Mazedonien-Einsatz: Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung
Erklärung des Geschäftsführenden Vorstandes von pax christi zur Beteiligung der Bundeswehr an der NATO-Mission "Amber Fox"
Wir dokumentieren im Folgenden eine Presseerklärung von pax christi zum Bundeswehreinsatz in Makedonien und enthalten uns selbst jeden Kommentars. In der Friedensbewegung wird zu diskutieren sein, ob es sich hier um eine "Grenzüberschreitung" handelt. Wir hoffen auf Stellungnahmen.
Der deutsche Bundestag hat die Beteiligung der Bundeswehr an
der NATO-Mission ”Amber Fox” beschlossen und der
verantwortlichen Führung des Unternehmens durch die Bundeswehr
zugestimmt. Ziel dieses Auftrages ist es, den Schutz der
internationalen Beobachter zu gewährleisten, die die Rückkehr der
Flüchtlinge und der legitimen mazedonischen Staatsorgane in die
bisher albanisch kontrollierten Gebiete beobachten sollen. In der
Bewertung dieses Beschlusses und im Blick auf künftige
vergleichbare Einsätze nimmt pax christi wie folgt Stellung:
Die Mission ”Amber Fox” verfolgt das Ziel, die friedliche Regelung
des Konfliktes zwischen der mazedonischen Mehrheitsbevökerung
und der albanischen Minderheit abzusichern und eine gewaltsame
Auseinandersetzung zu verhüten.Träger eines solchen Einsatzes
müssten von der Charta der Vereinten Nationen her UNO-
Blauhelme sein, die sich auf eine breite völkerrechtliche
Legitimation für ihren Auftrag berufen können. In Ermangelung
dieser Blauhelmtruppen ist die Nato zum Träger der Mission
geworden.
pax christi begrüßt daher, daß der Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen in einem einstimmigen Beschluß dieses Vorhaben
unterstützt und sich die Bundesregierung für einen solchen Be-
schluß politisch eingesetzt hat. Im Gegensatz zu der Operation
”Essential Harvest”, die ohne Mandat des Sicherheitsrates
durchgeführt wurde, ist das UN-Mandat für die Mission ”Amber
Fox” ein wichtiger Schritt zu einer präventiven Friedenssicherung in
Mazedonien.
Dieser Friedensprozeß bedarf jetzt einer intensiven politischen
Stärkung. Auch wenn die UCK jetzt ankündigt, sich aufzulösen, ist
zu beachten, dass der parlamentarische Prozess der Gesetzes-
und Verfassungsänderungen in Mazedonien ist noch nicht
abgeschlossen; die UCK durch die Mission ”Essential Harvest” in
ihrer Kampffähigkeit zwar geschmälert, aber nicht völlig entwaffet
ist und der Waffenhandel mit den rivalisierenden Gruppierungen
sowie die illegalen Finanztransfers in die Region nicht wirksam
unterbunden sind.
pax christi unterstützt daher den Vorschlag von
Bundesaußenminister Fischer nach einem ”Regionalprozeß
Südosteuropa”. Ein solcher Prozeß kann zur politischen Lösung
der brisanten Statusfragen beitragen, die regionale
Zusammenarbeit stärken und den Balkan-Stabilitätspakt
weiterführen. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen drängt pax christi
auf einen verstärkten Einsatz ziviler Friedensfachkräfte in
Mazedonien, die über eine Beobachtung hinaus den Interessenaus-
gleich zwischen verschiedenen Volksgruppen und den Aufbau
demokratischer Strukturen fördern können. Ingesamt muß
gewährleistet sein, dass für diese politische Untermauerung des
Friedensprozesses genügend finanzielle Mittel seitens der
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Verfügung gestellt
werden.
Mit Blick auf die NATO als Träger der Mission ”Amber Fox” hält
pax christi jedoch das “westliche Verteidigungsbündnis” nicht für
den geeigneten Akteur. Begründete Vorbehalte auf mazedonischer
Seite und Mißtrauen gegenüber Eigeninteressen oder einer
Parteilichkeit der NATO könnten den Auftrag des
Beobachterschutzes untergraben. Es ist zudem gefährlich und
unakzeptabel, der NATO immer mehr Rollen zuzuweisen, die allein
der UNO zustehen. Deshalb ist bei weiteren Mandaten sicher zu
stellen, daß der Schutz der OSZE-Beobachter entweder durch
Blauhelme der Vereinten Nationen oder durch ähnlich deutlich
gekennzeichnete UNO-Verbände erfolgt. Nur innerhalb solcher
Verbände sollte sich Deutschland künftig beteiligen.
Wie der Friedensprozeß jetzt in Mazedonien begleitet wird, sagt
auch etwas darüber aus, ob die Europäische Union in Zukunft der
zivilen Friedenssicherung den Vorrang vor militärischen
Maßnahmen geben wird.
Bad Vilbel, den 28. September 2001
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