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Indien für Dialog in Myanmar

Friedliche Lösung der Konflikte im Nachbarstaat angestrebt

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Indien hat sein Schweigen zur Entwicklung in Myanmar gebrochen und alle Seiten aufgefordert, die Probleme durch friedlichen Dialog zu lösen. Delhi reagierte damit auf den wachsenden internationalen Druck, seinen Einfluß auf das Militärregime geltend zu machen. Delhi verfolge die Entwicklung mit Besorgnis und hoffe auf eine friedliche Beilegung durch Dialog. Das erklärte Navtej Sarna, der Sprecher des Außenministeriums. Indien gilt neben der VR China als wichtiger Partner der Machthaber in Yangon (Rangun). Auf dem kürzlichen Gipfel der APEC (Asien-Pazifik-Staaten) in Australien wurde erklärt, eine Änderung des Kurses in Myanmar könne nur bewirkt werden, wenn China und Indien entsprechenden Druck auf die dortige Junta ausübten.

Das Interesse der Inder an dem östlichen Nachbarn ist vielfältig. Zum einen braucht es dessen Mitarbeit, damit der unruhige indische Nordosten nicht völlig außer Kontrolle gerät und sich militante rebellische Gruppen nicht auf myanmarisches Gebiet zurückziehen können. Zum anderen reizen die reichen Gas- und Ölvorkommen die aufstrebende, energiehungrige indische Wirtschaftsmacht. Obendrein ist Myanmar ein dankbarer Abnehmer für indische Waffenlieferungen. Das Land spielt auch eine Schlüsselrolle in Delhis »Look East«-Politik, in der vorgesehen ist, dem Kontinent vom eigenen Nordosten ausgehend via Südostasien bedeutend mehr Aufmerksamkeit als Rohstoff- und als Absatzmarkt zu widmen. In den Plänen stehen der Ausbau von Landverbindungen über Straße und Schiene, die Rekonstruktion einer Gasraffinerie, die Entwicklung des Hafens Shitwe sowie die Gewährung eines indischen Kredits in Höhe von 150 Millionen Dollar für Erdgaserkundungen.

In dieses Konzept paßte der kürzliche Besuch des indischen Ölministers Murli Deora in Myanmar, wo er drei Abkommen über indische Ölbohrungen vor der Küste des Nachbarlandes unterzeichnete. Diese Visite kollidierte allerdings bereits mit den Demonstrationen in Yangon. So kam es in Neu-Delhi anschließend nicht überraschend zu Protestbekundungen im indischen Exil lebender myanmarischer Aktivisten, die sich für »demokratische Verhältnisse« in ihrer Heimat engagieren.

In den 1980er Jahren sympathisierte Indien mit der demokratischen Bewegung in Burma und kooperierte mit der Nationalen Liga für Demokratie von Aung San Suu Kyi. 1988 nahm es bereitwillig vom Militärregime Verfolgte als Flüchtlinge auf. Doch nachdem China seine Präsenz mehr und mehr etabliert und die Kooperation mit den myanmarischen Generälen in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Militär intensiviert hatte, entschloß sich Indien, Peking das lukrative Feld nicht ganz zu überlassen. Seit Mitte der 1990er Jahre besteht ein reger Austausch von Delegationen und eine ersprießliche Zusammenarbeit mit Myanmar.

* Aus: junge Welt, 1. Oktober 2007


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