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Nahostkonflikt

Die Ereignisse ab Juli 2003

1. - 6. Juli 2003

Israelische Soldaten haben am Morgen des 1. Juli den Angriff eines bewaffneten Palästinensers nahe der Stadt Tulkarem verhindert. Er wurde bei dem Versuch getötet, im nördlichen Westjordanland einen israelischen Armeeposten anzugreifen.

Auf Anordnung eines israelischen Gerichts werden die Grundmauern einer umstrittenen Moschee nahe der Verkündigungs-Basilika in Nazareth zerstört. Unter scharfer Bewachung hunderter Polizisten begannen drei Bulldozer am Morgen des 1. Juli damit, das Fundament der Moschee abzureißen, wie der öffentliche israelische Rundfunk berichtete. Sieben israelische Araber, die gegen den Abriss protestierten, seien festgenommen worden. Die Polizei vertrieb mehrere hundert Moslems, die sich an der Baustelle versammelt hatten. Nazareth im Norden Israels ist die wichtigste arabische Stadt des Landes.

Erstmals seit Beginn der Intifada vor 33 Monaten ist der Tempelberg in Jerusalem wieder für Nicht-Moslems zugänglich. Etwa 20 Gruppen von Israelis und Touristen hätten in den vergangenen Wochen die für Moslems und Juden heilige Stätte besuchen dürfen, berichtete der israelische Militärrundfunk am 1. Juli. Die Genehmigung für die Besuche hätten Ministerpräsident Ariel Scharon, das Ministerium für innere Sicherheit und die Polizei erteilt. Für jüdische Extremisten bleibe der Zugang weiterhin verboten.

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und sein palästinensischer Kollege Mahmud Abbas sind in Jerusalem erstmals gemeinsam vor die Öffentlichkeit getreten und haben sich zum Friedenskurs bekannt. Die Möglichkeit für eine bessere Zukunft beider Völker "ist heute größer als in der Vergangenheit", sagte Scharon auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz mit Abbas vor ihren Beratungen am 1. Juli in Jerusalem. Frieden sei aber dann unmöglich, wenn der "palästinensische Terror" weitergehe, fügte er hinzu. Minister beider Seiten saßen einträchtig an einem Tisch, als Abbas seinerseits den Willen der Palästinenser zur Beendigung des Konflikts betonte. Der einzige Weg zur Beendigung des Konflikts seien Dialog und Verhandlungen, sagte Abbas. Jeder Tag ohne eine Vereinbarung mit Israel sei ein verlorener Tag. Scharon sagte, Israel sei bereit, einen "schmerzhaften Preis" für den Frieden mit den Palästinensern zu zahlen. Sein Land habe nicht die Absicht, die Palästinenser zu beherrschen oder über deren Zukunft zu entscheiden. Abbas hatte vor dem palästinensischen Parlament angekündigt, er werde Scharon auffordern, mit der Auflösung jüdischer Siedlungen in den Palästinenser-Gebieten zu beginnen, inhaftierte Palästinenser freizulassen und die Belagerung palästinensischer Städte im Westjordanland zu beenden.

Die US-Regierung erwägt direkte Finanzhilfen an die palästinensische Autonomiebehörde. Wie Präsidentensprecher Ari Fleischer am 1. Juli mitteilte, stehen die Überlegungen im Zusammenhang mit dem Amtsantritt eines neuen palästinensischen Finanzministers und "neuen Gegebenheiten". Bislang habe es wegen der Korruption innerhalb der palästinensischen Führung keine Direktzahlungen gegeben. Eine Direkthilfe hängt nach Angaben des Sprechers von einer Reihe von Faktoren ab. Dazu gehören die Umsetzung des Friedensplans des Nahost-Quartetts aus UNO, USA, EU und Russland, konkrete Aktionen zur Verbesserung der Sicherheitslage sowie die Bereitschaft zur Bekämpfung der Korruption.

Nach dem Abzug israelischer Soldaten hat die palästinensische Polizei am 2. Juli offiziell wieder die Kontrolle in Bethlehem im Westjordanland übernommen. Anwohner klatschten Beifall, als 60 Polizisten gefolgt von zwei Motorrädern und einem Streifenwagen ins Stadtzentrum marschierten. Nach den Vereinbarungen bleiben indessen die israelischen Truppen weiter für den Schutz der jüdischen Siedler in umliegenden Gemeinden zuständig. Die palästinensische Polizei verpflichtete sich, in den ihr unterstellten Gebieten Terroranschläge zu verhindern. Die Bevölkerung bleibt skeptisch. So äußerten sich einige Einwohner von Bethlehem zurückhaltend über den Abzug. "Sie halten uns zum Narren", sagte Jaudat Joude, der seit fast drei Jahren nicht an seinen Arbeitsplatz in einer Jerusalemer Fabrik gelangen kann. Wer ernsthafte Veränderungen wolle, müsse die Straßensperren beseitigen und die Palästinenser zur Arbeit einreisen lassen. "Dann können wir vielleicht glauben, dass die Israelis gute Absichten haben", zitiert die Nachrichtenagentur AP.

Israel hat am 3. Juli mit der von allen Palästinenserfraktionen geforderten Freilassung palästinensischer Häftlinge begonnen. Bis zum Abend waren 52 Menschen auf freien Fuß gesetzt worden. Unter den ersten 19 Freigelassenen war auch ein ranghoher Sicherheitsrepräsentant im Gazastreifen, Suleiman Abu Mutlak.
Eine israelische Einheit hat in der Nacht zum 3. Juli in Kalkilia das Feuer auf zwei Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden eröffnet. Einer wurde getötet, der andere festgenommen. Nach Darstellung der israelischen Armee hatten die beiden versucht, der Festnahme durch die Soldaten zu entkommen. Nach palästinensischen Angaben wurde der Tote jedoch mit Kopfschuss aufgefunden. Die Al-Aksa-Brigaden gehören zu den wenigen Palästinensergruppen, die eine Waffenruhe mit Israel ablehnen und weiter Anschläge verüben.
Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas verurteilte am 3. Juli einen Raketenangriff auf eine israelische Siedlung im Gazastreifen erstmals als "Terrorakt" und kündigte harte Strafen gegen jeden an, der in Zukunft gegen die Waffenruhe verstoße. In der Siedlung Kfar Darom waren vier Israelis leicht verletzt worden, als über Nacht mehrere Panzerabwehr-Raketen einschlugen. Die Armee sperrte daraufhin vorübergehend die zentrale Nord-Süd-Verbindungsstraße für Palästinenser im Gazastreifen, die erst zwei Tage zuvor wieder geöffnet worden war. Israel legte bei der Autonomiebehörde offizielle Beschwerde über den Raketenangriff ein und sprach von einem schweren Verstoß gegen die Waffenruhe.

Israel hat die USA, Kanada und andere befreundete Nationen gebeten, in der derzeit "kritischen Phase" des Nahost-Friedensplans den diplomatischen Druck auf die Palästinenser beizubehalten. Ein Sprecher der israelischen Botschaft im kanadischen Ottawa teilte zum Inhalt des Schreibens am 3. Juli weiter mit, es gehe um das Mitwirken der internationalen Gemeinschaft im Bemühen darum, die vom Friedensfahrplan aufgezeichnete Chance für Frieden in Nahost nicht zu verspielen. "Die internationale Gemeinschaft...könnte zum Friedensprozess beitragen, indem sie eine kompromisslose Haltung zeigt, was die Erfüllung der Verpflichtungen der Palästinenser angeht."

Ein Sprecher der örtlichen Organisation der El-Aksa-Märtyrer-Brigaden hatte am 3. Juli in Kalkilja bei der Trauerfeier für ein von der israelischen Armee erschossenes Mitglied erklärt, die Brigaden würden sich nicht an den Gewaltverzicht halten, so lange die israelische Besatzung andauere. Zugleich drohte der örtliche Anführer der Brigaden der israelischen Regierung mit einer "Antwort binnen 24 Stunden", die "wie ein Erdbeben" ausfallen werde.
Das Führungsmitglied der israelfeindlichen Hamas, Abdel-Asis el Rantissi, hat sich am 3. Juli skeptisch über den Bestand des Gewaltverzichts militanter Palästinenser-Gruppen gegenüber Israel geäußert. Die Hamas habe dem Gewaltverzicht nur zugestimmt, um einen internen palästinensischen Konflikt zu vermeiden, sagte Rantissi der Nachrichtenagentur Reuters und dämpfte damit Hoffnungen auf Fortschritte im Nahost-Friedensprozess. "Es gibt überhaupt keine Verbindung zwischen diesem Frieden und dem (wirklichen) Frieden", sagte das Hamas-Gründungsmitglied. "Wir haben die Gefahr eines internen Konflikts gesehen, und wir haben unser Bestes getan, ihn durch die Erklärung einer Waffenruhe zu vermeiden."

