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14. bis 28. Februar 2005

Chronologie der Ereignisse

Montag, 14. Februar, bis Sonntag, 20. Februar
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat den Krieg seines Volkes mit Israel als "tatsächlich beendet" bezeichnet und sich zuversichtlich über den weiteren Verlauf des Friedensprozesses geäußert. "Heute sagen unsere Kameraden bei der Hamas und dem Dschihad, dass sie sich der Waffenruhe und der Entspannung der gesamten Situation verpflichtet fühlen, und ich glaube, wir werden einen neue Ära beginnen", sagte Abbas in einem Interview der "New York Times" (Ausgabe vom 14. Feb.). Auch der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon spreche mittlerweile eine "andere Sprache mit den Palästinensern".


Auszug aus dem Interview mit der New York Times, 14. Februar 2005

In the interview with The New York Times, his first with a Western news organization since he was elected president of the Palestinian Authority five weeks ago, on Jan. 9, Mr. Abbas spoke with confidence and humor in nearly fluent English. He also spoke of several developments.
  • Hamas had made a commitment to him to run in the July elections for the Palestinian legislature, continuing the group's "conversion into a political party";
  • He had fired nine senior police and national security officials in Gaza and was prepared to fire more if they did not get "the first message" that they are to enforce his cease-fire;
  • He had set the release of Palestinian prisoners as his first priority, and it would be a measure of how much tensions ease in the West Bank and Gaza;
  • He would reject any idea of a sovereign Palestinian state in temporary borders before a final settlement;
  • The Americans were talking to him "in a very helpful way," and that he hoped the Bush administration would deliver on its promises of political and economic aid;
  • At nearly 70, he expected to retire after one, five-year term.
Mr. Abbas wants progress to continue so that the two sides can move quickly to political discussions about the road map, a diplomatic process meant to lead to tackling the most difficult issues that have deeply stymied both sides: questions of final borders, refugees, Jerusalem and now, "President Bush's initiative about a democratic Palestinian state," Mr. Abbas said.


  • Nach einem versuchten Angriff auf einen israelischen Soldaten in Hebron haben israelische Sicherheitskräfte am 14. Feb. in Hebron im Westjordanland einen Palästinenser niedergeschossen. Aus Militärkreisen verlautete, der Mann habe den Soldaten mit einem Messer angegriffen. Der Soldat blieb unverletzt.
  • Bei einer starken Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am 14. Feb. mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Die Explosion ereignete sich, als eine Fahrzeugkolonne mit vier dunklen Limousinen und mehreren Geländewagen durch die Straße fuhr, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Nach Angaben des privaten Fernsehsenders LBC handelte es sich um einen Konvoi mit dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafic Hariri. Dem Fernsehsender Future TV zufolge handelte es sich um einen Autobombenanschlag. Fernsehbilder zeigten Bilder von verkohlten Leichen, brennenden Autos und zerstörten Gebäuden. Menschen liefen herbei, um bei den Rettungsarbeiten zu helfen. Später wurde bestätigt, dass Rafic Hariri ums Leben gekommen sei.
    Bei dem Anschlag auf den ehemaligen libanesischen Regierungschef Rafik Hariri sind nach Angaben eines libanesischen Fernsehsenders auch zwei ehemalige Minister getötet worden. Es handle sich um Samir al-Jisr und Bassel Fleihane, berichtete der Sender LBCI. Der Tod Hariris wurde von der amtlichen Nachrichtenagentur ANI bestätigt. Sie berichtete, dass Präsident Emile Lahoud eine Sondersitzung des Verteidigungsrates am Nachmittag leiten werde, in dem die Vertreter aller Sicherheitsorgane des Landes sitzen. Die bei dem Anschlag Getöteten erhöhte sich auf zehn.
    Später wurde der Tod der beiden Ex-Minister dementiert: Zwei nach dem Anschlag in Beirut als tot gemeldete libanesische Ex-Minister sind noch am Leben. Er habe den Sprengstoffanschlag überlebt, sagte Ex-Minister Samir al-Jisr. Angehörige des ehemaligen Ministers Bassel Fleihane bestätigten, dieser lebe ebenfalls noch.
