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Nahostkonflikt: August 2003

Chronologie der Ereignisse

1. - 10. August 2003

Die US-Regierung will vorläufig auf ihre Forderung nach einer sofortigen, gewaltsamen Zerschlagung palästinensischer Extremistengruppen verzichten. Dies berichtet die Tageszeitung "New York Times" am 2. August unter Berufung auf Regierungskreise in Washington. Danach sei die Regierung zur Ansicht gekommen, dass die Polizeikräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde gegenwärtig zu schwach seien, um gegen die militanten Gruppen wie Hamas oder Islamischer Dschihad vorzugehen. Washington wolle deshalb die Regierung Israels drängen, schnell Erleichterungen für die Bevölkerung in den Autonomiegebieten umzusetzen. Israel besteht bisher weiter darauf, dass die Palästinenser im Rahmen der ersten Stufe des internationalen Nahost-Friedensplans die Infrastruktur der Extremistengruppen zerschlagen, bevor es selbst zu weit reichenden Zugeständnissen bereit ist. Der palästinensische Sicherheitsminister Mohammed Dahlan wies ein gewaltsames Vorgehen jedoch am 1. August erneut zurück, da dies einen Bürgerkrieg in den Palästinensergebieten bedeuten würde. Nach dem Bericht der New York Times hat sich Washington inzwischen der Position Dahlans angenähert. Man akzeptiere jetzt die vor einem Monat von den Militanten ausgerufene drei-monatige Waffenruhe.

Die israelische Armee will bereits an diesem Wochenende mit der Evakuierung von weiteren ungenehmigten jüdischen Kleinsiedlungen im Westjordanland beginnen. Das bestätigte ein Sprecher am Samstag, den 2. August. Einige der so genannten Vorposten sind bewohnt. Andere haben bereits im Vorlauf zu der geplanten Räumung die Gerichte angerufen, berichtete die Tageszeitung "Haaretz". Israel ist im Rahmen der ersten Stufe des internationalen Nahost-Friedensplans zum Abbau der seit März 2001 gebauten Kleinsiedlungen verpflichtet. Nach offiziellen Angaben wurden bisher etwa 14 davon abgebaut. Dies wird jedoch von der israelischen Organisation "Frieden Jetzt" energisch bestritten. Nach ihren Informationen wurden zwar einige der Kleinsiedlungen, die oft nur aus einem Wohncontainer bestanden, demontiert, andere aber sofort wieder aufgebaut. Insgesamt seien acht Kleinsiedlungen abgebaut und dafür acht neue von Siedlern errichtet worden. Ein Sprecher von "Frieden Jetzt" (Hebr.: Schalom Achschaw) warf der israelischen Regierung vor, "den Nahost-Friedensplan mit ihrer Politik zu verhöhnen". "Seit mit der Umsetzung des so genannten Nahost-Fahrplans begonnen wurde, haben die Siedler die übrigen Vorposten intensiv ausgebaut und ihre Infrastruktur verbessert. Und das mit Hilfe der Armee", sagte der Sprecher der dpa. Insgesamt haben Siedler im Westjordanland in den vergangenen Jahren über 100 der umstrittenen Kleinsiedlungen errichtet. Die Zahl der Siedler ist im vergangenen Jahr um mehr als fünf Prozent auf über 215.000 gestiegen.

Die Waffenruhe zwischen palästinensischen Extremisten und Israel bröckelt. Die Al-Aksa-Brigaden haben am 2. August mit der Aufkündigung der Ende Juni ausgerufenen Feuerpause gedroht. Sie fordern von Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Freilassung von 17 in seinem Hauptquartier festgehaltenen Extremisten. Arafat hatte die Männer festnehmen lassen, die sich dort seit rund 18 Monaten vor der israelischen Armee versteckten. Die Festnahme erfolgte offenbar in enger Absprache mit Israel und den vermittelnden USA.

In der libanesischen Hauptstadt Beirut ist am 2. August ein Mitglied der schiitischen Hisbollah-Miliz bei der Explosion einer Autobombe ums Leben gekommen. Sowohl die Hisbollah als auch ein Minister der libanesischen Regierung machten Israel für den mutmaßlichen Anschlag verantwortlich. "Dieses Verbrechen wird nicht ungestraft bleiben", erklärte die Hisbollah in einer Stellungnahme, die der Nachrichtenagentur AP gefaxt wurde.

Am Wochenende (2./3. August) kam ein 14-jähriger Palästinenser in Deir el Balah im Gazastreifen ums Leben, als Sprengstoff in seinen Händen explodierte. Vier weitere Teenager erlitten Verletzungen.
In Chan Junis zerstörte eine Detonation ein Haus; zwei Männer wurden verwundet. Palästinensische Sicherheitskräfte erklärten, in dem Haus seien Sprengsätze gelagert worden.
An einer Straßensperre bei Jerusalem erschossen israelische Polizisten einen palästinensischen Autofahrer, der einen Polizeiwagen gerammt hatte und anschließend fliehen wollte. Daraufhin hätte die Polizei das Feuer eröffnet.

Am Abend des 3. August haben bewaffnete Palästinenser das Feuer auf ein israelisches Auto eröffnet. Eine 39-jährige Frau und ihre neunjährige Tochter wurden schwer, zwei weitere Kinder leicht verletzt. Zu der Tat bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden.

Israelische Truppen erschossen am 4. August in der Nähe von Tulkarem einen Palästinenser, der angeblich einen Sprengsatz an einer Straße deponieren wollte, die häufig von israelischen Streitkräften benutzt wird.

Am 3. August wurde im Streit zwischen Arafat und den Al-Aksa-Brigaden ein Kompromiss erzielt. Die 17 Mitglieder, die von Arafats zum Verlassen seines Hauptquartiers aufgefordert worden waren und - nach deren Weigerung - in Gewahrsam genommen wurden, dürfen zunächst im Hauptquartier bleiben. Sie müssen aber auf jede Gewalt gegen Israel verzichten und dürfen nur zu ihren Familien Kontakt halten. Es wird angenommen, dass sie demnächst Arafats Hauptquartier verlassen werden.

Die "Jerusalem Post" berichtete am 3. August, dass die israelische Regierung über die bereits angekündigte Freilassung von 540 Palästinensern hinaus etwa hundert weitere aus israelischer Haft entlassen werden sollen.
Unterdessen hatte das israelische Verteidigungsministerium die Räumung von sechs Außenposten jüdischer Siedlungen im Westjordanland angeordnet.