Israel hat den palästinensischen Sicherheitschef im Gazastreifen, Suleiman Abu Mutlak, aus der Haft entlassen. Das sagte der palästinensische Minister für Gefangene, Hicham Abdel Rassak, der Nachrichtenagentur AFP am 3. Juli in Gaza. Zuvor hatte der israelische Rundfunk von der möglichen Freilassung berichtet. Mutlak war Anfang Mai von der israelischen Armee festgenommen und laut Rundfunk ohne Haftbefehl gefangen gehalten worden. Am 3. Juli sei er einem Richter vorgeführt worden, der über die Haftverlängerung entscheiden sollte. Mangels Beweisen habe der Richter jedoch Mutlaks Freilassung veranlasst.

Palästinensische Sicherheitskräfte haben fünf Militante festgenommen, die für Angriffe auf jüdische Siedlungen im Gaza-Streifen verantwortlich gemacht werden. Die Palästinenser-Behörde sei entschlossen, diejenigen zu bestrafen, die den Waffenstillstand der drei größten gewalttätigen Palästinenser-Gruppen verletzen, sagte ein palästinensischer Sicherheitsvertreter am 3. Juli zu den Festnahmen. Einem Sprecher des Palästinensischen Volkswiderstands (PRC), zufolge, wurden drei Mitglieder der Organisation am Donnerstagnachmittag in Gaza-Stadt und zwei weitere am Vortag im Flüchtlingslager Chan Junis im südlichen Gaza-Streifen festgenommen. Die PRC ist dem Sprecher zufolge unabhängig von den drei großen radikal Israel- feindlichen Organisationen Hamas, Islamischer Dschihad und El-Aksa-Brigaden, die eine dreimonatige Waffenruhe erklärt haben. Dutzende von PRC-Anhänger marschierten am Abend durch Gaza-Stadt, gaben Warnschüsse ab und forderten die Freilassung der fünf Männer.
In Kalkilja im Westjordanland verhafteten israelische Soldaten am 3. Juli den örtlichen Führer der Al-Aksa- Brigaden, Ibrahim Mansur. Einer seiner Gefolgsleute, Mahmud Schawer, wurde nach Angaben der Streitkräfte bei einem Fluchtversuch getötet. Palästinenser erklärten jedoch, Schawer sei bei der Flucht nur am Bein getroffen worden. Nach dem Rückzug der Truppen sei er dann mit Schusswunden am Kopf tot aufgefunden worden. Bei der Beerdigung Schawers marschierten Tausende im Trauerzug mit. Ein Sprecher der Al-Aksa-Brigaden drohte einen Vergeltungsschlag innerhalb der nächsten 24 Stunden an. Ein Mitarbeiter des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat sprach von Mord und sagte, Israel versuche, "uns in den Teufelskreis von Aktion und Reaktion zurück zu bringen".

Ungeachtet mehrerer gewaltsamer Zwischenfälle in dieser Woche bemühen sich die israelische Regierung und die palästinensische Autonomiebehörde weiter um eine Entspannung der Lage. Einen Tag nach einem Raketenangriff auf die jüdische Siedlung Kfar Darom im südlichen Gazastreifen nahmen palästinensische Sicherheitskräfte am Abend des 3. Juli die mutmaßlichen Täter fest. Die israelische Regierung will nach einem Pressebericht in der kommenden Woche mehrere hundert palästinensische Gefangene freilassen.
Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet erstellt derzeit eine Liste von palästinensischen Häftlingen, die für eine Freilassung in Frage kommen. Diese und eine weitere Liste jener Gefangener, die nach Ansicht des Geheimdienstes auf keinen Fall freikommen dürfen, sollen Ministerpräsident Ariel Scharon auf der Kabinettssitzung am 6. Juli vorgelegt werden, berichtete die Zeitung "Haaretz" am 4. Juli.

In einem Telefonat mit Abbas bekräftigte US-Präsident George W. Bush seine Unterstützung für die Gründung eines palästinensischen Staates bis zum Jahr 2005. Auf Abbas' Glückwünsche zum US-Unabhängigkeitstag am 4. Juli entgegnete Bush, er wolle den palästinensischen Unabhängigkeitsfeiern 2005 beiwohnen, wie aus palästinensischen Regierungskreisen verlautete.

Der israelische Generalstabschef, Mosche Jaalon, hat eine Reihe von Fehlern bei israelischen Militäraktionen gegen die Palästinenser eingestanden. In einem Interview der israelischen Tageszeitung "Jediot Acharonot" (Ausgabe vom 4. Juli) erwähnte Jaalon unter anderem die gezielte Tötung des Hamas-Führers Jassir Taha am 12. Juni in Gaza. Der Schlag sei ausgeführt worden, "ohne dass wir wussten, dass seine Frau und seine Tochter bei ihm waren". Bei dem Raketenangriff auf das Auto des radikalen Palästinensers waren auch seine Frau und seine dreijährige Tochter getötet worden.

Die Europäische Union kann nach Ansicht des israelischen Botschafters in Deutschland, Schimon Stein, eine "ergänzende Rolle" im Nahost-Friedensprozess spielen. Stein regte am 4. Juli in Berlin "vertrauensbildende Maßnahmen" beider Seiten, also Israels und der EU, an. Die Beratungen des EU-Gipfels in Saloniki hätten gezeigt, dass sich Europa der amerikanischen und damit auch der israelischen Bedrohungsanalyse zum Nahen Osten annähere, etwa in der Frage der Massenvernichtungswaffen und des iranischen Atomprogramms, sagte der Diplomat. Mit dem Feldzug der Vereinigten Staaten in Irak habe sich die Sicherheitslage Israels dramatisch verbessert. Israel sei darüber hinaus zuversichtlich, dass die Signale, die vom amerikanische Vorgehen ausgingen, in Syrien und Iran ebenso wie in Ägypten angekommen seien, sagte Stein.

Ein Palästinenser ist am 5. Juli im Süden des Gazastreifens von israelischen Kugeln getötet worden. Der Zwischenfall ereignete sich nach Angaben palästinensischer Sicherheitskräfte und Krankenhaus-Mitarbeiter in der Region um die Ortschaft Chusaa im Osten der Stadt Chan Junis. Zum Hergang wurden keine weiteren Angaben gemacht. Im selben Sektor war in der Nacht ein Sprengsatz neben einem vorbeifahrenden israelischen Militärfahrzeug explodiert. Israelischen Militärs zufolge wurde niemand verletzt. Ein Sprecher der palästinensischen Sicherheitskräfte sagte später, der 22-Jährige sei bei der Detonation eines "von der israelischen Armee zurückgelassenen Sprengsatzes" getötet worden, sagte.

Kämpfer der Untergrundorganisation Hisbollah in Libanon haben am 5. Juli 26 Flugabwehrraketen auf Israel abgefeuert. Dabei wurden nach Angaben eines Armeesprechers zwei Häuser und ein geparktes Auto beschädigt, verletzt wurde niemand. Teile der in drei Salven abgefeuerten Raketen gingen in der nordisraelischen Stadt Kirjat Schemona nieder. Ob israelische Flugzeuge in der Region in der Luft waren, wollte die Armee nicht mitteilen.

Die israelische Regierung hat am 6. Juli beschlossen, mehrere hundert palästinensische Gefangene freizulassen. Allerdings knüpfte das Kabinett seine Zustimmung an die Schaffung eines Komitees, das die palästinensischen Schritte zur Umsetzung des internationalen Friedensplans überwachen soll, wie Tourismusminister Benny Elon sagte. Der Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Avi Dichter, legte dem Kabinett eine Liste mit den Namen der Gefangenen vor, die vorzeitig entlassen werden könnten. Mitglieder der militanten Organisationen Islamischer Dschihad und Hamas sollten nicht aus der Haft entlassen werden, sagte der israelische Justizminister Josef Lapid. Auch Häftlinge, die der Beteiligung an Anschlägen beschuldigt würden oder als "unmittelbare Bedrohung" Israels gälten, müssten im Gefängnis bleiben. Ausnahmen seien möglich, wenn sie bereits lange Freiheitsstrafen von mindestens 20 Jahren verbüßt hätten, erklärte Lapid weiter.