  • Nach dem Mord am früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri hat der französische Präsident Jacques Chirac "unverzüglich" eine internationale Untersuchung gefordert. "Die Umstände dieser Tragödie" müssten rasch geklärt werden, die Schuldigen festgestellt und bestraft, erklärte das Pariser Präsidialamt am 14. Feb. Stunden nach dem tödlichen Attentat auf den 60-jährigen Ex-Ministerpräsidenten. Frankreich verurteile den Beiruter Anschlag "mit größter Entschlossenheit" und werde die Untersuchung dazu aufmerksam verfolgen. Chirac würdigte Hariri als Mann, "der den unvergänglichen Wunsch des Libanons nach Unabhängigkeit, Freiheit und Demokratie verkörpert" habe.
  • Zur Person von Hariri:
    Der ehemalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri, der am 14. Feb. bei einem Bombenanschlag getötet wurde, hat die Geschicke seines Landes nach dem Bürgerkrieg entscheidend mitbestimmt. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Selfmade-Milliardär stand seit 1990 insgesamt zehn Jahre an der Spitze der Regierung, bevor er im Konflikt mit seinem langjährigen Rivalen, dem pro-syrischen Staatschef Emile Lahud, im Oktober 2004 zurücktrat. Hariri wurde 60 Jahre alt.
    Mit einer Baufirma in Saudi-Arabien legte der sunnitische Muslim in den 70er Jahren den Grundstock zu seinem heute auf vier Milliarden Dollar geschätzten Vermögen. Schon bei der Vermittlung des Friedensabkommens, das 1990 nach 15 Jahren den Bürgerkrieg im Libanon beendete, spielte Hariri eine entscheidende Rolle. Seit 1992 trieb er als Ministerpräsident den Wiederaufbau des Landes voran. Dabei verdiente Hariri an der Rekonstruktion Beiruts über das Unternehmen Solidère kräftig mit. Seine geschäftlichen und politischen Beziehungen verhalfen dem hoch verschuldeten Land aber auch zu internationaler Anerkennung und ausländischen Investitionen.
    Mit der Wahl von Lahud zum Staatschef endete 1998 Rafiris Amtszeit, doch gelang ihm 2000 mit einem klaren Wahlsieg ein Comeback. Vor vier Monaten legte er sein Amt als Ministerpräsident nieder, nachdem das libanesische Parlament mit Rückendeckung der Schutzmacht Syrien die Amtszeit von Lahud verlängert hatte. Hariris pro-syrische Kritiker warfen ihm vor, eine im September 2004 verabschiedete UN-Resolution betrieben zu haben, die den Abzug der 15.000 syrischen Soldaten und die Neuwahl des Präsidenten fordert.
    In den letzten Monaten hielt sich Hariri zurück, einige Quellen beschrieben ihn als "stillen Oppositionellen" der pro-syrischen Regierung. Zum Imperium des Geschäftsmanns gehörten Computerfirmen, Banken, Versicherungen, Immobilien und Medien wie der Fernsehsender Future TV. Hariri hinterlässt eine Frau und sechs Kinder.
  • Eine bislang unbekannte islamische Gruppe hat sich zu dem Attentat auf den früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri bekannt. In einem am Montagabend vom Fernsehsender Al Dschasira ausgestrahlten Video erklärte ein Mann im Namen einer Gruppe namens Beistand und Dschihad in Syrien und in Libanon: "Wir haben eine widerhallende Märtyreraktion ausgeführt."
    Die US-Regierung hat den Bombenanschlag auf den früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri scharf verurteilt. Der Präsident sei schockiert und verärgert gewesen, sagte sein Sprecher Scott McClellan im Weißen Haus. Als Konsequenz wollen die Vereinigten Staaten mit anderen Regierungen in der Region und im UN-Sicherheitsrat beraten. Ziel sei es, die Gewalt und die Einschüchterung des libanesischen Volkes zu beenden und die Unabhängigkeit und die Souveränität Libanons wiederherzustellen, indem das Land von ausländischer Besatzung befreit werde. McClellan erklärte, es sei noch unklar, wer hinter dem Anschlag stecke, aber die USA seien über die anhaltende fremde Besatzung besorgt. Syrien habe schon seit längerer Zeit Truppen in dem Land stationiert, was von den USA mit Sorge beobachtet werde.
