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Nahostkonflikt: 1. bis 15. April 2004

Chronologie der Ereignisse

1. bis 4. April
  • Israelische Soldaten und bewaffnete Palästinenser haben sich am 1. April in Bethlehem ein etwa einstündiges Feuergefecht geliefert. Die Truppen waren nach einem Bericht des Armee-Rundfunks am frühen Morgen in die Stadt im Westjordanland vorgestoßen, um gesuchte Untergrundkämpfer festzunehmen. Als sich die Soldaten einem psychiatrischen Krankenhaus näherten, wurden sie beschossen. Schließlich drangen die Soldaten in die Klinik ein und nahmen zwölf gesuchte Palästinenser fest. Nach dem Einsatz zogen sich die Truppen wieder aus Bethlehem zurück.
  • Die UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) hat am 1. April ihre Nahrungsmittellieferungen für mehrere hunderttausend bedürftige Palästinenser in den Gazastreifen eingestellt. Als Grund nannte die Organisation Restriktionen der israelischen Behörden am einzigen Handelsgrenzübergang zwischen Israel und dem Gazastreifen. Von der Einstellung der Lebensmittelhilfe sind nach Angaben von UNWRA rund 600.000 der 1,3 Millionen im Gazastreifen lebenden Palästinenser betroffen.
    Nach zwei Selbstmordanschlägen am 14. März in der israelischen Hafenstadt Aschdod hat Israel die Sicherheitsmassnahmen an der Grenze zum Gazastreifen verstärkt. Die Attentäter kamen aus dem Gazastreifen. Als eine der Massnahmen untersagten die israelischen Behörden UNWRA, die leeren Transportcontainer aus dem Gazastreifen herauszubringen. Für die Hilfsorganisation erhöhten sich damit die Kosten auf unvertretbare Weise, erklärte UNWRA. Nach Erkenntnissen der israelischen Sicherheitskräfte waren die zwei Attentäter von Aschdod in einem leeren Container versteckt über die Grenze nach Israel gelangt.
  • Die israelische Regierung erwägt offenbar Maßnahmen gegen den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Laut israelischen Fernsehberichten vom 1. April sagte Ministerpräsident Ariel Scharon, Arafat könne nicht für immer an seinem derzeitigen Ort bleiben. Seit mehr als zwei Jahren steht Arafat in seinem Hauptquartier in Ramallah praktisch unter Hausarrest. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Regierung gegen ihn vorgehen werde, zitierte das israelische Fernsehen Scharon.
  • Bei einem Schusswechsel während eines israelischen Vorstoßes in den Gazastreifen ist am 2. April ein 19-jähriger Palästinenser getötet worden. Israelische Soldaten hätten den jungen Mann in Rafah erschossen, teilten palästinensische Krankenhausmitarbeiter mit. Die israelische Armee war in der Nacht mit einer Panzerkolonne in die Stadt im südlichen Gazastreifen eingerückt. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte kam es zu heftigen Schusswechseln mit Palästinensern. Ziel des Vorstoßes war der Stadtteil Salam an der Grenze zu Ägypten.
  • Die israelische Polizei ist am 2. April mit Tränengas und Blendgranaten gegen muslimische Gläubige auf das Gelände der Al-Aksa-Moschee vorgegangen. Wie die Polizei mitteilte, waren zuvor Steine auf in der Nähe stationierte Sicherheitskräfte geworfen worden. Berichte über Verletzte lagen nicht vor. Die Al-Aksa-Moschee gehört zu den größten Heiligtümern der Muslime. Es war der schwerste Zwischenfall auf dem Tempelberg, seit im September 2000 der damalige israelische Oppositionsführer Ariel Scharon das von Juden und Muslimen gleichermaßen beanspruchte Gelände besuchte. Der Auftritt des heutigen israelischen Ministerpräsidenten wurde von den Palästinensern als Affront gewertet und trug zum Ausbruch des bewaffneten Aufstands bei.
  • Für zusätzliche Spannungen sorgten am 2. April neue Drohungen Scharons gegen Jassir Arafat. Der palästinensische Präsident könne ebenso zum Ziel eines gezielten Militäreinsatzes werden wie Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, sagte Scharon am Freitag in mehreren Zeitungsinterviews. Ein Mitarbeiter Arafats erklärte, man nehme die Drohung ernst: "Damit gefährdet Scharon die Zukunft des Friedensprozesses", sagte Nabil Abu Rdeneh. Bereits vor mehreren Monaten hatte das israelische Kabinett erklärt, Arafat müsse "entfernt werden". Der Vorsitzende der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) steht seit mehr als zwei Jahren in seinem Amtssitz in Ramallah faktisch unter Hausarrest.