7. bis 13. Juli

Israelische Soldaten haben am Abend des 7. Juli in Tulkarem im Westjordanland auf einen palästinensischen Jugendlichen geschossen und ihn dabei schwer verletzt. Der 16-jährige Palästinenser befand sich nach übereinstimmenden palästinensischen und israelischen Angaben in einem Auto, das die Soldaten in Militärjeeps verfolgten und vergeblich versuchten zu stoppen. Als der Junge aus dem Fahrzeug flüchtete, wurde er von den Soldaten beschossen. Er wurde in ein Krankenhaus in Ramallah gebracht.

Am 7. Juli wurde ein Selbstmordanschlag auf ein Privathaus nördlich von Tel Aviv verübt, wobei neben dem Attentäter eine 65-jährige Israelin getötet wurde. Zu der Tat bekannte sich am 8. Juli eine Zelle des Islamischen Dschihad. Sie forderte in einer Stellungnahme nach dem Anschlag die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen. Dschihad-Führer Mahammed el Hindi in Gaza wies jede Verantwortung für den Anschlag zurück und betonte, seine Organisation sei dem Waffenstillstand weiterhin verpflichtet. Ein weiterer Dschihad-Sprecher, Nafet Asam, sagte aber, man wolle den Waffenstillstand "neu bewerten". Er verurteilte die Weigerung Israels, Häftlinge von Hamas und Dschihad freizulassen, als "rassistische Politik". Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete am 8. Juli, Israel erwäge inzwischen, auch Hamas- und Dschihad-Mitglieder freizulassen, sofern sie nicht selbst an Anschlägen beteiligt waren.
Es war der erste Selbstmordanschlag seit Ausrufung der Waffenruhe vor zehn Tagen. Ein Sprecher des israelischen Premiers Scharon sagte daraufhin, die Waffenruhe sei nicht "das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht".

Am 8. Juli erklärte der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas seinen Rücktritt aus dem Zentralkomitee des Fatah-Organisation. Er soll außerdem Arafat mit seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten gedroht haben, schrieben die Zeitungen am 9. Juli. In einem Schreiben an Arafat verlangt Abbas klare Vorgaben Arafats für seine Verhandlungen mit Israel. Sollte er mit den Vorgaben nicht einverstanden sein, würde er zurücktreten. In der Fatah war es offenbar zu heftigen Auseinandersetzungen über die Verhandlungen mit Israel gekommen. Die Palästinenser sind offenbar enttäuscht darüber, dass Israel bisher nur 350 von insgesamt über 6.000 Gefangene freilassen will.

Nach Gesprächen mit einer ägyptischen Vermittlungsdelegation haben die palästinensischen Extremistenorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad ihre Bereitschaft zum Festhalten an der Waffenruhe mit Israel erklärt. "Wir sind geduldig, auch wenn unsere Geduld Grenzen kennt", sagte der geistliche Führer der Hamas, Ahmed Scheich Jassin, am 9. Juli in Gaza. Er habe der ägyptischen Delegation eine schriftliche Aufzählung "israelischer Aggressionen" übergeben. Jassin bekräftigte, dass die Hamas auf der Freilassung aller palästinensischen Gefangenen aus israelischer Haft bestehe.

Am 10. Juli hat die israelische Armee nach eigenen Angaben vier Palästinenser im Gazastreifen festgenommen. Drei von ihnen sollen versucht haben, in ein israelisches Dorf jenseits der nördlichen Grenze des Autonomiegebiets einzudringen. Der vierte Mann soll sich nach Überwindung des Grenzzauns bereits einem anderen Dorf genähert haben. Zwei der Palästinenser seien bei der Festnahme verletzt worden, hieß es weiter. Über ihre Motive der Männer zunächst nichts bekannt, auch blieb vorerst unklar, ob sie bewaffnet waren. Viele Palästinenser versuchen, zur Arbeitssuche auf israelisches Territorium zu gelangen, doch hat es in der Region auch viele Terroranschläge gegeben.
Palästinensische "Heckenschützen" (AP) haben auf einer Schnellstraße an der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland das Feuer auf ein israelisches Fahrzeug eröffnet. Bei dem Überfall am Abend des 10. Juli wurde aber niemand verletzt, wie die israelische Polizei mitteilte. Der Zwischenfall ereignete sich nahe der Stadt Kalkilija im Westjordanland.

Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas und der palästinensische Sicherheitsbeauftragte Mohammed Dahlan haben am Abend des 10. Juli über den Fortgang des Friedensprozesses beraten. Mofas habe Dahlan bei dem zweistündigen Gespräch am Grenzkontrollpunkt Eres nahe Gaza zu einem rascheren Vorgehen gegen radikale Gruppen aufgefordert, berichtete der israelische Rundfunk.

Nach einem dpa-Bericht vom 10. Juli boykottieren der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und seine Regierung den britischen Rundfunk- und Fernsehsender BBC. Wie die Tageszeitung "Haaretz" am 10. Juli meldete, wurde die BBC zu einem Treffen mit Scharon aus Anlass von dessen London-Reise in der nächsten Woche nicht eingeladen. Außerdem sei dem Sender ein Interview mit Scharon verweigert worden. Die Regierung hatte Berichten zufolge bereits vor zwei Wochen beschlossen, die Berichterstattung der BBC über Israel zu erschweren. So dürfen offizielle Regierungssprecher dem Sender keine Stellungnahmen mehr geben. Anlass für die Entscheidung Israels war die Ausstrahlung einer BBC-Dokumentation im internationalen BBC-World-Fernsehen, in der die israelische Atomwaffen-Politik mit der des gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein verglichen wurde. Außerdem beschuldigte der Autor Israel, nicht-konventionelle Waffen gegen Palästinenser eingesetzt zu haben.

Hunderte palästinensischer Häftlinge begannen am 11. Juli im israelischen Gefängnis Megiddo (Nordisrael) einen Hungerstreik, um damit ihre Freilassung zu erzwingen. Auch in den Haftanstalten von Aschkelon und Beerschewa (Südisrael) verweigern fast tausend Häftlinge bereits seit knapp einer Woche regelmäßige Mahlzeiten, berichteten Hilfsorganisationen.

Der israelische Außenminister Silwan Schalom hat die Europäer aufgefordert, sich im Nahost-Friedensprozess stärker für Israel zu engagieren. In einem am 12. Juli vorab veröffentlichten Interview der "Welt am Sonntag" (erscheint am 13. Juli) verlangte Schalom mehr Ausgewogenheit in den internationalen Gremien und wies dabei der Europäischen Union (EU) die Rolle zu, die Vereinten Nationen (UNO) "von anti- israelischen Komitees und Resolutionen zu befreien". Die Gruppe der arabischen und der islamischen Nationen hat in der UNO eine traditionell starke Stellung. Eine Reihe von UNO-Resolutionen und Entschlüssen der Vollversammlung, die den vollständigen Rückzug Israels aus den besetzten Palästinenser-Gebieten forderten, kamen auf Grund der starken arabischen Lobby zu Stande.
Der israelische Regierungschef Ariel Scharon hat die europäischen Regierungen zum Boykott von Palästinenserpräsident Jassir Arafat aufgefordert. Es sei ein großer Fehler, den Kontakt zu Arafat aufrechtzuerhalten, da so die Position des palästinensischen Regierungschefs Mahmud Abbas geschwächt werde, sagte Scharon kurz vor einem dreitägigen Besuch in London der konservativen britischen Zeitung "Daily Telegraph" (Ausgabe vom 12. Juli). Nur wenn Arafat boykottiert werde, seien Fortschritte im Friedensprozess möglich.

Syrien bekräftigte am 12. Juli seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit Israel. Die regierungsnahe Zeitung "Tischrin" berichtete, auf der Basis der Ergebnisse der Friedenskonferenz von Madrid könnten die Verhandlungen um die Rückgabe der Golanhöhen fortgesetzt werden. Die Verhandlungen waren vor drei Jahren im Streit über die Größe des zurückzugebenden Gebiets gescheitert.

Die Spannungen zwischen den palästinensischen Sicherheitsbehörden und militanten Mitgliedern der Hamas-Bewegung nehmen zu. Hamas-Kämpfer griffen am Abend des 12. Juli einen Stützpunkt der palästinensischen Sicherheitskräfte in Gaza an; zwei Polizeiautos brannten nach Angaben palästinensischer Sicherheitskreise aus. Der Angriff mit Gewehrschüssen und Handgranaten erfolgte einen Tag, nachdem Leibwächter des palästinensischen Sicherheitschefs Mohammed Dahlan einen Hamas-Aktivisten angeschossen hatten. Offiziell wurde dieser Zwischenfall als Missverständnis bezeichnet.
Die radikalen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad haben angesichts des verschärften Vorgehens der palästinensischen Sicherheitskräfte mit einem Ende der Waffenruhe gedroht. Versuche, die beiden Gruppe zu entwaffnen, würden keinesfalls akzeptiert, erklärten sie am 13. Juli in einer gemeinsamen Stellungnahme. Das israelische Radio berichtete, die palästinensischen Sicherheitskräfte hätten am Wochenende Waffen beschlagnahmt und etwa 20 Verdächtige festgenommen.

