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17. bis 31. Mai 2004

Chronologie der Ereignisse

17. bis 20. Mai
  • Die israelische Luftwaffe hat auch in der Nacht zum 17. Mai wieder Angriffe auf die Stadt Gaza geflogen. Kampfhubschrauber feuerten fünf Raketen auf den Stadtteil Seitun ab, wie Einwohner berichteten. Demnach galt der Angriff abermals einem Büro der Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Über Opfer gab es zunächst keine Angaben.
  • Eine offenbar bevorstehende Offensive der israelischen Streitkräfte hat am 17. Mai eine Massenflucht aus dem palästinensischen Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen ausgelöst. Hunderte luden ihre Habseligkeiten auf Lastwagen oder Eselskarren, Frauen balancierten Matratzen auf dem Kopf und Kinder trugen Decken. Die einzige Zufahrtsstraße zur gleichnamigen Stadt war in der Nacht von Panzern abgesperrt worden. Dies wurde von den 90.000 Einwohnern des Flüchtlingslagers als Zeichen für eine bevorstehende israelische Offensive gewertet. In den Morgenstunden begann dann auch die Offensive.
  • US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice hat den Palästinensern zugesichert, dass die Fragen des engültigen Status der palästinensischen Gebiete unter Beteiligung aller Parteien geregelt werden. Wie ein US-Vertreter am 17. Mai im Anschluss an eine Unterredung zwischen Rice und dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kureia in Berlin mitteilte, zeigten sich die Palästinenser "dankbar" für diese Botschaft.
  • Beim Weltwirtschaftsforum in Jordanien haben die israelischen und palästinensischen Vertreter keine Fortschritte auf dem Weg zu einem Frieden in Nahost erzielt. Solche Treffen hätten keine Chance, solange Israel seine Politik der Zerstörung und Unterdrückung fortsetze, sagte ein Berater des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat, Abed Rabbo, am 17. Mai vor Journalisten. Er sprach von der größten Zerstörungsaktion seit 1967. Die israelischen Truppen hatten zuvor das Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen abgeriegelt.
    Der israelische Außenminister Silvan Schalom traf sich während des Forums mit dem jordanischen König Abdullah II. zu Gesprächen über die Roadmap. Schalom sagte vor Journalisten, die Umsetzung des Friedensplan sei ins Stocken geraten, weil die Palästinenser ihre Verpflichtungen nicht erfüllten. So habe die Autonomiebehörde nichts getan, um gegen die Extremisten der Hamas und des Islamischen Dschihads vorzugehen.
    Abdullah kritisierte am 17. Mai die palästinensische Führung. Es komme immer wieder zu Machtkämpfen, so dass das Ansehen der Palästinenser international Schaden nehme. Angesichts der Lage in Irak und in den palästinensischen Autonomiegebieten werde es aber auch immer schwerer, den Menschen in den arabischen Ländern die amerikanische Politik zu vermitteln.
  • UN-Generalsekretär hat Israel dazu aufgefordert, die Zerstörung palästinensischer Häuser im Gazastreifen zu beenden. Die Zerstörung hunderter Wohnhäuser in Rafah verstoße gegen die internationalen Menschenrechte, sagte Amman am 17. Mai in New York. Nach Angaben eines US-Sprechers wurden bereits fast 2200 Menschen durch die seit Ende vergangener Woche laufende Aktion obdachlos. "Als Besatzungsmacht muss Israel derartige Akte von kollektiver Bestrafung sofort stoppen", mahnte Annan.
    Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Israel ebenfalls zu einem Ende der Zerstörungen im Gaza-Streifen aufgefordert. Nur so könne wieder Bewegung in den Nahost-Friedensprozess kommen. Es gebe Anzeichen für eine solche Bewegung, sagte Schröder nach einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kureia am 17. Mai in Berlin. Kureia bekräftigte, die Palästinenser seien gemäß dem Friedensplan zu einem Waffenstillstand bereit.
  • Bei der Räumung einer illegalen jüdischen Siedlung im Westjordanland ist es am 17. Mai zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und israelischen Soldaten gekommen. 20 Siedler seien festgenommen worden, weil sie sich der Räumung widersetzt hätten, teilte ein Armeesprecher mit. In dem Außenposten südlich der palästinensischen Stadt Nablus lebten zwar nur wenige Menschen, sie erhielten jedoch Verstärkung aus den umliegenden Siedlungen. Der illegal errichtete Außenposten Mitzpeh Jitzchar ist von den israelischen Streitkräften schon mehrfach abgerissen, aber immer wieder aufgebaut worden. Der internationale Friedensplan Roadmap verpflichtet Israel dazu, alle seit März 2001 errichteten Siedlungen zu räumen.
