Gesprühter Tod
"Krieg gegen Drogen" vernichtet Tropenwald
Von Benjamin Beutler *
Nicht nur Nutzholzgewinnung und Landwirtschaft bedrohen die Regenwälder.
Doch die Auswirkungen von Drogenanbau und Antidrogenkampf werden
hierzulande kaum diskutiert.
Die Koka-Pflanze stammt von den feuchten Osthängen der Anden. Dort wird
sie auch heute noch von Kleinbauern angebaut. Dazu wird auch Regenwald
gerodet. Zum anderen wird der Wald durch Maßnahmen staatlicher Behörden
zerstört, die im Anti-Drogenkampf aus der Luft
Pflanzenvernichtungsmittel wie Glyphosat und Tibuthiuron versprühen.
Glyphosat ist Hauptwirkstoff des vom Agromulti Monsanto vertriebenen
Breitbandherbizids »Roundup«. Wundern sollte der Zusammenhang Drogen und
Umweltzerstörung aber nicht. Denn warum sollte das illegale Business,
das laut Schätzungen der Vereinten Nationen einen jährlichen Umsatz von
jährlich 300 bis 500 Milliarden generiert (80 Prozent verbleiben in den
USA) und damit neben Erdöl und Waffen eine der umsatzstärksten Branchen
der Weltwirtschaft ist, besonders umweltverträglich sein?
Die Anbau von Koka, aber auch von Mohn für die Heroinproduktion, hat für
das fragile Ökosystem Regenwald katastrophale Folgen. Schätzungen gehen
von drei oder vier Hektar Waldfläche aus, die für den Anbau eines
Hektars Koka oder Mohn gerodet werden müssen. Fast 100 Prozent der
Kokapflanzungen befinden sich in den Andenländern Kolumbien, Bolivien
und Peru zwischen den Anden (unterhalb von 2000 Metern) und dem
Amazonasgebiet. Nach UNO-Angaben beträgt die Gesamtfläche der
Koka-Pflanzungen schätzungsweise 200 000 Hektar: 120 000 Hektar in
Kolumbien, 38 000 Hektar in Bolivien, 51 000 Hektar in Peru. Hinzu
kommen knapp 12000 Hektar für Schlafmohn. Das heißt, 600 000 bis 800 000
Hektar Regenwald müssen der Drogenproduktion weichen.
Abgesehen von der großen Anbaufläche ist die Bodenerosion in den andinen
Hochländern eine der negativen Folgen. Ohne menschliche Beeinträchtigung
speichern die Waldböden Wasser, das sie nur nach und nach wieder
abgeben. Zerstörter Wald beschädigt dieses natürliche Wasserreservoir,
was im Winter zu Überschwemmungen und im Sommer zu Trockenheit führt.
Somit wird der Drogenanbau zur Bedrohung für Biodiversität und
Wasserversorgung in den Andenländern. Überdies wird auch die
Wasserqualität von chemischen Substanzen wie Dünger und toxischen
Pflanzenschutzmitteln beeinträchtigt.
Kaum besser sieht allerdings die Umweltbilanz der Drogenbekämpfung aus.
So greifen die kolumbianischen Streitkräfte unter Anleitung der US Army
auf den großflächigen Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels »Roundup«
zurück. Die Glyphosat-Sprühflüge treffen naturgemäß nicht nur das
beabsichtigte Ziel, den Kokabusch, sondern durch Windverteilung und
ungenaues Versprühen auch die Baumkronen der Urwaldriesen. Und da
Glyphosat ein sogenanntes Breitbandherbizid ist, gehen praktisch alle
Pflanzen ohne spezielles Resistenzgen ein, wenn sie von den
Sprühflugzeugen erwischt werden. Die Folgen für Mensch und Tier sind bis
heute umstritten. Während Monsanto und Regierungen auf Ungefährlichkeit
pochen, sehen alternative Studien größe Gefahren für Mensch und Tier.
* Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010
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