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Lukrative Wühlarbeit

Medienfirma erhält Auftrag der US-Regierung für »subversive« Rundfunkprogramme gegen Kuba

Von Volker Hermsdorf *

Die Mehrheit der US-Bevölkerung und einflussreiche Medien wie die New York Times sprechen sich für eine Normalisierung der Beziehungen zu Kuba aus. Doch die Regierung in Washington setzt offenbar weiter auf einen Umsturz beim sozialistischen Nachbarn im Süden. Wie der US-Journalist Tracey Eaton am vergangenen Donnerstag in seinem Blog »Along the Malecón« enthüllte, wurde die Firma Canyon Communications in Los Angeles mit der Produktion von subversiven Radio- und Fernsehprogrammen »für das Publikum in Kuba« beauftragt. Nach Eatons Recherche unterzeichnete das Broadcasting Board of Governors (BBG) am 30. September einen entsprechenden Vertrag über 1,45 Millionen US-Dollar, rund 1,16 Millionen Euro.

Das BBG ist eine Bundesbehörde mit Sitz in Washington, die für alle internationalen Hörfunk- und Fernsehprogramme der US-Regierung verantwortlich ist. Offizieller Auftrag der Behörde, in deren Aufsichtsrat »von Amts wegen« auch der US-Außenminister sitzt, ist die weltweite Förderung von »Freiheit und Demokratie«.

Dem BBG unterstehen sechs US-Auslandssender, unter anderen Radio Free Europe und der Propagandasender Radio y Televisión Martí in Miami, der dem für Aktionen gegen das kubanische Gesellschaftssystem als BBG-Unterabteilung eingerichteten Office of Cuba Broadcasting untersteht. Für das Jahr 2015 hat US-Präsident Barack Obama ein Budget von 721 Millionen US-Dollar für das BBG beantragt. Damit sollen unter anderem die Onlineaktivitäten der Dienste im Ausland ausgebaut werden.

Laut BBG sei der 1,5-Millionen-US-Dollar-Auftrag an Canyon Communications vergeben worden, weil diese Firma als einzige für die Aufgabe geeignet sei, berichtet Eaton. Gründer des Unternehmens ist der 64jährige Jeffrey Robert Kline, der für die US-Regierung seit Jahren geheime Spezialaufträge auch in Kuba ausführt. Bereits im Mai hatte Eaton ihm einen Beitrag gewidmet, in dem er aufdeckte, dass Kline Mobiltelefone, drahtlose Kommunikationsausrüstungen und Satellitentelefone illegal auf die sozialistische Karibikinsel geschmuggelt hatte.

Kline sei als privater Auftragsagent direkt für das US-Außenministerium tätig gewesen. Unter anderem habe er versucht, Jugendliche mit »regierungskritischen Einstellungen« aufzuspüren und sie für die Produktion systemfeindlicher Radiobeiträge oder Blogs zu gewinnen. Wegen seiner langen Haare und der jugendlichen, hippieartigen Erscheinung des Agenten habe eine 25jährige Zeugin, die Eaton darüber berichtete, nicht geahnt, dass die US-Regierung hinter dem Medienprojekt steckte. Nach der Festnahme eines anderen US-Spions im Dezember 2009 hatte Kline Kuba auf Anweisung des State Department verlassen.

Nun ist er wieder da. In einer Ausschreibung vom 14. April hatte das BBG die Anforderungen an Bewerber in Kuba beschrieben: Sie sei vor allem an Produktionsfirmen interessiert, die Erfahrungen mit Beiträgen für kleine Selbstständige, private Unternehmer und bekannte Einzelkünstler oder Gruppen in Kuba hätten, betonte die Behörde. Ihre Entscheidung für Klines Firma wurde mit deren »ausgiebiger Erfahrung bei der Produktion von Hörfunk- und Fernsehbeiträgen für das kubanische Publikum« und der Machart ihrer Beiträge begründet, die die Hörer und Zuschauer durch einen »basisdemokratischen Anschein« ansprechen und gewinnen würden.

Die Enthüllungen Eatons bestätigen eine Meldung der US-Nachrichtenagentur AP vom 10. November, der zufolge »risikoreiche Projekte zur Förderung der Demokratie« in Kuba künftig nicht mehr von der Entwicklungsbehörde USAID, sondern von anderen Stellen des Außenministeriums organisiert werden sollen.

Die Sprecherin des Ministeriums, Jennifer Psaki, hatte das am gleichen Tag auf Nachfrage von Journalisten bestätigt und angekündigt, dass ihre Behörde sich auch in Zukunft »sehr kreativ in Kuba engagieren« werde. Die Entschlossenheit der US-Regierung, einen Systemwechsel auf der sozialistischen Karibikinsel herbeizuführen, bekräftigte Psaki mit dem Satz: »Wir müssen phantasievolle Wege finden, um positive Veränderungen in Kuba zu befördern.«

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 3. Dezember 2014


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