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Kämpfe in Mali

Armee meldet neue Gefechte. Verhandlungen zwischen Konfliktparteien verschoben

Von Simon Loidl *

Am Donnerstag ist es in Mali erneut zu Kämpfen zwischen der Armee und den Aufständischen gekommen, die den Norden des Landes kontrollieren. Nach eigenen Angaben haben die Streitkräfte Douentza eingenommen. Die Stadt wurde bislang von islamistischen Gruppen gehalten. »Die Armee hat Douentza zurückerobert«, sagte ein ranghoher Offizier laut Reuters. Unabhängige Bestätigungen dafür gab es laut der Nachrichtenagentur jedoch nicht. BBC zitierte einen »Einwohner«, der angab, daß die Stadt nach wie vor von der »Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika« (MUJAO) beherrscht würde und keine Kampfhandlungen stattgefunden hätten. Auch über den Verlauf der Kämpfe in anderen Städten in der Region während der Stunden und Tage zuvor gab es widersprüchliche Meldungen.

Seit Anfang der Woche dringen den Berichten zufolge die islamistischen Gruppen Richtung Süden vor. Zuvor hatte eine der Organisationen, Ansar Dine, erklärt, daß die im Dezember angebahnten Friedensgespräche angesichts der Vorbereitungen der Regierung auf einen Krieg gegen den Norden zu einer Farce geworden seien. Am gestrigen Donnerstag hätten die von Burkina Faso vermittelten Verhandlungen zwischen der malischen Regierung, Ansar Dine und den von den Islamisten zurückgedrängten Tuareg-Rebellen der »Nationalen Bewegung zur Befreiung des Azawad« (MNLA) beginnen sollen. Diese wurden nun vor dem Hintergrund der neuen Kämpfe verschoben.

Im Dezember hatte der Anführer von Ansar Dine, Iyad Ag Ghaly, erstmals seine Bereitschaft zu Verhandlungen bekundet. Die Gruppe erklärte damals, dabei helfen zu wollen, den Norden des Landes vom »Terrorismus« zu befreien. Zuvor hatte es wiederholt Berichte von Spannungen zwischen Ansar Dine und anderen islamistischen Gruppen gegeben, die ebenfalls im Norden Malis präsent sind – die Rede ist neben MUJAO etwa auch von »Al-Qaida im Islamischen Maghreb« (AQIM).

Aktuelle Meldungen aus der Region deuten jedoch darauf hin, daß Ansar Dine angesichts der Vorbereitungen auf eine militärische Intervention in Mali die Strategie abermals geändert hat. Im November hatte die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS die Aufstellung einer Interventionstruppe beschlossen; wenige Wochen später zog die UNO nach. Nach einem entsprechenden Beschluß des UN-Sicherheitsrats laufen derzeit die Vorbereitungen für einen Einsatz zur Unterstützung der ECOWAS-Truppe. Auch die Bundesrepublik will sich beteiligen. Deutsche Soldaten sollen etwa an der Ausbildung malischer Streitkräfte mitwirken.

Am Dienstag forderte der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Thomas Boni Yayi, im Zuge eines Kanada-Besuchs die NATO zum Eingreifen in Mali auf. Der Konflikt in dem westafrikanischen Land sei ein internationaler, und die Militärallianz müsse deshalb gegen die Islamisten vorgehen, wie sie es auch in Afghanistan getan habe.

Dieses Säbelrasseln hat möglicherweise zm Aufflammen der Kämpfe beigetragen. Am Mittwoch schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung, daß es »unbestätigten Informationen aus Sicherheitskreisen in Bamako zufolge« Anfang Januar ein Treffen zwischen Vertretern von Ansar Dine, AQIM und MUJAO sowie »angeblich« auch der nigerianischen Boko Haram in Timbuktu gegeben habe. Dabei sei es »offenbar« zu einer Neuorganisierung gekommen.

Die tatsächliche Situation im Norden und an der Grenze zwischen den beiden Landesteilen ist angesichts der Informationslage allerdings nur schwer zu beurteilen. Der Großteil der Meldungen in den europäischen Medien kommt von der malischen Armee oder aus »Sicherheitskreisen«. Auch Radio France International berichtete am Donnerstag nur zurückhaltend über die aktuellen Entwicklungen. Es gebe keine definitiven Bestätigungen über die letzten Entwicklungen bei den Kämpfen zwischen Armee und Aufständischen, hieß es beim Auslandsdienst des Rundfunks der ehemaligen Kolonialmacht.

* Aus: junge Welt, Freitag, 11. Januar 2013


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