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Nahostkonflikt: 16. bis 30. April 2004

Chronologie der Ereignisse

16. bis 18. April
  • Auf Drängen der EU wird am 28. April das so genannte Nahost-Quartett (EU, USA, UN, Russland) in Berlin über eine Wiederbelebung des Friedensprozesses beraten.
    Am Rande eines Treffens der EU-Außenminister im irischen Tullamore am 16. April erklärte Gastgeber Brian Cowen, Europa hege "Vorbehalte" gegen das Vorgehen Washingtons, wonach sich Bush und Sharon bei ihrem Treffen am 14. April schon vor Verhandlungen auf ein Ergebnis verständigt hätten. Cowen sagte: "Es bleibt dabei, dass Israel Frieden mit seinen Feinden machen muss, nicht mit seinen Freunden." Eine Veränderung der Grenzen von 1967 sei nur im Rahmen einer Übereinkunft zwischen Israel und Palästinensern möglich.
  • Am 16. April sagte Bundeskanzler Schröder nach einem Treffen mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, die Palästinenser hätten "einen Anspruch darauf, dass nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden wird". Schröder begrüßte den Teilrückzugsplan der Israelis, dieser Rückzug müsse aber im Rahmen des internationalen Friedensplans (gemeint ist die "Roadmap") geschehen. Mubarak forderte ebenfalls ein Festhalten an der Roadmap. Die Weiterexistenz mehrerer Siedlungen im Westjordanland bedeutete eine weitere "Besatzung", die "Widerstand hervorrufen" werde.
  • Israelische Zeitungen stellten am 16. April den Abzugsplan aus dem Gazastreifen vor. Danach sei nicht daran gedacht, die Häuser zu zerstören. Die Siedlungen sollen vollständig den Palästinensern überlassen werden. Der Rückzug soll bis 2005 vollzogen sein. Allerdings soll ein "Patrouillenstreifen" entlang der Grenze zu Ägypten weiter von israelischem Militär kontrolliert werden.
  • US-Präsident George W. Bush hat seinen Kurswechsel in der Nahostpolitik relativiert. Das Verhandlungsergebnis zum "Endstatus" zwischen Israelis und Palästinensern werde dadurch nicht vorweg genommen, sagte Bush bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair am 16. April in Washington. Zwei Tage zuvor hatte Bush jedoch Israel das Recht auf Teile des Westjordanlands zugebilligt. "Alle Fragen, die mit dem Endstatus zusammenhängen, müssen noch zwischen den Parteien verhandelt werden", sagte Bush auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Blair im Rosengarten des Weißen Hauses. Den Plan des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon für einen vollständigen Rückzug aus dem Gazastreifen bei gleichzeitigem Verbleib in Teilen des Westjordanlandes bewertete er als "fantastische Chance". Die Palästinenser könnten nun mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft eine "reformierte, gerechte und freie Regierung" einsetzen und so den Weg zu einem eigenen Staat ebnen.
  • Israelische Truppen zogen sich am 16. April nach einer eintägigen Militäraktion aus dem Flüchtlingslager Rafah zurück. An der Aktion wurden rund 30 palästinensische Häuser zerstört oder beschädigt, berichteten die örtlichen Behörden.
  • Bei einer Explosion in einem Flüchtlingslager im Westjordanland ist am 16. April ein "radikalislamischer" (AFP) Palästinenser gestorben. Zwei weitere Palästinenser seien verletzt worden, als sich in einem Billardraum im Flüchtlingslager Askar im Osten von Nablus eine Explosion ereignet habe, verlautete von Sicherheitskräften und Medizinern. Vermutlich sei ein Sprengsatz explodiert, den die drei Palästinenser für einen anti-israelischen Anschlag verwenden wollten.
  • Die EU-Außenminister haben den Friedensplan des Nahost-Quartetts zum einzigen Weg zur Lösung des Nahost-Konflikts erklärt. In einer gemeinsamen Erklärung zum Abschluss der informellen Beratungen im irischen Tullamore bekräftigten die Minister am 17. April ihre Unterstützung für die so genannte Road Map. Die EU unterstütze weiterhin eine in Verhandlungen erzielte Einigung zur Schaffung eines palästinensischen Staates neben Israel "innerhalb anerkannter und sicherer Grenzen". Der Friedensplan des Nahost-Quartetts sei "der einzige Weg, um zu solch einer Einigung zu kommen", hieß es.
  • Bei einem Selbstmordanschlag am Grenzübergang Eres zwischen Israel und dem Gazastreifen sind am 17. April nach israelischen Angaben mindestens drei Menschen verletzt worden, einer von ihnen schwer. Der israelische Militärrundfunk berichtete von einer Explosion nahe eines Industriegebiets, in dem tausende Palästinenser arbeiten. Nach Angaben palästinensischer Augenzeugen ereignete sich die Explosion jedoch an einem Eingang zum Industriegebiet und wurde von einer von radikalen Palästinensern abgeschossenen Rakete verursacht. Das Industriegebiet wurde nach der Explosion evakuiert und abgeriegelt.
  • Hamas-Führer Abdelasis el Rantissi liqidiert
    (Vgl. hierzu auch: Freibrief aus Washington?.)
    Knapp vier Wochen nach der Liquidierung von Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin hat die israelische Luftwaffe auch dessen Nachfolger Abdelasis el Rantissi getötet. Der 56-Jährige erlag in Gaza seinen schweren Verletzungen. Nach palästinensischen Angaben feuerte am 17. April ein israelischer Hubschrauber mindestens zwei Raketen auf das Fahrzeug ab, in dem Rantisi zusammen mit zwei Leibwächtern unterwegs war. Die beiden Leibwächter kamen ebenfalls ums Leben. Die Hamas kündigte Vergeltung an. Die israelische Regierung hatte trotz der weltweiten Kritik an dem tödlichen Angriff auf Yassin angekündigt, an der gezielten Tötung radikaler Palästinenser festzuhalten. Rantisi war bereits kurz, nachdem er am 23. März die Nachfolge Yassins als Chef der Hamas im Gazastreifen angetreten hatte, von Israel als vorrangiges Tötungsziel benannt worden. Nach Krankenhausangaben wurden bei dem Angriff am 17. April auch mindestens sechs unbeteiligte Passanten verletzt.