Palästinenserpräsident Jassir Arafat kritisierte am 4. August die von der israelischen Regierung in Aussicht gestellte Entlassung von 440 Häftlingen als unzureichend. Arafat sagte: "Sie sagten, sie lassen 400 frei, und dann drehen sie sich um und nehmen 800 fest. Machen sie sich über uns lustig?" Die Autonomiebehörde hatte die Freilassung von 3.000 der insgesamt 7.700 Häftlinge gefordert. Hamas und andere Gruppierungen verlangen die Freilassung aller palästinensischen Häftlinge.

Der palästinensische Ministerpräsident Mahmoud Abbas hat am 5. August ein geplantes Gespräch mit seinem israelischen Amtskollegen Ariel Scharon abgesagt und ihm vorgeworfen, den internationalen Nahost-Friedensplan nicht schnell genug umzusetzen. Das Treffen hätte am 6. August und damit parallel zu der geplanten Freilassung von 342 Palästinensern stattfinden sollen, die von Israel festgehalten werden. Abbas habe das Treffen abgesagt, "weil es am Tag der Gefangenenfreilassung nur eine Zeremonie gewesen wäre und weil er glaubt, dass die Israelis nicht genug für die Förderung der Roadmap tun", sagte ein Sprecher der Palästinenser-Regierung. In israelischen Regierungskreisen wurde die Absage bestätigt.

Die USA erwägen laut einem Bericht der New York Times vom 5. August eine Kürzung ihrer Israel-Hilfe, um Scharon zum Stopp des Baus einer Sperranlage zur Abtrennung der Palästinensergebiete zu bringen. Laut der Zeitung gehe es um neun Milliarden US-Dollar in Form von Kreditgarantien, die im Frühjahr vom Kongress bewilligt wurden. Die US-Regierung habe die israelische Regierung bis zum 5.August nicht über diese Erwägungen informiert. Die New York Times zitierte einen Beamten in Israel mit den Worten: "Das kommt für uns überraschend."

Am 6. August wurde mit der Freilassung von fast 340 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen begonnen. Die Gefangenen trafen mit Bussen an mehreren Kontrollpunkten im Westjordanland und im Gazastreifen ein
Annette Großbongardt berichtete am 6. August in SPIEGEL-Online aus Jerusalem, dass sich die Palästinenser nach der Freilassung von 330 Gefangenen aus israelischen Gefängnissen betrogen fühlen müssen. "Das ist ein Witz, Israel betrügt uns", schimpfte Präsident Jassir Arafat, und auch sein Hisham Abdel-Razek, der mit den Israelis über die Häftlinge verhandelt hatte, fühlt sich hereingelegt: "Anstatt uns zu das Leben zu erleichtern, schadet uns Israel nur", klagt Abdel-Razek. Die Liste der Freigelassenen sei "wertlos": "Sie enthält keinen einzigen von denen, die wir erwartet hatten". Erwartet hatte man als "Geste des guten Willens" auch prominente Palästinenser sowie Häftlinge, die schon seit mehr als 15 Jahren in Israel inhaftiert sind. Die relativ unbedeutende Zahl von Gefangenen, die Israel nun freilässt, erschwere seine Arbeit. Er fühle sich blamiert vor den Familien der Inhaftierten, den Kämpfern von Fatah, Hamas und Islamischen Dschihad, denen er Hoffnung gemacht hatte.
Die Mehrzahl der jetzt freigelassenen Häftlinge wurde laut SPIEGEL-Online vor allem wegen minderer Gewalttaten oder der Mitgliedschaft in terroristischen Organisationen bestraft. Die Liste der Anklagen umfasst den Besitz von Waffen oder Munition, Steinewerfen oder das Schleudern von Molotowcocktails, Mitgliedschaft in der Hamas oder einer anderen islamistischen Organisation, Helferdienste wie das Gewähren von Unterschlupf für Gesuchte. Per Kabinettsbeschluss hatte das israelische Kabinett bestimmt, dass keiner der Freigelassenen "Blut an den Händen" haben dürfe.
Für die Palästinenser ist die Gefangenenfreilassung der "Teil eines Geschäfts", schreibt Annette Großbongardt weiter. "Sie haben den Waffenstillstand mit den Extremisten, die Hudna, organisiert, und erwarten nun, dass Israel sich erkenntlich zeigt. Dabei sind die Gefangenen einer der für die palästinensische Seele empfindlichsten Punkte. Tausende von Familien haben Ehemänner, Väter, Söhne, Onkel in einem israelischen Gefängnis. Fast jeden Tag demonstrieren Familienangehörige für ihre Freilassung." Und was schließlich hinzukomme: "Seit dem Beginn der Waffenruhe vor mehr als einem Monat hat Israel fast so viele Palästinenser festgenommen, wie jetzt freikommen."
Im Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin vom 6. August heißt es zur Entlassung der 339 Gefangenen u.a.: "Die Freilassung der Gefangenen findet im Rahmen von vertrauensbildenden Maßnahmen gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde statt, um die Position von Ministerpräsident Mahmoud Abas zu stärken. Die Gefangenenfreilassung ist kein Bestandteil der ersten Stufe der `Road Map´, dem Nahost-Friedensplan der USA, EU, UNO und Russland."

Die israelische Polizei hat am 7. August Dutzenden ultraorthodoxen Juden und rechtsgerichteten Politikern den Zugang zum Tempelberg in Jerusalem verwehrt. Hunderte von Polizisten riegelten den Berg ab. Seit drei Jahren ist das Gelände für Nicht-Moslems gesperrt. Am 28. September 2000 hatte der damalige Oppositionsführer und jetzige Ministerpräsident Ariel Scharon selbst demonstrativ den Tempelberg besucht und damit die zweite Intifada mit ausgelöst. In deren Gefolge starben bis heute rund 2.400 Palästinenser und 800 Israelis.