Mit gewaltsamen Protesten haben Palästinenser am 13. Juli die Veröffentlichung einer Umfrage zu verhindern versucht, nach der eine große Mehrheit der palästinensischen Flüchtlinge zum Verzicht auf eine Rückkehr in heute israelisches Land bereit sei. Kurz vor der geplanten Vorstellung der Umfrageergebnisse bewarfen Dutzende von Flüchtlingen in Ramallah im Westjordanland den Leiter des palästinensischen Meinungsforschungsinstituts mit Eiern, drangen in die Büroräume des Instituts ein und zerstörten deren Fenster und Einrichtung, berichtete Reuters. "Das ist eine Botschaft an alle, mit unseren Rechten keine Spielchen zu treiben", sagte einer der Flüchtlinge. "Sie haben nicht einmal die Ergebnisse gesehen", sagte der Chef des unabhängigen Instituts, Chalil Schikaki, während er sich die Eier-Spuren aus seinem Gesicht wischte. Die Polizei versuchte die aufgebrachten Demonstranten zu beruhigen, Schikaki sagte jedoch seine in dem Büro geplante Pressekonferenz ab. Der Umfrage zufolge ist "eine sehr große Mehrheit" der Flüchtlinge bereit, bei einer finanziellen Entschädigung im künftigen Palästinenser-Staat ein neues Leben zu beginnen.

Israels Regierungschef Ariel Scharon ist optimistisch, das "Palästinenser-Problem" während seiner vierjährigen Amtszeit lösen zu können. Wenn das jemandem gelingen könne, dann ihm, sagte er in der britischen Sonntagszeitung "The Observer" (13. Juli 2003). Es sei die Aufgabe seiner Generation, zu versuchen, den Frieden zu Stande zu bringen. Bei einem Scheitern des Friedensprozesses werde sich Israel aber zu verteidigen wissen. Scharfe Kritik übte Scharon erneut an den Kontakten europäischer Regierungen zu Palästinenser-Präsident Jassir Arafat.

Israelische und palästinensische Sicherheitskräfte haben am 13. Juli im Großraum Ramallah nach einem seit zwei Tagen vermissten Taxifahrer gesucht. Der Mann wurde möglicherweise von Palästinensern entführt. Er hatte zuletzt am 11. Juli ein Paar nach Jerusalem gefahren, später war sein Taxi verlassen nördlich der Stadt aufgefunden worden. Die Polizei hält es für möglich, dass der Taxifahrer entführt wurde, um als "Trumpfkarte" in Verhandlungen über die Freilassung palästinensischer Häftlinge zu dienen.

14. - 20. Juli 2003

Nur zehn Prozent der vertriebenen Palästinenser will laut einer Umfrage in die verlorene Heimat zurückkehren, die heute in Israel liegt. Gut die Hälfte möchte lieber als palästinensische Staatsbürger in Westbank oder Gaza leben und finanziell entschädigt werden. Das ist das Resultat eine Umfrage des unabhängigen Meinungsforschers Khalil Schikaki, das am 14. Juli bekannt wurde (nachdem am 13. Juli ein Trupp aufgebrachter Palästinenser dessen Büro in Ramallah gestürmt hatte). Mehr als 95 Prozent aller Befragten betonten aber, dass Israel erst die von der UN-Resolution 194 reklamierten Rechte prinzipiell anerkennen müsse. Auf dieser Grundlage sei man bereit, unter diversen Angeboten das persönlich bevorzugte zu wählen. Eine Ansiedlung in Israel erscheint demnach gerade mal zehn Prozent der Flüchtlinge attraktiv, auch weil dies, so Schikaki, in der Konsequenz die Akzeptanz eines israelischen Passes mit sich bringen würde. Die überwältigende Mehrheit zieht ein Leben in einem Staat Palästina vor. Doch mit einer Ausnahme: Die meisten der 1,7 Millionen Flüchtlinge in Jordanien möchten lieber dort bleiben. Was damit zu tun hat, dass das haschemitische Königreich sie schon lange als Bürger mit vollen zivilen Rechten anerkennt. Dagegen gelten ihre 380.000 Schicksalsgenossen in Libanon als Staatenlose, der Zugang zu siebzig Berufen ist ihnen untersagt. (Quelle: Frankfurter Rundschau, 15.07.2003)

Ein radikaler Palästinenser hat in der Nacht zum 15. Juli in Tel Aviv bei einem Terroranschlag einen Israeli erstochen. Zwei weitere wurden durch Messerstiche verletzt. Nach israelischen Medienangaben versuchte der mit einem Messer bewaffnete Mann in einen Club an der Strandpromenade zu gelangen. Daran wurde er von einem Wachmann gehindert. Bei dem Kampf habe der Sicherheitsmann Stichwunden erlitten. Auf der Flucht über die Strandpromenade habe der Attentäter den Israeli erstochen und einen anderen verletzt. Der bewaffnete Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat sich zu dem Messerangriff in Tel Aviv bekannt. Bei den Opfern habe es sich um jüdische Siedler gehandelt, hieß es in einer am 15. Juli veröffentlichten Mitteilung der El-Aksa-Brigaden. Die Organisation kündigte weitere "Märtyrer-Aktionen" an. Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas hat den jüngsten Terroranschlag verurteilt.
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben im Westjordanland sechs gesuchte palästinensische Extremisten festgenommen. Drei Aktivisten mit Verbindungen zur Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat seien in der Nacht zum 15. Juli in Nablus im Norden des Westjordanlandes festgenommen worden, teilte ein Armeesprecher in Jerusalem mit. Eine Maschinenpistole und zwei Pistolen seien beschlagnahmt worden. Drei weitere mutmaßliche Extremisten, unter ihnen zwei Mitglieder der radikalislamischen Hamas-Bewegung, seien in Hebron im Süden gefasst worden.

Eine Spezialeinheit der israelischen Streitkräfte hat einen von Palästinensern entführten Taxifahrer aus der Geiselhaft befreit. Der 61-Jährige wurde in Ramallah im Westjordanland gefangen gehalten, wie die Streitkräfte am 16. Juli mitteilten. Eiljahu Goral war am 11, Juli vermisst gemeldet worden, nachdem sein Taxi verlassen im arabischen Teil Jerusalems gefunden worden war. Bei den Entführern handelte es sich nach Angaben des israelischen Fernsehens um palästinensische Kriminelle, die sich militanten islamischen Gruppen andienen wollten. Allerdings habe keine der militanten Palästinenserorganisationen die Geisel oder die Verantwortung für die Entführung übernehmen wollen.

Israelische und palästinensische Parlamentsabgeordnete haben sich am 17. Juli erstmals seit mehr als drei Jahren zu direkten Gesprächen getroffen. Die Beratungen über den Nahost-Friedensprozess fanden am Sitz der Interparlamentarischen Union (IPU) in Genf statt. Beide Seiten bezeichneten das Treffen trotz offenkundiger Spannungen als erfolgreich.

Führer der Fatah-Splittergruppe Al Aksa-Brigaden haben die Regierung des gemäßigten palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas am 17. Juli zum Rücktritt aufgefordert. In einem Flugblatt der Gruppe hieß es, Palästinenserpräsident Jassir Arafat müsse die Regierung Abbas auflösen und die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel beenden. Die Organisation reagierte damit auf eine Razzia der israelischen Armee in Nablus, bei in der Nacht zum 16. Juli drei Mitglieder der Gruppe festgenommen worden waren.
Das Weiße Haus hat am 17. Juli die genauen Termine für die Treffen von US-Präsident George W. Bush mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und dem palästinensischen Regierungschef Mahmud Abbas bekannt gegeben. Bush wird Abbas am 25. Juli im Weißen Haus empfangen, wie sein Sprecher Scott McClellan mitteilte. Am 29. Juli werde Bush dort dann Scharon empfangen.
Bundesaußenminister Fischer hat die geplante Reise des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas nach Washington begrüßt. Dies sei ein "ganz, ganz wichtiges Datum", sagte Fischer am 17. Juli in der US-Hauptstadt nach einem rund halbstündigen Treffen mit Vizepräsident Dick Cheney.

