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Generäle ohne Uniform

Hochrangige Militärs in Myanmar wollen zur Wahl antreten

Von Thomas Berger *

In Myanmar steht ein Wechsel auf diversen militärischen Spitzenposten an. Nach einer ersten Welle im April sind nun abermals mehrere hochrangige Offiziere zurückgetreten, um als Zivilisten an der am 7. November anstehenden ersten Wahl seit zwei Jahrzehnten teilzunehmen. Ob allerdings Juntachef General Than Shwe und die Nummer zwei des Regimes, General Maung Aye, dazugehören, konnte bislang nicht eindeutig verifiziert werden. Am heutigen Montag endet die Frist für Kandidaten, sich registrieren zu lassen.

Offizielle Verlautbarungen über die notwendig werdenden Umbesetzungen innerhalb der Hierarchie der Streitkräfte gibt es noch nicht – vor allem nicht darüber, ob auch Than Shwe sein Amt als Oberbefehlshaber aufgegeben hat, wie einige Quellen behaupten. In jedem Fall, schreibt auch das im thailändischen Exil erscheinende Politmagazin und Internet-Nachrichtenportal The Irrawaddy, bleibe er aber als Vorsitzender des Staatsrates für Frieden und Entwicklung, wie sich die Junta offiziell nennt, weiter faktischer Staatschef.

Die als Nummer drei und vier des Regimes geltenden Generäle Shwe Mann und Tin Aung Myint Oo sollen aber unter den Zurückgetretenen sein. Weiterhin sollen dazu vier der Chefs des »Büros für spezielle Operationen«, einige Regionalkommandeure und rund ein halbes Dutzend Botschafter gehören.

Sie werden für die Unionspartei für Solidarität und Entwicklung (USDP) ins Rennen gehen, die von Premierminister Thein Sein geführt wird und die vorrangige Kraft unter den Gruppen im Namen des Militärs ist. Daneben gibt es eine Reihe Kleinparteien, die ebenfalls von bisher hohen Offizieren gegründet wurden, während insbesondere die bei den letzten Wahlen 1990 siegreiche Nationale Liga für Demokratie (NLD) definitiv nicht auf dem Wahlzettel steht. Sie hätte ihre Chefin, die seit Jahren unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, ausschließen müssen, um sich registrieren lassen zu können.

Für die Armee sind im neuen Parlament ein Viertel der Sitze reserviert. Unklar ist nach den jüngsten Meldungen weiterhin, ob der gesundheitlich angeschlagene Than Shwe (77), der seit 1992 an der Spitze des Regimes steht, und seine 72jährige rechte Hand, Maung Aye, vorläufig weiter an der Macht festhalten wollen oder einen engen Vertrauten als künftigen zivilen Präsidenten, der dann auch militärischer Oberbefehlshaber wird, zu installieren gedenken. Seit Jahresbeginn galt bei einem solchen Szenario der mit Than Shwe und seiner Familie auch freundschaftlich verbundene Shwe Mann, der für den Juntachef zudem mehrere Sondermissionen geleitet hat, als Favorit.

In Oppositionskreisen werden die jüngsten Entwicklungen nicht nur wegen fehlender Klarheit zurückhaltend kommentiert. »Es gibt keine Hinweise, daß Than Shwe die Macht abgibt. Ich denke, er wird wie Ne Win eben in Zivil weiter den Ton angeben«, sagte Thu Wai, Chef der Demokratischen Partei, die an den Wahlen teilnimmt. Der frühere starke Mann Ne Win hatte 1962 die Militärdiktatur begründet und sich zwölf Jahre später zum Präsidenten wählen lassen. Als solcher regierte er bis 1988. Than Shwe hatte seinen inzwischen verstorbenen Vorgänger zuletzt unter Hausarrest gestellt.

* Aus: junge Welt, 30. August 2010


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