Die israelische Armee öffnete am 7. August zwei Strassen im Gebiet um Jenin für den palästinensischen Verkehr. Dies geschah im Rahmen der "Erleichterung der Lebensbedingungen" für die palästinensische Bevölkerung, die vor einigen Wochen begannen, um das gegenseitige Vertrauen wieder aufzubauen. Die israelische Armee entfernte die Hindernisse und Erdhügel, welche Strassen zwischen Yabad und Jenin sowie von Tura al-Arbiya nach Westen, blockiert hatten. Die Strasse nach Yabad war von den Sicherheitskräften vor fast drei Jahren mit dem Ausbruch der Gewalt geschlossen worden. Die Veränderungen betreffen die 70.000 Einwohner Yabads und der umliegenden Dörfer, die von nun an ungehindert Jenin betreten und verlassen können. (Quelle: Jerusalem Post)

Die Frankfurter Rundschau berichtete am 8. August, dass die Vereinten Nationen einen Notfonds für die Palästinenser einrichten wollten. Damit soll Menschen geholfen werden, die durch die von Israel errichtete Sperranlage ihre Arbeit verloren oder andere Nachteile erlitten haben. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) berechnet dafür eine Summe von mindestens 18 Mio. Dollar (15,8 Mio. Euro). Der Sperrwall hindere viele Palästinenser daran, zu ihren Arbeitsstellen zu gelangen. Durch die Anlage haben die Palästinenser den UNDP zufolge außerdem 83.000 Oliven- und Fruchtbäume, hunderte Quadratmeter bewässertes Land sowie rund 37 Kilometer Wasserleitungen verloren.

Bei einer Razzia im Flüchtlingslager Askar in Nablus (Westjordanland) haben israelische Soldaten am 8. August vier Palästinenser getötet. Darunter sollen sich zwei Bombenexperten von Hamas befinden. Bei der Aktion kam auch ein israelische Soldat ums Leben. Es war der schwerste Zwischenfall seit Verkündung der Waffenruhe vom 29. Juni. Bei der Razzia haben die Israelis auf ein dreistöckiges Haus gefeuert, wodurch im Haus eine Explosion ausgelöst worden sei. Später sprengten die Soldaten das ganze Haus in die Luft. Augenzeugenberichte, wonach auf das Haus eine Rakete abgefeuert worden sei, wurden von den Israelis dementiert. Hamas-Sprecher Ismail Abu Schanab sagte, das Vorgehen der Israelis sei eine Verletzung des Waffenstillstand. Für Hamas sei nun eine "rote Linie" überschritten. - Obwohl die Zahl der Gewalttaten seit dem 29 Juni stark zurückgegangen ist, setzt Israel seine Razzien im Westjordanland unverändert fort und verhaftet jede Nach Menschen. In der Mailing-List der Israelischen Botschaft in Berlin vom 8. August heißt es dazu: "Die Operation wurde notwendig, nachdem israelische Geheimdienste herausgefunden hatten, dass die Terrorzelle um Abu Salam einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag in Israel plante. Nachdem die Palästinensische Autonomiebehörde keine Maßnahmen in die Wege leitete, um die Infrastruktur der radikalen Organisationen zu zerstören, ist Israel gezwungen, mit eigenen Operationen seine Bevölkerung vor geplanten Terroranschlägen zu schützen."

Aus israelischen Regierungskreisen verlautete am 8. August, evtl. würden nach der Kritik aus den USA Änderungen am Verlauf des Sicherheitszaunes vorgenommen. Vielleicht verzichte man auf die Abzäunung der beiden jüdischen Siedlungen Ariel und Emmanuel. Allein um Ariel einzugrenzen, müsste der Zaun 30 km in das Westjordanland hinein reichen.

Am 8. August beschoss die schiitische Hisbollah-Miliz israelische Stellungen im Südlibanon. Es war der erste Angriff seit acht Monaten auf das umstrittene Gebiet der Tschebaa-Höfe. Israel bombardierte daraufhin mit Kampfflugzeugen die Außenbezirke libanesischer Dörfer.
Am 10. August ist ein 16-jähriger Israeli bei einer Hisbollah-Attacke auf die Stadt Schlomi im Norden Israels getötet worden. Vier weitere Personen wurden verletzt. Die Hisbollah erklärte, eine "Flugabwehrstellung des islamischen Widerstands" sei gegen israelische Flugzeuge vorgegangen, die die Souveränität im westliche n Libanon verletzt hätten.
Am 9. August traf eine Mörsergranate im Gazastreifen eine israelische Siedlung. Opfer gab es keine. Nach israelischen Berichten war es der 25. Vorfall dieser Art seit Verkündung der Waffenruhe vor sechs Wochen.
In Nablus wurden am 9. August zwei Hamas-Mitglieder beerdigt, die am 8. August bei einer israelischen Razzia getötet worden waren. Tausende Anhänger schworen Rache. Yassir Arafat erklärte, Israel habe mit der Razzia nicht nur den Waffenstillstand verletzt, sondern gefährde damit auch den Friedensprozess.

Israels Außenminister Silvan Schalom bekräftigte am 10. August in einem Interview, seine Regierung werde am Bau des umstrittenen Grenzzauns festhalten. Israel such aber eine einvernehmliche Lösung mit Washington.

11. bis 17. August

Israels stellvertretender Verteidigungsminister Zeev Boim warnte am 11. August Syrien vor israelischen Vergeltungsschlägen. Außerdem hat Israel über die UN und die USA Syrien eine unmissverständliche Note zukommen lassen: Wenn die Hisbollah ihre Angriffe vom Libanon aus auf Israel fortsetze, sehe sich Israel zur Vergeltung gegen die eigentlich Verantwortlichen gezwungen, und das ist Syrien, das laut Boim "die Nabelschnur" ist, über die sich "die Hisbolla ernährt". Zum Hintergrund: Die von Iran mit Waffen unterstützte Hisbollah stationiert ihre Waffen in Südlibanon nur mit Erlaubnis Syriens

Am 12. August verübten zwei Selbstmordattentäter zwei Anschläge: Einen in einem Einkaufszentrum in der Nähe von Tel Aviv, den anderen in der jüdischen Siedlung Ariel im Westjordanland. Dabei wurden neben den Attentätern zwei israelische Jugendliche getötet und mindestens 13 Menschen verletzt. Die Al-Aksa-Brigaden und Hamas bekannten sich zu den Anschlägen. Ein Hamas-Sprecher sagte, die Verantwortung für die Anschläge trage Israel, weil es die vereinbarte Waffenruhe mehrmals verletzt habe, so zuletzt am 8. August, als vier Palästinenser starben.
Als erste Reaktion setzte die israelische Regierung die Freilassung von 79 palästinensischen Häftlingen aus.
Am 12. August wollte der US-Sondergesandte William Burns zu Gesprächen mit Israelis und Palästinensern zusammenkommen.