Syrien ist zur sofortigen Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit Israel bereit. Das bestätigte am 17. Juli der Nahostgesandte der UN, Terje Roed-Larsen, in New York. Die israelische Zeitung "Maariv" hatte berichtet, Präsident Baschar el Assad habe dafür grünes Licht signalisiert. Danach ist Syrien an neuen Verhandlungen unter US-Vermittlung bereit. Israels Botschafter bei den UN, Dan Gillerman, sagte, sollte Syrien es ernst meinen, werde es Israels Premier Ariel Scharon einen willigen Partner finden.

Der Nahostbeauftragte der Vereinten Nationen, Terje Roed-Larsen, hat die Errichtung des Sicherheitszauns zwischen Israel und dem Westjordanland scharf kritisiert und einen Baustopp gefordert. Die geplante Grenzanlage verletze den vereinbarten Fahrplan zum Frieden und erschwere die spätere Bildung eines lebensfähigen Palästinenserstaats, sagte der Diplomat am 17. Juli in New York. Israels UN-Botschafter Dan Gillerman lehnte die Forderung nach einer Demontage ab und erklärte, der Grenzzaun sei notwendig, um Israel vor terroristischen Angriffen zu schützen. Das Projekt hätte man schon vor Jahren umsetzen sollen. Der Zaun sei aber keine politische Grenze,betonte er.

Israelische Soldaten haben in der Nacht zum 18. Juli die Häuser zweier mutmaßlicher Entführer eines israelischen Taxifahrers zerstört. Israelische Medien berichteten, die Gebäude seien in der Ortschaft Bet Rima nordwestlich von Ramallah niedergewalzt worden. Eine israelische Eliteeinheit hatte den Taxifahrer Eliahu Gurel in der Nacht zum 16. Juli nach fünf Tagen Gefangenschaft unverletzt befreit.

Israelische Sicherheitsbeamte haben zwei jüdische Siedler wegen der mutmaßlichen Vorbereitung von Attentaten auf Palästinenser festgenommen. Offiziell wurden die beiden Verdächtigen wegen Sicherheitsdelikten in Untersuchungshaft genommen, berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz" am 18. Juli auf ihrer Internetseite. Bei den zwei Männern handele es sich um einen Siedler aus dem jüdischen Viertel von Hebron im Westjordanland sowie um dessen Schwager aus einer jüdischen Kolonie im Süden der Stadt, sagte ein Justizmitarbeiter. Das zuständige Gericht verhängte einem Radiobericht zufolge eine Nachrichtensperre.

Im Streit um die Freilassung palästinensischer Gefangener ist die israelische Regierung offenbar zu Zugeständnissen bereit. Gemeinsam mit mehreren hundert palästinensischen Häftlingen könnten auch Mitglieder der radikalen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad freikommen, berichtete die israelische Zeitung "Haaretz" am 18. Juli. Bislang hatte die israelische Regierung darauf bestanden, dass militante Palästinenser aus Sicherheitsgründen nicht freigelassen werden könnten. Auf einer Liste mit 400 palästinensischen Häftlingen seien auch 60 Mitglieder von Hamas und Islamischem Dschihad zu finden, berichtete "Haaretz". Ein Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon sagte, die Regierung bewege sich tatsächlich in diese Richtung. Bestätigen wollte er den Bericht aber nicht.

Die israelischen "Besatzungsmächte" verstießen "fortwährend" gegen das Recht der Bevölkerung auf Nahrung und Wasser, erklärte der UN-Menschenrechtsexperte Jean Ziegler am 18. Juli in Genf. Mehr als die Hälfte aller Haushalte hätten nur eine Mahlzeit am Tag, sagte Ziegler unter Berufung auf Zahlen der Weltbank. Über neun Prozent der Kinder unter fünf Jahren seien schwer unterernährt. Die 3,5 Millionen Palästinenser stünden vor einer humanitären zivilen Katastrophe. Als Gründe für die alarmierende Lage nannte Ziegler die "militärische Besatzung", die Blockade der Palästinensergebiete durch die israelische Armee, die Beschlagnahmung von Land und die Umleitung von Wasser in jüdische Siedlungen.

Palästinensische Extremisten haben den Gouverneur der autonomen Stadt Dschenin im Westjordanland entführt. Nach Augenzeugenberichten wurde Haider Irscheid am 19. Juli bei einer Fahrt durch die Stadt aus seinem Auto gezerrt und geschlagen. Der örtliche Sprecher der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, Sakarije Subeidi, bekannte sich kurze Zeit später zu der Entführung. Er warf Irscheid vor, ein Kollaborateur Israels zu sein, der "in viele Verbrechen gegen unser Volk verwickelt" sei. Subeidi räumte ein, dass palästinensische Sicherheitsbeamte im Namen von Präsident Jassir Arafat um die Freilassung Irscheids gebeten hätten. Seine Organisation sei jedoch der Auffassung, dass der 50-jährige "für seine Verbrechen" zur Verantwortung gezogen werden müsse. Aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete, der Gouverneur haben militante Landsleute gegen sich aufgebracht, weil er im Flüchtlingslager von Dschenin einen Heckenschützen der Märtyrerbrigaden habe verhaften lassen.

Vor ihren USA-Besuchen wollen sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und der palästinensische Regierungschef Mahmud Abbas am 20. Juli erneut zu einem Gespräch über die Umsetzung des internationalen Nahost-Friedensplans treffen. Nach palästinensischen Regierungsangaben vom 19. Juli soll es dabei unter anderem um einen weiteren Abzug der israelischen Armee aus den Autonomiegebieten, die Freilassung palästinensischer Häftlinge und die Aufhebung von Armeeblockaden gehen.
Im Bemühen um einen Nahost- Frieden haben sich Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und sein palästinensischer Kollege Mahmud Abbas am 20. Juli erneut zu einem direkten Gespräch getroffen. Vor dem Treffen in Scharons Wohnsitz in Jerusalem sagte Abbas, Hauptthema werde die strittige Frage der Freilassung von inhaftierten Palästinensern stehen. Radikale Palästinenser- Gruppen haben ihren vorläufigen Gewaltverzicht mit der Bedingung verknüpft, dass Israel alle palästinensischen Häftlinge freilässt. Israel will jedoch zunächst offenbar nur eine begrenzte Anzahl von Gefangenen freilassen. Abbas sagte dem arabischen TV-Sender El Dschasira am Sonntag kurz vor dem Treffen, die palästinensische Seite habe Listen mit den Namen von Gefangenen zusammengestellt. Dabei seien alle Kriterien wie Alter, Haftdauer und dergleichen berücksichtigt worden. "Beim heutigen Treffen werden wir erfahren, wie Israel dazu steht", fügte Abbas hinzu.
Die palästinensische Autonomiebehörde hat am 20. Juli grundsätzlich alle Gruppierungen verboten, die ihre Ziele mit Gewalt verfolgen. Sie kam damit einer Forderung des Nahost-Friedensplans nach. Von Israel verlangte der palästinensische Sicherheitschef Mohammed Dahlan im Gegenzug die Entlassung palästinensischer Gefangener. Ein Verbot gewaltsamer Gruppen war bereits 1998 erlassen worden, während der bewaffneten Auseinandersetzung der vergangenen 33 Monate wurde es aber nicht umgesetzt. Der Erlass sei jetzt vom palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat erneuert worden, der damit das Verbot aus dem Jahr 1998 bestätigt habe, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Der von der Wafa veröffentlichte Text verbietet "Aufstachelung, die zum Einsatz von Gewalt ermutigt, die den Beziehungen mit ausländischen Staaten schadet". Wer dagegen verstoße, müsse sich nach palästinensischen Gesetzen verantworten.
Zuvor hatte Sicherheitschef Dahlan eine groß angelegte Kampagne für Recht und Ordnung in den Autonomiegebieten angekündigt. Er reagierte damit auf die Entführung des palästinensischen Gouverneurs von Dschenin durch die Al-Aksa-Brigaden. Sie hatten Haider Irscheid, den sie der Kollaboration mit Israel bezichtigten, am 19. Juli vorübergehend in ihre Gewalt gebracht. Nach einer Intervention des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat wurde der Gouverneur schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine Anordnung Arafats sei für ihn bindend, erklärte Subeidi. Kurz darauf nahm die palästinensische Polizei im Gazastreifen zwei Mitglieder der Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) fest, wie die Organisation bestätigte. Sicherheitschef Dahlan nannte keine Einzelheiten seiner geplanten Kampagne für Recht und Ordnung. Er machte jedoch deutlich, dass sich diese vorrangig auf den Gazastreifen konzentrieren werde.

