Myanmars Militär bleibt stur
Arrest für Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bleibt bestehen
Von Hilmar König, Delhi*
Die Junta in Myanmar, dem früheren Burma, hat den Hausarrest für die Bürgerrechtlerin Aung San
Suu Kyi um vorerst ein Jahr verlängert und damit erneut UNO-Generalsekretär Kofi Annan brüskiert.
Am Samstag zerstoben alle Hoffnungen auf ein Einlenken der Militärjunta in Myanmar (Burma). Den
Drohungen des Westens zum Trotz verlängerte sie den Hausarrest für Frau Aung San Suu Kyi um
ein weiteres Jahr und bleibt damit ihrem demokratiefeindlichen Kurs treu. Noch am Freitag hatte
UNO-Generalsekretär Kofi Annan in Bangkok erwartet, dass Myanmars Regierungschef Than Shwe
die Friedensnobelpreisträgerin endlich freilässt. Er glaube, sagte er, der General werde »das
Richtige tun«. Doch der blieb stur. Annans Hoffnung gründete sich auf ein angeblich positives
Zeichen aus der Hauptstadt Yangun: In der vorigen Woche durfte Ibrahim Gambari, ein Gesandter
der Vereinten Nationen, die kaltgestellte Politikerin in ihrem Haus besuchen. Das war die erste
Ausnahme im Verlauf von zwei Jahren. Gambari hatte sich danach vorsichtig optimistisch geäußert,
dass es im Land am Irrawaddy eine Wende geben könnte. Offensichtlich eine Fehleinschätzung der
Lage.
Als ungesetzlich und als hinderlich im Bemühen um nationale Aussöhnung in dem Vielvölkerstaat
bezeichnete am Sonntag die Nationale Liga für Demokratie (NDL) die Verlängerung des
Hausarrests. Der dauert nunmehr seit einem scheinbar fingierten Überfall seitens der Militärs auf
Aung San Suu Kyi vor drei Jahren an. Er lieferte der Junta einen Vorwand für den Arrest: Die
Bürgerrechtlerin sei einerseits eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, hieß es, und andererseits sei
man um ihre persönliche Sicherheit besorgt. Von insgesamt 17 Jahren Aufenthalt in Myanmar
musste die inzwischen 60 Jahre alte NLD-Vorsitzende zehn Jahre hinter Gittern oder den Mauern
ihrer Residenz verbringen.
In Myanmar heißt Hausarrest totale Isolation: Keine Telefon- oder Internetverbindung und keine
Besuche, außer einem Arzt. Der Zugang zu ihrem Wohnsitz ist verbarrikadiert und bewacht.
Demnach muss von dieser »Staatsfeindin« eine enorme Gefahr für die herrschende Clique
ausgehen. Allerdings folgt Aung San Suu Kyi den Gandhischen Prinzipien des gewaltlosen
Widerstands. Sie verlangt lediglich die Respektierung des Volkswillens, der Ende der 80er Jahre
eindeutig bei Parlamentswahlen Ausdruck fand. Die NLD erhielt damals die überwältigende Mehrheit
der Stimmen.
Doch die seit 1962 eisern regierenden Junta würgte die keimende Demokratiebewegung ab. Wegen
des wachsenden Drucks der internationalen Öffentlichkeit rief sie zwar in den 90er Jahren eine
»Nationalkonvention« ins Leben, die eine neue Verfassung ausarbeiten soll, in der jedoch die
politische Dominanz des Militärs festgeschrieben werden soll. Seit Jahren tritt diese
»Nationalkonvention« auf der Stelle. Die NLD bewertet das Gremium in seiner jetzigen Form als
Farce. Als Bedingung für eine Zusammenarbeit mit der Junta stellt sie die Freilassung ihrer
Vorsitzenden und anderer politischer Aktivisten. Menschenrechtsgruppen vermuten mindestens
1000 politische Gefangene in Myanmar.
Die Regierung des rohstoffreichen Landes missachtet nach wie vor die Wünsche der internationalen
Öffentlichkeit und widersteht scheinbar mühelos westlichem Druck und Sanktionen. Die
Hauptgründe dafür liegen in der Kollaboration mit China und mit Indien sowie im Eingebundensein in
die ASEAN, die Assoziation Südostasiatischer Nationen. Diese fühlt sich zwar nicht gerade wohl mit
dem undemokratischen Partner im Schlepptau, belässt es aber bei ziemlich weicher Verbalakrobatik
gegenüber den Generälen. Dank des Flankenschutzes der ASEAN, Pekings und Delhis fühlt sich die
Militärdiktatur sicher im Sattel.
* Aus: Neues Deutschland, 30. Mai 2006
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