Am 13. August verlautete aus israelischen Regierungskreisen, Israel plane wegen der Anschläge vom Vortag keine Vergeltungsmaßnahmen gegen Palästinenser. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und der palästinensische Premierminister Mahmoud Abbas vereinbarten für die kommende Woche ein neues Treffen. Im Widerspruch dazu steht die Tatsache, dass israelische Soldaten in der Nacht zum 13. August das Haus eines der beiden Selbstmordattentäter vom Vortag in die Luft sprengten Die Hauszerstörung, so teilte ein Armeesprecher mit, sei "eine Botschaft an Selbstmordattentäter und ihre Helfershelfer, dass ihre Taten einen Preis haben.
Bulldozer der Armee zerstörten am 13. August außerdem in El Waldscha`a bei Bethlehem vier Häuser. Zuvor war eine strikte Ausgangssperre verhängt worden. Der Bürgermeister des Ortes warf Isrel vor, das Land konfiszieren zu wollen, um das Gebiet später annektieren zu können.

Israelische Soldaten haben nach einem stundenlangen Feuergefecht in der Altstadt Hebrons Raketen auf das Haus gefeuert, in dem sich Mohammed Sider verschanzt hielt, ein ranghohes Mitglied des "Islamischen Dschihad". Bei nachfolgenden Explosionen wurde das Gebäude vollständig zerstört und die Leiche Siders unter den Trümmern begraben. Israel wirft dem Mann die Beteiligung an Aschlägen vor. Der Islamische Dschihad kündigte Rache für die Tötung Siders an.

Israel hat mit einem Tag Verspätung am 15. August 73 palästinensische Häftlinge frei gelassen. Die Freigelassenen waren wegen "illegalem Aufenthalt" in Israel inhaftiert worden und standen ohnehin kurz vor der Entlassung.

Der geplante Rückzug der israelischen Truppen aus vier palästinensischen Städten ist im Kabinett von Ministerpräsident Scharon weiter umstritten. Mehrere Minister beharrten am Wochenende (16./17. August) darauf, dass die Palästinenser ihren Teil der Vereinbarung nicht erfüllt und militante Gruppen nicht entwaffnet hätten.
Am 17. August kündigte die israelische Armee an, sie werde sich innerhalb von zehn Tagen auch aus Ramallah und Tilkarem zurückziehen. Bedingung sei aber, dass die Palästinenserregierung die Sicherheit in den beiden Städten garantieren könne.
Israel und die Palästinenser haben sich am Wochenende auf eine Kompromisslösung geeinigt: Israel würde nicht mehr darauf bestehen, dass palästinensische Terroristen festgenommen und inhaftiert werden. Israel habe kein Interesse daran, dass die Waffenruhe vollend zusammenbreche. Palästinensische Terroristen können zunächst in ihren Heimatorten bleiben, würden aber der Kontrolle der palästinensischen Sicherheitskräfte unterstellt.
Ebenfalls am Wochenende errichtete die Armee erstmals seit sechs Jahren Kontrolltürme in der Stadt Hebron im Westjordanland.

18. bis 24. August

Der ursprünglich für den 18. August vorgesehene Abzug der israelischen Armee aus den palästinensischen Autonomiestädten Jericho und Kalkilija hat sich verzögert. Der palästinensische Sicherheitsminister Mohamed Dachlan hatte dies zuletzt abgelehnt, da die israelische Armee darauf besteht, an den Ortsausgängen Kontrollposten zu betreiben. Die Palästinenser hatten den vermeintlichen Rückzug ohnehin kritisiert. Der Abzug sei rein "kosmetisch".

In der Nacht zum 18. August wurde im Westjordanlnd eine jüdische Siedlerin in ihrem Auto angeschossen. Die Al-Aksa-Brigaden bekannten sich zu dem Anschlag.
Bei einem Bombenanschlg im Süden Tel Avivs wurden am 18. August eine Israelin getötet und sechs Passanten verletzt. Nach Polizeiangaben hatte der Anschlag indessen keinen politischen, sondern einen kriminellen Hintergrund.

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen israelischen Linienbus in Jerusalem sind am Abend des 19. August etwa 20 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Unter den Opfern befanden sich mehrere Kinder. Die meisten Fahrgäste waren orthodoxe Juden, die vom Gebet an der Klagemauer kamen. Zu dem Anschlag bekannten sich der Islamische Dschihad. Ei Sprecher von Hamas erklärte, der Anschlag sei als "Antwort auf die israelische Besatzung zu verstehen".
Als Reaktion auf den Anschlag vom 19. August setzte Israel den Rückzug der Armee aus Jericho und Kalkilija im Westjordanland aus.

Die palästinensische Autonomiebehörde hat am 20. August ihre Kontakte zu palästinensischen radikalen Organisationen abgebrochen. Außerdem kündigte sie für die nächsten Tage "Aktionen" der Sicherheitskräfte gegen Hamas und Islamischer Dschihad an. Ministerpräsident Mahmoud Abbas verurteilte den Anschlag von Jerusalem als "fürchterliche Tat, die den Interessen des palästinensischen Volkes nicht dienlich sein kann". Der Sicherheitsminister Mohammed Dahlan machte Israel teilweise für die jüngtse Eskalation verantwortlich, da die Armee immer wieder gegen die Waffenruhe verstoßen habe. Hamas und Dschihad seien aber "in einem größeren Maße verantwortlich", sagte er. Unter den 18 Attentatsopfern befanden sich sechs Kinder, hieß es am 20. August aus Krankenhauskreisen.

Die israelische Polizei hat am 20. August den Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt wieder offiziell für nicht-moslemische Besucher geöffnet. Die Besuchsmodalitäten waren zuvor mit der islamischen Tempelberg-Verwaltung vereinbart worden.