21. bis 31. Juli

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat am 21. Juli den Abbau weiterer illegaler Vorposten im Westjordanland zugesagt. Er wies jedoch zugleich darauf hin, dass diese nicht mit "rechtmäßig" erbauten jüdischen Siedlungen gleichzusetzen seien, über deren Status erst in abschließenden Friedensverhandlungen mit den Palästinensern entschieden werden solle. Die israelische Regierung habe bereits in der Vergangenheit illegale Siedlungsvorposten entfernt und werde dies auch in Zukunft tun, sagte Scharon während einer Fragestunde im Parlament. Die Abgeordneten stimmten einer entsprechenden Erklärung des Regierungschefs mit 47 zu 27 Stimmen zu. Die Opposition hatte Scharon vorgeworfen, zwar acht Außenposten abgebaut, jedoch zugleich die Errichtung von sieben neuen zugelassen zu haben.

Radikale Palästinensergruppen haben mit dem vorzeitigen Ende ihrer einseitigen Waffenruhe gedroht, falls Israel nicht alle palästinensischen Gefangenen entlasse. Einen Tag nach den ergebnislos beendeten Gesprächen zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und dem palästinensischen Regierungschef Mahmud Abbas forderte ein Sprecher des extremistischen Islamischen Dschihad am 21. Juli die "sofortige Entlassung aller Gefangener, ohne Ansehen der Person". Auch die Hamas-Organisation, verlangte die Entlassung der knapp 6.000 Häftlinge. Dies sei "eine der wichtigsten Forderungen der Palästinenser", und eine Weigerung Israels werde die Ende Juni ausgerufene Waffenruhe beenden.

Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas lehnt die Forderung Israels und der USA nach einer Zerschlagung der militanten palästinensischen Gruppierungen weiter ab. Dies sei keine Option, sagte er am 22. Juli in Kairo nach einer Unterredung mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa.

Israel streicht Finanzhilfen für jüdische Siedlungen in den Palästinensergebieten. Innenminister Avraham Poras sagte am 22. Juli dem Militärrundfunk, er habe die finanziellen "Privilegien" der Siedlungen im Westjordanland und dem Gazastreifen aufgehoben. Von nun an würden alle Stadtverwaltungen gleich behandelt. Die wichtigste Vertretung der jüdischen Siedlungen, der Jescha-Rat, verurteilte die Entscheidung, wie die Zeitung "Maariv" berichtete. Poras' Schinui-Partei lege "Rassismus" an den Tag, der gegen Siedler gerichtet sei.

Im Westjordanland haben am 22. Juli knapp fünfhundert Palästinenser gegen den Bau des kilometerlangen israelischen Schutzwalls entlang des autonomen Gebietes protestiert. An der Demonstration in der Nähe der Ortschaft Deir el Ghusun, nördlich von Tulkarem und östlich von Dschenin, beteiligten sich auch einige Dutzend ausländische Friedensaktivisten, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der Protest richtete sich demnach auch gegen die Politik Israels, für den Bau des Schutzwalls das Land zahlreicher palästinensischer Bauern zu beschlagnahmen.

Nach Warnungen vor einem bevorstehenden Terroranschlag hat die Polizei in der israelisch-arabischen Ortschaft Taibeh am 22. Juli einen Autofahrer erschossen. Wie sich später herausstellte, war der Mann nicht bewaffnet. Ein zweiter Insasse des Fahrzeugs flüchtete zu Fuß. Nach ihm wurde eine Fahndung eingeleitet. Die Sicherheitskräfte im Grenzgebiet zum Westjordanland waren aus Furcht, ein Attentäter könnte nach Israel eindringen, in Alarmbereitschaft versetzt worden. Ein Auto, auf das eine der Beschreibungen zutraf, erregte die Aufmerksamkeit der Polizisten an einer Straßensperre in Taibeh. Der Fahrer widersetzte sich der Aufforderung anzuhalten. Daraufhin eröffneten die Polizisten das Feuer. Nach Medienberichten hatte der getötete Araber eine kriminelle Vergangenheit. Außerdem besaß er laut Polizei keinen Führerschein.

Die israelische Menschenrechtsgruppe ACRI übt scharfe Kritik am Vorgehen der Armee gegenüber den Palästinensern. In ihrem Jahresbericht warf der Verband für Bürgerrechte in Israel am 22. Juli Soldaten einen grausamen und sadistischen Umgang mit Palästinensern vor. Der Bericht der 1972 gegründeten unabhängigen Menschenrechtsgruppe umfasst den Zeitraum von Juni 2002 bis Juni 2003. In dem einen Jahr seien hunderte Palästinenser getötet worden, aber nur in einer Handvoll von Fällen seien Ermittlungen eingeleitet worden. Diese beträfen vor allem Gewalttaten jüdischer Siedler. ACRI verurteilte unter anderem die gezielte Tötung militanter Palästinenser durch israelische Sicherheitskräfte. Die Streitkräfte wiesen die Vorwürfe von ACRI zurück.

Die libanesische Hisbollah-Miliz hat nach eigenen Angaben am 22. Juli israelische Kampfjets beschossen. "Die Luftabwehreinheit des islamischen Widerstands trat den feindlichen zionistischen Flugzeugen entgegen, die die libanesische Souveränität über dem östlichen Sektor im südlichen Libanon verletzt hatten", hieß es in einer Mitteilung der von Syrien und dem Iran unterstützten Hisbollah. Nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen wurden zwei Menschen verwundet, als Reste der Geschosse auf die nordisraelische Grenzstadt Schlomi niedergingen.

Israel und die Palästinenser peilen eine Zusammenarbeit bei Energieprojekten an. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde am 23. Juli von den Fachministern Israels und der Palästinenser, Joseph Paritzky und Assam Schaua unter Vermittlung der Europäischen Union (EU) in Brüssel unterzeichnet. Darin ist der Beginn von Experten- Gesprächen unter anderem über eine gemeinsame Nutzung von Gas- und Stromvorräten im Herbst vorgesehen.

Israel will in den nächsten Tagen 530 palästinensische Gefangene entlassen. Das berichteten israelische Medien nach dem Treffen eines Regierungskomitees unter Leitung von Ministerpräsident Ariel Scharon am 23. Juli. Rund 130 inhaftierte Mitglieder der radikalen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad sollen aber erst auf freien Fuß gesetzt werden, wenn das Kabinett Scharon darüber abgestimmt hat.

Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas muss sich einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Die Abgeordneten würden nach Abbas' Besuch in Washington entscheiden, ob sie dem Regierungschef weiter das Vertrauen aussprechen, erklärte Informationsminister Nabil Amr am 23. Juli. Sollte Abbas im Weißen Haus keine Fortschritte bei der Umsetzung des Friedensplans erzielen, würde dies den Ministerpräsidenten im Parlament und bei der Bevölkerung in Schwierigkeiten bringen.

Israel wird im Zuge der in Kürze erwarteten Entlassung palästinensischer Gefangener keine Mitglieder der militanten Gruppen Hamas oder Dschihad freilassen. Das wurde am 23. Juli nach einem Treffen eines Regierungskomitees unter Leitung von Ministerpräsident Ariel Scharon bekannt. Nach übereinstimmenden israelischen Medienberichten will Scharon vermutlich in den nächsten Tagen zunächst 450 Häftlinge entlassen. Über die Freilassung von Mitgliedern der Extremistengruppen soll nun das Kabinett entscheiden.

Auf einen ranghohen Vertreter der palästinensischen Sicherheitskräfte ist nach palästinensischen Angaben am Abend des 24. Juli ein Anschlag mit Mörsergranaten verübt worden. Wie es hieß, verfehlten die Geschosse das Ziel und schlugen im Zentralgefängnis der Stadt Gaza ein. Dabei seien zehn Häftlinge verletzt worden. Ziel des Anschlags war den Angaben zufolge Generalmajor Mussa Arafat. Sein Büro befindet sich auf dem Gelände, auf dem auch das Gefängnis steht. Arafat sei nicht in seinem Büro gewesen, hieß es. Hinter dem Anschlag stecken den Angaben zufolge offenbar rivalisierende Palästinenser.

US-Außenminister Colin Powell hat das im Nahost-Friedensplan vorgesehene Zieldatum der Gründung eines Palästinenserstaates bis 2005 als schwierig bezeichnet. "Ich denke, es wird schwierig werden, aber ich glaube, es ist weiter möglich", sagte Powell in einem Interview des libanesischen Rundfunks und der Zeitung "El Hajat", das sein Ministerium am 24. Juli veröffentlichte. Powell sagte in dem Interview, der Zeitplan könne eingehalten werden, wenn Israel und die Palästinenser ihre Verpflichtungen weiter umsetzten und auf beiden Seiten das Vertrauen zueinander wachse.
US-Außenminister Powell kam am 24, Juli in Washington mit seinem israelischen Amtskollegen Silwan Schalom zusammen. Über den Grenzzaun sagte Powell anschließend, die USA hätten gegen diesen Bedenken und erwägten, ob daran nicht "Anpassungen" gemacht werden sollten.