  • Die Übergabe der Kontrolle über die Stadt Jericho im Westjordanland an die Palästinenser verzögert sich. Es gebe weiteren Abstimmungsbedarf, sagte ein israelischer Militärvertreter am 14. Feb. Als Grund nannte er Meinungsverschiedenheiten bei Gesprächen zwischen israelischen Militärs und palästinensischen Sicherheitskräften am Abend. Die Kontrolle über Jericho werde daher "nicht am Dienstag" [15. Feb.] übertragen.
  • Israel will in der Negev-Wüste eine neue Ortschaft für rund 500 jüdische Siedler-Familien aus dem Gazastreifen errichten. Für das künftige Dorf mit dem Namen "Haluzit 4" und umliegende Felder seien 90 Hektar Land bereit gestellt worden, sagte Innenminister Ophir Pines am 15. Feb. Die Siedler sollen dort nach dem Verlassen des Gazastreifens im Zuge des Rückzugsplanes der Regierung unterkommen.
  • Nach dem tödlichen Anschlag auf den früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri ist die US-Botschafterin in Syrien zu dringenden Konsultationen nach Washington beordert worden. Wie Außenamtssprecher Richard Boucher am 15. Feb. mitteilte, erging eine entsprechende Weisung von Außenministerin Comdoleezza Rice an die Botschafterin Margaret Scobey. Diese hatte Damaskus die "tiefe Besorgnis und Empörung der USA" über den "Terrorakt" übermittelt.
  • Israelische Soldaten haben in der Nähe von Ramallah im Westjordanland einen 15-jährigen Palästinenser getötet und einen weiteren Jugendlichen schwer verletzt. Der 15 Jahre alte Junge sei in Beitunja im Westen von Ramallah erschossen worden, verlautete am 15. Feb. aus palästinensischen Sicherheits- und Ärztekreisen. Ein 14-Jähriger sei angeschossen und dabei schwer verletzt worden. Die Armee habe das Feuer auf die Jungen eröffnet, nachdem sie mit Steinen beworfen worden sei.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat den tödlichen Anschlag auf den früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri verurteilt. In einer am 15. Feb. verabschiedeten Erklärung zeigte sich das Gremium besorgt über eine "weitere Destabilisierung" des Libanon. Es bat UN-Generalsekretär Kofi Annan, einen Bericht über das Bombenattentat vorzulegen,
  • Der israelische Generalstabschef Mosche Jaalon muss sein Amt noch vor dem für den Sommer geplanten Abzug aus dem Gaza-Streifen aufgeben. Wie am 16. Feb. aus Armeekreisen verlautete, beschloss die Regierung entgegen der üblichen Praxis, Jaloons Amtszeit nicht über Juli hinaus um ein Jahr zu verlängern. Verantwortlich für die Entscheidung ist Verteidigungsminister Schaul Mofas, Jaalons Vorgänger als Generalstabschef. Er dürfte jedoch mit vollständiger Rückendeckung von Ministerpräsident Ariel Scharon gehandelt haben. In der Vergangenheit war es wiederholt zu Unstimmigkeiten zwischen Scharon und Mofas auf der einen und Jaloon auf der anderen Seite gekommen. Die Armeespitze nahm den Beschluss dennoch mit großer Überraschung auf. Die Zeitung "Jediot Ahronot" sprach von einem "Erdbeben".
  • Der Nahost-Beauftragte der USA, Williams Burns, hat Syrien zum Abzug aus dem Libanon aufgefordert. Damaskus müsse seine Truppen "vollständig und unverzüglich" aus dem Nachbarland zurückholen, sagte Burns am 16. Feb. am Rande der Trauerfeierlichkeiten für den ermordeten libanesischen Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri in Beirut. "Herr Hariris Tod sollte dem Ziel eines freien, unabhängigen Libanon neuen Auftrieb geben." Burns verwies darauf, dass der UN-Sicherheitsrat in der Resolution 1559 den Abzug Syriens forderte. Derzeit sind etwa 14.000 syrische Soldaten im Libanon stationiert, den die Regierung in Damaskus als Teil ihrer Einflusssphäre betrachtet.