Erstmals seit zwei Monaten hat Israel am 21. August in einer Militäraktion gezielt einen Hamas-Führer getötet. Israelische Soldaten haben in einem belebten Viertel von Gaza-Stadt mehrere Raketen auf den Wagen des Hamas-Führers Ismail Abu Schanab abgefeuert. Mit ihm starben zwei seiner Leibwächter. Daraufhin erklärte die Organisation, sie fühle sich nicht mehr an den Waffenstillstand gebunden. Dieser Erklärung schlos sich auch der Islamische Dschihad an. Der getötete Schanab gehörte eher zu den gemäßigten Hamas-Führer. Er hatte sich für den Waffenstillstand eingesetzt
Premierminister Mahmoud Abbas kritisierte den israelischen Angriff. Er gefährde die geplanten Aktionen seiner Behörde gegen die Extremisten. Sicherheitsminister Dahlan sagte am 21. August: "Diese Tat wird den Zyklus von Blut und Gewalt, den wir beenden wollten, wieder beleben."
Unterdessen startete Israel auch in Nablus, Dschenin und Tulkarem weitere Militäraktionen. Truppen rückten an und verhafteten mindestens 20 Palästinenser. Dabei wurde in Tulkarem ein Palästinenser erschossen. In Hebron zerstörten israelische Soldaten das Haus des Attentäters von Jerusalem.
Nach der Aufkündigung der Waffenruhe durch Hamas und Dschihad kündigte Israel eine härtere Gangart gegen militante Palästinenser an. Am 22. August hieß es aus israelischen Sicherheitskreisen, Israel plane die Liquidierung weiterer Palästinenser-Führer. Das gezielte Töten sei eine legitime Strategie der Selbstverteidigung, sagte Regierungssprecher Avi Pasner.
Bei der Beerdigung des getöteten Hams-Führers Schanab schworen Zehntausende Palästinenser Rache.
Führende palästinensische Politiker warfen Israel vor, mit dem tödlichen Angriff auf Schanab die Bemühungen um ein Ende der Gewalt torpediert zu haben.
Hams bekannte sich unterdessen auch zu Raketenangriffen auf israelische Ortschaften am Rande des Gazastreifens in der Nacht zum 22. August. Außerdem wurden jüdische Siedlungen und Militärposten im Autonomiegebiet mit rund 15 Mörsergranaten beschossen.
Im Westjordanland gingen indessen die Razzien der israelischen Armee weiter. Im Gazastreifen sperrten die Streitkräfte die erst vor kurzem wieder eröffnete Nord-Süd-Hauptschnellstraße.

US-Außenminister Powell appellierte am 22. August an Palästinenserpräsident Arafat, seine Sicherheitskräfte Ministerpräsident Abbas zu unterstellen, damit dieser den gesamten Sicherheitsapparat kontrollieren könne.
Ägypten enstandte am 22. August einen Sonderbeauftragten nach Israel und zu Arafat. Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin verlangte den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten.

Am 23. August erlag die 73jährige Fruma Rahel Weitz aus Jerusalem ihren Verletzungen, die sie infolge des Selbstmordattentats auf einen Bus in Jerusalem am 19. August erlitten hatte. Damit steigt die Zahl der Todesopfer des letzten Anschlags auf 21, die Gesamtzahl der israelischen Todesopfer seit September 2000 auf 849.

Palästinensische Polizeikräfte unter dem Befehl von Sicherheitsminister Mohammed Dachlan haben am 23. August mit ersten Aktionen gegen die militanten Gruppen im Gazastreifen begonnen. Dies berichtet die Tageszeitung "Haaretz" unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise. Dachlans Leute hätten unter anderem den Auftrag erhalten, Extremisten vom Abfeuern von Mörsergranaten und Kurzstreckenraketen auf israelische Ziele abzuhalten. Palästinensische Sicherheitskräfte haben nach Informationen aus palästinensischen Sicherheitskreisen an der Grenze zu Ägypten drei Tunnels geschlossen, durch die sich Extremisten mit Waffen und Drogen versorgt hätten. Dies sei ein erster Schritt zur Umsetzung der von Ministerpräsident Mahmud Abbas nach dem Selbstmordanschlag von Jerusalem beschlossenen Sicherheitsmaßnahmen, hieß es am 23. August in den Kreisen weiter. "Bis jetzt sind durch unsere Sicherheitskräfte in der Stadt Rafah drei Tunnel entdeckt und geschlossen worden, und eine Reihe von Verdächtigen sind festgenommen worden." Die Tunnel seien zum Waffen- und Drogenschmuggel genutzt worden. (Quelle: Reuters)

Am 23. August hat der palästinensische Außenminister Nabil Schaath eine Waffenruhe zwischen Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde "mit all ihren Organisationen" vorgeschlagen. Als Vorbedingung nannte die Palästinenserführung den Rückzug Israels aus den besetzten Autonomiestädten, die formelle Anerkennung der Palästinenserregierung durch Israel sowie ein Ende der "gezielten Tötungen" von Palästinenserführern. Die EU solle beispielsweise Beobachter entsenden, die die Umsetzung des Friedensplans in den Palästinensergebieten überwachen sollten, sagte Arafat in einem Telefonat mit dem britischen Außenminister Jack Straw, wie Palästinenservertreter mitteilten.
Die israelische Regierung wies das Waffenstillstandsangebot der Palästinenserführung umgehend zurück. Der Vorschlag sei "nicht ernst zu nehmen", sagte Regierungssprecher Avi Pazner in Jerusalem. Erst nach der Entmachtung radikaler Gruppen könne der Friedensprozess weitergehen.

Im Flüchtlingslager Chan Junis im südlichen Gazastreifen wurde am späten Abend des 23. August ein Palästinenser von einer israelischen Panzergranate schwer verletzt. In Nablus im Westjordanland waren bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten kurz nach Aufhebung des Ausgehverbots mindestens 20 Palästinenser verletzt worden. Junge Palästinenser warfen den Angaben zufolge mit Steinen auf israelische Soldaten, die daraufhin mit Schüssen antworteten.

Das Zentralkomitee der PLO unter PLO-Chef Jassir Arafat hat am 23. August die Zusammenlegung aller Polizeikräfte unter der Führung des alten Arafat-Gefährten Nasser Jussef vorgeschlagen. Israel und die USA hatten Arafat in den vergangenen Tagen gedrängt, der Zusammenlegung aller Polizeikräfte unter dem Kommando von Sicherheitsminister Dachlan zuzustimmen. Die Aufteilung der Polizeistreitkräfte gilt als einer der Gründe für die wachsende Gesetzlosigkeit in den Autonomiegebieten. Es wird dennoch erwartet, dass Ministerpräsident Mahmud Abbas den PLO-Vorschlag ablehnt. General Jussef gilt als politisch schwach und Arafat-abhängig.

Radikale Palästinenser haben am 24. August vom Gazastreifen aus eine Kassam-Rakete auf den Süden Israels abgeschossen. Beim Einschlag des selbst gebauten Geschosses am Mittelmeerstrand bei der israelischen Stadt Aschkelon wurde nach Armeeangaben niemand verletzt.