    "Wir erinnern daran, dass Jassir Arafat der rechtmäßige gewählte Vertreter der Palästinenser ist", betonte die stellvertretende Pariser Außenamtssprecherin Cécile Pozzo di Borgo am 2. April in Paris. Vor einer weitergehenden Reaktion wolle Frankreich zunächst die Äußerungen Scharons im Zusammenhang prüfen.
    Die USA haben Israel aufgefordert, Palästinenserpräsident Jassir Arafat nichts anzutun. Die US-Regierung sei gegen eine Ausweisung oder Tötung Arafats, sagte der US-Vizeaußenminister Richard Armitage am 2. April. Dies habe sie der israelischen Regierung "sehr deutlich" gesagt.
  • Bei Auseinandersetzungen in Bethlehem im Westjordanland haben israelische Soldaten einen jungen Palästinenser erschossen. Nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen erlitt der 16-Jährige tödliche Schüsse in Kopf und Brust. Die Soldaten eröffneten demnach das Feuer auf Steine werfende Palästinenser. Die Zusammenstöße ereigneten sich am 2. April am Grab von Rachel, einem jüdischen Heiligtum und Enklave unter israelischer Kontrolle innerhalb der Palästinenserstadt.
  • Israelische Soldaten haben am Abend des 2. April im Gazastreifen zwei Palästinenser erschossen. Wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten, wurde ein Palästinenser in der Nähe des Flüchtlingslagers Bureidsch und ein weiterer im Norden der Stadt Gaza getötet. Ein israelischer Militärsprecher sagte, in der Nähe einer Sperrzone sei eine verdächtige Gruppe bewaffneter Palästinenser beobachtet worden. Einer von ihnen habe sich der Zone genähert, um dort einen Angriff auszuführen oder einen Sprengsatz zu deponieren. Daraufhin hätten die Soldaten geschossen.
  • In Nablus im Westjordanland ist eine Einheit der israelischen Armee nach palästinensischen Angaben am Abend des 2. April eingerückt.
  • Beim Angriff eines bewaffneten Palästinensers auf eine jüdische Siedlung im Westjordanland sind in der Nacht zum 3. April zwei Menschen getötet worden. Wie ein israelischer Militärsprecher mitteilte, erschossen israelische Soldaten den Palästinenser, nachdem er in die Siedlung nahe Tulkarem eingedrungen und einen Siedler getötet hatte. Nach dem Überfall rückte die israelische Armee in Tulkarem sowie in die umliegenden palästinensischen Flüchtlingslager ein.
  • Die israelische Armee hat am 3. April bei einem Einsatz in Rafah im südlichen Gazastreifen zwei palästinensische Häuser zerstört. Die Armee sprengte ein zweistöckiges Gebäude im Salam-Viertel, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Durch die Wucht der Detonation stürzte ein weiteres, dreistöckiges Haus ein. Drei Gebäude wurden beschädigt. Nach der Zerstörung der Häuser zog sich die Armee aus Rafah zurück. Sie hatte den Einsatz in der Nacht zum Freitag begonnen.
  • Der israelische Gesundheitsminister Danni Naveh hat die Drohungen seiner Regierung gegen Palästinenserpräsident Jassir Arafat erneuert. Arafat sei ein "noch größeres Hindernis" als die militante Hamas-Bewegung oder deren vor rund zwei Wochen gezielt getötete Anführer Scheich Ahmed Jassin, sagte Naveh am 4. April im israelischen Militärradio. Es sei wichtig, den Palästinenserführer auszuweisen, da dieser Hilfsgelder an "Terrororganisationen" weiterleite und die El-Aksa-Brigaden zu Angriffen ermuntere. Bislang gebe es hierfür seinen Informationen zufolge aber noch keine konkrete Entscheidung. Zur Kritik der USA an den israelischen Drohszenarien sagte Naveh, Washington sehe ein, dass Frieden und Verhandlungen nicht möglich seine, solange sich Arafat in der Region aufhalte.