  • Die USA haben von der israelischen Regierung "zusätzliche Informationen" über deren Pläne in Rafah im Gazastreifen verlangt. Washington stehe derzeit "in Diskussion" mit der israelischen Regierung, um mehr über deren Vorgehensweise und das weitere Vorhaben im südlichen Gazastreifen zu erfahren, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am 17. Mai in Washington. Es sei wichtig, dass Israel "umsichtig" handele. US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice hatte zuvor die Zerstörung von Häusern im Gazastreifen durch die israelische Armee als nicht "förderlich" für einen künftigen friedlichen Palästinenserstaat kritisiert.
  • Die israelische Armee ist am Abend des 17. Mai in das Flüchtlingslager von Rafah im südlichen Gazastreifen eingedrungen und hat dort bis zum Abend des 18. Mai mindestens 20 Palästinenser getötet. 30 weitere Menschen wurden verletzt. Nach israelischer Darstellung handelt es sich bei den Toten zumeist um palästinensische Kämpfer. Von palästinensischer Seite hieß es hingegen, die meisten Toten seien unbeteiligte Zivilisten. Ungeachtet internationaler Proteste hatte die Armee in der Nacht damit begonnen, im Grenzbereich zu Ägypten gelegene Häuser zu zerstören ("Operation Regenbogen").
    Israel will den Großeinsatz in Rafah im südlichen Gazastreifen nach Militärangaben fortsetzen. "Wir haben uns keinen Zeitrahmen gesteckt", sagte ein ranghoher Militärangehöriger der Nachrichtenagentur AFP am 18. Mai. Der Einsatz ziele darauf ab, palästinensischen Waffenschmuggel nach Rafah durch Tunnels "ein für alle Mal" zu beenden. Der Armeeeinsatz werde andauern, "bis unsere Mission erfüllt ist".
  • Angesichts der anhaltenden Kämpfe im Gazastreifen hat sich US-Präsident George W. Bush besorgt gezeigt und Israel zur Zustimmung zu einer Zwei-Staaten-Lösung gemahnt. "Um des Friedens willen" sei Israel "verpflichtet, dem palästinensischen Volk beim Aufbau eines eigenen Staates zu helfen", sagte Bush am 18. Mai vor der pro-israelischen Lobbyistengruppe American Israel Public Affairs Committee in Washington. "Die wachsende Gewalt in Gaza ist beunruhigend." Der Präsident mahnte beide Konfliktparteien zum "Verzicht auf Gewalt und Verzicht auf Terrorismus." An der palästinensischen Führung übte er Kritik. Die Palästinenser hätten "demokratische Führer verdient".
  • Die Europäische Union hat die israelische Offensive im Gazastreifen scharf verurteilt. Einen Tag nach der Kritik an der Zerstörung von Wohnhäusern in den palästinensischen Gebieten sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana am 18. Mai in Brüssel: "Was gegenwärtig in Gaza vorgeht, müssen wir verurteilen, sehr scharf verurteilen." Die weitere Zerstörung von Häusern widerspreche dem Geist der Roadmap für eine internationale Friedenslösung und passe auch nicht zu dem von Regierungschef Ariel Scharon in Aussicht gestellten Rückzug aus dem Gazastreifen. Die EU sei bereit, einen solchen Abzug mit eigenen Beiträgen zu unterstützen, sagte Solana.
  • Bei Vorstößen der israelischen Armee im Westjordanland sind am 19. Mai zwei Mitglieder der palästinensischen Al-Aksa-Brigaden getötet worden. In den frühen Morgenstunden drangen israelische Panzer und Soldaten in ein Flüchtlingslager nahe der Stadt Dschenin ein. Wie der israelische Rundfunk meldete, wurde dabei ein örtlicher Anführer der Al-Aksa-Brigaden getötet. In Nablus erschossen israelische Soldaten ein Al-Aksa-Mitglied bei einem Feuergefecht.
  • Israelische Soldaten haben am 19. Mai in Rafah im südlichen Gazastreifen zwei Palästinenser getötet. Einer von ihnen war nach Angaben von Ärzten 16 Jahre alt.
  • Bei einem Angriff der israelischen Luftwaffe in Rafah im südlichen Gazastreifen sind am 19. Mai nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen mindestens fünf Menschen getötet und 30 verletzt worden. Ein Hubschrauber habe Raketen auf Palästinenser abgefeuert, die gegen den Großeinsatz der Armee protestierten.
    Eine Armeesprecherin wies im Rundfunk palästinensische Angaben zurück, wonach der Tod der Palästinenser durch den Angriff eines Hubschraubers verursacht wurde. Nach ersten Untersuchungen sei von einem Helikopter aus eine Rakete als Warnung auf offenes Gelände abgefeuert worden. Als die Demonstranten sich dennoch vorwärts bewegten, hätten die Soldaten zunächst Warnschüsse in Richtung eines Gebäudes abgegeben, in dem sich bewaffnete Palästinenser befunden hätten. Anschließend habe die Armee mit automatischen Waffen und vier Panzergranaten auf das Gebäude geschossen. Rund 500 Palästinenser hatten im Viertel Tal el Sultan gegen den israelischen Militäreinsatz in Rafah protestiert. Die Armeesprecherin äußerte Bedauern über "den Tod von Unschuldigen". Sie sprach von einer "tragischen Angelegenheit". Nach Angaben der Sprecherin soll der Einsatz in Rafah fortgesetzt werden.