Vor seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush am 25. Juli hat der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas die USA aufgefordert, ihren Druck auf Israel zur Umsetzung des Friedensplans zu verstärken. Washington müsse Israel bewegen, die jüdischen Siedlungen zu räumen und 3.000 palästinensische Gefangene freizulassen, sagte Abbas. Abbas traf mit führenden Kongresspolitikern zusammen. Dabei warf er Israel vor, die Bemühungen der USA um eine umfassende Friedenslösung im Nahen Osten zu untergraben. Dies zeige sich in der fortgesetzten Errichtung jüdischer Siedlungen im Westjordanland und im Bau eines Trennzauns zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten. Der demokratische Senator Joseph Biden sagte im Anschluss an das Treffen, er sei beeindruckt von der Entschlossenheit und dem Optimismus des palästinensischen Ministerpräsidenten. Der republikanische Senator Richard Lugar, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses, kündigte an, er wolle sich für eine verstärkte Finanzhilfe der USA für die Palästinenser einsetzen.

Die israelische Regierung will den Friedensprozess mit dem Abzug aus zwei weiteren Städten im Westjordanland vorantreiben. Verteidigungsminister Schaul Mofas und der palästinensische Sicherheitschef Mohammed Dahlan sollten die Einzelheiten bei einem Treffen Anfang nächster Woche ausarbeiten, teilte am 25. Juli das Büro von Ministerpräsident Ariel Scharon in Jerusalem mit. Über den Zeitpunkt und die Auswahl der Städte sei bislang noch nicht entschieden. Zudem kündigte die Regierung die Freilassung weiterer palästinensischer Gefangener an. Israel will außerdem drei Kontrollpunkte räumen und 8.500 zusätzliche Arbeitsgenehmigungen für Palästinenser ausstellen. Zudem sollen Schritte geprüft werden, wie Härten für Palästinenser gemindert werden können, die durch den neuen Grenzzaun entstanden sind.

Im Westjordanland erschoss ein israelischer Soldat am 25. Juli einen vier Jahre alten Jungen und verletzte dessen zwei Schwestern. In der Nähe der Stadt Barta im Norden des Westjordanlands eröffnete ein Soldat das Feuer auf ein Fahrzeug. Der Vierjährige darin wurde getötet, und zwei seiner Schwestern im Alter von sechs und sieben Jahren erlitten Verletzungen, wie Augenzeugen mitteilten. Die israelischen Streitkräften äußerten Bedauern über den Zwischenfall und erklärten, die Schüsse hätten sich versehentlich gelöst.

Beim ersten offiziellen Besuch des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas in den USA am 25. Juli hat sich US-Präsident George W. Bush Teilen der palästinensischen Kritik an Israel angeschlossen. Zum israelischen Sperrwall sagte Bush, es werde "sehr schwierig", zwischen Palästinensern und Israelis Vertrauen aufzubauen, wenn sich eine Mauer quer durch das Westjordanland ziehe. Er werde über diese Frage mit Scharon reden. Zudem forderte er von Israel den Stopp des Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebieten. Insgesamt zeigte sich Bush aber zufrieden mit den israelischen Anstrengungen im Friedensprozess. Scharon wird am 29. Juli in Washington erwartet. Abbas kritisierte nach seinem ersten offiziellen Empfang im Weißen Haus die israelischen Bemühungen als unzureichend. Israel müsse mehr palästinensische Gefangene freilassen und den Palästinensern größere Bewegungsfreiheit gewähren. Der Ministerpräsident hatte vor dem Treffen vor Schwierigkeiten für seine Regierung gewarnt, falls der Friedensprozess nicht bald Fortschritte machen sollte.
Israel hat den Bau des Sperrwalls entlang der Palästinensergebiete gegen die Kritik von US-Präsident George W. Bush verteidigt. Der umstrittene Wall sei "eine Notwendigkeit, die von dem Gebot der Sicherheit diktiert wird", sagte ein Mitglied der israelischen Regierung am 26. Juli. Die Abschottung habe "keine politische Bedeutung", sondern solle lediglich palästinensische Anschläge in Israel verhindern. Dabei handele es sich "nicht um eine Art von Berliner Mauer", wie die Palästinenser behaupteten, betonte der Regierungsvertreter.

Israel hat am Wochenende (26./27. Juli) zum ersten Mal seit Beginn des blutigen Palästinenseraufstands mehrere Straßensperren im Westjordanland abgebaut oder für den allgemeinen Verkehr geöffnet. Israelische und palästinensische Räumfahrzeuge zerstörten am Morgen des 27. Juli die Betonbefestigungen einer Straßensperre nordwestlich von Ramallah, die der Bevölkerung bisher den freien Zugang zu etwa 30 Dörfern sowie der Bir-Zeit-Universität verwehrt hatte. Auch bei Ein-Arik im Westen Ramallahs sowie in Dschabel Sindak bei Hebron wurden Sperren entfern. Die Bevölkerung habe dadurch freien Zugang zu mehreren großen Orten in dem Gebiet. Nach Angaben eines israelischen Armeesprechers können nach dem Abbau der Straßensperren Palästinenser erstmals seit Beginn der Intifada vor 33 Monaten "innerhalb von vier bis sechs Stunden" von Dschenin im Norden bis nach Hebron im Süden des Palästinensergebiets reisen. Bisher seien dafür bis zu 48 Stunden nötig gewesen. Im Rahmen der als "Gesten des guten Willens" bezeichneten Aktionen erteilte die Armee nach eigenen Angaben auch mehreren Tausend palästinensischen Frauen und Männern aus dem Westjordanland Arbeitsgenehmigungen für Israel. Insgesamt dürfen damit wieder etwa 25.000 Menschen aus den Autonomiegebieten in Israel arbeiten. Vor Beginn des blutigen Konflikts hatten hier bis zu 160.000 Palästinenser ihren Lebensunterhalt verdient.
Das Kabinett in Jerusalem beschloss am 27. Juli mit 14 gegen 9 Stimmen die Freilassung Dutzender inhaftierter Mitglieder der militanten Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad. Regierungssprecher Avi Paznar sprach von einer Geste des guten Willens gegenüber den Palästinensern. Man wolle damit die Position des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas stärken, denn er sei der Partner Israels bei der Umsetzung der so genannten Road Map, erklärte Paznar. Allerdings würden keine Häftlinge freigelassen, die aktiv an Mordanschlägen beteiligt gewesen seien. Radikale Palästinensergruppen nannten dies einen "billigen Werbetrick" Israels. Die Gefangenen sollen nach offiziellen Angaben zusätzlich zu den rund 500 Häftlingen entlassen werden, über deren Freilassung die Regierung bereits vor einer Woche entschieden hatte. Hamas und Dschihad forderten erneut die Entlassung aller rund 6.000 in Israel festgehaltenen palästinensischen Gefangenen. Der palästinensische Informationsminister Nabil Amer begrüßte die Kabinettsentscheidung dagegen als "positive Geste".

Kurz vor dem Treffen von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon mit US-Präsident George W. Bush haben am 28. Juli rund 300 Israelis und Palästinenser im Westjordanland gegen den israelischen "Sicherheitszaun" demonstriert. Israelische Soldaten feuerten Tränengas und Gummimantel-Geschosse auf die Demonstranten ab, die nahe der Ortschaft Anin beiderseits der Mauer gegen deren Bau protestierten. Augenzeugen zufolge wurden fünf Palästinenser verletzt. Zudem sei ein Amerikaner, der sich den Protestierenden angeschlossen habe, mit einer Beinverletzung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die Lage bei Anin war Augenzeugenberichten zufolge eskaliert, nachdem Demonstranten versucht hatten, ein Tor am Zaun einzureißen.
Israel verzichtet auf die für den 31. Juli geplante offizielle Einweihungsfeier für das erste Teilstück des Sperrzauns entlang des Westjordanlandes. Ein Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP am 28. Juli, die Arbeiten an dem Teilstück würden aber bis zu dem festgesetzten Termin abgeschlossen. Den am Bau beteiligten Arbeitern solle nun "auf andere Weise" gedankt werden.