  • Israelische Soldaten haben am 4. April im Westjordanland einen radikalen Palästinenser erschossen. Rami Chalili sei seinen Verletzungen im Krankenhaus erlegen, teilten Ärzte in Tulkarem mit. Der 20-Jährige stand wegen mutmaßlicher Beteiligung an Anschlägen auf der israelischen Fahndungsliste. Seinen Angehörigen zufolge gehörte er der radikalen Organisation Islamischer Dschihad an; in anderen palästinensischen Kreisen hieß es, Chalili sei Mitglied der Hamas gewesen.
  • Die israelische Armee ist am Abend des 4. April ins nördliche Westjordanland eingerückt. Vorausgegangen sei ein Angriff bewaffneter Palästinenser auf einen Armee-Posten nahe der jüdischen Siedlung Mevo Dotan, teilten palästinensische Sicherheitskräfte in Dschenin mit. In Arraba, zehn Kilometer südwestlich von Dschenin, sei es zu Zusammenstößen gekommen, die Armee habe eine Ausgasngssperre verhängt und auf der Suche nach Extremisten mehrere Häuser umstellt. Die Armee wollte zu dem Einsatz zunächst nicht Stellung nehmen.
5. bis 11. April
  • Die israelische Armee hat am 5. April am Sperrzaun um den Gazastreifen drei Palästinenser erschossen. Die Leichen der jungen Männer seien bereits an die palästinensischen Behörden übergeben worden, hieß es vom palästinensischen Krankenhauspersonal in Gaza- Stadt. Von israelischer Seite hieß es, in der Nacht seien drei Palästinenser im Sperrgebiet entlang des Zauns bemerkt worden. Soldaten hätten das Feuer eröffnet. In dem Gebiet hätten militante Palästinenser zuvor mehrfach Sprengsätze gelegt.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat den Druck auf Palästinenserpräsident Jassir Arafat mit indirekten Todesdrohungen weiter verstärkt. Arafat sei seit Jahrzehnten verantwortlich für die Ermordung von Juden, sagte Scharon am 5. April im israelischen Radio. Alle, die Juden töteten oder zur Tötung von Juden oder Israelis drängten, verdienten den Tod. Zudem wies Scharon die Kritik der USA an der israelischen Politik der gezielten Tötungen zurück: "Jedes Land, das sich selbst respektiert und mit Mördern konfrontiert wird, muss sich selbst verteidigen, so wie es die Vereinigten Staaten tun", sagte der Regierungschef.
    Der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, hat Israel davor gewarnt, Palästinenserpräsident Jassir Arafat zu töten. Ein solcher Akt der Gewalt werde Israel noch unsicherer machen, sagte der Patriarch am 5. April in einer Ansprache zum Osterfest.
  • Die israelischen Streitkräfte haben am 6. April nach eigenen Angaben einen zum Waffenschmuggel genutzten Tunnel zwischen Ägypten und dem Gazastreifen gesprengt. Es sei der siebte derartige Tunnel gewesen, der seit Jahresbeginn zerstört wurde, teilte die Armee mit. Israelische Soldaten patrouillieren regelmäßig entlang eines schmalen Streifens zwischen der ägyptischen Grenze und der südlichen Spitze des Gazastreifens. Die Tunnel führen unter dieser Straße hindurch und enden im palästinensischen Flüchtlingslager Rafah.
  • Wegen eines möglichen Anschlags wurde am 6. April das Industriegebiet Eres an der Grenze von Israel zum Gazastreifen geräumt, tausende palästinensische Arbeiter mussten nach Hause gehen. Es war bereits das zweite Mal innerhalb einer Woche, dass das Industriegebiet evakuiert wurde. Der nahe gelegene Grenzübergang war in der vergangenen Zeit häufiger das Ziel von Angriffen militanter Palästinenser.
  • Im Westjordanland verlor ein 16-jähriger Junge einen Arm, als ein Sprengsatz, den er auf israelische Soldaten warf, vorzeitig explodierte. Wie Augenzeugen berichteten, ereignete sich der Vorfall beim Einmarsch israelischer Truppen ins Flüchtlingslager Balata bei Nablus. Die Streitkräfte teilten mit, insgesamt seien vier Sprengsätze auf die Soldaten geworfen worden. (AP, 6. April)
  • Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat auf die neuen Drohungen von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon gegen ihn gelassen reagiert. "Ich habe keine Angst vor Scharons Drohungen", sagte er in einem Interview der israelischen Zeitung "Jediot Ahronot" (Ausgabe vom 7. April). "Ich habe nur Angst vor Allah", fügte er hinzu. Ohnehin sei es nicht das erste Mal, dass Scharon ihm mit dem Tod drohe. Arafat verwies auf eine Situation in Beirut Anfang der 80er Jahre, als er sich in der von der israelischen Armee umstellten libanesischen Hauptstadt befand. Scharon war damals Verteidigungsminister.
  • Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath reist in zwei Wochen zu einem Gespräch mit seinem amerikanischen Kollegen Colin Powell nach Washington. Geplant sei am 21. April eine Diskussion über den geplanten einseitigen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen, teilte Schaath am 7. April mit. Vorgesehen ist außerdem ein Treffen mit US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Bereits im März war der palästinensische Finanzminister Salam Fajjad mit ranghohen US-Vertretern zusammengetroffen. Gespräche mit dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat lehnt die US-Regierung ab. Eine Woche vor Schaath hält sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon in Washington auf.
  • Die USA haben die palästinensische Autonomiebehörde davor gewarnt, die radikalislamische Gruppe Hamas in ihre politischen Strukturen einzubinden. Die Hamas sei eine "Terrororganisation" und müsse als solche ausgeschaltet werden, sagte der stellvertretende US-Außenamtssprecher Adam Ereli am 7. April in Washington. Anstatt in Kooperation willkommen geheißen zu werden, müsse die Hamas aller Macht als Organisatiom beraubt werden. Palästinenserpräsident Jassir Arafat hatte den Wunsch geäußert, die Hamas in die politischen Strukturen der Autonomiebehörde einzugliedern. Die Gruppe begrüßte das Angebot unter der Bedingung, dass sie nicht auf eine Außenseiterrolle reduziert werde. Derzeit dominiert Arafats Fatah-Organisation die Autonomiebehörde. Sowohl die Hamas als auch der Islamische Dschihad beteiligen sich an den innerpalästinensischen Gesprächen über die Verwaltung des Gazastreifens im Falle eines israelischen Rückzugs.
  • Bei einer Demonstration von Palästinensern gegen die umstrittene israelische Sperranlage sind am 7. April in Biddu im Westjordanland 15 Palästinenser verletzt worden. Mindestens einer von ihnen erlitt bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee in der nordwestlich von Jerusalem gelegenen Ortschaft Verletzungen durch ein Gummi-ummanteltes Geschoss, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Die Armee setzte zudem Tränengas und Schockgranaten ein, um die Demonstranten auseinder zu treiben. Nach einem Bericht des öffentlichen israelischen Rundfunks wurden zwei israelische Grenzschützer durch Steinewerfer verletzt und drei Demonstranten festgenommen.
  • Die Vereinten Nationen wollen auf einer internationalen Konferenz über die Auswirkungen der israelischen Sperranlage entlang des Westjordanlands beraten. Zu dem zweitägigen Treffen ab 15. April in Genf werde der palästinensische Ministerpräsident Achmed Kureia sowie Wissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten aus Israel und den Palästinensergebieten erwartet, wie die UNO am 8. April in einer Erklärung mitteilte.
  • Eine radikale Gruppe hat in Irak einen arabischen Israeli und einen Palästinenser aus Ost-Jerusalem entführt. Das israelische Fernsehen strahlte am 8. April Bilder des iranischen TV-Senders El Alam aus, auf denen die beiden Mitarbeiter einer internationalen Hilfsorganisation mit ihren Entführern zu sehen waren. Die Entführer gehören den Angaben zufolge einer Gruppe namens "Ansar el Din" an und fordern die Freilassung aller von der US-geführten Koalition festgehaltenen Iraker. Nur dann würden sie ihre Geiseln unversehrt auf freien Fuß setzen.
  • Nach den gewaltsamen Zusammenstößen vor einer Woche hat die israelische Polizei am Freitag, den 9. April, den Zugang zum Platz auf dem Jerusalemer Tempelberg für alle palästinensischen Männer unter 45 Jahren verboten.
  • Tausende Palästinenser haben am 9. April gegen die amerikanische Besatzung in Irak protestiert. Am ersten Jahrestag des Falls der irakischen Hauptstadt Bagdad versammelten sich die Menschen nach den Freitagsgebeten und verbrannten amerikanische und israelische Flaggen.