  • Ein Gruppierung der radikalen palästinensischen El-Aksa-Brigaden hat nach der Tötung zweier Fatah-Mitglieder angekündigt, die seit Tagen anhaltende Waffenruhe mit Israel zu beenden. "Wem nützt die Waffenruhe und die Entwaffnung des palästinensischen Widerstands, wenn das Blut unserer Kämpfer weiter fließt?", hieß es auf einem am 16. Feb. verbreiteten Flugblatt, das mit "Märtyrer der El-Aksa-Brigaden" unterzeichnet war. Maskierte und bewaffnete Männer verteilten die Flugblätter im Zentrum von Ramallah im Westjordanland und schossen dabei in die Luft.
  • Die Palästinenserführung hat sich auf die Grundzüge einer neuen Regierung geeinigt. Das Parlament solle am 22. Feb. das neue Kabinett bestätigen, sagte Regierungschef Ahmed Kureia am 16. Feb. in Ramallah nach Gesprächen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Die Verhandlungen hatten sich verzögert, weil Abbas eine neue Regierung wollte, während Kureia sich für eine kleinere Kabinettsumbildung stark machte.
  • Nach einer Marathonsitzung hat das israelische Parlament am 16. Feb. ein entscheidendes Gesetz für den Rückzugsplan von Regierungschef Ariel Scharon verabschiedet. Das Gesetz regelt die Entschädigungszahlungen für etwa 8.000 jüdische Siedler, die in diesem Jahr den Gazastreifen verlassen müssen. Es geht dabei um eine Gesamtsumme von etwa 4,3 Milliarden Schekel (rund 770 Millionen Euro).
  • Ungeachtet des geltenden Waffenstillstands im Nahen Osten ist in einer jüdischen Siedlung im Gazastreifen am 17. Feb. eine palästinensische Kassam-Rakete eingeschlagen. Es gab keine Verletzten und keine Sachschäden, wie das israelische Militär mitteilte.
  • Nach der jüngsten Verschärfung der Spannungen zwischen den USA und Syrien schließt die US-Regierung ein militärisches Vorgehen nicht aus. US-Präsident George W. Bush behalte sich mehrere Möglichkeiten vor, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 17. Feb. bei einer Anhörung im US-Senat. Allerdings setze die US-Regierung zunächst weiter darauf, dass "gemeinsamer internationaler Druck" Syrien dazu bringen werde, die UN-Resolution 1559 zu erfüllen und seine 14.000 verbliebenen Soldaten aus dem Libanon abzuziehen. Den USA stünden "viele, viele diplomatische Werkzeuge" zur Verfügung, betonte Rice. Auf die Frage, ob Bush vor etwaigen Angriffen auf Syrien oder den Iran den US-Kongress informieren werde, wollte sich die Ministerin nicht festlegen.
  • Israel befürwortet nach den Worten eines ranghohen Regierungsmitarbeiters eine diplomatische Lösung im Streit um das iranische Atomprogramm. "Israel schätzt wie die Vereinigten Staaten, dass man in diesem Stadium der Diplomatie eine Chance geben muss", sagte ein Mitarbeiter aus dem Umfeld des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, der nicht namentlich genannt werden wollte, am 18. Feb. in Jerusalem. Der Iran müsse "unter Androhung von Strafen" dazu gezwungen werden, auf Kernwaffen zu verzichten.
  • Die israelische Regierung hat am 20. Feb. grünes Licht für den Gaza-Rückzugsplan von Ministerpräsident Ariel Scharon gegeben. 17 Minister stimmten für den Abzug, fünf votierten dagegen. Der Plan sieht nach 37 Jahren Besatzung den Rückzug der Armee und die Umsiedelung von rund 8.000 Siedlern aus dem Gazastreifen und vier kleineren Siedlungen im Westjordanland vor. Nach Angaben eines Vertrauten Scharons soll der Abzug bis Jahresende beendet sein.
