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Rückkehr zur alten "Ordnung"

Wahlsieg der Konservativen schließt auf den Malediven die mit einem Putsch eingeleitete Rückeroberung der Macht ab

Von Hilmar König, Delhi *

Die Malediven haben seit Sonntag einen neuen Präsidenten: Abdulla Yameen von der Progressiven Partei. Nach einer Reihe von Manövern gelang damit den Konservativen die Rückkehr an die Macht.

Es war knapp: Mit gerade mal 6000 Stimmen Vorsprung setzte sich Abdulla Yameen bei den Präsidentschaftswahlen auf den Malediven gegen den früheren Präsidenten Mohammed Nasheed durch. Der 54 Jahre alte Abdulla Yameen gab sich nach dem Sieg versöhnlich. Es sei jetzt an der Zeit, Frieden zu schließen und sich für Entwicklung zu engagieren. Priorität habe für ihn die Wirtschaft, besonders die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Stabilisierung der Währung. Er hoffe auf eine konstruktive Opposition. Noch wenige Tage zuvor hatte er die religiöse Karte gespielt und die Wähler gefragt: »Wollt ihr den Islam auf den Malediven oder wollt ihr Raum für andere Religionen? Stimmt darüber ab, ob Ausländer sich in maledivische Angelegenheiten einmischen dürfen oder nicht.« Offensichtlich überzeugte er damit eine knappe Mehrheit der Wähler, von denen mit 91 Prozent so viele wie nie zuvor votierten.

Der Sieg Yameens kommt nicht von ungefähr, denn seine Partei trat in einer großen Koalition mit der Jumhuri Party, der Adaalat Party, der Gaumee Itthihaad und der Islamic Democratic Party gegen die Demokratische Partei Nasheeds an. Dieser hatte beim ersten Wahlgang am 9. November zwar 47 Prozent der Stimmen erreicht, doch die 50-Prozent-Hürde nicht übersprungen. Yameen kam auf 30 Prozent und der dritte Kandidat Qasim Ibrahim von der Jumhuri Party auf 23 Prozent. Da beide sich auf eine Koalition für die Stichwahl am Samstag geeinigt hatten, standen Yameens Chancen gut.

Mohammed Nasheed, dem die Konservativen »zu große Nähe zum Westen« und seiner Partei vorgeworfen hatten, sie sei »zu säkular», bedauerte, dass sich seine Hoffnung auf Bildung einer »Regierung des Volkes« nicht erfüllte. Aber er akzeptiere die Niederlage. Er sagte am Sonntag: »Wir haben mit sehr geringem Abstand verloren. Demokratie ist ein Prozess. Es wird dauern, ehe wir fähig sind, als normales demokratisches Land voranzuschreiten. Es ist unsere Verantwortung als oppositionelle Partei, ein Überleben der Demokratie abzusichern.«

In der Wahlkampagne hatte er der großen Koalition vorgeworfen, den Islam als Waffe zu missbrauchen, und im Falle seines Sieges ein neues System versprochen, »basierend auf dem Islam, auf Menschenrechten, auf sozialer Sicherheit und wirtschaftlichen Möglichkeiten«.

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt, denn die Entscheidung fiel erst im vierten Versuch. Im September, Oktober und am 9. November hatten 240 000 Wahlberechtigte ihr Votum abgegeben, immer mehrheitlich für Nasheed. Jedes Mal griffen das von Anhängern des alten autokratischen Gayoom-Regimes durchsetze Höchste Gericht oder die Polizei unter fadenscheinigen Vorwänden ein und machten die Wahlkommission zum Spielball der konservativen Kräfte.

Maumoon Abdul Gayoom beherrschte von 1978 bis 2008 mit eiserner Faust den Inselstaat im Indischen Ozean. Er wurde 2008 zwar von Mohammed Nasheed in der ersten freien Wahl abgelöst, blieb aber hinter den Kulissen weiter der starke Mann. Nasheed wurde im Februar 2012 aus dem Amt geputscht. Yameen ist der Halbbruder Gayooms und trat in dessen 2011 gegründete Progressive Partei ein. Mit seinem Wahlsieg ist die alte »Ordnung« nun gewissermaßen wiederhergestellt. Einspruch vom Höchsten Gericht ist höchst unwahrscheinlich.

* Aus: neues deutschland, Montag, 18. November 2013


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