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Mozambique: Eins der zehn ärmsten Länder der Welt

Zwischen Exporterfolgen und Nahrungsmittelknappheit

Unter dem Titel "Moçambique – geteilte Entwicklung" erschien im "Neuen Deutschland" im Rahmen einer Artikelserie über die zehn ärmsten Länder der Welt der folgende Beitrag. Mozambique liegt auf dem 170. Platz der UNDP-Liste von 175 Ländern.


Von Peter Steudtner

Egal, ob man mit dem Auto, dem Zug oder dem Flugzeug nach Moçambique reist, die an amerikanische Großstädte erinnernde Silhouette der Hauptstadt Maputo lässt einen nicht daran denken, dass man in einem der zehn ärmsten Länder der Welt unterwegs ist. Dieses Bild ändert sich rasch, wenn man genauer hinschaut. Doch ist dieser Kontrast auch ein Spiegel für die unterschiedlichen Entwicklungen, die sich in Moçambique zur gleichen Zeit abspielen. Während das international anerkannte »Hungerfrühwarnsystem« FEWS-net seit über einem Jahr über Moçambique wegen der Nahrungsmittelknappheit und der sich immer stärker ausweitenden Mangelernährung berichtet und sowohl das UNO-Kinderhilfswerk als auch die Welternährungsorganisation FAO in Süd- und Zentralmoçambique Teile der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln versorgen, wird das Land immer stärker zu einem Lieblingskind der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Zwar musste die Weltbank zugeben, dass sie sich mit Teilen ihrer Landwirtschaftsstrategie für Moçambique (Wiederbelebung des Cashewnuss-Anbaus) arg verschätzt hatte, doch erntete die Regierung in Maputo viel Lob für das Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 8,2 Prozent seit 1994. Und dies wurde trotz der Flutkatastrophen von 2000 und 2001 erreicht.

Verantwortlich für dieses stetige Wachstum sind vor allem ausländische Großinvestitionen, wie die Aluminiumschmelze MOZAL, die seit 2000 in Produktion ist und zur Zeit auf das doppelte Produktionsvolumen vergrößert wird. Ein Ergebnis der guten Wirtschaftsbilanzen ist der Schuldenerlass innerhalb der beiden HIPC-Initiativen von 2000 und 2001. So wurden Moçambique Schulden in Höhe von 3,8 Milliarden US-Dollar erlassen, was den jährlichen Schuldendienst des Landes fast halbierte. Auch Deutschland erließ Schulden in Höhe von 195 Millionen US-Dollar.



Zahlen und Daten
Fläche: 799380 km˛
Bevölkerung: 18,863 Millionen
Religion: 50 % Christen; 18 % Muslime; 30 % Anhänger afrikanischer Religionen
Lebenserwartung: 39,2 Jahre
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf: 1140 Dollar
Alphabetenrate: 45,2 Prozent
Kindersterblichkeit u. 5 Jahre: 197 von 1.000
Einkommen unter 1 Dollar pro Tag: 37,9 Prozent


Diese günstigen Tendenzen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur ein geringer Prozentteil der Bevölkerung vom Aufschwung profitiert. Immer noch leben nach Regierungsangaben etwa 70 Prozent aller Bewohner in absoluter Armut (laut UNDP-Bericht sind es rund 40 Prozent). Maßgebliche Gründe für die Armut finden sich in der jahrhundertelangen portugiesischen Kolonialgeschichte, die erst 1975 ihr Ende fand, und in dem bis 1992 über 17 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der die letzten Reserven und schon geschaffene Wirtschaftsstrukturen ruinierte. Im Rahmen des vor zwei Jahren verkündeten staatlichen Aktionsplanes zur Reduzierung der absoluten Armut (Parpa) soll der Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Einwohner bis 2005 auf 60 und bis 2010 auf 50 Prozent gesenkt werden. In Moçambique gibt es im Übrigen auch Ost-West-Unterschiede, nur anders als in Deutschland. Zwar war das Land nie geteilt, jedoch teilt die Wirtschaft das Land zwischen den Städten an der Küste im Osten und dem »Hinterland« im Westen. Die großen Investitionen fließen fast ausschließlich in den Ausbau der Häfen in Maputo, Beira und Nacala sowie der dazugehörigen Bahnverbindungen für die Nachbarstaaten Südafrika, Simbabwe und Malawi.

Hoffnung machen angesichts dieses in mancher Hinsicht zweifelhaften Wachstums vor allem zwei Entwicklungen: Die Entwicklung des Tourismus in Gestalt des ersten grenzübergreifenden Nationalparks zwischen Südafrika und Moçambique, der den Krüger-Nationalpark mit einschließen wird. Und der recht erfolgreiche Kampf gegen die Korruption, bei dem nicht nur gegen Staatsbeamte konsequent durchgegriffen wird. In der Provinz Nampula wurden in diesem Jahr 60 Polizisten wegen Nichteignung und krimineller Machenschaften aus dem Polizeidienst entfernt. Auch die Einrichtung von Bürgertelefonen bei der Antikorruptionsbehörde gehört dazu. Jetzt können Bürger ihre Anzeigen und Beschwerden direkt an die Behörde richten. Ein Anzeichen demokratischer Entwicklung ist schließlich auch die Ankündigung von Joaquím Chissano, er wolle nach dem Ende seiner derzeitigen Amtszeit 2004 entsprechend der Verfassung nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren. Der heute 63-jährige Vorsitzende der staatstragenden Frelimo-Partei ist seit 1986 Staatsoberhaupt.

Weitere Informationen zu Mosambik: Koordinierungskreis Mosambik, Tel: 0521-124742, www.kkmosambik.de

Aus: ND, 06.09.2003

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