Wenig Chancen für General Suleiman
Auch 14. Versuch der Wahl eines libanesischen Präsidenten musste verschoben werden
Von Karin Leukefeld *
Wieder einmal sollte in Libanon ein neuer Präsidenten gewählt werden.
Aber der für heute angesetzte 14. Versuch wurde erneut verschoben,
diesmal auf den 26. Februar.
Erneut bemüht sich der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa,
die verfeindeten politischen Lager zu einer Einigung zu bewegen.
Grundlage ist weiterhin der Drei-Punkte-Plan der Arabischen Liga, der
vorsieht, Armeechef General Michel Suleiman zum Konsenspräsidenten zu
wählen, eine Regierung der Nationalen Einheit zu bilden und ein neues
Wahlrecht auszuarbeiten.
Sowohl das westlich ausgerichtete Regierungslager um Ministerpräsident
Fuad Siniora als auch die Opposition begrüßen zwar diese Initiative, in
Detailfragen gehen die Meinungen aber weit auseinander. Umstritten ist
insbesondere die Zusammenstellung einer neuen Regierung. Die Opposition
fordert für sich 13 Posten und damit eine Art Sperrminorität, was die
Siniora-Gefolgschaft kategorisch ablehnt.
Seit dem Rücktritt von Präsident Emile Lahoud Ende November wurde die
Wahl eines neuen Präsidenten nun schon 14 Mal verschoben. Kaum war der
Termin für diesen Montag angesetzt, erklärte Ex-Präsident Amin Gemayel
von der Phalange-Partei dass er davon ausgehe, dass wieder nichts daraus
werde. Die Bedingungen seien »nicht reif«, meinte er.
Derweil bekräftigten die Oppositionsführer, Hassan Nasrallah (Hisbollah)
und Michel Aoun (Freie Patriotische Bewegung, FPM), in einem
Fernsehinterview ihr vor zwei Jahren geschlossenes Bündnis. Beide
betonten, die Allianz der mehrheitlich von Schiiten unterstützten
Hisbollah und der dem christlichen Lager zugehörigen FPM habe Libanon
vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges gerettet. Man werde die Forderung
nach einer Sperrminorität in der neuen Regierung nicht aufgeben,
bekräftigte Aoun.
Politische Beobachter halten die Vermittlungsversuche der Arabischen
Liga für nutzlos, und Amr Moussa selbst ist recht einsilbig geworden. Er
sei wieder in Beirut, um die arabische Initiative zu diskutieren,
erklärte er auf Fragen der Presse. »Das ist alles.«
Seit seinem letzten Besuch Anfang Januar hat sich die Lage im
Zedernstaat weiter verschärft. Ursache ist der dramatische Ausgang einer
Demonstration gegen Strommangel, bei der acht Menschen ums Leben kamen.
Während ein Funktionär der oppositionellen Amal-Bewegung hinterrücks von
Unbekannten erschossen worden war, starben die anderen sieben
Demonstranten durch Kugeln der libanesischen Streitkräfte. Nach ersten
Untersuchungen wurden 17 Personen verhaftet, darunter elf Militärs.
Das politische Klima habe sich seitdem erheblich verschlechtert,
erklärte der pensionierte General Elias Hanna gegenüber der
libanesischen Zeitung »Daily Star«. Jede Fraktion nutze die Ereignisse
zu eigenen Zwecken. Dies schwäche nicht nur die Armee, sondern auch
General Michel Suleiman. »Seine Kandidatur hat sich vermutlich
erledigt«, so Elias Hanna. Angriffe mit Schusswaffen und Handgranaten
auf Posten der Streitkräfte seien vor wenigen Monaten noch undenkbar
gewesen. Die von unbekannter Seite geschürte Destabilisierung der Armee
habe mit der Ermordung von General François Hajj im Dezember begonnen.
Michel Suleiman werde als Konsenskandidat demontiert, lautet die Analyse
von Elias Hanna. Viele Parteien wollten ihn nicht, wenn auch aus
unterschiedlichen Gründen, so Hanna. An einem Punkt stimmten aber alle
überein: Man will keine Präsidentschaftswahlen.
Amal Saad-Ghorayeb, die Autorin eines Standardwerks über die Hisbollah,
ist der Ansicht, dass beide Fraktionen von dem Stillstand profitierten.
Während das Regierungslager sich der westlichen Unterstützung gewiss
sein könne, schlage die Opposition aus ihrer Macht, die Regierung zu
blockieren, Gewinn. Diese Pattsituation könne noch bis zu den
allgemeinen Wahlen 2009 dauern, vermutet Saad-Ghorayeb. Es sei denn, die
eigentlichen Konfliktpartner in der Region, die USA und Iran, würden
sich vorher doch noch einigen.
Für die Internationale Krisengruppe (ICG) liegt die Gemengelage in
Libanon auf gleicher Ebene wie die Konflikte in Tschad, Kenia und
Somalia. Der frühere Ministerpräsident Salim Hoss rief in einer
»Erklärung an die Libanesen« zur Wachsamkeit auf. und prangerte
Arbeitslosigkeit, Preissteigerungen und Unsicherheit an. Die
Lebensbedingungen würden immer schlechter und trieben die Jugend aus dem
Land, warnte Hoss.
* Aus: Neues Deutschland, 11. Februar 2008
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