahlbeteiligung in der Hauptstadt lag nach Angaben libanesischer Politiker deutlich unter den 33,8 Prozent bei der letzten Parlamentswahl im Jahr 2000.
  • Bei einem israelischen Raketenangriff im Norden des Gazastreifen sind an Abend des 29. Mai nach AFP-Angaben zwei palästinensische Zivilisten verletzt worden (nach dpa gab es drei Verletzte). Die von einer Drohne aus abgefeuerten Geschosse hätten Aktivisten der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad gegolten, teilten palästinensische Sicherheitsbeamte mit. Diese seien bei dem Angriff im Flüchtlingslager Dschabalija aber unverletzt geblieben.
Montag, 30. Mai, bis Dienstag, 31. Mai
  • Nach der ersten Runde der libanesischen Parlamentswahl hat UN-Generalsekretär Kofi Annan die Hoffnung auf eine Stabilisierung der politischen Verhältnisse in dem Land geäußert. Die Wahl stelle eine "große Gelegenheit" für das libanesische Volk dar, seine Zukunft zu gestalten, die politischen Institutionen zu stärken und die "volle Souveränität" wieder herzustellen, erklärte Annan am 30. Mai in einer in Beirut verbreiteten Stellungnahme. Er zeigte sich "sehr ermutigt durch die demokratische Organisation" der ersten Wahlrunde in der Hauptstadt Beirut.
  • Ein palästinensischer Journalist ist in seinem Haus in Ramallah von drei Männern erschossen worden. Die Unbekannten hätten ihr Opfer in dessen Schlafzimmer angegriffen, teilten Sicherheitskreise mit. Der Reporter arbeitete zuletzt als politischer Berater. Die Hintergründe der Tat seien unklar, so die Polizei am 30. Mai. Es würden aber persönliche oder kriminelle Motive vermutet.
  • Mit einem gemeinsamen Zukunftsfonds wollen Deutschland und Israel die bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern stärken. Das kündigten Bundespräsident Horst Köhler und Israels Staatspräsident Mosche Katzav nach einem Treffen am 30. Mai in Berlin an. Aus dem Fonds solle mit einem "bestimmten Geldbetrag" der Jugend-, Wissenschafts- und Kulturaustausch gefördert werden, sagte Köhler zu Beginn von Katzavs dreitägigem Deutschlandbesuch aus Anlass der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern vor 40 Jahren.
  • Der israelische Präsident Mosche Katzav hat am 31. Mai in einer Rede vor dem Bundestag und Bundesrat zum entschiedenen Kampf gegen den Antisemitismus aufgerufen und die deutsch-israelischen Beziehungen gelobt. Katzav sagte im Rahmen seines dreitägigen Besuches laut Redetext: Der Antisemitismus sei "nicht nur eine Tragödie für das jüdische Volk, sondern auch eine moralische und historische Niederlage für die Menschheit, die Niederlage der Führer der Welt, die Niederlage der freien Welt." Nie sei seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Antisemitismus, "begleitet von aggressiver Hetzpropaganda", so stark gewesen. (Hier geht es zur Rede im Wortlaut.)
    Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Bildung eines deutsch-israelische Jugendwerks vorgeschlagen. Beide Länder stünden "mitten in einem Generationswechsel: Es leben nur noch wenige Zeitzeugen des Holocaust", sagte Thierse am 31. Mai vor einer Rede des israelischen Staatspräsidenten Mosche Katzav im Bundestag. "Und je bessere Strukturen wir haben für die Vermittlung historischen Wissens und den Erwerb konkreter Alltagserfahrung im jeweils anderen Land, umso besser können wir die Lehren aus unserer Geschichte verarbeiten, können wir unsere Zukunft gemeinsam gestalten", sagte Thierse. Zur Untermauerung seines Vorschlags verwies er auf entsprechende Jugendeinrichtungen, die Deutschland mit Polen und Frankreich unterhält.
  • Der scheidende israelische Generalstabschef Mosche Jaalon hält Israels Verteidigung auch ohne die Golan-Höhen für gesichert. In einem am 31. Mai in Kairo veröffentlichten Interview mit der arabischen Tageszeitung "Asharq Al-Awsat" sagte Jaalon, Israel könne seine Nordgrenze auch verteidigen, wenn es den seit 1967 besetzten Höhenzug im Rahmen eines Friedensabkommens an Syrien zurückgebe. "Aber ich bestehe auf dem Wort 'Frieden' und darauf, dass Syrien einen ernsthaften Weg in Richtung Frieden einschlägt", zitiert die Zeitung den am 1. Juni in den Ruhestand gehenden Generalstabschef.



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