Ämterkrieg in Rangun
Militärregime in Myanmar will angeblichen Umsturzversuch verhindert haben
Von Thomas Berger
Das Militärregime in Myanmar (Burma) will am
Wochenende (9./10.03.2002) angeblich einen geplanten Putsch verhindert
sowie deren
Hintermänner festgenommen haben. Wieviel von
diesen
Vorwürfen gegen die abgesetzten Militärs und
Verhafteten
stimmt, oder ob es sich nur um eine mehr oder
weniger
geschickt konstruierte Geschichte handelt, kann
derzeit
niemand sagen. Fakt ist, daß mehrere
hochrangige Offiziere
aus ihren Ämtern entfernt worden sind. Myanmars
Luftwaffenchef, das Oberhaupt der burmesischen
Polizei und
der erst vor kurzem ernannte Oberbefehlshaber
der
Nordregion mußten ihre Posten bereits räumen.
Über Verbleib und Befinden von Generalmajor
Myint Swe,
Polizeichef Generalmajor Soe Win und den
dritten Gefeuerten
gibt es nur Vermutungen, offizielle
Stellungnahmen blieben
aus. Unter der Hand machen die Vorfälle aber
bereits unter
dem Titel »Ämterkrieg« die Runde. Vor allem, da
sie nicht allein
stehen. Denn zur gleichen Zeit, als die
Offiziere entmachtet
wurden, nahmen Sicherheitskräfte den
Schwiegersohn und
drei Enkel des früheren Machthabers Ne Win
(1962-1988) fest.
Ihnen wird vorgeworfen, einen Putschversuch
gegen die
Regierung geplant zu haben, und auch wenn
solche
Verbindungen zunächst nicht bestätigt wurden,
darf sich doch
jeder Beobachter zusammenreimen, daß die
Offiziere wohl die
gleiche Unterstellung trifft. Ne Win selbst,
inzwischen 90jährig,
blieb allerdings ebenso wie seine Tochter
unbehelligt.
Die zurückhaltende Informationspolitik der
Regierung läßt
Spekulationen verschiedenster Art erblühen.
Eine der
Vermutungen, die durchaus ernst zu nehmen ist,
geht von
einem Machtkampf innerhalb des Regimes zwischen
»Hardlinern« und »Reformern« aus, den erstere
mit den
Aktionen des Wochenende wohl zunächst für sich
entschieden
hätten. Die Amtsenthebungen wären demnach
erfolgt, um das
liberale Lager zu schwächen und vom Kurs der
sanften
Öffnung umzuschwenken. Namhafte Vertreter des
Regimes,
vor allem der Chef des Geheimdienstes,
Generalleutnant Khin
Nyunt, hatten sich in jüngster Vergangenheit zu
erneuten
Gesprächen mit der Opposition bereitgefunden.
Die Einschränkungen, denen Friedensnobelpreisträgerin Aung San
Suu Kyi - haushohe Siegerin der Wahlen von
1990, was aber
von den Machthabern nicht anerkannt wird - seit
Jahren
ausgesetzt ist, wurden wieder gelockert. Der
begonnene
Dialogprozeß führte sogar schon dazu, daß in
einigen
westlichen Ländern diskutiert wurde, die
bestehenden
Sanktionen gegen Myanmar aufzuheben oder
zumindest zu
verringern. Skeptiker warnten aber bereits, die
Generäle
führten nur eine »Charme-Offensive«, die die
Öffentlichkeit
täuschen solle. Durch die jüngsten Ereignisse
mögen sie sich in
der Ansicht bestärkt finden, wie unberechenbar
das Regime in
Rangun ist.
Aus: junge welt, 12. März 2002
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