    Der Abzug soll in vier Etappen erfolgen, wobei jede Phase erneut vom Kabinett abgesegnet werden muss. Häuser und Synagogen der Siedler sollen abgerissen, Schulen und Landwirtschafts-Betriebe aber erhalten bleiben. Die Siedler sollen mit Zahlungen von insgesamt rund 770 Millionen Euro entschädigt werden.
    Palästinenserpräsident Mahmud Abbas versprach, dass es beim geplanten Abzug von palästinensischer Seite keine Gewalt geben werde. "Die Menschen werden die Israelis mit Blumen bewerfen, nicht mit Steinen oder Kugeln", sagte Abbas dem "Spiegel".
    Am 20. Feb. billigte das Kabinett nach amtlichen Angaben auch den geänderten Verlauf der international umstrittenen Sperranlage zum Westjordanland. Die neuen Verlaufspläne schließen zwar weiterhin die größten Siedlungen ein, in der die Mehrheit der 240.000 jüdischen Siedler wohnt; insgesamt aber richten sie sich mehr nach der Grünen Grenze, der Waffenstillstandslinie von 1949.
Montag, 21. Februar, bis Montag, 28. Februar
  • Israel hat am 21. Feb. 500 palästinensische Häftlinge freigelassen. Jubelnde Angehörige nahmen die Gefangenen an fünf verschiedenen Punkten im Westjordanland und an der Grenze zum Gazastreifen in Empfang. Sie waren am Morgen in verschiedenen Bussen aus der Haftanstalt von Keziot in der Negev-Wüste im Süden des Landes losgefahren. Die Freilassung der Gefangenen ist Teil der israelischen Zugeständnisse an die Palästinenser, nachdem beide Seiten eine Waffenruhe erklärt hatten.
  • Bei seinem ersten Europa-Besuch seit seiner Wiederwahl hat sich US-Präsident George W. Bush zu einem Schulterschluss mit einem "starken Europa" bekannt. Nach ihren Differenzen über den Irak-Krieg müssten die Europäische Union und die Vereinigten Staaten nun eng zusammenstehen, sagte Bush am 21. Feb. in Brüssel. "Keine zeitweise Debatte, keine vorübergehende Uneinigkeit von Regierungen, keine Macht der Welt kann uns trennen," unterstrich Bush. "Amerika braucht ein starkes Europa, wir brauchen einen starken Partner, um Freiheit und Frieden in der Welt voranzubringen", sagte Bush bei seiner gut halbstündigen Rede unter dem Beifall zahlreicher Gäste aus Politik und Wirtschaft. Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt hatte zuvor eine "neue Partnerschaft zwischen Europa und den USA" beschworen. Unmittelbares Ziel der transatlantischen Zusammenarbeit müsse ein Friedensschluss zwischen Israelis und Palästinensern sein, sagte Bush weiter. Nötig sei die Gründung eines Palästinenserstaates, der nicht nur aus einem territorialen Flickenteppich bestehe. (Siehe hierzu unser Dossier "Bush in Deutschland".)
  • Ägypten hat einen Diplomaten für den vier Jahre lang unbesetzten Botschafterposten in Israel nominiert. Außenminister Ahmed Abul Gheit sagte am 22. Feb., sein Ministerium habe von Israel die Zustimmung für die Nominierung von Mohammed Assem Ibrahim erhalten. Am 20. Feb. hatte beriets Jordanien - ebenfalls nach vierjähriger Unterbrechung - wieder einen Botschafter nach Tel Aviv entsandt.
  • Nach tagelangem Streit über die Bildung des neuen palästinensischen Kabinetts hat die Mehrheitsfraktion Fatah die geänderte Zusammensetzung gebilligt. Das Zentralkomitee der Fatah und die Fatah-Mitglieder im palästinensischen Parlament seien mit der Bildung der neuen Regierung unter Ministerpräsident Ahmed Kureia einverstanden, sagte der Fatah-Abgeordnete Mofid Abed Rabbo am 23. Feb. der Nachrichtenagentur AFP. Bei der auf den 24. Feb. verschobenen Abstimmung im Parlament galt die Annahme der neuen Kabinettsliste damit als sicher.
