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Mehr Hilfe für Laos

Hohes Wirtschaftswachstum, aber Inflation und Handelsdefizit gefährden Fortschritte im Entwicklungsland. Lob und Tadel von Geldgebern

Von Michael Senberg, Vientiane *

Laos will nicht mehr zum Armenhaus der Welt zählen. Im November kamen deshalb in der Hauptstadt Vientiane hochrangige Repräsentanten der laotischen Regierung mit Vertretern der Unterstützer des unterentwickelten Landes zum alle drei Jahre stattfindenden »Runden Tisch« zusammen. Ziel der Veranstaltung war es, das südostasiatische Land, das bis 2020 den Sprung aus der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder der Erde (Least Developed Countries, LDC) schaffen will, zunächst näher an die Erfüllung der im Jahr 2000 von der Weltorganisation verabschiedeten UN-Millenniumsziele zu bringen. Bei gleich vier von insgesamt acht großen Themen dieser Agenda klemmt es im Land am Mekong (siehe Kasten).

Also legten die sogenannten Geber, darunter mit ihrem Entwicklungsprogramm die Vereinten Nationen (UNDP), die Weltbank und die EU auch Deutschland mehr Geld auf den Tisch. Dazu gab es neben Reden mit Glückwünschen zum erfolgreichen wirtschaftlichen Fortschritt auch eher sanfte Kritik zu den Punkten »gute Regierungsführung«, »Einbeziehung der Zivilgesellschaft« und »Wahrung der Menschenrechte«. Dabei hatte die Regierung der Volksrepublik schon im Vorfeld der Veranstaltung stolz berichtet, daß die offizielle Entwicklungshilfe für Laos im Gegensatz zum weltweit rückläufigen Trend auch im zurückliegenden Jahr zugenommen habe – auf die Rekordsumme von umgerechnet 777,1 Millionen US-Dollar (ca. 600 Millionen Euro). Mit noch mehr Geld möchten die Regierenden des Landes noch mehr erreichen: Armut senken, Grundbildung voranbringen, Müttersterblichkeit reduzieren und das Erbe des Indochinakrieges in Form noch immer tödlicher Blindgänger schrittweise beseitigen. Neben den Mitteln der Geber sieht die Führungsriege der seit 1975 regierenden Laotischen Revolutionären Volkspartei vor allem ein hohes Wirtschaftswachstum als Garanten des Erfolgs. Seit rund zehn Jahren liegt das Wachstum der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) stets über sieben Prozent im Jahr. Im derzeit laufenden Fünfjahresplan (2011–2015) soll das BIP gar über acht Prozent zulegen.

Dies verleitet die Führung immer wieder zu neuem Jubel, der zumindest in den Veröffentlichungen keinen Platz für Warnungen zuläßt. Doch das von ausländischen Geldgebern gezeichnete Bild der Wirtschaftslage ist eher düster. Die Inflation liegt schon über sieben Prozent und droht, das Wachstum gänzlich zu neutralisieren. Das chronische Außenhandelsdefizit erreicht neue Dimensionen, was von manchen Beobachtern auch mit dem im Februar vollzogenen Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation (WTO) in Zusammenhang gebracht wird. Die Wareneinfuhren waren in diesem Jahr doppelt so hoch wie die Exporte des Landes. Das führt letztlich auch dazu, daß die Währungsreserven dahinschmelzen und mittlerweile einen Stand erreicht haben, wo sie nur noch weniger als die Importe von drei Monaten decken können. Die Staatsverschuldung nimmt rapide zu und nähert sich inzwischen dem Volumen von einem Drittel des BIP. Schließlich ist auch der Staatshaushalt klamm, was in den Medien immer wieder als Folge ausbleibender Einnahmen dargestellt wird. Zuletzt hatten die Angestellten im öffentlichen Dienst zwei Monate lang kein Gehalt bekommen. Ab Januar, so versprach die Regierung, soll wieder gezahlt werden, dann aber ohne die Lebenshaltungszulage von rund 79 Euro, die jeder Staatsdiener seit letztem Jahr erhielt.

So ist es nicht verwunderlich, daß beim Runden Tisch die Vertreter der Geberländer und -Organisationen vor allem zu verantwortungsvoller Finanzpolitik aufriefen und auf eine bessere Regierungsführung pochten. Das wurde verbunden mit der Aufforderung zu stärkerer Einbeziehung der gesellschaftlicher Organisationen in die Entwicklung des Landes und die Umsetzung der Menschenrechte wurde angemahnt. Letzteres verbanden insbesondere die Vertreter der EU und Vereinigten Staaten mit dem Fall Sombath Somphone. Der vor allem beim Aufbau der ländlichen Infrastruktur sehr engagierte Aktivist hatte im letzten Jahr ein Video mit dem Titel »Happy Laos« vorgestellt, das ein auf bloßes Wirtschaftswachstum ausgerichtetes Entwicklungsmodell in Frage stellte. Kurze Zeit später war er direkt vor einem Polizeiposten offensichtlich entführt worden. Seitdem fehlt offiziellen Angaben zufolge jede Spur des 61jährigen.

* Aus: junge Welt, Montag, 16. Dezember 2013

Ziele des Millenniumsgipfels der UNO vom September 2000 (»Millenniumsziele«)

  • Bekämpfung von extremer Armut und Hunger
  • Grundschulbildung für alle
  • Gleichstellung der Geschlechter
  • Senkung der Kindersterblichkeit
  • Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern
  • Bekämpfung schwerer Krankheiten (HIV/AIDS, Malaria etc.)
  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Schaffung einer globalen Entwicklungspartnerschaft



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