  • Israel habe "das Recht, sich selbst zu verteidigen", erklärte US-Präsidentensprecher Scott McClellan nach dem Attentat auf el Rantissi am 17. April. Die Hamas bezeichnete er als "Terrororganisation". Israel müsse jedoch die "Konsequenzen seiner Handlungen bedenken".
    Die Europäische Union kritisierte den Angriff auf Rantissi dagegen als unrechtmässig. Die EU habe die israelische Praxis der gezielten Tötung radikaler Palästinenser stets verurteilt, erklärte EU-Chefdiplomat Javier Solana. "Israel hat das Recht, seine Bürger vor Terrorangriffen zu schützen, aber Handlungen dieser Art sind nicht nur rechtswidrig, sie dienen auch nicht dazu, die Spannungen zu entschärfen."
    Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kureia sagte, Israel habe mit der Tötung Rantissis "alle roten Linien überschritten". Kabinettsminister Sajeb Erakat warf Israel Staatsterrorismus vor. Ein Sprecher der Arabischen Liga sagte, der Angriff wenige Tage nach dem USA-Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon nähre den Verdacht, dass Israel die Zustimmung Bushs dafür erhalten habe. Sowohl von amerikanischer als auch von israelischer Seite wurde dies dementiert. Washington sei nicht vorab informiert worden, hieß es.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die gezielte Tötung von Hamas-Führer Abdelasis el Rantissi durch Israel verurteilt. In einer am 17. April veröffentlichten Erklärung forderte Annan Israel zu einem "unverzüglichen Stopp" der "außergerichtlichen Tötungen" auf. Er sei besorgt, dass "diese Aktion zu einer weiteren Verschlechterung der schon Besorgnis erregenden und brüchigen Lage" in Nahost führen werde. Der "einzige Weg, eine Eskaltion zu stoppen", sei die Zusammenarbeit von Israelis und Palästinensern auf dem Verhandlungsweg, der sich auf eine "gerechte, dauerhafte und umfassende Eingung auf Basis der "Road Map" des Nahost-Quartetts richte, erklärte Annan.
  • Die radikale Hamas-Bewegung hat am 18. April einen Nachfolger für den von Israel getöteten Abdel Asis Rantissi ernannt. Die Identität des neuen Hamas-Führers im Gazastreifen wurde jedoch geheim gehalten. Wie verlautete, ordnete dies der Leiter des politischen Büros der Organisation in Syrien, Chaled Maschaal, an. Im israelischen Armeeradio hiess es, Rantissis bisheriger Stellvertreter Mahmud Sahar solle künftig die Hamas im Gazastreifen leiten. Eine Bestätigung dafür gab es jedoch nicht.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat den Streitkräften für die Liquidierung des Hamas-Führers im Gazastreifen, Abdel Asis Rantissi, gedankt. Zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung kündigte Scharon am 18. April zugleich die gezielte Tötung weiterer führender Vertreter militanter Organisationen an. Minister Gideon Esra sagte, auch Chaled Maschaal, der von Damaskus aus das politische Büro der Hamas leitet, könnte zum Ziel eines Angriffs werden.
  • Mehrere hunderttausend Palästinenser haben am 18. April in Gaza Abschied von Hamas-Führer Abdel Asis el Rantissi genommen. Einen Tag nach dem gezielten israelischen Angriff, bei dem Rantissi zusammen mit zwei Leibwächtern ums Leben kam, wurden die drei Toten vom Krankenhaus durch die völlig überfüllten Straßen von Gaza zur größten Moschee getragen. Die Menschenmenge rief "Rache, Rache" oder "Gott ist groß", Frauen warfen Blumen und Süßigkeiten auf die Trauerprozession. Auch bewaffnete Mitglieder anderer nationalistischer und islamistischer Bewegungen, die unaufhörlich Schüsse in die Luft abgaben, nahmen an der Beerdigung teil.
  • Die Bundesregierung hat Israels tödlichen Luftangriff auf Hamas-Führer Abdelasis el Rantissi verurteilt. Deutschland habe gemeinsam mit der EU gezielte Tötungen "immer abgelehnt", sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer am 18. April in Paris nach Beratungen mit seinem französischen Kollegen Michel Barnier und dem Irak-Beauftragten der Vereinten Nationen, Lakhdar Brahimi. "Wir halten das für ein Mittel, das nicht angewendet werden darf", fügte Fischer hinzu. "Die Ereignisse vor Ort erfüllen uns mit großer Sorge."

Chronik gezielter Liquidierungen palästinensischer Führer

Die Nachrichtenagentur AP veröffentlichte am 18. April eine kleine Übersicht über gezielte Tötungen von "prominenten" palästinensischen Führungspersonen durch die israelische Armee. Die Liste ist möglicherweise nicht vollständig. Nicht aufgeführt sind zahlreiche weitere gezielte Angriffe auf Mitglieder von Hamas, Islamischer Dschihad und anderer Organisationen, bei denen die Opfer nicht getötet, sondern nur verletzt wurden.
  • 17. April 2004: Abdel Asis Rantissi, der Hamas-Führer im Gazastreifen, wird durch einen Raketenangriff in Gaza-Stadt getötet. Zwei Leibwächter kommen ebenfalls ums Leben.
  • 22. März: Der Gründer und spirituelle Führer der Hamas, Scheich Ahmed Jassin, wird mit einem Raketenangriff in Gaza liquidiert.
  • 25. Dezember 2003: Mekled Hameid, Führungsmitglied des Islamischen Dschihad, wird Opfer eines Raketenangriffs. Mit ihm sterben zwei weitere Mitglieder der Untergrundorganisation sowie zwei Zivilpersonen.
  • 20. Oktober 2003: 14 Palästinenser kommen bei einem Raketenangriff auf einen Wagen im Flüchtlingslager Nusseirat im Gazastreifen ums Leben. Nach palästinensischen Angaben sind zwei Extremisten unter den Opfern, nach israelischer Darstellung sind es mehr.