    Die Zahl der Todesopfer stieg später auf 15. Mehr als 50 weitere Menschen wurden nach Angaben von Augenzeugen und Krankenhausmitarbeitern bei dem Beschuss verletzt, darunter zwanzig schwer oder lebensgefährlich. Bei der Mehrheit der Opfer handele es sich um Jugendliche und Kinder, sagte ein Krankenhaussprecher.
    Die irische Ratspräsidentschaft hat die Angriffe im Rafah am 19. Mai verurteilt. Die Truppen hätten Menschenleben rücksichtlos missachtet, heißt es in einer von Außenminister Brian Cowen im Namen der EU veröffentlichten Erklärung. Es sei klar, dass die Aktion in "völligem Missverhältnis" zu der möglichen Bedrohung gestanden habe. (Israel hat die Kritik der irischen EU-Ratspräsidentschaft an dem Militäreinsatz in Rafah am 20. Mai mit drastischen Worten zurückgewiesen. Die Äußerungen des irischen Außenministers und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Brian Cowen seien "Ekel erregend", erklärte das Außenministerium in Jerusalem. Der irische Botschafter in Israel, Patrick Hennessy, sei in das Ministerium bestellt worden.)
    US-Präsident Bush verlangte von der israelischen Regierung eine Klärung der Umstände, die zu dem Raketenbeschuss geführt hätten. Bush forderte Israelis und Palästinenser zu "Zurückhaltung" auf.
  • Israelische Soldaten haben am Abend des 19. Mai im Westjordanland einen bewaffneten Palästinenser getötet. Der Mann sei bei einem Schusswechsel in der Nähe von Tulkarem im Norden des Palästinensergebietes getötet worden, sagten palästinensische Sicherheitskräfte. Ein arabischer Israeli, der mit einem Auto habe fliehen wollen, sei verletzt worden. In dem Fahrzeug seien mehrere Waffen entdeckt worden.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat Israel aufgefordert, die Zerstörung palästinensischer Häuser im Gazastreifen sofort einzustellen und das internationale Recht zu achten. Eine entsprechende Resolution 1455 (2004) wurde am 19. Mai mit 14 Ja-Stimmen bei Stimmenthaltung der USA verabschiedet.
  • Ein israelisches Gericht hat den Chef der Fatah-Bewegung im Westjordanland, Marwan Barghuti, am 20. Mai wegen einer Mordserie schuldig gesprochen. Der 44-jährige Barghuti war wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation" und mehrfachen Mordes angeklagt. Israelische Soldaten hatten ihn im April 2002 in Ramallah festgenommen. Das Strafmaß für den 44-Jährigen soll am 6. Juni verkündet werden. Die Anklage forderte fünfmal lebenslänglich für den Barghuti, der für vier Anschläge mit insgesamt fünf Toten verantwortlich sei. Weitere 40 Jahre soll der Fatah-Funktionär der Anklage zufolge wegen versuchten Mordes hinter Gitter.
  • Trotz massiver internationaler Kritik hat Israel seine Offensive in Rafah im südlichen Gazastreifen ausgeweitet. Mindestens sieben Palästinenser wurden bei neuen Einsätzen getötet, wie ein Krankenhaussprecher am 20. Mai mitteilte. Damit stieg die Zahl der seit Beginn der "Operation Regenbogen" getöteten Palästinenser auf 41.
  • Ein israelischer Panzer hat nach palästinensischen Angaben in Rafah im südlichen Gazastreifen eine Menschenmenge beschossen. Augenzeugen berichteten am 20. Mai, mindestens zwei Menschen seien getötet worden. Die Soldaten hatten das Feuer auf einen Trauerzug eröffneten, an dem Tausende teilnahmen. Dafür gab es zunächst von palästinensischer Seite keine offizielle Bestätigung. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Vorfall.
  • Bei einem israelischen Luftangriff in Rafah im Süden des Gazastreifens ist am 20. Mai der örtliche Anführer des bewaffneten Arms der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden. Palästinensische Ärzte und Sicherheitskräfte teilten mit, der Leichnam des 37-jährigen Chalid Abu Ansa, der die Hamas in Rafah befehligte, sei am Abend geborgen worden.
  • Israel hat der US-Regierung zugesagt, keine weiteren palästinensischen Häuser im Gazastreifen mehr zu zerstören. Das habe Vize-Ministerpräsident Ehud Olmert Außenminister Colin Powell am 20. Mai in Washington erklärt, teilte das US-Außenamt mit. Powell hatte seine Besorgnis über die andauernde israelische Offensive zum Ausdruck gebracht.