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon tut es seinem politischen Freund George W. Bush gleich und zieht sich zur Erholung in die ländliche Idylle seiner Ranch zurück. Am 24. August werde der schwer beschäftigte Regierungschef für eine Woche Urlaub auf seinem Landgut in die südisraelische Negev-Wüste reisen, berichtete die Tageszeitung "Jediot Ahronot" vom selben Tag.

Geheimdienst und Polizei in Israel sind einem Netzwerk jüdischer Extremisten auf der Spur, die mindestens neun Palästinenser bei Anschlägen getötet haben sollen. Nach insgesamt neun Festnahmen unter Siedlern seit vergangenem Monat verdichteten sich die Hinweise auf ein "Terroristennetzwerk", verlautete am 24. August aus Ermittlerkreisen. Die Gruppen hatten sich unter dem Namen "Rächer" zu ihren Taten bekannt; meist schlugen sie auf Straßen zu. Sollten sich die Verdachtsmomente erhärten, wäre dies "die schwerwiegendste jüdische Terrorismusaffäre" seit den achtziger Jahren, sagte ein hochrangiger Sicherheitsbeamter. Damals hatte ein Netzwerk von Extremisten, zu dem ebenfalls Siedler gehörten, mehrere blutige Anschläge verübt. Ein Sprengstoffattentat auf die El-Aksa-Moschee in Jerusalem sollte das Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten aufhalten. Die Mitglieder der Organisation wurden zu teilweise lebenslangen Haftstrafen verurteilt, sind aber inzwischen allesamt begnadigt.

Ein israelische Kampfhubschrauber hat nach Informationen aus palästinensischen Sicherheitskreisen in Gaza-Stadt am Abend des 24. August ein Auto mit Raketen beschossen. Aus Krankenhaus-Kreisen verlautete, bei dem Angriff seien vier Menschen getötet worden. Acht Passanten wurden verletzt, darunter ein Kind schwer. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um einen gezielten Angriff auf den Hamas-Kommandeur Ahmed Schtewe. Er und drei weitere Angehörige der Iss el Deen el Kassam, des militärischen Teils der Hamas, wurden getötet. "Die vier Männer saßen auf einem Hügel und sahen über den Strand", sagte ein Augenzeuge. "Sie standen auf und wollten die Straße überqueren, als Hubschrauber vier Raketen abschossen. Drei Raketen trafen die Menschen direkt, und eine vierte landete hinter ihnen." Die Leichen seien enthauptet oder fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden, sagten Sanitäter.
Der geistliche Anführer der Hamas, Scheich Ahmed Jassin, sagte, Israel werde den Preis dafür zahlen, wenn es Angehörige der Hamas töte. Die Gruppe hat bereits Vergeltung für die gezielte Tötung ihres Anführers Ismail Abu Schanab am 21. August angekündigt und ihren Gewaltverzicht aufgehoben.
Der politische Chef der Hamas, Abdel Asis el Rantissi, wies am 24. August eine Anweisung von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat zum Vorgehen gegen Gruppen wie die Hamas als bedeutungslos zurück. "Ich glaube nicht, dass sie es wagen werden", sagte er. "Glauben Sie mir, eine einzige Aktion gegen uns, und die Palästinenser-Regierung wird dem palästinensischen Volk, den Massen gegenüber stehen." Umfragen zufolge sind Gruppen wie die Hamas bei den Palästinensern höher angesehen als die Regierung. "Israel hat unsere Initiative nicht respektiert", sagte Rantissi mit Blick auf den Gewaltverzicht. "Wir kehren also wieder zum Ausgangspunkt zurück." Israels Ministerpräsident Ariel Scharon habe geglaubt, die Hamas sei schwach. Dies sei ein Fehler gewesen. "Glauben Sie mir, wir können diesen Konflikt ewig weiterführen", sagte Rantissi kurz vor dem israelischen Angriff auf die Hamas-Mitglieder. Eine neue Waffenruhe sei nur denkbar, wenn Israel sich völlig aus den Palästinenser-Gebieten zurückziehe.
Sicherheitschef Generalmajor Abdel-Rasek el Madschajdeh hatte zuvor auf Anweisung Arafats die unter seinem Kommando stehenden Sicherheitskräfte angewiesen, für "Sicherheit und Stabilität in allen Grenzgebieten" zu sorgen und Verstöße dagegen zu verhindern. Damit sollten Garnatwerfer-Überfälle auf jüdische Siedlungen und der Beschuss israelischen Gebiets mit Raketen verhindert werden, verlautete aus hohen palästinensischen Sicherheitskreisen.

25. bis 31. August

Israels Armee hat im südlichen Westjordanland eine ohne Genehmigung errichtete Siedlung geräumt. Der israelische Rundfunk meldete am 25. August, fünf Siedler seien festgenommen worden. Die Soldaten mussten die Gebäude mit Hämmern zerstören, weil sie mit Bulldozern nicht herankamen. In den vergangenen Monaten hatte die Armee mehrere der illegalen Außenposten abgebaut. Dazu ist Israel laut dem internationalen Nahost-Friedensplan verpflichtet. Zahlreiche der Siedlungen wurden jedoch kurz darauf wieder neu errichtet.

Am Morgen des 26. August rückte die israelische Armee in die Palästinenserstadt Dschenin im Westjordanland ein. Dabei ist mindestens ein Palästinenser während eines Schusswechsels verletzt worden, teilten Augenzeugen und palästinensische Sicherheitskräfte mit. Die israelischen Soldaten seien mit etwa 25 Geländewagen in die Stadt eingerückt, hätten eine Ausgangssperre verhängt und mit Durchsuchungen von Häusern begonnen.
Beim dritten israelischen Hubschrauberangriff im Gazastreifen binnen fünf Tagen sind am 26. August mindestens ein Mensch getötet und mehr als zwanzig verletzt worden. Kampfhubschrauber feuerten Raketen auf ein Auto bei Dschabalija in der Nähe von Gaza-Stadt, wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten. Die Insassen des Wagens konnten fliehen. Getroffen wurde aber ein alter Mann auf einem Esel. Unter den Verletzten seien viele Frauen und Kinder. Bei dem Todesopfer handele es sich um den Anwohner Hassan el Hamalawi, der mit militanten Gruppen nichts zu tun habe. Angaben über das Ziel des Raketenangriffs lagen zunächst nicht vor. Die israelische Armee wollte nicht Stellung nehmen.
Israelische Soldaten in Zivil haben am 26. August zwei militante Palästinenser aus einem Krankenhaus in Nablus im Westjordanland entführt. Die Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden waren am 22. August bei einer Schiesserei mit israelischen Truppen verwundet worden. Die Soldaten drangen nach Angaben eines Arztes in die Intensivstation des Rafidijeh-Hospitals ein und trugen die Männer auf Bahren in einen wartenden Krankenwagen. Der 27-jährige Othman Junis und der 25-jährige Fahid Bani-Odeh wurden nach Informationen aus Armeekreisen in ein Krankenhaus nach Israel gebracht. Junis wird die Beteiligung an mehreren Anschlägen vorgeworfen, bei denen mindestens zehn Menschen getötet wurden.