  • 21. August 2003: Drei Hamas-Aktivisten, darunter das prominente Führungsmitglied Ismail Abu Schanab, werden bei einem Raketenangriff getötet. Ein Unbeteiligter kommt ums Leben, mindestens 15 Zivilpersonen werden verletzt.
  • März 2003: Der einflussreiche Hamas-Stratege Ibrahim Makadmeh wird durch einen Raketenangriff liquidiert.
  • Juli 2002: Hamas-Kommandeur Salah Schehadeh wird zusammen mit 14 weiteren Palästinenser getötet, als die israelische Luftwaffe ein Bombe auf sein Haus in Gaza abwirft.
  • Januar 2002: Der Kopf der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden im Westjordanland, Raed Karmi, stirbt bei einem israelischen Angriff.

  • Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia sieht in der Liquidierung des Hamas- Führers Abdel Asis el Rantissi das Ende des Friedensprozesses mit Israel. "Nach unserer Einschätzung gibt es keinen Friedensprozess, und wir brauchen ein internationales Eingreifen, das Israel gegenüber weniger parteiisch ist als die US- Regierung", sagte Kureias Büroleiter Hassan Abu Libdeh am 18. April. Er warf US- Präsident George W. Bush vor, Scharon grünes Licht für den Ausbau von jüdischen Siedlungen, die Beschlagnahme palästinensischen Landes und weitere Tötungen gegeben zu haben.
  • US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sieht nach der jüngsten Initiative Scharons die Palästinenser in der Verantwortung, einen Beitrag zur Lösung des Konflikts zu leisten. Der Vorschlag des israelischen Regierungschefs bringe den Nahen Osten einem Frieden und der in der Road Map angestrebten Zwei-Staaten-Lösung näher, sagte Rice am 18. April in US-Fernsehsendungen. Im Sender ABC sagte sie, Scharon habe Bush vergangene Woche im Weißen Haus erklärt, sein Plan werde auf längere Sicht einen Beitrag zu der Zwei-Staaten-Lösung leisten. Die Nahost-Diplomatie habe in Jahrzehnten den Palästinensern keinen Kilometer verlorenen Gebiets zurück gebracht. Dann komme ein israelischer Führer und sage: "Ich nehme einseitig Siedlungen weg." Und dies sei "nicht irgendeinen israelischer Ministerpräsident, sondern Ariel Scharon, der Vater der Siedlungen", erklärte Rice. Dies sei eine hervorragende Gelegenheit, "und es ist Zeit, sich darauf zu konzentrieren, was die Palästinenser mit dieser Chance tun können".
  • Israelische Soldaten haben zwei arabische Israelis angeschossen, die zuvor auf die Grenzwachen gefeuert hatten. Der Zwischenfall ereignete sich am Abend des 18. April an einer Straßenkreuzung bei Kafr Kanna im Norden Israels, wie aus israelischen Polizeikreisen verlautete. Die Ortschaft liegt rund acht Kilometer von Nazareth entfernt. Über die Hintergründe des Angriffs wurde zunächst nichts bekannt.
19. bis 25. April
  • Angesichts der Pläne Israels für einen einseitigen Rückzug aus dem Gaza-Streifen wollen Deutschland und Frankreich am Friedensplan des Nahost-Quartetts festhalten. "Es gibt keine Alternative", sagte der französische Außenminister Michel Barnier am 19. April nach einem Treffen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) in Berlin. Beide Konfliktparteien hätten dem Plan zugestimmt.
  • Israel will Siedlungen im Westjordanland nicht nur dauerhaft halten, sondern Dutzende Millionen Euro in sie investieren. Einen entsprechenden Plan von Ministerpräsident Ariel Scharon unterstützte nach Verteidigungsminister Benjamin Netanjahu am 19. April auch Aussenminister Silvan Schalom. Netanjahu nannte zur Begründung für seine Unterstützung unter anderem die Rückendeckung der USA für die Pläne Scharons, sich aus dem Gazastreifen zurückzuziehen, aber Siedlungen im Westjordanland zu behalten. Das Vorhaben zu weiteren intensiven Investitionen widerspricht hingegen der so genannten Road Map - dem internationalen Friedensplan für den Nahen Osten, dessen Umsetzung derzeit auf Eis liegt. Dieser verpflichtet Israel, den Siedlungsbau einzufrieren.
  • EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat die Tötung des Hamas-Chefs Abdelasis el Rantisi durch Israel als "unverantwortlich" bezeichnet. Solche gezielten Tötungen "sind illegale und unverantwortliche Taten", sagte Prodi am 19. April in Rom. Er verurteile das Vorgehen der israelischen Regierung "ohne jede Einschränkung". Der internationale Friedensplan, "das einzige Projekt, dass für Israelis und Palästinenser Frieden und Sicherheit gewährleisten könnte, droht endgültig zu verbrennen", sagte Prodi,
  • Mit einer Schweigeminute haben am 19. April Millionen Israelis der Opfer des Holocaust gedacht. Fast das gesamte öffentliche Leben kam zum Stillstand, als Luftschutzsirenen um genau 10.00 Uhr (Ortszeit) aufheulten. Der Strassenverkehr kam zum Erliegen, die meisten Autofahrer stiegen aus und stellten sich neben ihren Wagen. Auch Passanten hielten inne. Die Gedenkminute wird von fast allen Juden in Israel respektiert. Im ganzen Land gab es Feierlichkeiten, unter anderem im israelischen Parlament und an der Gedenkstätte Jad Vaschem.
  • Eine palästinensische Rakete ist am Aben des 19. April in der jüdischen Siedlung Nissanit im nördlichen Gazastreifen explodiert. Nach Angaben von Rettungssanitätern und Siedlern wurden drei Israelis leicht verletzt. Die Rakete habe ein Haus in der Siedlung getroffen. Bei einem anderen Raketenangriff im Gazastreifen war zuvor ein Israeli schwer verletzt worden.
