Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Laos hebt viele arme Familien über die Armutsschwelle

Asiatische Entwicklungsbank attestiert dem Land am Mekong das vorzeitige Erreichen eines Millennium-Entwicklungszieles

Von Alfred Michaelis, Vientiane *

Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) vermeldet Erfolge bei der Armutsbekämpfung in Laos. Das Millennium-Entwicklungsziel, die Armut bis 2015 zu halbieren, ist bereits erreicht.

Barend Frielink ist ein nüchterner Typ. Der groß gewachsene zweite Mann der Mission der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) in Laos sitzt auf einem Podium neben der zierlichen Phonevanh Outhavong, der stellvertretenden Generaldirektorin der Planungsabteilung im Ministerium für Planung und Investitionen. Gemeinsam verkünden sie, was ein von der ADB bestellter Gutachter herausgefunden hat: die Erfüllung des 7. Fünfjahrplans der Demokratischen Volksrepublik Laos macht trotz Finanzkrise und Klimawandel gute Fortschritte. 8,3 Prozent betrug das Wirtschaftswachstum im Finanzjahr 2011-12. Dank intensiver Anstrengungen von Regierung und Entwicklungsorganisationen sank der Anteil armer Familien auf 17 Prozent. Damit stehen die Aussichten zur Erreichung wenigstens dieses Millennium-Entwicklungszieles im kleinen Land am Mekong bestens, ja die angepeilte Halbierung von Armut ist schon jetzt erreicht.

Zwar sind unter den armen Familien die vielköpfigen überrepräsentiert, doch ist das Ziel auch bezogen auf die Bevölkerung erreicht: Von 48 Prozent der Einwohner im Jahr 1990 sank die Zahl der Armen auf aktuell 22 Prozent. Bei den Themen Unterernährung, Müttersterblichkeit und universeller Schulbesuch steht es dagegen bei weitem nicht so gut.

1,25 US-Dollar Einkommen pro Tag lautet die statistische Armutsschwelle der UNO. Brauchte man in Laos im April 2006 rund 12 200 Kip, um die Armutsschwelle zu überschreiten, sind es im Moment nur noch 9 600 Kip. Doch die Kaufkraft des Kip hat nachgelassen. Vor allem seit 2012 zog die Inflation stärker an. Für seine 10 000 Kip erhält der Laote heute deutlich weniger als 2006, wobei die Lebensmittelpreise deutlich stärker steigen als die für Industrieprodukte. Über die reale Armut sagt die starre Armutsschwelle somit nur begrenzt etwas aus.

Auch andere Studien belegen, dass die Armutsbekämpfung kein einfacher Prozess ist. Die Regierung berichtet über Investitionen von 900 Milliarden Kip (90 Millionen Euro) in Armutsbekämpfungsprogramme, besonders in den Ausbau der Infrastruktur in entlegenen Gebieten. Das schafft Zugang zu Märkten und damit zu Einkommen. Doch lassen sich Straßen gewöhnlich in beide Richtungen befahren. Menschen in den betroffenen Gebieten berichten aber auch über Landraub zur Anlage von Plantagen und anderen Geschäftspraktiken von Investoren, die nicht eben zu einer Verbesserung der Einkommenssituation der Einheimischen führen. Dass sich viele dieser Praktiken so leicht einsetzen lassen, hat auch mit mangelnder Bildung zu tun.

Laos hat nicht nur Arme, sondern auch Reiche. Dass der Reichtum der Einen durchaus mit der Armut der Anderen zu tun hat, ist gleichfalls eine Grundweisheit der Marktwirtschaft. Die Differenz zwischen beiden Polen der Gesellschaft nimmt zu. Kürzlich berichtete ein kleiner Bauunternehmer, welche Anteile eines Straßenbaubudgets er an die Entscheidungsträger für die Projektvergabe abgeführt haben will. Kein Grund, an seinen Angaben zu zweifeln. Im Zeitraum 2011 bis 215 will die Regierung insgesamt rund 740 Millionen Euro in die Armutsbekämpfung stecken. Der Löwenanteil davon stammt aus Entwicklungshilfe.

Phonevanh Outhavong trägt vor, dass der Anteil armer Familien bis 2015 auf zehn Prozent sinken kann. Das wären dann rund 100 000 Familien.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 9. April 2013


Zurück zur Laos-Seite

Zur Armuts-Seite

Zurück zur Homepage