Eine Woche nach seinem Verschwinden ist ein israelischer Soldat am 28. Juli in Nordisrael tot aufgefunden worden. Die Leiche des 20-jährigen Oleg Schaihat sei in einem Olivenhain in der Nähe des arabisch-israelischen Ortes Kafar Kana vergraben gewesen, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Sicherheitskräfte vermuten, dass der Soldat am 21. Juli von bewaffneten Palästinensern oder arabischstämmigen Israelis verschleppt und ermordet wurde. Hunderte Polizisten, Soldaten und Freiwillige hatten eine Woche lang nach dem jungen Mann gefahndet.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat nach einem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush die Bedeutung der Grenzbefestigungen im Westjordanland für die Sicherheit seines Landes betont. Bush hatte am 29. Juli in Washington auf Fortschritte im Friedensprozess verwiesen, aber auch angemahnt, die Folgen "israelischer Aktionen" zu bedenken. Die entscheidende Voraussetzung für den Frieden zwischen Israel und den Palästinensern bleibt nach den Worten von Bush die Beendigung des Terrors. "Es wird keinen Frieden geben, wenn die terroristischen Organisationen nicht aufgelöst werden", sagte Bush nach einem etwa 30-minütigen Treffen mit Scharon im Weißen Haus. Der US-Präsident sagte weiter, der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas habe sich ausdrücklich - auch bei seinem Besuch in der vergangenen Woche in Washington - auf die Beendigung von Gewalt und Terror verpflichtet. Die palästinensischen Behörden müssten "nachhaltig und effektiv" gegen terroristische Infrastrukturen vorgehen. Scharons Äußerungen zu den Grenzbefestigungen stießen bei den Palästinensern auf Unverständnis. "Seine (Erklärungen) waren schlecht, und haben keinerlei positive Signale ausgesandt", sagte der palästinensische Regierungssprecher und Informationsminister Nabil Amer in Ramallah. Im Gegensatz dazu habe Bush "versucht, ausgewogen zu sein, als er den palästinensischen Staat als Ziel der Friedensbemühungen bezeichnete", sagte der Minister.
Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat den Bau der umstrittenen Sperrmauer im Westjordanland erneut vehement verteidigt. "Es ist ein guter Zaun", sagte Scharon dem US-Fernsehsender NBC am 30. Juli. "Ein guter Zaun wird zu guter Freundschaft führen." Der Bau der Barriere solle wie geplant fortgesetzt werden. Scharon kritisierte außerdem Palästinenserpräsident Jassir Arafat als "Problem", das für die Verzögerung einer "wirklichen Lösung" verantwortlich sei.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat Israel wegen der Entscheidung kritisiert, mit dem umstrittenen Bau seines "Sicherheitszauns" trotz der Bedenken der USA und der Palästinenser fortfahren zu wollen. "Im Blick auf den Zaun: Mir ist die Spruchweisheit bekannt, wonach Zäune gute Nachbarn machen. Aber das gilt nur, wenn man einen Zaun auf seinem eigenen Land errichtet und nicht das Alltagsleben des Nachbarn damit stört", sagte Annan am 30. Juli. Während seines Washington-Besuchs hatte der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon im Gespräch mit US-Präsident George W. Bush dessen Bedenken wegen des Zauns mit dem Spruch zu beschwichtigen versucht, "Zäune machen gute Nachbarn".
Die USA wollen Israel wegen des umstrittenen Sperrzauns im Westjordanland weiter unter Druck setzen. "Wir werden in dieser Frage weiter Druck ausüben. Es wird andere Phasen der Bauarbeiten geben, und dies ist ein Bereich, über den wir diskutieren müssen, wenn wir voranschreiten", sagte US-Außenminister Colin Powell am 30. Juli Reuters. Die USA haben den Zaun als Problem bezeichnet, das das Leben der Palästinenser erschweren und die Grenzen ihres Staates im Voraus festlegen könne.

Ohne Ergebnis ist ein israelisch-palästinensisches Sicherheitstreffen am 30. Juli zu Ende gegangen. Das berichtet der israelische Rundfunk. Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas und der palästinensische Minister für Sicherheitsfragen, Mohammed Dachlan, hatten über die Rückgabe weiterer besetzter Palästinenserstädte gesprochen. Vor dem Treffen war vermutet worden, dass die israelische Seite die Rückgabe zweier Städte unter palästinensische Kontrolle verkünden wolle.

Die israelische Armee hat nach palästinensischen Angaben mit dem Abbau eines großen Militärstützpunktes südlich von Gaza begonnen. Wie der palästinensische Sicherheitschef für den Gazastreifen, Sajeb el Adsches, am 31. Juli sagte, soll der Abbau des Postens Nezarim nahe einer jüdischen Siedlung etwa eine Woche dauern. Israelische Militärkreise bestätigten, dass der Abbau begonnen habe.

Entgegen den Vorgaben des internationalen Friedensplans will Israel eine Siedlung im Gazastreifen erweitern. Die Baubehörde veröffentlichte am 31. Juli eine Ausschreibung für die Errichtung von 22 neuen Wohneinheiten in der Siedlung Neveh Dekalim. Die Palästinenser protestierten gegen die Entscheidung. Zuvor war ein Treffen zwischen dem palästinensischen Sicherheitschef Mohammed Dahlan und dem israelischen Verteidigungsminister Schaul Mofas ohne Ergebnis zu Ende gegangen. "Das ist ein sehr gefährlicher Schritt, den die israelische Regierung unternimmt", sagte Nabil Abu Rdeneh, ein Berater des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Es handelt sich um die erste derartige Ausschreibung für eine Siedlung im Gazastreifen seit rund zwei Jahren. Nach israelischer Darstellung sind die Neubauten notwendig, um den Wohnraumbedarf auf Grund des "natürlichen Wachstums" der Siedlungen zu decken. In der so genannten Road Map heißt es, Israel müsse "alle Siedlungsaktivitäten (einschließlich des natürlichen Wachstums von Siedlungen)" einstellen.

Begleitet von scharfem Protest von Friedensaktivisten aus aller Welt hat Israel am 31. Juli den ersten Abschnitt der umstrittenen Sperranlage nahe der Grenze zum Westjordanland fertig gestellt. In Kalkilija demonstrierten rund 200 Menschen gegen das Bauwerk, das nun bereits 140 Kilometer lang ist. Die teilweise aus dem Ausland angereisten Friedenskämpfer skandierten Parolen wie: "Stein für Stein, Mauer für Mauer muss die Besatzung fallen". Auf der palästinensischen Ostseite schleuderten sie Farbbeutel auf das Bauwerk, das sich in Kalkilija zu einer acht Meter hohen Mauer auswächst. Auf der anderen Seite der Mauer demonstrierten auch israelische Pazifisten. Ein Transparent, das von zwei großen Heliumballons über die Barriere getragen wurde, zeigte die Aufschrift: "Nieder mit der Mauer der Apartheid!" Die israelische Regierung betonte derweil, beim Bau der ersten 140 Kilometer zwischen der Ortschaft Kfar Salem im Norden bis zur jüdischen Siedlung Elkana im Süden sei alles getan worden, um "Unannehmlichkeiten" im Alltag der palästinensischen Bevölkerung zu vermeiden. Für palästinensische Bauern, die von ihren Feldern abgeschnitten sind, seien 41 Durchgänge eingerichtet worden, erklärte Verteidigungsminister Mofas. Der von Israel als "Sicherheitsabsperrung" bezeichnete Bau ist an einigen Stellen mehrere dutzend Meter breit und hat stellenweise eine acht Meter hohe Betonmauer. Zusätzlich sollen Kameras, Anti-Panzer-Gräben und Patrouillenstreifen das Eindringen palästinensischer Attentäter auf israelisches Gebiet verhindern. Der zweite Abschnitt mit einer Länge von 45 Kilometern soll dem Ministerium zufolge bis Ende des Jahres fertig sein.

Israelische Polizisten sind am 31. Juli in einem Gefängnis im Süden des Landes mit Tränengas gegen palästinensische Häftlinge vorgegangen. Wie die Gefängnisverwaltung in Schikma mitteilte, weigerten sich die Palästinenser, eine Durchsuchung ihrer Zellen zuzulassen. Die Polizisten hätten daraufhin Tränengas eingesetzt, um den Aufruhr im Gefängnis zu beenden. Nach palästinensischen Angaben wurden etwa ein dutzend Häftlinge verletzt.

Israel droht innenpolitischer Streit. Die Opposition in der Knesset kündigte an, gegen ein neues Gesetz, wonach Palästinenser künftig durch Heirat nicht mehr israelische Staatsbürger werden können, vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen. Oppositionsabgeordnete nannten das Gesetz, das am 31. Juli verabschiedet worden war, "rassistisch". Laut Regierung missbrauchen Palästinenser die Heirat mit israelischen Arabern, um ins Land zu gelangen. Arabische Ehepaare, bei denen ein Partner Israeli, der andere Palästinenser ist, sollen Israel verlassen oder getrennt leben müssen, da Palästinenser keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. (Vgl. hierzu zwei kritische Kommentare.)


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