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Mehr Geld für Lehrer

Laos: Regierung geht gegen Mißstände im Bildungssystem vor

Von Michael Senberg, Vientiane *

Am 1. Oktober beginnt für die laotischen Lehrer ein neues Zeitalter. Von diesem Tag an sollen sie mehr Gehalt bekommen als Staatsangestellte in anderen Bereiche. Ein Bachelor der Pädagogik soll dann als Berufsanfänger sieben Euro im Monat mehr nach Hause tragen als ein vergleichbarer Neuling in einem Amt. Im Zuge der Gehaltsreform für Staatsangestellte soll sich diese Differenz bis 2015 nahezu verdoppeln. Das Einstiegsgehalt für Neulehrer wächst damit mit Beginn des kommenden Monats auf rund 115 Euro.

Die laotische Regierung will mit diesem Schritt gegen die Misere im Bildungswesen ankämpfen. Die fehlende Attraktivität des Lehrerberufs hatte zuletzt schon für einen deutlichen Rückgang bei den Studienbewerbern für Pädagogik gesorgt. Der Trend soll nun zumindest gestoppt werden.

Dabei steht Bildung bei weiten Teilen der laotischen Bevölkerung hoch im Kurs. Oder besser gesagt Zertifikate über einen Bildungsabschluß. In mehreren Zeitungsberichten der letzten Wochen wurde über das blühende Geschäften mit gefälschten Zeugnissen berichtet.

In verschiedenen Städten des Landes versuchten zahlreiche Jugendliche demnach, mit gefälschten Abiturzeugnissen Zugang zu Universitäten zu erhalten. Organisierte Fälscherbanden hatten die Zeugnisse in Serie hergestellt. Aus einer Provinz des Landes kamen Berichte, denen zufolge Zeugnisse der 4. Klasse gefälscht wurden, die den Zugang zur Sekundarstufe ermöglichen.

An der Nationalen Universität in der laotischen Hauptstadt konnten sich Studenten ihre Abschlußarbeiten gleich von den Dozenten selbst schreiben lassen – gegen Zahlung versteht sich. Laut Vientiane Times rangierten die Preise zwischen 250 und 750 Euro. Ein Insider berichtete, daß es für die Studenten oft gar keinen Weg vorbei an den Dienstleistungen einiger Hochschullehrer gebe, da diese die Arbeiten der Studenten so lange mit ungenügend bewerteten, bis schließlich gezahlt würde.

In einem weiteren Beitrag in der englischsprachigen Tageszeitung nahm der Autor ein Beispiel aus dem Bildungssektor zum Anlaß, den wuchernden Nepotismus zu kritisieren. Ein Vater hatte sich dem Artikel zufolge in trauter Runde nicht nur damit gebrüstet, einen Studienplatz für seinen Sprößling gesichert zu haben, sondern den erfolgreichen Abschluß und eine Anstellung im Staatsdienst gleich dazu.

Dieses Vorgehen könnte den Lehrermangel auf unvorhergesehen Weise lösen – und ein anderes Problem gleich mit. Das zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde zählende Laos hat mit dem Erreichen des Millennium-Entwicklungsziels »Grundbildung für alle« seine liebe Not. Zu viele Kinder verlassen die Schule noch vor Erreichen der 6. Klasse – ohne jeden Abschluß.

* Aus: junge Welt, Samstag, 22. September 2012


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