21. bis 23. Mai
  • Nach der dreitägigen Offensive haben die israelischen Truppen am Morgen des 21. Mai damit begonnen, sich aus dem Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen zurückzuziehen. Das berichteten palästinensische Bewohner. Demnach verließen die meisten Panzer den Bezirk Tel Sultan, der im Zentrum der Militäraktionen der letzten Tage stand. Auch aus einem anderen Teil an der Grenze zu Ägypten würden sich die Soldaten zurückziehen. Israelische Militärkreise sprachen von einer Umgruppierung. Die Suche nach unterirdischen Tunneln, durch die Waffen in den Gazastreifen eingeschmuggelt würden, werde im Prinzip jedoch fortgesetzt.
  • Im palästinensischen Flüchtlingslager Rafah im südlichen Gazastreifen haben israelische Soldaten am Morgen des 22. Mai ein dreijähriges Mädchen getötet. Das Kind sei durch zwei Kopfschüsse ums Leben gekommen, teilten palästinensische Ärzte mit. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, fuhr die israelische Armee am Morgen mit Panzern rund um das Viertel Tal el Sultan Panzer auf, nachdem sie sich am Vortag aus Teilen des Flüchtlingslagers zurückgezogen hatte. Auf umliegenden Terrassen bezogen israelische Scharfschützen Stellung.
  • Bei einem Selbstmordanschlag nahe einem Militärposten im Westjordanland sind am 22. Mai nach Angaben von Armee und Rettungskräften mindestens fünf Menschen verletzt worden. Ein Mann habe den Sprengsatz am Samstag nahe dem Kontrollpunkt Bekaot gezündet, erklärte die Polizei.
  • Die USA halten nach Angabe von Außenminister Colin Powell am Friedensplan des Nahost-Quartetts, der so genannten Roadmap, fest. "Alles, was in Zukunft getan wird, muss im Einklang mit ... der Roadmap stehen", schrieb Powel in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 23. Mai8). Er habe sich bereits mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kureia getroffen, "um zu demonstrieren, dass wir hier sind, um zu helfen".
  • Der israelische Regierungschef Ariel Scharon wird seinem Kabinett nach Informationen des israelischen Rundfunks am 30. Mai seinen neuen Plan zum Abzug der Armee aus dem Gazastreifen vorstellen. Ein stufenweiser Rückzug gebe Israel die Möglichkeit, das Vorhaben je nach Lage auszusetzen, hieß es am 22. Mai. Dem Rückzug solle demnach eine neunmonatige Vorbereitungsphase vorausgehen. Dann sollen zunächst die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen geräumt werden, die am leichtesten angegriffen werden könnten. Am Ende des Rückzugs werde die Armee den gesamten Gazastreifen verlassen haben, bis auf eine Pufferzone entlang der ägyptischen Grenze.
  • Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fordert eine weltweite Ächtung der Misshandlungen von irakischen Gefangenen durch US-Soldaten. Jeder Häftling sei ein Mensch, dem Menschenrechte und Menschenwürde zukomme, sagte Schick laut einer Mitteilung des Ordinariats vom 22. Mai. Wer auf Lehrstühlen, in den Parlamenten oder in öffentlichen Reden Verbrechen an Gefangenen rechtfertige, müsse zur Rechenschaft gezogen werden. Als "abscheulich" bezeichnete es Schick ferner, wenn heimtückisch Bomben gelegt oder Selbstmordattentate begangen werden, bei denen viele unschuldige Menschen zu Tode kommen oder verletzt werden. Der Erzbischof sprach sich auch gegen "Häuserplattmachen" im Gazastreifen aus, "das aus Rache, Wiedervergeltung oder als vermeintliches Mittel der Terroristenbekämpfung" geschehe. Dies sei ein Verbrechen. Das Recht auf Heimat sei ein Grundrecht, betonte der Bischof.
  • Mit einer Schweigeminute für die Opfer israelischer Angriffe in palästinensischen Gebieten hat der tunesische Staatspräsident Zine el Abidine Ben Ali am 22. Mai das jährliche Gipfeltreffen der Arabischen Liga eröffnet. In einem Resolutionsentwurf äußerten die Delegierten der 21 Länder ihre Entrüstung über die Misshandlung irakischer Gefangener in US-Gefängnissen. Betont wurden in dem Entwurf außerdem die Notwendigkeit eines arabisch-israelischen Friedens und Reformen in den arabischen Staaten.
  • Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas hat sich für den Tod palästinensischer Demonstranten bei der jüngsten Offensive der Armee im südlichen Gazastreifen entschuldigt. Der Angriff sei "unbeabsichtigt" gewesen, sagte Mofas dem US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" (Ausgabe vom 23. Mai). "Es tut uns Leid."
  • Am sechsten Tag der israelischen Offensive im südlichen Gazastreifen haben sich israelische Soldaten am 23. Mai erneut Feuergefechte mit Palästinensern geliefert. Am Morgen war in Rafah massives Gewehrfeuer zu hören, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Von einem Hubschrauber aus feuerte die Armee Mörsergranaten ab. Begleitet von Panzern drangen zwei Bulldozer ins Flüchtlingslager von Rafah ein, um ein nahe der Grenze zu Ägypten gelegenes Haus zu zerstören. Auch im Viertel Tal-el-Sultan machte die Armee erneut Häuser dem Erdboden gleich. Am Eingang des Viertels bezogen mehrere Panzer und zwei Truppentransporter Stellung.