    Die neue Regierung von Ministerpräsident Ahmed Kureia kann ihre Arbeit aufnehmen. Das palästinensische Parlament bestätigte mit einer Mehrheit von 54 Abgeordneten das neue Kabinett. Das verlautete in Ramallah aus der Sitzung am 24. Feb. Kureia sieht als Hauptaufgaben eine Sicherheitsreform und die Vorbereitung der geplanten Parlamentswahl im Juli.
    Die Einsetzung der neuen palästinensischen Regierung ist in Israel auf Zustimmung gestoßen. Das neue Kabinett sei "ein wichtiger Schritt in eine bessere Zukunft, aber nur ein erster Schritt", sagte Außenminister Silvan Schalom am 24. Feb. in Tel Aviv. Israel stehe dem neuen Kabinett positiv gegenüber.
  • Anlässlich des ersten Besuchs eines NATO-Generalsekretärs in Israel haben beide Seiten am Donnerstag den Ausbau ihrer Beziehungen vereinbart. Der israelische Außenminister Silvan Schalom sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am 24. Feb. in Tel Aviv: "Wir wollen vom Dialog zu einer Partnerschaft gelangen". Notwendig sei eine verstärkte Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich sowie in politischen und militärischen Fragen. Einen Beitritt Israels zur NATO schloss der Außenminister allerdings aus. De Hoop Scheffer sagte, er wolle mit der israelischen Führung Möglichkeiten zur Verbreiterung der Kontakte erörtern.
  • Die israelische Armee hat am 25. Feb. sechs palästinensische Aktivisten festgenommen. Fünf der Männer gehörten nach Militärangaben einer bewaffneten Zelle mit Verbindungen zur Fatah-Organisation an. Der sechste sei ein Mitglied der radikalislamischen Hamas-Gruppe. Die Männer hätten eine "terroristische Aktion" vorbereitet, hieß es. Bei der Festnahme hätten die Palästinenser auf die israelischen Soldaten geschossen. In der Nacht zum 25. Feb. feuerten Palästinenser Mörsergranaten auf Kolonien im Süden des Gazastreifens. Dabei wurde niemand verletzt, wie der staatliche israelische Rundfunk berichtete.
  • Die israelische Regierung hat Syrien zum Abzug aller Truppen aus dem benachbarten Libanon aufgefordert. Ein Teilabzug reiche nicht aus, sagte ein Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon am 25. Feb. Die syrische Militärpräsenz sei nicht gerechtfertigt.
  • Israel will einem Pressebericht zufolge in diesem Jahr die jüdischen Siedlungen im Westjordanland um ingesamt mehr als 6.000 Wohneinheiten erweitern. Die Zeitung "Jediot Ahronot" berichtete am 25. Feb. über ein entsprechendes Regierungsprojekt und listete alle Siedlungen im Westjordanland und die dort geplanten Erweiterungen auf. So sollen etwa in Maale Adumin in der Nähe von Jerusalem, wo derzeit rund 20.000 Siedler leben, weitere 2.100 Häuser gebaut werden. Das dafür nötige Land müssen laut "Jediot Ahronot" dort sesshafte Beduinen räumen. Zudem sollen 120 bislang wilde Siedlungen genehmigt werden, die Israel dem internationalen Friedensplan des Nahostquartetts gemäß eigentlich versprochen hatte zu räumen.
  • Nach monatelanger Ruhe ist Israel wieder das Ziel eines Selbstmordanschlags geworden. Vor einem Nachtclub in Tel Aviv starben am Abend des 25. Feb. laut Polizei mindestens 5 Menschen. Etwa 50 weitere wurden verletzt. Zu dem Terrorakt bekannte sich die radikalislamische Organisation Islamischer Dschihad. Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon gab der palästinensischen Autonomiebehörde die Schuld. Erst Anfang Februar hatten Israelis und Palästinenser in Scharm el Scheich eine Waffenruhe vereinbart.