  • Israelische Soldaten haben am 19. April bei einer Razzia in einem Flüchtlingslager im Westjordanland einen Palästinenser erschossen. Die Soldaten hätten ein Haus in El Fawar nahe der Stadt Hebron im südlichen Westjordanland umzingelt, um einen gesuchten Palästinenser zu fassen, verlautete aus Armeekreisen. Als ein Mann versucht habe zu fliehen, hätten die Soldaten das Feuer eröffnet. Zuvor habe es die "üblichen Warnungen" gegeben. Ob es sich bei dem Toten um den Gesuchten handelte, war zunächst unklar.
  • Fast 40 Länder haben sich am 19. April im UN-Sicherheitsrat "schockiert" über die Tötung von Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi durch Israel geäußert. Deutschlands UN-Botschafter, Gunter Pleuger, warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt. Er forderte Israelis und Palästinenser zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Russland verurteilte "jegliche außergerichtliche Exekution". Die Debatte im Sicherheitsrat war zwei Tage nach dem tödlichen Raketenangriff auf Rantisi von Algerien beantragt worden.
  • Der politische Führer der Hamas, Chaled Maschaal, hat Araber und Muslime dazu aufgerufen, ihre Kräfte zur Verteidigung gegen die USA und Israel zu bündeln. Maschaal bezeichnete Amerika und Israel als die grössten Gefahren für Araber und Moslems in aller Welt. Der Hamas-Führer sprach am späten Abend des 19. April im Flüchtlingslager Jarmuk nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus auf einer Trauerfeier für den von Israel ermordeten Hamas-Führer Abdel Asis Rantissi.
  • Rund 18 Jahre nach seiner Entführung durch Agenten des Geheimdienstes Mossad und anschliessender Inhaftierung wird der israelische Atomspion Mordechai Vanunu am 21. April aus dem Gefängnis entlassen. Israel kommt die weltweite Aufmerksamkeit, die die Freilassung Vanunus mit sich bringt, nicht gelegen. Um Kritiker der israelischen Atompolitik an möglichen Freudenfeiern mit ihrem Helden zu hindern, verhängten die Behörden eine ganze Reihe von Auflagen. So darf Vanunu nicht mit Ausländern sprechen oder ins Ausland reisen. Aus Sorge, er könne politisches Asyl beantragen, darf er sich auch keiner ausländischen Botschaft nähern. Vanunu, der neun Jahre am Atomreaktor Dimona in der Wüste Negev arbeitete, hatte der britischen Zeitung "Sunday Times" 1986 Nukleargeheimnisse Israels verraten. Basierend auf seinen Beschreibungen und heimlich aufgenommenen Fotos kamen Experten zu dem Schluss, dass Israel über das sechstgrößte Atompotenzial der Welt verfüge. Noch im selben Jahr entführten Agenten des Mossad Vanunu in Rom und brachten ihn nach Israel. Dort wurde er in einem nicht öffentlichen Prozess zu 18 Jahren Haft verurteilt, von denen er zwölf in strenger Einzelhaft verbrachte. Dies trug ihm sogar eine Erwähnung im Guinness Buch der Rekorde ein.
    Israel hat die strengen Auflagen für den Atomexperten Mordechai Vanunu mit der Sorge um die Staatssicherheit begründet. Vanunu habe Staatsgeheimnisse über die Kernforschungsanlage Dimona verraten, "und er hütet noch Staatsgeheimnisse, von denen ein Teil nicht gelüftet wurde", erklärte das israelische Verteidigungsministerium am 20. April in Jerusalem. "Die Enthüllung dieser Geheimnisse könnte der Staatssicherheit schweren Schaden zufügen."
  • Im Norden des Gazastreifens haben Soldaten einen Palästinenser erschossen. Nach einem neuen Raketenangriff auf eine jüdische Siedlung habe die Armee am Morgen des 20. April in Bet Chanun einen Einsatz mit Panzerfahrzeugen und Planierraupen begonnen, berichteten Palästinenser. Dabei habe es Schießereien gegeben.
  • Israelische Soldaten haben am 20. April im nördlichen Gazastreifen fünf junge Palästinenser getötet. Vier 17-Jährige und ein 24-jähriger Mann seien beim Einmarsch israelischer Truppen in die Ortschaft Beit Lahija von Schüssen oder Granatsplittern tödlich getroffen worden, sagten Krankenhausmitarbeiter und Augenzeugen. Mindestens 30 Palästinenser wurden demnach verletzt, zwei von ihnen schwer.
  • US-Außenminister Colin Powell hat den arabischen Staaten zugesagt, dass sein Land auf die Sorgen über das amerikanische Engagement für die so genannte Road Map eingehen werde. Der Ärger vieler arabischer Länder habe unter anderem dazu geführt, dass der jordanische König Abdullah II. sein für den 21. April geplantes Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Washington verschoben habe, räumte Powell am 20. April ein. Zugleich betonte er, die Unterstützung von Bush für den israelischen Abzugsplan sei die beste Möglichkeit, um bei der Suche nach einer Lösung im Nahost-Konflikt voranzukommen.
  • Die israelische Armee ist am 21. April mit Panzern und Bulldozern in die palästinensische Ortschaft Beit Lahija im nördlichen Gazastreifen eingerückt. Bei stundenlangen Gefechten kamen neun Palästinenser ums Leben, darunter vier "Extremisten", wie aus palästinensischen Kreisen verlautete. Weitere 27 Personen wurden demnach verletzt. Aus der Gegend um Beit Lahija werden immer wieder Raketen auf nahe gelegene jüdische Siedlungen abgefeuert. Der Raketenbeschuss hat nach der gezielten Tötung von Abdel Asis Rantissi, dem Hamas-Führer im Gazastreifen, am vergangenen Samstag zugenommen. Seitdem schlugen nach israelischen Angaben 15 Sprengkörper in oder in der Nähe von jüdischen Siedlungen ein. Schon am 20. April war es bei einer israelischen Militäraktion im nördlichen Gazastreifen zu schweren Auseinandersetzungen gekommen, in deren Verlauf vier Palästinenser getötet und mehr als 30 verwundet wurden.