  • Israels Justizminister Josef Lapid hat die Zerstörung von Häusern in Rafah im südlichen Gazastreifen scharf kritisiert. Während der wöchentlichen Kabinettssitzung am 23. Mai sagte der 73-jährige Holocaust-Überlebende empört, das Bild einer alten Palästinenserin in den Trümmern ihres Hauses habe ihn an seine eigene Großmutter erinnert. Lapid nannte die Häuserdemolierung unmenschlich und warnte vor einer internationalen Ächtung Israels. Seine Äußerungen riefen bei den anderen Ministern große Empörung hervor. Regierungschef Ariel Scharon sagte, mit derartigen Äußerungen werde nur Öl ins Feuer gegossen. Der Justizminister erklärte, er habe Israel nicht mit Nazi-Deutschland vergleichen wollen. Israel müsse sich jedoch fragen, ob es korrekt sei, Häuser zu zerstören, die nicht von Extremisten genutzt würden.
  • Bei einer Explosion in Nablus im Westjordanland sind nach Krankenhausangaben am 23. Mai mindestens zwei Palästinenser ums Leben gekommen. Sie gehörten den Essedin-el-Kassem-Brigaden an, dem bewaffneten Arm der Hamas. Die Ursache der Detonation war zunächst nicht bekannt. Im israelischen Rundfunk war von der Explosion eines Autos die Rede. Aus Militärkreisen verlautete, die Armee habe abgestritten, in den Vorfall verwickelt zu sein.
  • Israelische Soldaten haben nach UN-Angaben ein Büro des Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) gestürmt und einen Mitarbeiter für mehrere Stunden festgehalten. Wie das UNRWA am 23. Mai mitteilte, fand der Zwischenfall in Dschenin im Westjordanland bereits am 20. Mai statt. Die Soldaten hätten einen Schuss in Richtung von Projektleiter Paul Wolstenholme abgegeben und ihn anschließend gefesselt und bedroht. Erst nach drei Stunden sei Wolstenholme wieder freigekommen. - Bereits im November 2002 drangen israelische Truppen nach UNRWA-Angaben gewaltsam in das Büro in Dschenin ein. Während eines Feuergefechts in dem Flüchtlingslager wurde der damalige Projektleiter Iain Hook erschossen.
  • Israels Premier Ariel Scharon hat am 23. Mai einen neuen Plan für einen schrittweisen Rückzug aus dem Gazastreifen vorgelegt. Danach sollen die Siedlungen nach dem Grad der Sicherheitsprobleme aufgeteilt und dann nach und nach geräumt werden.
  • Die Staats- und Regierungschefs der Arabischen Liga haben zum Abschluss ihres Gipfels in Tunis erstmals beide Seiten im israelisch-palästinensischen Konflikt verurteilt. In einer am 23. Mai vorgelegten gemeinsamen Erklärung kritisierten sie die israelischen "Militäroperationen gegen palästinensische Zivilisten und Führungspersönlichkeiten" sowie "unterschiedslos Operationen gegen Zivilisten". Letzteres wurde als Anspielung auf palästinensische Selbstmordattentate verstanden.
24. bis 28. Mai
  • Die israelische Armee hat in der Nacht zum 24. Mai nach tagelangen Gefechten die Belagerung eines Viertels der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens beendet. Etwa sechs Panzer, die das Viertel Tal el Sultan umstellt hatten, wurden abgezogen, wie Anwohner berichteten. Ein israelischer Militärsprecher bestätigte den Abzug aus diesem Viertel. Die Truppen seien "umgruppiert" worden, die Umzingelung von Tal el Sultan bestehe nicht mehr.
  • Ein am Vortag von israelischen Soldaten angeschossener palästinensischer Jugendlicher ist am 24. Mai in Nablus im Westjordanland seinen Verletzungen erlegen. Israelische Soldaten hatten dem 14-Jährigen in der Altstadt von Nablus in die Brust geschossen, wie Krankenhausmitarbeiter mitteilten.
  • Nach Armeeangaben wurden in der Nacht zum 24. Mai im Westjordanland acht gesuchte Palästinenser festgenommen.
  • Bei Zusammenstößen im Flüchtlingslager Balata bei Nablus im nördlichen Westjordanland haben israelische Soldaten am 24. Mai einen jungen Palästinenser erschossen. Dies teilten palästinensische Ärzte mit. Nach Angaben des israelischen Armeerundfunks war der junge Mann bewaffnet.