  • Die in Israel regierende Likud-Partei soll über den von Ministerpräsident Ariel Scharon geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen abstimmen. Wie am 9. April verlautete, beantragte Scharon am Tag zuvor offiziell ein solches parteiinternes Referendum.
  • Der palästinensische Außenminister Nabil Schaath äußerte am 9. April die Hoffnung, dass mit einem Abzug der Israelis der Weg für Wahlen in den Autonomiegebieten frei wird. Auch die militante Hamas-Bewegung könnte daran teilnehmen, sagte Schaath.
  • Eine verirrte israelische Kugel hat am 10. April ein elfjähriges palästinensisches Mädchen tödlich getroffen, wie Angehörige und Krankenhausmitarbeiter berichtete. Der Vorfall ereignete sich in der Stadt Chan Junis im Gazastreifen. Nach Angaben der israelischen Armee hatten militante Palästinenser aus dem Gebiet eine Rakete abgefeuert, Soldaten hätten daraufhin das Feuer eröffnet. Das Mädchen half gerade seiner Mutter in der Küche, als es von der Kugel im Kopf getroffen wurde.
  • Israelische Soldaten haben am 11. April einen Palästinenser bei Nablus im Westjordanland erschossen. Nach palästinensischen Krankenhausangaben übergab die israelische Armee den Toten palästinensischen Medizinern. Der israelische Rundfunk berichtete unter Berufung auf das Militär, der Mann sei getötet worden, als das Militär auf der Suche nach Aktivisten der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat ein Haus gestürmt habe. Zwei bewaffnete Aktivisten seien festgenommen worden.
12. bis 15. April
  • Die israelische Armee ist in der Nacht zum 12. April in die palästinensischen Städte Dschenin und Tulkarem im Norden des Westjordanlands eingerückt. Wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten, drang eine Kolonne aus 30 Fahrzeugen, darunter Panzer, in Dschenin ein. Daraufhin sei es zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten und Palästinensern gekommen. Angaben über mögliche Opfer wurden zunächst nicht gemacht. In Tulkarem rückte die Armee den Angaben zufolge mit zehn Fahrzeugen ein. Die Soldaten nahmen mehrere palästinensische Polizisten fest.
  • Israelische Soldaten haben am 12. April im südlichen Gazastreifen drei Palästinenser getötet. Israelische Medien berichten, die Männer hätten versucht, in die jüdische Siedlung Nezarim einzudringen. Die Truppen durchkämmten die Gegend auf der Suche nach weiteren Verdächtigen.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon erhält internationale Rückendeckung für den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen. US- Präsident George W. Bush und der ägyptische Staatschef Husni Mubarak begrüßten das Vorhaben am 12. April als positiven Schritt. Beide betonten aber, ein solcher Rückzug müsse im Kontext des internationalen Friedensplans erfolgen, der die Errichtung eines palästinensischen Staates vorsieht. Scharon plant, alle 21 jüdischen Siedlungen im Gazastreifen und einige im Westjordanland zu räumen. Über diesen Vorschlag sollen die rund 200.000 Mitglieder seiner Likud- Partei am 29. April abstimmen. Ein ablehnendes Votum würde den Regierungschef stark unter Druck setzen.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat am 12. April fünf jüdische Siedlungen im Westjordanland benannt, die trotz des geplanten Teilrückzugs aus den palästinensischen Gebieten nicht geräumt werden sollen. Es war das erste Mal, dass Scharon konkret die Orte aufzählte, die unter israelischer Kontrolle bleiben sollen: Maaleh Adumim und Givat Zeev in der Nähe von Jerusalem, Ariel im Herzen des Westjordanlands, Etzion südlich von Jerusalem, Kirjat Arba bei Hebron und einige Enklaven in Hebron selbst.
    Der Fortbestand jüdischer Siedlungen im Westjordanland nach dem geplanten Abzug Israels aus den Palästinensergebieten ruft weiter Kritik hervor: Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat nannte die Absicht von Israels Regierungschef Ariel Scharon, sechs Siedlungen im Rahmen des Rückzugsplans erhalten zu wollen, ein "Rezept zur Zerstörung des Friedensprozesses". Auch die USA stehen dem Plan offenbar zurückhaltend gegenüber.