Am 26. August kam es auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Ausschreitungen zwischen Juden und Muslimen. Die Polizei nahm drei islamische Beamte sowie mehre Gläubige vorübergehend fest, nachdem Muslime einen von der Polizei eskortierten Zug jüdischer Pilger angegriffen hatten.

Die militärische und politische Führung der radikalen palästinensischen Hamas-Organisation ist offenbar in den Untergrund gegangen, berichtetenn am 26. August die Agenturen. Nach Berichten aus Gaza zeigte sich bei der Beerdigung zweier Hamas- Aktivisten am 25. August in der Stadt bereits kein Anführer mehr in der Öffentlichkeit.

Ein Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah steht nach den Worten des israelischen Außenministers Silvan Schalom kurz bevor. Die Hisbollah habe sich in den vergangenen Tagen bewegt, daher hoffe er sehr, dass die gefangenen Israelis bald nach Hause zurückkehren könnten, sagte Schalom am 26. August im israelischen Radio. Die Verhandlungen über den Gefangenenaustausch dauern schon mehrere Jahre an. Die Hisbollah hält nach eigenen Angaben vier Israelis gefangen. Die schiitische Organisation verlangt die Freilassung von 13 libanesischen Gefangenen in Israel, darunter ihre Führungsmitglieder Mustafa Dirani und Scheich Abdul-Karim Obeid. Israel hatte Hisbollah-Führer Obeid 1989 entführt, Dirani 1994. Beide sollten als Faustpfand für den israelischen Kampfpiloten Ron Arad dienen, der 1986 über Libanon abgeschossen und von Diranis Kämpfern gefangen genommen worden war. Über sein Schicksal ist nichts bekannt. - Der Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Ernst Uhrlau, vermittelt Medienberichten zufolge bei Austausch-Verhandlungen zwischen der libanesischen Hisbollah-Miliz und Israel. Die israelische Tageszeitung "Haaretz" berichtete am 26. August, Uhrlau sei in der Frage eines Austausches von israelischen Geiseln gegen libanesische Gefangene vor kurzem in Israel mit den Chefs des Auslandsnachrichtendienstes Mossad und des Militärgeheimdienstes AMAN zusammengetroffen. Dabei sei er um Einzelheiten einer Regelung mit der schiitischen Miliz gegangen. Die Bundesregierung wollte sich dazu nicht äußern.

Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat am 27. August die radikalen Palästinenserorganisationen zu einer erneuten Waffenruhe aufgerufen. Sämtliche Gruppen sollten einen Waffenstillstand einhalten, um den Friedensbemühungen in Nahost "eine Chance zu geben".
Nach einer Sondersitzung der palästinensischen Regierung sagte Informationsminister Nabil Amr am 27. August, Israel trage die alleinige Verantwortung für die derzeitige Lage und ihre Auswirkungen auf die Stabilität in der Region.
Ein ranghoher Israeli sagte der Nachrichtenagentur AFP am 27. August, die Armee werde mit den gezielten Tötungen fortfahren. "Kein Terrorist soll auch nur auf die geringste Straffreiheit hoffen." Israel werde weiterhin "mit allen notwendigen Mitteln" handeln, "wann und wo wir es für nötig halten", solange die palästinensische Autonomiebehörde nicht selber gegen "die Terroristen" ankämpfe.

In der Nähe von Bethlehem im Westjordanland erschossen am 27. August israelische Soldaten einen 17-jährigen Palästinenser, der mit einem Messer bewaffnet gewesen war.
In Ramallah wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und dem Militär mindestens zwei Menschen verletzt, wie Augenzeugen mitteilten. Er sei an der Hand getroffen worden, als er das Geschehen gefilmt habe, sagte der palästinensische Journalist Schaudat Manaa. Ein ausländischer Kollege sei von einem Gummigeschoss in den Magen getroffen worden.

Führer der radikalen Palästinensergruppen Hamas und Islamischer Dschihad haben sich am 28. August gegen eine neue Waffenruhe mit Israel ausgesprochen. Die Führer reagierten damit auf einen entsprechenden Aufruf des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat vom Vortag. Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi erklärte, man könne keine Gespräche über eine neue Waffenruhe führen, solange Israel seine Angriffe fortsetze. Gleichzeitig betonte Rantisi, man habe den an alle Palästinenserfraktionen gerichteten Aufruf Arafats zu einer Erneuerung der Waffenruhe nicht offiziell zurückgewiesen. Dschihad-Führer Mohammed el Hindi warf Israel vor, einen "gnadenlosen Krieg gegen das wehrlose palästinensische Volk" zu führen. "Alle Fraktionen haben die Waffenruhe mehr als 50 Tage eingehalten, während Israel die Hauszerstörungen und Liquidierungen von Palästinensern fortsetzte", sagte Hindi.

Israelische Truppen nahmen in der Nacht zum 28. August in verschiedenen Orten des Westjordanlands mindestens 13 mutmaßliche Extremisten fest.
Im Gazastreifen kam es am 28. August zu heftigen Schusswechseln zwischen israelischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern. Palästinenser feuerten ein gutes Dutzend Mörsergranaten und Panzerabwehr-Raketen auf jüdische Siedlungen. Die Soldaten erwiderten das Feuer aus Panzern.
Israelische Soldaten haben am 28. August im nördlichen Westjordanland das Haus der Familie eines militanten Palästinensers zerstört. Der israelische Rundfunk meldete, der Palästinenser aus der Stadt Kabatia sei zu Jahresbeginn in einen israelischen Ort nördlich des Westjordanlands eingedrungen. Bei dem Überfall zweier Palästinenser waren ein Israeli getötet und zwei weitere verletzt worden. Beide Angreifer waren damals erschossen worden. Das zerstörte Haus gehörte der Familie des Militanten, die nun obdachlos ist.