  • Unter dem Jubel von Atomwaffengegnern aus der ganzen Welt ist am 21. April der israelische Atomtechniker Mordechai Vanunu nach 18 Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hatte 1986 Einzelheiten über das streng geheime israelische Atomprogramm an die Öffentlichkeit gebracht, war danach von Agenten des Geheimdienstes Mossad in Rom entführt, nach Israel verschleppt und dort in einem Geheimprozess zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Für viele Israelis ist er immer noch ein Verräter, weshalb auch etliche Gegendemonstranten Schmähungen gegen ihn ausriefen. Der 50-jährige Vanunu gab sich in einer improvisierten Pressekonferenz vor dem Schikma-Gefängnis in der Küstenstadt Aschkelon ungebrochen. Die Geheimdienstagenten hätten versucht, ihm den Verstand zu rauben. "Ich sage dem Schin Bet und dem Mossad, ihr habt es nicht geschafft", sagte Vanunu. Auf die Frage, ob er ein Held sei, antwortete der Atomtechniker, all diejenigen, die ihn unterstützten, seien Helden. "Ich bin ein Symbol des Freiheitswillens", ergänzte er. Er sei "stolz und glücklich" über das, was er getan habe. Zugleich übte er harsche Kritik an den Haftbedingungen: Er sei "sehr grausam und barbarisch" behandelt worden, sagte er unter anderem unter Bezug auf die fast zwölf Jahre in strenger Einzelhaft. Er forderte Israel auf, den Atomreaktor Dimona für internationale Kontrollen zu öffnen. (Ein Porträt Vanunus lesen Sie hier: Mordechai Vanunu - Ein unbeugsamer Friedenskämpfer.)
  • Israelische Soldaten haben am Morgen des 22. April in Tulkarem im Westjordanland drei bewaffnete Palästinenser erschossen, wie die palästinensischen Behörden berichteten. Bei den drei Männern soll es sich um Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden gehandelt haben.
  • In Beit Lahija im Gazastreifen setzten die israelischen Truppen am 22. April ihre Militäroffensive den dritten Tag in Folge fort. Sie sprengten ein erst teilweise fertiggestelltes Haus in die Luft und beschädigten dabei mehrere nahestehende Gebäude. Ziel der Militäraktion ist nach israelischen Angaben, Raketenangriffe militanter Palästinenser auf umliegende jüdische Siedlungen zu unterbinden.
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat in der Nacht zum 22. April mehr als 20 Radikale aus seinem Hauptquartier in Ramallah geworfen. Es handelt sich um von Israel gesuchte Führer der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden. Nach palästinensischen Berichten reagierte Arafat damit auf Gerüchte, Israels Armee plane eine Razzia in Ramallah und eine Stürmung seines Hauptquartiers. Die Radikalen hatten in dem Gebäude Zuflucht gesucht.
  • Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) hat den geplanten einseitigen Abzug Israels aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands scharf verurteilt. Dieses Vorhaben sowie seine Rückendeckung in Washington schadeten dem Friedensprozess im Nahen Osten und sprächen den Palästinensern unabdingbare Rechte ab, hieß es am 22. April in der Abschlusserklärung eines OIC-Treffens in Malaysia. Die eintägige Dringlichkeitssitzung in Putrajaya befasste sich auch mit der angespannten Lage in Irak. "Wir verurteilen den jüngsten einseitigen israelischen Plan, weil damit international legitimierte Resolutionen gebrochen werden", lautete die Erklärung der Aussenminister und Regierungsbeamten aus rund 20 der 57 OIC-Staaten. Dem Beschluss zufolge soll eine OIC-Delegation unter Leitung des amtierenden Vorsitzenden Malaysia in Kürze nach Washington reisen, um die USA wieder auf den Friedensplan des Nahost-Quartetts, die so genannte Road Map, einzuschwören. Der ranghohe palästinensische Delegierte Faruk Kaddumi sagte, die USA hätten mit ihrer Kehrtwende gegenüber Israel ihre Glaubwürdigkeit verloren. Die OIC verurteilte ferner die gezielten Tötungen von mutmasslichen Extremisten in den besetzten Gebieten sowie den Bau des Sperrzauns zwischen Israel und dem Westjordanland.
  • Bei einem Einsatz der israelischen Armee im Norden des Gazastreifens sind am 22. April zwei kleine palästinensische Mädchen getötet worden. Eines der Mädchen wurde nach palästinensischen Krankenhausangaben durch Schüsse nahe der Ortschaft Beit Lahia getötet. Das andere starb nach dem Einatmen von Tränengas.
  • Ein palästinensischer Fotograf der Nachrichtenagentur AFP, Jamal Aruri, ist im Westjordanland von Unbekannten krankenhausreif geschlagen worden. Als er am späten Abend des 22. April vor seinem Haus in Ramallah seine Fotoausrüstung aus dem Auto holte, überfielen ihn maskierte Männer und schlugen ihn mit Knüppeln, wie Aruri am Freitag aus dem Krankenhaus berichtete.
  • Bei einer Razzia in Kalkilija im Westjordanland sind am 23. April drei Palästinenser getötet worden. Ein vierter wurde schwer verletzt, wie israelische Soldaten und Augenzeugen berichteten. Nach Militärangaben waren alle vier gesuchte Extremisten, die fliehen wollten. Bei dem Verwundeten handelt es sich laut Augenzeugen um den örtlichen Chef der Al-Aksa-Brigaden, die beiden Getöteten sollen dagegen Zivilisten gewesen sein. Anwohner erklärten, die Truppen hätten von einem Auto und einem Lastwagen heraus das Feuer auf eine Gruppe von mehreren Männern eröffnet.
  • Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hat Israel wegen der gezielten Tötung von Palästinenserführern kritisiert. Damit habe sich der Teufelskreis der Gewalt im Nahen Osten verstärkt, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am 23. April in Berlin. Die Morde an Scheich Jassin und an dem Hamas-Chef Rantisi seien nicht legitim. Zugleich kritisierte Huber palästinensische Selbstmordattentate. Die islamischen Verbände müssten sich von Terroranschlägen unzweideutig distanzieren, so Huber.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat erstmals öffentlich einen gezielten Schlag gegen den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat nicht ausgeschlossen. In einem am 23. April gesendeten Fernsehinterview sagte Scharon, er fühle sich nicht länger an das den USA gegebene Versprechen gebunden, Arafat kein Leid zuzufügen. - Bei einem Treffen vor drei Jahren habe er auf Bushs Drängen versprochen, Arafat körperlich unversehrt zu lassen, erklärte Scharon. "Nun sagte ich ihm, dass ich von dem Versprechen entbunden bin."