  • Israelische Streitkräfte haben sich am 13. April in Nablus im Westjordanland ein Feuergefecht mit mehreren Palästinensern geliefert. Die Truppen umstellten ein fünfstöckiges Gebäude, in dem sich die Palästinenser versteckten, wie Augenzeugen berichteten. Den Angaben zufolge beschossen die Soldaten das Haus mit Panzerfäusten. Rauch sei aufgestiegen, hieß es.
  • Nahe der jüdischen Siedlung Netzarim im Gazastreifen zerstörten Soldaten am frühen Morgen des 13. April ein dreistöckiges Gebäude, wie Augenzeugen berichteten. Obwohl die israelischen Streitkräfte das Haus bereits vor drei Jahren beschlagnahmten, lebten darin noch zahlreiche palästinensische Familien.
  • Zum zweiten Mal binnen zwei Wochen haben israelische Truppen eine jüdische Siedlung nahe Hebron im Westjordanland geräumt. Wie die Polizei am 13. April mitteilte, wurden sechs Siedler festgenommen. Der Außenposten Hazon David, der aus einer provisorischen Synagoge aus aufgehäuften Steinen und einigen Wohnwagen besteht, ist schon mindestens vier Mal geschlossen worden. Nun wurde der Posten mit Stacheldraht umzäunt, um die Siedler an einer neuen Besetzung zu hindern. Gemäss dem internationalen Friedensplan (Road Map) muss Israel Dutzende "nicht autorisierte" Siedlungen im Westjordanland aufgeben. Bislang hat die Regierung nach Einschätzung von AP kaum Schritte dazu unternommen.
  • Ungarische Sicherheitskräfte haben laut Rundfunkberichten einen Anschlag auf den israelischen Präsidenten Mosche Katzav in Budapest vereitelt. Das meldete der ungarische Sender Inforadio am 13. April unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Drei Verdächtige "arabischer Herkunft" seien in Budapest festgenommen , Ermittlungen seien eingeleitet worden.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich hinter den von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon geplanten einseitigen Rückzug aus den Palästinensergebieten gestellt und damit einen Kurswechsel in der US-Nahostpolitik eingeleitet (siehe auch Briefwechsel Bush-Sharon und Briefwechsel Bush-Sharon im vollen Wortlaut). Eine Rückkehr zu den Grenzen von 1949 sei "unrealistisch". Damit akzeptierte Bush erstmals Scharons Vorhaben, mehrere Siedlungen im Westjordanland nach dem Abzug beibehalten zu wollen. Zugleich sagte Bush am 14. April bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Ariel Sharon in Washington, die von Israel errichtete Sperranlage zum Westjordanland müsse "vorübergehend" sein und dürfe nicht die in einer Friedensregelung festgelegten Grenzziehungen vorwegnehmen. Er vertrat außerdem die Ansicht, dass die palästinensischen Flüchtlinge sich in einem Palästinenserstaat niederlassen und auf das Recht auf Rückkehr auf israelisches Territorium verzichten müssten. Die US-Regierung hatte sich bereits vor dem Treffen mit Sharon hinter den von Scharon geplanten einseitigen Rückzug gestellt. US-Außenminister Colin Powell hatte Scharons Plan am 13. April in Telefonaten mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne), UN-Generalsekretär Kofi Annan und den Außenministern von Russland und Jordanien erörtert.
    Nach US-Präsident George W. Bush hat auch der britische Premierminister Tony Blair den geplanten israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands begrüßt. Die internationale Gemeinschaft, angeführt vom Nahost-Quartett, müsse nun die Chance ergreifen und dem Friedensprozess neues Leben einhauchen, hieß es in einer Erklärung, die Blairs Büro am 14. April herausgab. Die Palästinenser forderte er auf, nun ihrerseits den Verpflichtungen aus der Road Map, dem internationalen Friedensplan, nachzukommen.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Wende in der US-Nahostpolitik kritisiert. Mit der Unterstützung von Israels einseitigem Abtrennungsplan habe US-Präsident George W. Bush die Belange der Palästinenser ignoriert, ließ Annan am 14. April von einem Sprecher ausrichten. Annan bestehe auf der Durchsetzung des als Road Map bekannten Friedensplans für den Nahen Osten.
  • Bei einem israelischen Raketenangriff im Flüchtlingslager Rafah sind am 15. April mindestens 15 Palästinenser verletzt worden. Ein Kampfhubschrauber habe die Rakete auf eine Menschenmenge abgefeuert, unter die sich auch Bewaffnete gemischt hätten, sagte ein Palästinenser. Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie seien zuvor mit Panzergranaten und Sprengsätzen angegriffen worden.