Am 28. August schossen palästinensische Offiziere erstmals auf Kämpfer der radikalen Hamas-Bewegung, die vom nördlichen Gaza-Streifen aus drei Raketen des Typs "Kassam" auf Israel abfeuerten.
Die Autonomiebehörde sperrte am 28. August die Bankkonten von zwölf islamischen Wohlfahrtsorganisationen im Gaza-Streifen und Westjordanland. Mehrere Wohlfahrtsorganisationen gelten als Gründungen von Hamas und anderen radikalen Gruppen. Die Finanzabteilung der Behörde übermittelte allen Banken in den Palästinensergebieten Listen mit den Namen der Organisationen. Hunderte verarmter Palästinenser, die von den betroffenen Wohlfahrtsorganisationen unterstützt werden, protestierten daraufhin vor Einrichtungen der Autonomiebehörde in Gaza-Stadt gegen diesen Schritt. Die Entscheidung wurde als ein Zeichen für die Absicht der Behörde gewertet, härter gegen die Extremistengruppen vorzugehen, um eine israelische Militäroperation im Gaza-Streifen zu verhindern.

Israelische Kampfhubschrauber haben am Abend des 28. August im Gazastreifen wieder einen führenden Hamas-Aktivisten getötet. Nach Angaben beider Seiten trafen mehrere Raketen einen Eselwagen in Chan Junis. Der getötete Hamdi Kadach soll für den Mörserbeschuss auf israelische Siedlungen verantwortlich sein. Israels Premier Ariel Scharon warnte unterdessen, der Beschuss der Küstenstadt Aschkelon mit "Kassam"-Kleinraketen bedeute eine neue Phase im Kampf zwischen Israel und den Palästinensern.

Bei einem Angriff bewaffneter Palästinenser ist ein jüdischer Siedler getötet und dessen schwangere Frau schwer verletzt worden. Die beiden Israelis waren in einem Auto im Norden von Ramallah im Westjordanland unterwegs, als ihr Fahrzeug von Palästinensern beschossen wurde, wie der israelische Rundfunk am 29. August berichtete. Das Auto sei in einen Graben gefahren und habe sich überschlagen.
In Dschenin im Westjordanland griffen militante Palästinenser am 29. August einen israelischen Posten an und lösten einen heftigen Schusswechsel aus. Nach israelischen Militärangaben lagen zunächst keine Berichte über Tote oder Verletzte vor. Mehrere gepanzerte Fahrzeuge rückten in die Innenstadt vor, Soldaten feuerten Schüsse ab.
Israelische Truppen rückten am 29. August erneut mit Panzern und Planierraupen in den Gazastreifen ein. Sie entwurzelten Pflanzen und räumten Anbauflächen, die nach israelischer Darstellung als Abschussbasis für Raketen dienten. Nach Militärangaben wurde eine Abschussrampe gefunden, mit der am Donnerstag eine Rakete auf israelisches Gebiet abgefeuert worden sei. Die Vorrichtung sei in unmittelbarer Nähe eines palästinensischen Polizeipostens entdeckt worden.

Bei einem gezielten Raketenangriff auf ein Auto im Gazastreifen sind am 30. August mindestens zwei Palästinenser getötet worden. Das teilten palästinensische Rettungskräfte mit. Ein Hubschrauber der israelischen Armee feuerte nach Angaben von Sicherheitskräften mindestens eine Rakete ab. Der Wagen sei im Flüchtlingslager El Bureidsch im Zentrum des Autonomiegebiets angegriffen worden. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich bei den getöteten Hamas-Aktivisten um den 37-jährigen Abdullah Akel, einen Ortskommandeur im mittleren Gazastreifen, und seinen 40 Jahre alten Assistenten Farid Majet. Zwei männliche Passanten wurden von Bombensplittern verletzt, ein 16-Jähriger erlitt einen Schock. Es war der fünfte gezielte Raketenangriff der israelischen Armee im Gazastreifen binnen zehn Tagen.
Israelische Soldaten haben am 30. August im südlichen Gazastreifen ein neunjähriges palästinensisches Mädchen getötet. Nach palästinensischen Angaben hatten militante Palästinenser zunächst Mörsergranaten auf eine jüdische Siedlung abgefeuert. Die Soldaten schossen daraufhin den Angaben zufolge sofort zurück und trafen ein nahe gelegenes Wohngebiet. Das Kind wurde dabei getötet. Zwei weitere Palästinenser erlitten Verletzungen.

Bewaffnete Palästinenser haben im südlichen Gazastreifen einen Israeli schwer verletzt. Der Mann sei am Morgen des 31. August in der Nähe der ägyptischen Grenze von Schüssen auf die jüdische Siedlung Rafah Jam getroffen worden, verlautete aus israelischen Militärkreisen. Der Verletzte sei in ein Krankenhaus in der südisraelischen Negevwüste gebracht worden. Die Armee habe in der Nacht zum 31. August fünf Palästinenser festgenommen, nach denen sie im Gazastreifen und Westjordanland gefahndet habe, hieß es weiter.

Die USA haben damit angefangen, eine israelische Zeitung zog nach* und nun haben militante Palästinenser ihre Version eines Kartenblatts mit den meistgesuchten Gegnern in Umlauf gebracht. Auf der Web-Site des Palästinensischen Informationszentrums, das regelmässig Erklärungen der Hamas-Organisation veröffentlicht, wurden am 31. August 16 israelische Politiker gezeigt, geordnet nach einer Rangfolge im Kartenspiel und mit dem Stempel «Wanted». Die Karten waren vor dem Hintergrund eines brennenden Busses ausgebreitet, das Porträt von Ministerpräsident Ariel Scharon auf einer "Joker"-Karte im Visier von zwei vermummten Kämpfern mit Sturmgewehren im Anschlag. Rot durchgekreuzt war das Bild von Tourismusminister Rehavam Seevi, der im Oktober 2001 einem Attentat zum Opfer fiel.
* Im Irak-Krieg hatten die US-Streitkräfte ein Kartenspiel mit den Köpfen der 55 meistgesuchten Funktionäre des Regimes von Saddam Hussein veröffentlicht. Die israelische Zeitung "Maariv" veröffentlichte am 22. August auf einer ganzen Seite ein Kartenspiel mit den Köpfen palästinensischer Politiker.

Angesichts der Eskalation der Gewalt im Gazastreifen schließt Israel größere Operationen seiner Bodentruppen im dicht bevölkerten Gazastreifen nicht mehr aus. Dies betonte Verteidigungsminister Schaul Mofas am 31. August.


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