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Streit um den Mekong

Kritik an laotischem Staudammprojekt. Vietnam sieht seine Landwirtschaft bedroht

Von Michael Senberg, Vientiane *

Um den asiatischen Fluß Mekong gibt es weiter Streit. Am vergangenen Wochenende trafen sich die Mekong-Anrainerstaaten zum Gipfel der Mekong River Commission (MRC) in Ho-Chi-Minh-Stadt. Neben den MRC-Mitgliedsländern Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam saßen auch Delegationen aus Myanmar und China mit am Tisch. Wurde nach außen hin Harmonie gezeigt, gab es nicht nur hinter den Kulissen weiterhin Kritik am laotischen Staudammprojekt Don Sahong. Keine zwei Kilometer stromaufwärts von der laotisch-kambodschanischen Grenze soll ein Damm einen der hier vielen Arme des Mekong abriegeln und Turbinen von 256 MW Leistung antreiben. Experten fürchten, daß der Damm an einem der tiefsten Mekongarme irreparable Auswirkungen auf die nur wenig erforschte Fischwelt des großen asiatischen Stromes haben könnte, ist doch der Sahong-Kanal einer der wenigen, die in der Trockenzeit ausreichend Wasser führen, damit Fische auch bei Niedrigwasser stromauf schwimmen können. Der Mekong fächert sich in diesem Gebiet der »Viertausend Inseln« auf einer Breite von mehr als zehn Kilometern in unzählige Arme auf.

Die Medien in Kambodscha und Vietnam berichten unisono, daß Kambodschas Premier Hun Sen und sein vietnamesischer Kollege Nguyen Tan Dung den Premierminister von Laos, Thongsing Thammavong, aufgefordert haben, mit dem Bau des Damms zu warten, bis weitere Studien vorliegen. Vietnams Premier malte auf der Konferenz ein düsteres Bild, das die vietnamesische Reiskammer im Mekong-Delta gleich doppelt bedroht sieht. Sinkender Zufluß des Mekong und steigender Meerespegel als Folge der globalen Erwärmung bedrohten die Existenz von 20 Millionen Menschen im Delta, das 27 Prozent des vietnamesischen Bruttosozialprodukts erzeugt, Quelle von 90 Prozent der vietnamesischen Reis- und 60 Prozent der Meeresfruchtexporte ist.

In den führenden Medien in Laos dagegen gibt es solche kritische Haltung nicht. Vor drei Wochen hatte die laotische Regierung zu einer Besichtigung der künftigen Baustelle geladen. An der Entschlossenheit, noch dieses Jahr mit dem Bau zu beginnen, wird hier nicht gerüttelt. Daran ändert auch der Fakt nichts, daß Laos Transparenz verspricht. Gemeint ist damit, daß man gewillt ist alle Schritte und Entscheidungen offenzulegen, nicht jedoch, sie in Frage zustellen.

Interessant, daß in der Berichterstattung über den MRC-Gipfel in Ho-Chi-Minh-Stadt ausgerechnet das Vorgehen der Volksrepublik China breiten Raum fand. China, so war zu lesen, habe vielfältige grenzübergreifende Kooperationsmechanismen mit den Ländern am Unterlauf des asiatischen Stroms auf den Weg gebracht. Es hat den Anschein, als sei dies das Vorbild für Laos. China zeigt seine Kooperationsbereitschaft, nachdem es ohne jegliche Absprachen mit den anderen Anrainern schon sechs große Dämme am Mekong errichtet hat.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 10. April 2014


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