    Die US-Regierung hat Sharon zur Zurückhaltung gemahnt. "Wir betrachten ein Versprechen als ein Versprechen", sagte ein ranghoher US-Regierungsvertreter am 23. April der Nachrichtenagentur AFP. US-Außenminister Colin Powell hat die Todesdrohung des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon gegen Palästinenserpräsident Jassir Arafat ebenfalls zurückgewiesen. US-Präsident George W. Bush habe deutlich gemacht, dass er alle Angriffsversuche gegen den Palästinenserpräsidenten ablehne, sagte Powell am 23. April dem US-Fernsehsender ABC.
  • Die israelische Regierung will keine UN-Truppe für die Sicherung des Gazastreifens nach einem Abzug jüdischer Siedlungen akzeptieren. Israel wolle aber Hilfe befreundeter Staaten annehmen, zitierte die Tageszeitung "Haaretz" am 24. April einen israelischen UN- Diplomaten. Er reagierte damit auf ein Angebot der Vereinten Nationen.
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat die Drohung des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon mit einer Liquidierung am 24. April vor jubelnden Anhängern zurückgewiesen. Arafat forderte die etwa 2.000 Menschen vor seinem Hauptquartier in Ramallah auf, nicht in die Knie zu gehen.
  • Israelische Soldaten haben im Westjordanland drei Mitglieder der radikalen El-Aksa-Brigaden erschossen. Die drei Palästinenser seien von Elitesoldaten bei einem Schusswechsel in Dschenin in ihrem Auto getötet worden, teilten palästinensische Sicherheitskräfte am 24. April mit. Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers planten die drei einen Selbstmordanschlag in Israel.
  • Zwei Israelis sind durch palästinensischen Granatenbeschuss am 25. April leicht verletzt worden. Nach Militärangaben wurden die Geschosse auf eine israelische Siedlung im Gazastreifen abgefeuert und richteten dort an zwei Häusern großen Schaden an.
  • Die Armee nahm am Morgen des 25. April im Westjordanland sechs Palästinenser fest, nach vier von ihnen wurde gesucht, wie es weiter hieß.
  • Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hat die Unterstützung der USA für den israelischen Abzugsplan aus Gaza am 25. April kritisiert. Der Plan missachte UN-Resolutionen und trete die Rechte der Palästinenser mit Füssen, sagte Mubarak. Ein Abzug selbst sei zwar ein willkommener Schritt, doch die Haltung von US-Präsident George W. Bush enthalte "Versicherungen, die sich mit Fragen der letzten Phase" vor einer Einigung zwischen beiden Seiten befassten. Die Schaffung eines palästinensischen Staats im gesamten Gazastreifen und dem gesamten Westjordanland sowie die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge seien Themen, die den Kern des Friedensprozesses und seine Erfolgschancen beträfen, sagte Mubarak. Er rief die internationale Gemeinschaft und insbesondere die EU auf sich einzuschalten, "ohne zu versuchen, der einen oder der anderen Seite aus dem Ausland Lösungen aufzuzwingen".
  • In Libanon haben am 25. April Zehntausende Palästinenser für Jassir Arafat demonstriert. Sie protestierten gegen die Drohung der israelischen Regierung, den Palästinenserpräsidenten zu töten, wie ein AFP-Reporter aus dem Flüchtlingslager Burdsch el Schamali berichtete. In Bussen waren Palästinenser aus elf weiteren Flüchtlingslagern in den Ort im Süden Libanons gekommen. Sie folgten damit einem Aufruf von Arafats PLO.
  • Bei einem Angriff nahe Hebron im Westjordanland ist ein israelischer Grenzschützer getötet worden. Zwei weitere Grenzschützer wurden bei dem Zwischenfall am Abend des 25. April verletzt, wie das israelische Militär mitteilte. Die Männer waren in einem Auto in der Nähe der palästinensischen Ortschaft Idna nordwestlich von Hebron unterwegs, als sie von drei Angreifern beschossen wurden. Die israelischen Sicherheitskräfte leiteten eine Fahndung nach den Tätern ein. Zu dem Angriff bekannten sich die El-Aksa-Brigaden, der bewaffnete Arm der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat.
26. bis 30. April
  • Israelische Soldaten haben am 26. April im Norden des Gazastreifens einen 14-jährigen Palästinenser erschossen. Eine Kugel habe Ibrahim Mussa el Mukajad im Rücken getroffen, als die Armee in Beit Lahija das Feuer auf Steine werfende Jugendliche eröffnete, sagten Mediziner und Augenzeugen.
    Der Jugendliche ist der 3.944. Tote seit Beginn der Intifada im September 2000. 2.974 der Opfer waren Palästinenser, 900 Israelis.
  • 52 ehemalige britische Diplomaten haben in einem gemeinsamen Brief die Unterstützung von Premier Tony Blair für die Nahostpolitik von US-Präsident George W. Bush kritisiert. Wie die BBC am 26. April berichtet, forderten sie Blair auf, Bush entweder zu einer Änderung seiner Politik zu bewegen oder sich davon zu distanzieren. Bush unterstützt den umstrittenen Siedlungsplan des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon. Bei einem Besuch in Washington hatte sich Blair dem kürzlich angeschlossen.
  • Bei einer Explosion im Gazastreifen sind zwei Palästinenser getötet worden. Drei weitere Männer wurden nach Krankenhausangaben bei dem Vorfall am Abend des 26. April verletzt. Laut Augenzeugen ereignete sich die Explosion östlich des Flüchtlingslagers el Maghasi. Die Opfer sollen einen Angriff auf die israelische Armee vorbereitet haben.
