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Libanon steckt in der Sackgasse

Arabische Liga soll vermitteln

Von Karin Leukefeld *

13 Tage dauern die Straßenproteste der von Hisbollah geführten libanesischen Opposition bereits. Ein Ende ist nicht absehbar. Nun soll die Arabische Liga aus der Krise helfen.

Die Opposition in Libanon setzt auf einen langen Atem. Man sei bereit, die Proteste monatelang fortzusetzen, erklärte der stellvertretende Generalsekretär von Hisbollah, Scheich Naim Qassem. Oppositionsführer Hassan Nasrallah hatte Regierungschef Fuad Siniora zuvor in einer Fernsehansprache scharf angegriffen und beschuldigt, dem Widerstand der Hisbollah während des Juli/August-Krieges gegen Israel in den Rücken gefallen zu sein. Siniora beschuldigte seinerseits Nasrallah, einen Putsch gegen seine Regierung zu planen. Unterstützt wird die libanesische Regierung inzwischen auch von Großkundgebungen ihrer Anhänger, die sich am Wochenende in der nordlibanesischen Küstenstadt Tripoli versammelten.

Der politische Stillstand spiegelt sich auch in neuen Umfragen des Beiruter Zentrums für Forschung und Information wieder. In den meisten Antworten zeigt sich die tiefe Spaltung innerhalb der libanesischen Gesellschaft, fast Einigkeit herrscht hingegen in zwei Punkten: 73,1 Prozent der 800 Befragten sprachen sich für die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aus und 90 Prozent äußerten ihr Vertrauen in die libanesische Armee. Enorm ist die Kontroverse unter den religiösen Gruppen: Von den Befragten waren 94 Prozent der Schiiten und 50 Prozent der Christen der Ansicht, dass die Siniora-Regierung ihre verfassungsmäßige Legitimation verloren habe. 83 Prozent der Sunniten und 90 Prozent der Drusen sagten das Gegenteil. 46,7 Prozent waren der Ansicht, dass vor allem Israel und/oder die USA von der angespannten politischen Lage in Libanon profitierten, 35,4 Prozent meinten, Syrien und Iran seien die Nutznießer.

Nun soll die Vermittlungsinitiative der Arabischen Liga einen Ausweg aus der Sackgasse weisen. Syrien steht ausdrücklich hinter dem Plan. Der sudanesische Gesandte der Liga, Mustafa Osman Ismail, traf in Beirut bereits am Wochenende den maronitischen Patriarchen Nasrallah Boutros Sfeir, Ministerpräsident Siniora und Parlamentspräsident Nabi Berri, um Möglichkeiten einer Einigung auszuloten. Wichtig sei, so Ismail, dass es »keinen Sieger und keinen Unterlegenen« geben dürfe.

Gegenüber dem arabischen Fernsehsender »Al Arabiya« sagte Ismail, der Vermittlungsvorschlag sehe die Bildung einer Einheitsregierung, die Zustimmung zum UN-Tribunal im Mordfall Hariri sowie vorgezogene Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vor.

Ein Hisbollah-sprecher bezeichnete den Vorschlag der Arabischen Liga als gut: »Jede Initiative, die die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit zum Ziel hat, in der wir eine Drittel-Sperrminorität haben, ist für uns positiv.« Hisbollah sei nicht gegen das UN-Tribunal, man wolle aber in die Diskussion einbezogen werden.

Nun wartet man auf die Reaktion der Regierung. Fuad Siniora und Nabi Berri haben den Generalsekretär der Arabischen Liga; den Ägypter Amr Musa, gebeten, persönlich nach Beirut zu kommen.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Dezember 2006


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