USA packen den Strohhalm ein
Erstes Abkommen mit Mexiko über gemeinsame Öl- und Gasvorkommen
Von Andreas Knobloch *
Erstmals regelt ein Abkommen zwischen
den USA und Mexiko die Ausbeutung
der Öl- und Gasvorkommen
entlang der gemeinsamen Seegrenze.
Es geht um ein mehrere Millionen
Quadratkilometer großes Gebiet
für Tiefseebohrungen im Golf von
Mexiko. Die Außenministerinnen
von Mexiko und den USA haben
Anfang der Woche ein Abkommen
unterzeichnet, das die Aufteilung
der Rohstoffe, aber auch gemeinsame
Sicherheitsinspektionen auf
Ölplattformen regelt. Bisher war
keine Seite berechtigt, die Umweltschutz-
und Sicherheitspraktiken
der jeweils anderen zu überwachen.
Die Parlamente müssen
die Vereinbarung noch ratifizieren.
»Damit wird die alte Befürchtung
ausgeräumt, dass mexikanisches
Öl im Alleingang von der anderen
Seite der Grenze aus ausbeutet
wird«, zeigte sich Mexikos
Präsident Felipe Calderón nach der
Unterzeichnung in Los Cabos zufrieden.
Tatsächlich war in der
mexikanischen Öffentlichkeit immer
die Sorge umgegangen, die
USA könnten die grenzübergreifenden
Ölfelder allein anzapfen,
was als »Strohhalm-These bezeichnet
wird.
Auf US-Seite geht es vor allem
um die Frage der Sicherheit. Das
Gebiet potenzieller künftiger Tiefseebohrungen,
mit denen der mexikanische
Erdölkonzern Pemex
wenig Erfahrung hat, gilt als hurrikangefährdet.
Die USA wollen sichergehen,
dass Umweltauflagen
eingehalten werden und alles so
sicher wie möglich abläuft. Seit
2002 hat Pemex mehr als ein Dutzend
Probebohrungen durchgeführt.
Sechs weitere sind für dieses
Jahr geplant, zwei davon in
mehr als 1800 Metern Tiefe, wo
der Druck üblicherweise sehr hoch
und die Gefahr eines Ölaustritts
besonders groß ist. Im Jahr 1979
rief ein Austritt an der von Pemex
betriebenen Flachwasserbohrung
Ixtoc I in der Bucht von Campeche
die größte Ölpest im Golf von Mexiko
hervor – bis zur »Deepwater-
Horizon«-Katastrophe vor zwei
Jahren, als mehrere Millionen
Barrel Öl vor der Küste Louisianas
ausgetreten waren.
Die mexikanische Verfassung
verbietet die Beteiligung ausländischer
wie einheimischer Privatunternehmen
an der Förderung
seiner Öl- oder Gasvorkommen.
Das Abkommen mit den USA
könnte ein erster Schritt zur Änderung
dieser Klausel sein. Vor allem
die politische Rechte drängt
auf eine Öffnung des Erdölsektors.
Argumentiert wird mit den enormen
Kosten, die mit den Tiefwasserbohrungen
verbunden seien.
Bereits in den 1970er Jahren
war ein Abkommen über die Ausbeutung
der Öl- und Gasreserven
in den Grenzgewässern ausgehandelt
worden, das der US-Senat
aber ablehnte. Im Jahr 2000 unterzeichneten
die damaligen Präsidenten
Bill Clinton und Ernesto
Zedillo eine Vereinbarung, die die
jeweiligen Fördergrenzen im
westlichen Golf von Mexiko festlegte.
Das nun unterzeichnete Abkommen
könnte angesichts steigender
Öl- und Gaspreise US-Präsident
Barack Obama innenpolitischen
Rückenwind verschaffen.
Derweil schickt sich ein anderer
Akteur an, im Golf von Mexiko
zu bohren: Kuba. Auch hier äußern
die USA Sicherheitsbedenken.
Die Internationale Vereinigung
der Bohrunternehmen (IADC)
hat Washington gebeten, die Blockadepolitik,
die technische Hilfe
im Katastrophenfall gefährden
könnte, in diesem Fall auszusetzen.
Der Energieexperte Jorge Piñón
geht noch weiter: »Wenn es
keinen gemeinsamen Plan der Zusammenarbeit
gibt, werden alle
Geräte nutzlos sein. Benötigt wird
ein Operationsabkommen.«
* Aus: neues deutschland, 23. Februar 2012
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