    Die israelische Regierung hat eine Beteiligung der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah an dem Selbstmordanschlag von Tel Aviv nicht ausgeschlossen. "Die Medien der Hisbollah haben als erste über den Anschlag berichtet und die Verantwortung dem Islamischen Dschihad angelastet", sagte Regierungssprecher Avi Pasner am 26. Feb. Die libanesische Hisbollah-Miliz hat jede Beteiligung an dem Selbstmordanschlag in Tel Aviv bestritten. Die Hisbollah weise die Anschuldigungen "kategorisch" zurück und betrachte sie als "vollkommen grundlos", erklärte die Organisation in Beirut. Die Anschuldigungen passten zu der "Hetzkampagne", die Israel gegen die Hisbollah führe.
    Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hat Syrien eine Beteiligung an dem palästinensischen Selbstmordattentat vom Freitagabend unterstellt. "Wir haben Beweise, die Syrien direkt mit diesem Anschlag in Verbindung bringen", sagte Mofas am Abend des 26. Feb. im israelischen Militärradio. Die syrische Regierung hat jede Verantwortung für den Selbstmordanschlag von Tel Aviv zurückgewiesen. Syrien "hat nichts mit der Operation zu tun", hieß es am 26. Feb. aus dem Außenministerium.
  • Nach dem neuen Selbstmordanschlag von Tel Aviv stoppt Israel den geplanten Rückzug aus mehreren Palästinenserstädten im Westjordanland. Das berichtet der israelische Rundfunk nach einem Treffen von Verteidigungsminister Schaul Mofas mit führenden Sicherheitsoffizieren am 27. Feb. Israel werde ferner gegen den Islamischen Dschihad vorgehen, hieß es.
  • Die für das kommende Wochenende vorgesehenen Gespräche zwischen der Palästinenserführung und militanten Palästinenserorganisationen sind wegen des jüngsten Selbstmordanschlags vorläufig abgesagt worden. Der Anschlag in Tel Aviv am 25. Feb. mit insgesamt fünf Toten sei einer der Gründe für die Absage, sagte der palästinensische Sicherheitsvertreter Dschibril Radschub am 27. Feb. in Ramallah. Die israelischen Behörden weigerten sich, mehreren teilnehmenden Delegationen die Ausreise nach Ägypten zu gestatten, wo die Gespräche geplant waren. Außerdem werde noch mehr Zeit benötigt, um eine Vereinbarung zwischen den Palästinenserfraktionen und der Autonomiebehörde vorzubereiten, fügte Radschub hinzu.
  • Die israelische Regierung hat wegen des jüngsten Selbstmordanschlags in Tel Aviv die geplante Freilassung von 400 palästinensischen Häftlingen in Frage gestellt. Die Regierung sei mit der Palästinenserführung übereingekommen, dass die Freilassung der Gefangenen von den palästinensischen Schritten gegen mutmaßliche Terroristen abhänge, sagte die israelische Justizministerin Zipi Livni am 27. Feb. in Jerusalem. "Wir können jetzt nicht so tun, als ob nichts passiert sei", fügte die Ministerin hinzu.
  • Israelische Urkundenfälscher haben sich einem Bericht des Fernsehens zufolge mit manipulierten Besitzurkunden hunderte Grundstücke aus palästinensischem Besitz angeeignet und weiterverkauft, meldete AFP am 27. Feb. Acht Verdächtige seien festgenommen worden, weil sie an dem Grundstücksbetrug im südlichen Westjordanland und im Umland von Jerusalem beteiligt gewesen sein sollen, berichtete der private israelische TV-Sender Channel 2 am 27. Feb. Sie hätten die Grundstücke für insgesamt 20 bis 30 Millionen Schekel (3,4 Millionen bis 5,1 Millionen Euro) an die Firma Himanuta weiterverkauft. Himanuta sei ein Tochterunternehmen des Jewish National Fund, der Grundstücke in israelischem Staatsbesitz verwaltet.
  • Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas erhofft sich von der bevorstehenden Nahost-Konferenz in London eine Wiederbelebung des internationalen Friedensplans zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Die am 1. März beginnende internationale Konferenz müsse Verhandlungen über den endgültigen Status eines Palästinenserstaats nach sich ziehen, sagte Abbas der britischen Zeitung "Independent" (Ausgabe vom28. Feb.). "Wir haben jetzt eine gute Gelegenheit, und es wäre unverantwortlich, wenn wir, die Israelis oder die Welt diese einfach verstreichen ließen." Er glaube, dass eine Friedensregelung jetzt greifbar sei.
  • Zweieinhalb Tage nach dem Selbstmordattentat von Tel Aviv ist eine Israelin ihren schweren Verletzungen erlegen. Die Frau sei am Morgen des 28. Feb. in einem Krankenhaus in Tel Aviv gestorben, berichtete der israelische Rundfunk. Weitere Angaben zu dem Opfer machte der Sender nicht. Mit dem Tod der Frau stieg die Zahl der Getöteten (einschließlich des Attentäters) auf sechs.
  • Trotz eines Versammlungsverbots haben am 28. Feb. in der libanesischen Hauptstadt Beirut mehrere zehntausend Menschen gegen die Regierung und die syrischen Truppen demonstriert. Ein Sprecher der Armee sprach von mehr als 20.000 Teilnehmern; der Fernsehsender LBCI und ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP schätzten die Zahl der Demonstranten dagegen auf etwa 50.000. Die Innenstadt war durch einen Generalstreik praktisch lahmgelegt, zu dem die Opposition aufgerufen hatte. Im Parlament begann unterdessen eine Generaldebatte über die Zukunft des Landes. Die Opposition wollte einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einbringen.
  • Der israelische Militärgeheimdienst hat am 28. Feb. die ausländischen Botschafter versammelt, um sie über die Rolle Syriens bei dem Selbstmordanschlag am Freitag in Tel Aviv zu informieren. Wie das Außenministerium mitteilte, wollte der Chef des Militärgeheimdienstes, Aharon Seevi, den Diplomaten erklären, wie syrische Vertreter den Anschlag geplant und in Auftrag gegeben haben.
  • Zwei Wochen nach dem tödlichen Attentat auf den libanesischen Ex-Regierungschef Rafik Hariri hat dessen pro-syrischer Amtsnachfolger Omar Karame am 28. Feb. den Rücktritt seiner Regierung angekündigt. Zehntausende Libanesen, die trotz eines Demonstrationsverbotes in der Nähe des Parlaments in Beirut versammelt waren, reagierten mit Jubelstürmen und dem Singen der Nationalhymne auf die Nachricht. Mit dem Rücktritt des Kabinetts wolle er sicherstellen, dass die Regierung "kein Hindernis" bei den Ermittlungen zu dem Hariri-Attentat darstelle, sagte Karame vor den überraschten Parlamentariern in Beirut. Die Stellungnahme wurde von den Abgeordneten mit stürmischem Applaus quittiert. Die Opposition hatte einen Misstrauensantrag geplant, verfügt aber nicht über ausreichend Mandate. Zuvor wies Karame jede Verantwortung seines Kabinetts für Hariris Ermordung zurück. Oppositionsführer Walid Dschumblatt betonte, im Angesicht des Erfolges der Opposition müsse nun die Vernunft gewahrt werden. Es dürfe keine "chauvinistischen Parolen" gegenüber Syrien geben, da die Beziehungen mit dem Nachbarland wiederhergestellt werden müssten. Nach dem Rücktritt der Regierung sei das Ziel, ein "unabhängiges" Übergangskabinett zu schaffen, das die geplante Parlamentswahl organisiere.
  • Wenige Stunden nach der Rücktrittsankündigung der libanesischen Regierung ist ein Anhänger des scheidenden Premierministers Omar Karame erschossen worden. Der 22-Jährige sei im nordlibanesischen Tripoli auf dem Gelände des Familiensitzes von Karame von einem benachbarten Dach aus getötet worden, teilte das Büro des Ministerpräsidenten am 28. Feb. mit. Ärzte und Augenzeugen bestätigten die Angaben.


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