  • Mit der Festnahme von drei Palästinensern hat die israelische Polizei hat nach eigenen Angaben einen Selbsmordanschlag in Jerusalem vereitelt. Die drei Aktivisten der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas seien in der vergangenen Woche gefasst worden, teilte die Polizei am 24. Mai mit. Die Verdächtigen hätten in einem Gemüsekarren eine 20 Kilogramm schwere Sprengladung versteckt, die sie einem Komplizen für einen Selbstmordanschlag übergeben wollten. Nach dem Komplizen werde noch gefahndet. Der Sprengsatz sollte den Ermittlern zufolge in einer Synagoge im jüdischen Viertel Mea Schearim im Ostteil der Stadt gezündet werden.
  • Israel will die Militäreinsätze in Rafah im Gazastreifen auch nach Beendigung seiner umstrittenen Aktion fortsetzen. Das melden israelische Medien am 25. Mai unter Berufung auf Militärkreise. Wie palästinensische Sicherheitskreise mitteilten, sind im Umkreis der Stadt und im Grenzbereich zu Ägypten weiterhin zahlreiche israelische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge stationiert. Ein israelischer Armeesprecher hatte die Offensive am 24. Mai für beendet erklärt.
    Die israelischen Truppen hinterließen in den Stadtteilen Tel Sultan und Brasil eine Spur der Verwüstung. Die Straßen lagen voll Schutt und waren aufgerissen. Nach einer ersten Schätzung der Vereinten Nationen wurden 45 Häuser völlig zerstört, 575 Menschen seien obdachlos geworden. Die Palästinenser sprachen von 300 zerstörten Häuser, Israel selbst von 56 zerstörten oder beschädigten Gebäuden. Der Bürgermeister von Rafah, Said Saghub, sagte, 500 Familien seien obdachlos geworden. 45 Palästinenser seien ums Leben gekommen, darunter 17 Bewaffnete und zwölf Kinder unter 16 Jahren. Er schätzte die Schäden an der Infrastruktur auf sieben Millionen Dollar.
  • In Rafah im Gazastreifen ist erneut ein Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen worden. Der 42-Jährige wurde am 26. Mai von Schüssen in die Brust getroffen, die nach palästinensischen Krankenhausangaben von einem israelischen Stützpunkt nahe der ägyptischen Grenze abgefeuert wurden. Das Opfer habe sich im Flüchtlingslager von Rafah in der Nähe des Stadtviertels Tal el Sultan befunden, hieß es weiter. Es war zunächst unklar, warum die israelischen Soldaten geschossen hatten.
  • Aus Verärgerung über die jüngsten israelischen Militäraktionen im Gazastreifen erwägt die Türkei einen vorübergehenden Abzug ihres Botschafters aus Israel. Möglicherweise werde der türkische Botschafter in den nächsten Tagen in die Türkei zurückkehren, sagte Außenminister Abdullah Gül am 26. Mai vor Journalisten in Ankara. Die Rückberufung sei aber nur eine vorübergehende Maßnahme.
  • Israel will einem Zeitungsbericht zufolge zwei deutsche U-Boote vom Typ U 212 kaufen. Der Bundesregierung liege eine entsprechende Voranfrage aus Israel vor, berichtete die "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 26. Mai). Das U 212 gelte mit seinem geräuschlosen Brennstoffzellen-Antrieb als eines der modernsten U-Boote der Welt.
  • Die israelischen Streitkräfte haben nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) im vergangenen Jahr mehr als 600 Palästinenser getötet, darunter 100 Kinder. Das geht aus dem am 26. Mai veröffentlichten Jahresbericht 2004 der Organisation hervor. Nach der jüngsten israelischen Militäroffensive im Flüchtlingslager Rafah forderte AI außerdem eine unabhängige Untersuchung des Todes zweier Kinder und mehrerer Demonstranten.
  • Die israelische Polizei hat am 26. Mai den britischen Journalisten Peter Hounam festgenommen, der vor fast zwanzig Jahren die Enthüllungen des israelischen Atomexperten Mordechai Vanunu veröffentlicht hatte. Zivilpolizisten und Sicherheitskräfte hätten den Reporter der britischen Zeitung "Sunday Times" in seinem Hotel in Gewahrsam genommen, berichteten Augenzeugen. Dem Militärrundfunk zufolge hatte Hounam Kontakt mit dem ehemaligen Atomexperten und will mit ihm ein Buch herausgeben. Das zuständige Gericht in Jerusalem verhängte eine strikte Nachrichtensperre.
    Die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen (Reporters sans Frontičres, RSF) hat von Israel die sofortige Freilassung des britischen Journalisten Peter Hounam gefordert. In einer am RSF-Sitz in Paris verbreiteten Erklärung zeigte sich RSF am 27. Mai "bestürzt" über die am Vorabend erfolgte Festnahme Hounams, die offenbar in direktem Zusammenhang mit der Arbeit des Briten über den israelischen Atomexperten Mordechai Vanunu stehe. Israels Behörden seien "anscheinend zu allem bereit", um Informationen über ihr Atomprogramm zu "ersticken", kritisierte die Organisation.
