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Mexikos heiliger Kuh geht es ans Fell

Kongress lässt Staatsmonopol im Energiesektor fallen

Von Knut Henkel *

Am Mittwoch hat der mexikanische Kongress die Energiereform für verfassungskonform erklärt. Damit wird Mexikos Energiesektor für private Investitionen geöffnet.

Artikel 27 der mexikanischen Verfassung ist Geschichte. Der garantierte dem staatlichen Erdölkonzern (Pemex) das Exklusivrecht der Erdölförderung im mexikanischen Hoheitsgebiet. Fortan dürfen auch ausländische Erdölfirmen in Mexikos Energiesektor Geschäfte machen – allerdings nur an der Seite von Pemex. Der Staatskonzern solle dafür Verträge mit Privatfirmen schließen dürfen, nach denen Gewinne und Risiken geteilt werden.

Mit den Joint Ventures soll die technologische Lücke geschlossen werden, die dafür gesorgt hat, dass in den letzten Jahren die Förderquote von Pemex von 3,2 Millionen auf 2,55 Millionen Fass sank. Das größte Erdölfeld Cantarell im Golf von Mexiko gibt immer weniger her und neue Fundstätten werden händeringend gesucht. Doch dafür fehlt dem mit 151 000 Mitarbeitern größten Konzern Lateinamerikas die Technologie.

Für neuen Schwung sollen nun die neuen Partner sorgen, die bereits Schlange stehen. Erst in dieser Woche hat BP eine neue Fundstätte im Golf von Mexiko bekanntgegeben und ist dabei laut eigenen Angaben in rund 10 000 Meter Tiefe vorgedrungen. Diese Ressourcen könnte Pemex alleine nicht nutzen, weil die Technologie dazu fehlt. Auch deren derzeitige Reserven könnten, so spekulieren Experten, bereits 2021 nahezu erschöpft sein. Dies ist zwar umstritten, aber Pemex-Vorstandsmitglied Hector Moreira hat immer wieder betont, dass massiv investiert werden muss: »Wir brauchen mehr Investitionen, neue Technologie und wir müssen die Produktionskapazität steigern.«

Laut Moreira soll die Reform der Regierung jährliche Investitionen in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar bringen und Pemex wieder konkurrenzfähiger machen. Derzeit liegt der Staatskonzern weit hinter der internationalen Konkurrenz zurück. Das soll sich nun ändern, wobei der mexikanische Staat allerdings alleiniger Eigner der Rohstoffreserven des Landes bleibe, so der mexikanische Präsident Peña Nieto.

Doch in Mexiko sitzt die Angst tief, dass sich ausländische Unternehmen Pemex bemächtigen könnten. Zudem ist es fraglich, wie es gelingen soll, den Haushalt ohne die großen Zuflüsse aus den Pemex-Gewinnen zu finanzieren. Die werden durch die Kooperationen schließlich sinken und sicher ist, dass Pemex fortan mehr investieren müssen wird. Wegen solcher offenen Fragen kam es rund um die Abstimmung in Senat und Kongress Anfang der Woche auch zu heftigen Protesten. An der breiten Zustimmung in beiden Kammern hat das nichts geändert.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 20. Dezember 2013


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