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat eine Annahme des israelischen Plans zum Rückzug aus dem Gazastreifen bei gleichzeitigem Festhalten an mehreren Siedlungen im Westjordanland ausgeschlossen. Arafat sagte der brasilianischen Zeitung "Folha de Sao Paulo" (Ausgabe vom 26. April), es sei nicht hinnehmbar, dass Israel auch nach einem Abzug die Grenzen zwischen dem Gazastreifen und Ägypten sowie Israel kontrollieren wolle. In dem Interview wies der Palästinenserpräsident Vorwürfe zurück, er tue zu wenig im Kampf gegen palästinensische Attentäter. Seine Kritiker berücksichtigten nicht, dass die Palästinensergebiete geteilt seien. Seine Behörde sei "vollkommen gegen Anschläge" und habe bereits "viele verhindert", betonte Arafat. Es dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass es in den Reihen der Palästinenser "Fanatiker" gebe, wie auch unter den Israelis fanatische Gruppen existierten.
  • Israel hat nach eigenen Angaben den neuen Hamas-Führer im Gaza-Streifen identifiziert. Nach der gezielten Tötung von Abdel Asis Rantisi am 17. April sei Mahmud Sahar zu dessen Nachfolger ernannt worden, berichteten drei Zeitungen am 26. April unter Berufung auf Militärinformationen. Die Hamas wies die Berichte zurück. Die militante Palästinensergruppe hält die Namen ihrer Führer nach der Liquidierung von Rantissi geheim.
  • Israel hat bei den Vereinten Nationen offiziell Protest gegen den UN-Irak-Gesandten Lakhdar Brahimi eingelegt. Brahimis Äußerungen in der vergangenen Woche, Israel sei das "grosse Gift" im Nahen Osten, ließen Zweifel an der Objektivität und Unparteilichkeit der Weltorganisation aufkommen, erklärte der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman am 26. April in New York. Brahimi hatte am 21. April in einem Interview des französischen Rundfunksenders France Inter gesagt, die israelische Politik gegenüber den Palästinensern erschwere seine Bemühungen, eine Übergangsregierung für Irak zu etablieren. "Es gibt keinen Zweifel, dass das grosse Gift in der Region die israelische Politik der Herrschaft ist und das Leiden, das den Palästinensern zugefügt wird", sagte Brahimi. Die ungerechte Politik Israels werde ebenso ungerechterweise von den USA unterstützt.
  • Mehrere tausend jüdische Siedler und Anhänger der Ultrarechten haben am 27. April im Gazastreifen gegen den Plan des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon demonstriert, die dortigen Siedlungen aufzugeben. Unter dem Schutz der israelischen Armee hätten die Demonstranten nahe der Siedlung Gusch Katif israelische Flaggen gehisst, berichtete ein AFP-Fotograf. Über den Plan zur Räumung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen will Scharon am 2. Mai die Mitglieder seiner Likud-Partei abstimmen lassen.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will das Vorgehen gegen militante Palästinenser nach dem geplanten Abzug der Streitkräfte aus dem Gazastreifen verschärfen. Nach einem Truppenabzug könnten die Palästinenser Gewalt gegen Israelis nicht länger als Widerstand gegen die Besatzung rechtfertigen, sagte Scharon dem israelischen Fernsehsender Kanal 10 am 27. April. Der Regierungschef äußerte sich zuversichtlich, dass seine Likud-Partei dem geplanten Truppenabzug zustimmen werde.
  • Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern kostete am 27. April erneut sechs Menschen das Leben. Bei einer Explosion im Gazastreifen wurden drei Palästinenser getötet. Die Hamas-Bewegung erklärte, ein Mitglied der Organisation habe einen am Körper getragenen Sprengstoffgürtel zur Explosion gebracht. Er habe damit auf die Aufforderung von zwei mit Israel kollaborierenden Palästinensern reagiert, ihnen den Sprengstoff auszuhändigen. Zwei Begleiter des Hamas-Aktivisten hätten fliehen können. Palästinensische Sicherheitskräfte erklärten hingegen, bei den getöteten Angreifern habe es sich um Kriminelle gehandelt.
    Im nördlichen Westjordanland erschossen israelische Truppen bei einem Vorstoss ins Flüchtlingslager Tulkarem zwei Mitglieder militanter Organisationen. Ein dritter bewaffneter Palästinenser wurde nach Militärangaben verletzt.
    In Ramallah erlag ein 14-Jähriger seinen Schussverletzungen, die er bei Unruhen zu Beginn des Monats erlitt.
  • Die Palästinenserführung droht, die Anerkennung des Staates Israel bei einem Angriff auf ihren Präsidenten Jassir Arafat aufzukündigen. Israels Premier Ariel Scharon habe mit seinen Drohungen alle roten Linien überschritten, sagte dessen Berater Ahmed Abdel Rachman am 27. April in Ramallah. Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath warnte, bei einem Angriff auf Arafat drohe eine endlose Spirale der Gewalt.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat Kritik von Exdiplomaten an seiner Irak- und Nahost-Politik zurückgewiesen. Grossbritannien bleibe den Bemühungen um eine Demokratisierung Iraks und Frieden im Nahen Osten verpflichtet, betonte Blair am 27. April. Allerdings könne er die Frustration angesichts anhaltender Spannungen im israelisch-palästinensischen Konflikt verstehen, sagte der Regierungschef. (Wir haben den Brief der Diplomaten dokumentiert [deutsch und englisch]).
  • Israelische Kriegsschiffe haben am 27. April vor der Küste des Gazastreifens mehrere Maschinengewehrsalven abgefeuert. Die Streitkräfte teilten mit, die Marine habe zwei Warnschüsse gegen ein Fischerboot abgegeben, das sich vom Wasser her einer jüdischen Siedlung genähert habe.
  • Bei der Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Fahrzeugs im Gazastreifen sind am 28. April vier israelische Soldaten verletzt worden. Nach Angaben der Armee detonierte ein gestohlener israelischer Jeep in der Nähe der jüdischen Siedlung Kfar Darom. Der palästinensische Fahrer sei getötet worden, sagte eine Militärsprecherin. Zwei der Verletzten befänden sich in einem kritischen Zustand.