    Die israelische Polizei entließ Hounam am Abend desselben Tages im Zentrum von Jerusalem aus einem Gefängnis, wie Fernsehbilder zeigten. Er sei "kein Atomspion", sagte der Journalist anschließend. Er glaube nicht, dass die israelischen Behörden mit seiner Festnahme "eine besonders gute Arbeit gemacht haben".
    Am 28. Mai ist Peter Hounam des Landes verwiesen worden. Polizisten begleiteten den 60-Jährigen zum Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv, wo Hounam eine Maschine Richtung London bestieg, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
  • Am 28. Mai befasste sich der Bundestag mit der Lage im Nahen und Mittleren Osten. In der zweistündigen Debatte kamen auch die Entwicklung im Irak und die bekannt gewordenen Foltermethoden zur Sprache. (Die Debatte und die vorliegenden Entschließungsanträge sind hier dokumentiert: Nahost- und Irak-Debatte im Deutschen Bundestag.)
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen israelischen Konvoi im Gazastreifen sind die beiden Attentäter getötet und ein israelischer Soldat verletzt worden. Die Täter sprengten sich in Rafah neben einem Militärfahrzeug, das einen Bus mit israelischen Arbeitern eskortierte, in die Luft, wie die israelische Armee am 28. Mai mitteilte. Dabei habe ein Soldat Verletzungen erlitten. Der Anschlag ereignete sich nahe des Grenzübergangs zwischen dem Gazastreifen und Ägypten.
  • Beim Versuch eines Angriffs auf israelische Soldaten im Gazastreifen ist am Abend des 28. Mai ein Palästinenser getötet worden. Der 21-Jährige habe im Flüchtlingslager Rafah eine Granate gegen ein gepanzertes israelisches Militärfahrzeug abfeuern wollen, als das Geschoss vorzeitig explodiert sei, teilten Krankenhausmitarbeiter und Augenzeugen mit. Palästinensische Sicherheitskräfte sagten dagegen, der Mann sei von einer israelischen Panzergranate getroffen worden.
29. bis 31. Mai
  • Meldung a (AFP): Bewaffnete Palästinenser haben am 29. Mai im nördlichen Westjordanland einen israelischen Soldaten erschossen. Die Extremisten hätten im Flüchtlingslager Balata bei Nablus das Feuer auf eine israelische Patrouille eröffnet, berichteten Augenzeugen. Zu dem Überfall bekannten sich die El-Aksa-Brigaden, ein bewaffneter Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Das Militär bestätigte zwar den Angriff, jedoch vorerst nicht den Tod des Soldaten. Die israelische Armee gibt über getötete Soldaten erst Auskunft, nachdem sie die Familie informiert hat.
    Meldung b (AP): Während einer israelischen Razzia im Westjordanland ist es am 29. Mai zu einem Feuergefecht zwischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern gekommen. Über mögliche Opfer war zunächst nichts bekannt. Wie die Armee mitteilte, handelte es sich bei der Durchsuchung des Flüchtlingslagers Balata bei Nablus um eine Routineoperation. Auf der Suche nach mutmaßlichen Extremisten haben israelische Soldaten das Lager in den vergangenen Tagen wiederholt durchkämmt.
  • Israelische Soldaten haben in der Nacht zum 29. Mai im Gazastreifen einen bewaffneten Palästinenser getötet. Der 22-jährige Mann habe mit zwei Komplizen versucht, in der Nähe der Sperranlage bei Beit Hanun einen Sprengsatz zu legen, sagten palästinensische Sicherheitskräfte. Der Getötete habe der radikalen Volksfront zur Befreiung Palästinas angehört. Seine zwei Komplizen seien geflohen. Die israelische Armee teilte mit, die Leiche sei am Samstagmorgen gefunden und für die Palästinenser freigegeben worden.
  • In der Altstadt von Jerusalem griff ein Palästinenser einen Israeli mit einem Messer an und verletzte ihn am Rücken. Wie die Polizei mitteilte, ereignete sich der Zwischenfall am 29. Mai auf einer Hauptstraße im muslimischen Viertel. Der Verletzte sei aus eigener Kraft zur Klagemauer gegangen, wo er versorgt worden sei, bevor man ihn ins Krankenhaus gebracht habe.
  • Ägypten hat sich auf Bitten des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon bereit erklärt, der Palästinenserbehörde im Falle eines israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen in Sicherheitsfragen zu helfen. Wie die ägyptische Nachrichtenagentur Mena am 29. Mai berichtete, kündigte Präsident Husni Mubarak in einem Schreiben an Scharon die sofortige Entsendung von Experten an. Laut Mena hatte Scharon Ägypten im Zusammenhang mit seinem geänderten Rückzugsplan aus dem Gazastreifen um Unterstützung gebeten. (Nicht mitgeteilt wurde in dieser Nachricht, ob die Palästinenserbehörde dazu auch gefragt wird.)
