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Lateinamerikaner wollen Kuba in der OAS zurück

Panama sorgt in den USA mit seiner Einladung an die Karibikinsel für Verstimmung vor dem kommenden Gipfel

Lateinamerikaner wollen Kuba in der OAS zurück Panama sorgt in den USA mit seiner Einladung an die Karibikinsel für Verstimmung vor dem kommenden Gipfel Von Andreas Knobloch, Havanna *

Seit Panama angekündigt hat, Kuba im Frühjahr zum VII. Gipfel der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) einzuladen, nimmt die Debatte um die Teilnahme der Karibikinsel erneut Schwung auf.

Für sie steht es außer Frage: Die Staats- und Regierungschefs der lateinamerikanischen und karibischen Staaten der CELAC (Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten) wollen Kuba am Tisch haben. Das ist beim 2010 vom damaligem Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez, initiierten Bündnis kein Problem – anders als bei der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS), wo die USA und Kanada eine gewichtige Rolle spielen.

Der nächste Gastgeber der OAS heißt Panama, und wie Panamas Außenministerin und Vizepräsidentin Isabel De Saint Malo de Alvarado dieser Tage erklärte, sei die Einladung Kubas zum OAS-Gipfel Ausdruck einer Forderung der lateinamerikanischen Staaten. Panamas Regierung unterstütze den politischen Dialog. Die USA und Kanada hätten Verständnis für den Wunsch der Staaten der Region, dass Kuba teilnehme, sagte die Politikerin nach einem Besuch in Washington, wo sie unter anderem mit US-Außenminister John Kerry zusammengetroffen war.

Auf einer Pressekonferenz hatte das US-Außenministerium eine Teilnahme Kubas zuvor jedoch abgelehnt. »Unsere Ansicht ist, dass alle beteiligten Regierungen einen Konsens vereinbart haben, dem zufolge die Einhaltung und Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die strikte Anerkennung des demokratischen Systems sowohl gemeinsames Ziel als auch Verpflichtung sind und eine wesentliche Voraussetzung für unsere Präsenz bei diesem und künftigen Gipfeltreffen«, erklärte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki etwas verklausuliert.

Wenn Kuba von Gastgeber Panama eingeladen werde, gebe es »keinen rechtliches Grund«, der eine Teilnahme verhindere, erklärte OAS-Generalsekretär, José Miguel Insulza, am Rande einer Veranstaltung in Washington. Vierzig Jahre Isolierung hätten nichts gebracht, es sei an der Zeit, etwas Anderes zu probieren.

Kuba war 1962 auf Betreiben der USA von allen Treffen und Aktivitäten der OAS ausgeschlossen worden, blieb technisch aber Mitglied der Organisation. Die kubanische Regierung bezeichnete die OAS in der Folge wiederholt als das »Kolonialministerium« der Vereinigten Staaten und erklärte mehrfach, kein Interesse an einer Wiederaufnahme zu haben. Beim OAS-Gipfel in Trinidad & Tobago im April 2009 – die Gipfeltreffen waren in den 1990er Jahren von den USA initiiert worden – drohte der damalige venezolanische Präsident Hugo Chávez, wegen des Ausschlusses Kubas sein Veto gegen die Abschlusserklärung einzulegen. Auf der Generalversammlung des Staatenbundes im selben Jahr in San Pedro Sula, Honduras, wurde die Suspendierung Kubas schließlich aufgehoben.

Havannas Regierung begrüßte die Entscheidung, erklärte aber auch: »Kuba wird nicht in die OAS zurückkehren.« Trotz Abwesenheit war Kuba dann das beherrschende Thema des Gipfels 2012 in Cartagena, Kolumbien. Wegen der Nichteinladung Kubas hatten Ecuadors Präsident Rafael Correa und Nicaraguas Staatschef Daniel Ortega das Treffen boykottiert. Boliviens Präsident Evo Morales reiste aus Solidarität mit Kuba vor Ende des Gipfels ab. Und die Außenminister Argentiniens und Brasiliens erklärten damals: »Dies muss der letzte Gipfel sein, an dem Kuba nicht teilnimmt.«

Bei der OAS-Generalversammlung im Juni dieses Jahres in Paraguay drohten nun Argentinien, Venezuela, Bolivien und Nicaragua mit Boykott des Treffens in Panama, sollte Kuba nicht dabei sein.

Kolumbiens Repräsentantin bei den Vereinten Nationen, María Emma Mejía, anerkannte, dass es eine »Herausforderung« sei, dass Kuba an dem Gipfel in Panama teilnehme und sprach von einer »historischen Gelegenheit«. »Wir müssen alle Mechanismen zur Integration nutzen, auch um unsere Differenzen zu diskutieren«, so Mejía mit Blick auf die USA. Ungewiss bleibt, ob eine Einladung Kubas ein Fernbleiben der USA vom Gipfeltreffen provozieren würde.

Plötzlich sind es die USA, die isoliert dastehen. Allein dieser Umstand macht das Scheitern der jahrzehntelangen US-Blockadepolitik gegenüber Kuba deutlich. Die Karibikinsel ist heute in mehreren regionalen Staatenbünden wie ALBA (Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika) oder dem Erdöllieferabkommen Venezuelas namens Petrocaribe integriert. Und selbstverständlich gehört das Land der CELAC an, der alle Staaten der Region mit Ausnahme Kanadas und der USA beigetreten sind. Die CELAC war 2010 als Alternative zur OAS gegründet worden und gewinnt seitdem an Gewicht.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag 18. September 2014


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