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Voix du Mali - Stimmen aus Malis Zivilgesellschaft

Alassane Dicko zur Roadmap für Mali und zu Forderungen der malischen Gesellschaft nach einer "Concertation Nationale" *

Seit dem Sommer 2012 findet ein Austausch innerhalb der malischen Zivilgesellschaft statt – auch zwischen Befürwortern des Putsches (Organisiert als COPAM - Coordination des organisations patriotiques du Mali) und dessen Gegnern (FDR - Le Front uni pour la sauvegarde de la démocratie et de la République). Mit der offiziellen Annahme der Roadmap mit ihren Schwerpunkten auf der territorialen Rückeroberung und der Organisation von Wahlen durch die Nationalversammlung ist jedoch die Debatte über eine „Concertation Nationale“ zum Erliegen gekommen (eine Art Vollversammlung aller gesellschaftlichen Gruppen des Landes mit dem Ziel, den schon in der Zeit vor dem Militäreinsatz begonnenen Dialog über Fragen der Demokratisierung Malis fortzuführen). Die Roadmap wird in der öffentlichen Meinung als Konsens für zukünftige Strategien gehandelt.

In Wirklichkeit verunmöglicht die militärische Eskalation jede kritische Debatte. Die nationale Einheit wird dabei über einen ‚erzwungenen Konsens’ hergestellt. Wer Kritik an der Vorgehensweise der Übergangsregierung und an der Anwesenheit ausländischer Truppen äußert, wird mit dem Vorwurf konfrontiert, anti-patriotisch zu handeln und wird damit für Gespräche als untauglich befunden.

Vor Beginn der militärischen Intervention gab es eine Reihe von Forderungen, die aus der Bevölkerung heraus artikuliert wurden. Hierzu zählt etwa die Ablehnung einer externen militärischen Intervention, die auch im Rahmen von durch die COPAM organisierten anti- ECOWAS-Demonstrationen Thema war. Indem der Ausnahmezustand verhängt wurde, können nun weitere politische Aktionen dieser Art verhindert werden. Während die französischen Truppen und die ihnen nachkommenden Soldaten der ECOWAS-Länder als ‚Retter’ der Malier auftreten, wird die Forderung nach einer „Concertation Nationale“ heute als subversiv dargestellt, da sie sich gegen den nationalen Zusammenhalt und den Frieden wende.

Tatsächlich beinhaltet die Forderung nach einer „Concertation Nationale“, dass die Übergangsregierung durch neue Organe und Personen abgelöst würde. Es ist also unwahrscheinlich, dass sich diese Übergangsregierung auf unsere Forderung einlassen wird. Vielmehr zeichnet sich ab, dass diese Regierung derzeit versucht sich mit Hilfe der ‚interessierten’ Partner, wie z.B. Frankreich, eine langfristige Position innerhalb der aktuellen Lösungsstrategien zu sichern.

In Krisenzeiten werden oftmals Maßnahmen vorgenommen, die zur Verletzung von fundamentalen Personenrechten führen. Hinzu kommen Korruption und Machtmissbrauch, die sich nun hinter der öffentlichen und nationalen Sicherheit verstecken. Die internationalen Akteure müssen eine sehr genaue und kritische Lesart der Krise vornehmen, damit die Stimmen der Zivilgesellschaft nicht untergehen.

Die sozialen Akteure in Mali sind aufgefordert, ununterbrochen die sozialen Auswirkungen der durch die Übergangsregierung getroffenen Entscheidungen zu überprüfen und auf die Durchsetzung der Grundrechte der lokalen Bevölkerung einzuwirken.

* Veröffentlicht von Alassane Dicko am 28.02.2013; www.medico.de/blogs


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