  • Die israelische Armee hat in der Nacht zum 30. Mai bei einem Luftangriff auf Gaza-Stadt drei Mitglieder der radikalislamischen Hamas-Bewegung getötet. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitsvertreter gehörten zu den Todesopfern zwei lokale Führer der Essedin-el-Kassem-Brigaden, des bewaffneten Flügels von Hamas. Ein israelischer Kampfhubschrauber habe auf die beiden Palästinenser eine Rakete abgefeuert, während sie mit ihrem Motorrad in dem Stadtteil Seitun unterwegs gewesen seien. Ein 18-jähriger Hamas-Kämpfer sei beim Raketenbeschuss seines Hauses getötet, seine Frau verletzt worden. Bei den Angriffen wurden insgesamt sieben Menschen verletzt, hieß es. Vertreter der Brigaden kündigten "Rache für die drei Morde" an.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat die geplante Kabinettsabstimmung über seinen Rückzugsplan für den Gazastreifen verschoben. Dies berichtete der öffentliche israelische Rundfunk. Der Regierungschef habe sich entschlossen, die für den 30. Mai angesetzte Entscheidung auf die kommende Woche zu verschieben und dies zu Beginn der Kabinettssitzung verkündet, hieß es in dem Bericht. Scharons Abzugsplan stößt innerhalb der Regierung auf heftigen Widerstand. Israelische Medien berichteten in den vergangenen Tagen, Finanzminister Benjamin Netanjahu führe die Reihen der Kritiker an. Die geplante Abstimmung im Kabinett gilt allgemein als Vertrauensabstimmung.
    Nach der Verschiebung der Kabinettsabstimmung über seinen Rückzugsplan aus dem Gazastreifen hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon am 30. Mai seinen Kabinettschef Dov Weisglass nach Washington entsandt. Nach Angaben von Scharons Sprecher Asaf Schariv sollte Weisglass noch am Abend in die USA aufbrechen. Er solle die US-Regierung über die Haltung Scharons unterrichten, der zu "keinerlei Zugeständnissen" bei seinem Plan zum schrittweisen Abzug aus dem Gazastreifen bereit sei. In Washington soll Weisglass die nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice treffen. Das Treffen im Rahmen regelmäßiger Gespräche stehe bereits seit drei Wochen fest.
  • Das israelische Parlament hat die für den 31. Mai geplante Debatte um den Gaza-Rückzugsplan von Ministerpräsident Ariel Scharon um eine Woche verschoben. Nach Rundfunkinformationen bat Scharon um den Aufschub, weil sich in der Knesset keine Mehrheit für den Plan abzeichnete. Ursprünglich hatte Scharon vor den Abgeordneten das Wort ergreifen wollen, um für seinen Plan zu werben. Die Debatte soll nun am 8. Juni stattfinden.
  • Israel und die Palästinenserführung haben angeblich eine Friedensinitiative aus Kairo akzeptiert. Der Plan sehe ein Ende der Gewalt, die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen und ein Treffen zwischen dem palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kureia und Israels Regierungschef Ariel Scharon vor, meldete die ägyptische Nachrichtenagentur Mena am 31. Mai. Der Chef des ägyptischen Geheimdienstes, Omar Suleiman, hat die Initiative und eine Botschaft von Präsident Husni Mubarak demnach beiden Seiten in der vergangenen Woche vorgestellt. Scharon habe den Vorstoß begrüßt und ein Ende der Militäreinsätze unter der Voraussetzung zugesagt, dass die Palästinenser sich ihrerseits für einen Gewaltstopp einsetzten, meldete Mena. Einen Zeitplan nannte die Agentur nicht. Kureia sagte in Ramallah im Westjordanland, er habe nichts gegen ein Treffen mit Scharon. Er befürworte Zusammenkünfte, "die Ergebnisse bringen". Der Chefberater von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, Nabil Abu Rudeina, betonte, für jede Initiative sei der Rückzug aus Gaza Vorbedingung.
  • Angesichts der Zerstörungen im palästinensischen Flüchtlingslager Rafah durch die israelische Armee hat die UN-Organisation für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. Für Obdachlose palästinensische Familien und Hinterbliebene seien dringend knapp 16 Millionen Dollar (rund 13 Millionen Euro) erforderlich, sagte UNRWA-Chef Peter Hansen am 31. Mai in Jerusalem. Davon seien 11,5 Millionen für die Unterbringung von etwa 560 Flüchtlingsfamilien vorgesehen; ein Teil der Hilfe solle Kranken und Verletzten zugute kommen. Zudem müsse das Abwassersystem repariert und die Wasserversorgung wieder hergestellt werden.
  • Die israelische Armee ist nach Angaben von Verteidigungsminister Schaul Mofas auch zu einem Rückzug aus dem Grenzgebiet zwischen dem besetzten Gazastreifen und Ägypten bereit. Israel und Ägypten wollten die Frage in Arbeitsgruppen erörtern, sagte Mofas nach Radioberichten am 31. Mai vor den Parlamentsausschüssen für Verteidigung und Außenpolitik.


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