  • Die israelische Polizei hat den palästinensischen Universitätsrektor Sari Nusseibeh, den Mitbegründer eines alternativen Friedensplans für Nahost, am 28. April festgenommen. Grenzpolizisten hätten den Politikwissenschaftler festgenommen, als er sein Auto auf einem Universitätsparkplatz in Beit Hanina im Osten Jerusalems abgestellt habe, sagte sein Sprecher Dimitri Diliani der Nachrichtenagentur AFP. Nusseibehs Anwalt Jawad Bulos bestätigte die Festnahme seines Mandanten.
    Nusseibeh ist nach einem mehr als vier Stunden langen Verhör durch die israelische Polizei wieder frei gelassen worden. Nusseibeh sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei zur Anwesenheit palästinensischer Arbeiter aus dem Westjordanland auf dem Gelände der Jerusalemer Universität befragt worden, die keine Arbeitserlaubnis für Israel besessen hätten. Er habe zusagen müssen, bei einem möglichen Gerichtsverfahren zu erscheinen, sonst drohe ihm eine Geldstrafe von umgerechnet 1.865 Euro. "Das Verhör hatte nichts mit meinen politischen Aktivitäten zu tun."
  • Vor dem Wohnhaus des Polizeichefs vom Gazastreifen, Rasi Dschibal, hat sich in der Nacht zum 29. April eine schwere Explosion ereignet. Dabei sei niemand verletzt worden, verlautete aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Demnach ereignete sich die Detonation kurz nachdem Dschibal sein Haus in Gaza verlassen hatte. Es gab keine Informationen über eine mögliche israelische Militäraktion in dem Sektor. Die palästinensischen Sicherheitsdienste begannen mit ihren Ermittlungen zur Ursache der Explosion.
  • Bei einem Angriff auf eine jüdische Siedlung im Westjordanland ist am 29. April ein radikalislamischer Palästinenser getötet worden. Israelische Soldaten hätten den Mann in der Siedlung Kadim im Norden des Palästinensergebietes erschossen, nachdem er das Feuer auf Wachsoldaten eröffnet habe, verlautete aus palästinensischen Ärzte- und Sicherheitskreisen.
  • Die Bundesregierung will sich weiter aktiv für einen Friedensprozess im Nahen Osten einsetzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte am 29. April beim Besuch des israelischen Staatspräsidenten Moshe Katsav in Berlin, das Engagement für eine "friedliche und gerechte Lösung im Nahen Osten" sei zentraler Bestandteil deutscher Außenpolitik. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) ergänzte, man kenne die Positionen im Detail und suche nach Lösungen. Neben Schröder und Fischer sprach Katsav auch mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und CDU-Chefin Angela Merkel. Im Beisein Katsavs wurde in Berlin-Mitte eine Yitzhak-Rabin-Straße zu Ehren des 1995 ermordeten israelischen Ministerpräsidenten eingeweiht. Am Abend war Katsav bei einem Abendessen des Zentralrates der Juden eingeladen. Der Bundeskanzler sprach sich erneut dafür aus, die so genannte "Road Map" als Basis für einen Frieden im Nahen Osten zu nehmen. Deutschland unterstütze die "Road Map" und die darin enthaltene Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser.
  • Die Mehrheit der Likud-Partei des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon lehnt Umfragen zufolge dessen Rückzugsplan aus dem Gazastreifen ab. Der Plan, über den die etwa 200.000 Likud-Mitglieder am 2. Mai abstimmen, sieht die Aufgabe der jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen bei gleichzeitiger Beibehaltung der Besiedlung großer Teile des Westjordanlandes durch Israel vor. Das Ergebnis der am 29. April veröffentlichten Erhebungen bedeutet eine Abkehr vom bisherigen Meinungsbild. Nach einer Befragung für die Tageszeitung "Jediot Ahronot" sind 47 Prozent der fast 200.000 Parteimitglieder gegen und 39 Prozent für den umstrittenen Plan, 14 Prozent sind noch unentschlossen. Laut einer in der Zeitung "Maariv" veröffentlichten Umfrage sind 45 Prozent dagegen, 42 Prozent dafür und 13 Prozent noch unentschlossen. In einer vom israelischen Hörfunk vorgenommenen Erhebung lauten die entsprechenden Zahlen 47, 43 und zehn Prozent. Der Ministerpräsident warnte die Likud-Mitglieder davor, am 2. Mai mit "Nein" zu stimmen. Seine Parteifreunde könnten nicht gleichzeitig für ihn und gegen seinen Plan sein, sagte er im israelischen Rundfunk. Eine Ablehnung des Vorhabens wäre der "größtmögliche Sieg" für Palästinenserpräsident Jassir Arafat und die radikalislamische Hamas, fügte Scharon hinzu. Er warf "ultrarechten Kräften" vor, mit ihrer Kampagne gegen den Plan, den Sturz seiner Regierung zu betreiben. Von einem möglichen Rücktritt im Falle eines mehrheitlichen "Neins" sprach er nicht.
  • Israelische Soldaten haben am Abend des 29. April einen Palästinenser erschossen. Der 22-Jährige sei während einer israelischen Militäraktion in Hares bei Kalkilija im nördlichen Westjordanland tödlich in die Brust getroffen worden, sagten palästinensische Sicherheitskräfte. Vertreter der Armee sagten, Soldaten hätten außerhalb des Dorfes einen Mann dabei beobachtet, wie er "einen großen Gegenstand" auf das Auto eines Siedlers geworfen habe. Daraufhin sei das Feuer auf ihn eröffnet worden.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat Palästinenserpräsident Jassir Arafat aufgefordert, den Plan des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon als Chance für den Nahost-Friedensprozess zu begreifen. Dies sei dann der Fall, wenn der Plan zur Auflösung jüdischer Siedlungen im Gazastreifen der Auftakt zu einem vollständigen Rückzug aus den Palästinensergebieten sei, heißt es in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP am 30. April vorlag. Im Gegenzug zur Auflösung der jüdischen Siedlungen müssten die palästinensischen Angriffe und Anschläge aufhören.


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