  • Die EU-Kommission hat den Plan von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon zur Beibehaltung israelischer Siedlungen im Westjordanland als Abkehr vom Friedensplan des Nahost-Quartetts kritisiert. Die EU werde keinerlei Änderung der Grenzen von 1967 anerkennen, die nicht das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Israel und Palästinensern seien, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Romano Prodi am 15. April in Brüssel: "Das bleibt die Position der EU." Über Scharons Plan würden nun EU-Außenminister bei ihrem informellen Treffen im irischen Tullamore am 16. und 17. April beraten.
  • Die jüngste Kehrtwende der US-Regierung in der Nahostpolitik wird aus Sicht des palästinensischen Generaldelegierten in Deutschland, Abdallah Frangi, "für Unheil in der gesamten Region" sorgen. Präsident George W. Bush dokumentiere mit seiner Unterstützung für den israelischen Anspruch auf Teile des Westjordanlands, "dass er sehr schwach geworden ist" und den Standpunkt des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon übernehme, sagte Frangi am 15. April im WDR. Mit seiner Äußerung, es sei unrealistisch zu erwarten, dass sich Israel aus allen besetzten Gebieten zurückziehe, ignoriere Bush das Völkerrecht, sagte Frangi.
  • In seiner ersten Reaktion auf die geänderte Nahostpolitik der USA hat Palästinserpräsident Jassir Arafat am 15. April den vollständigen Abzug Israels aus den besetzten Gebieten gefordert. Ohne das "vollständige Ende" der israelischen Besatzung werde es keinen Frieden geben, sagte Arafat in einer Radioansprache. Vehement forderte er das Recht der palästinensischen Flüchtlinge "auf Rückkehr in ihre Heimat" ein. "Unser Schicksal ist, unser Land zu verteidigen", sagte Arafat.
  • Die Bundesregierung hat begrüßt, dass wieder Bewegung in den festgefahrenen Nahost-Friedensprozess gekommen ist. Nach den Gesprächen des ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak und des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon in Washington erklärte Regierungssprecher Béla Anda am 15. April in Berlin: "Die Bundesregierung hält die Ankündigung Israels, alle Siedlungen im Gaza-Streifen sowie weitere in der Westbank zu räumen, für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung der Zwei-Staaten-Lösung, wie ihn die Roadmap vorsieht." Ausdrücklich betonte die Bundesregierung aber auch, dass der Prozess, diesen internationalen Nahost-Friedensplan umzusetzen, fortgesetzt werden sollte. "Nur eine zwischen beiden Seiten vereinbarte und die Interessen beider Seiten berücksichtigende Lösung auf der Grundlage der einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats wird den Frieden und die Sicherheit im Nahen Osten dauerhaft und stabil garantieren können." (Die Erklärung im Wortlaut: Pressemitteilung der Bundesregierung.)
  • Die UN-Menschenrechtskommission hat Israel am 15. April mehrfach wegen seines Vorgehens gegen Palästinenser und der Besetzung der Golan-Höhen verurteilt. Die Resolution zum Vorgehen in den palästinensischen Gebieten wurde am Donnerstag mit 31 zu 7 Stimmen angenommen. Sie verwies auf gezielte Tötungen mutmasslicher Extremisten, Bombardierungen ziviler Ziele, Abriegelungen, Zerstörungen von Häusern und Agrarland sowie die neue Sperranlage zum Westjordanland. Die Resolution wurde von der Organisation der Islamischen Konferenz, einem Zusammenschluss islamischer Länder, sowie Kuba und Simbabwe eingebracht. Deutschland, die Niederlande, Großbritannien, Italien, Ungarn, Australien und die USA stimmten gegen den Antrag.
    Die Europäische Union brachte ihre eigene Resolution mit 27 zu 2 Stimmen durch die Kommission. Darin wurden jüdische Siedlungen im Westjordanland kritisiert.
  • In der Nähe der jüdischen Siedlung Ariel im Westjordanland haben Soldaten am 15. April eine Palästinenserin festgenommen, die eine grosse Bombe in einer Tasche bei sich trug. Nach Armeeangaben wog der Sprengsatz etwa 25 Kilogramm. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.


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