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Obama will renovieren

Vor Kuba-Gegnern Änderung der US-Politik gegenüber Havanna angekündigt

Von Volker Hermsdorf *

US-Präsident Barack Obama hat am Freitag nachmittag (Ortszeit) in Miami eine Änderung seiner Politik gegenüber Kuba angekündigt. Während internationale Presseagenturen am Wochenende bereits über eine Lockerung der Blockade spekulierten, reagierten kubanische Kommentatoren skeptisch. Obama habe bisher so gut wie keines seiner Versprechen gehalten, gab der Journalist H.M. Lagarde aus Havanna am Samstag im Blog »CubaSi.cu« zu bedenken. Ein von Exilkubanern initiiertes Treffen mit militanten Systemgegnern soll offenbar eine Annäherung verhindern.

Obama war am Freitag zu einem zweitägigen Besuchsprogramm bei Wahlkampfsponsoren der Demokratischen Partei in Südflorida eingetroffen. Zu den Unterstützern gehört auch die von dem Unternehmer Jorge Mas Santos geleitete Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung (Cuban American National Fundation, CANF), eine militante exilkubanische Organisation, die unter anderem im Jahr 1997 eine Serie von Bombenanschlägen in kubanischen Hotels organisierte. In der Privatresidenz von Mas Santos, dessen einflußreiche Stiftung an erster Stelle auf der Liste der Spendenwerber stand, erklärte der US-Präsident: »Wir haben begonnen, Veränderungen auf der Insel zu sehen.« Es mache keinen Sinn, an Maßnahmen festzuhalten, die vor über 50 Jahren eingeleitet wurden und im Internetzeitalter nicht mehr wirkungsvoll seien. Nach einem Bericht der Washington Post vom Samstag sagte Obama, die »Zielsetzung unserer Politik gegenüber Kuba bleibt die gleiche, die Methoden müssen aber verändert werden«.

Ort und Umstände seines Auftritts waren am Wochenende in kubanischen Online-Medien (die Tageszeitung Granma erscheint am Sonntag nicht) heftig kritisiert worden. Die CANF-Vertreter hatten dem US-Präsidenten als »Überraschungsgäste« Berta Soler, die Chefin der von Washington finanzierten Oppositionsgruppe »Damas de Blanco« (»Damen in Weiß«) und den wegen verschiedener Gewaltdelikte vorbestraften Systemgegner Guillermo Fariñas präsentiert. Beide forderten die Beibehaltung der Blockade, eine »harte Haltung« gegenüber der kubanischen Regierung wund mehr finanzielle Unterstützung für ihre Aktivitäten gegen das sozialistische System.

Besonders der Händedruck mit Fariñas stellt Obamas Glaubwürdigkeit in Frage. Erst kürzlich hatte der 51jährige Systemgegner aus Santa Clara, der mit bisher 24 Hungerstreiks auf sich aufmerksam gemacht hat, an einem Treffen im Haus des Castro-Gegners Huber Matos in Miami teilgenommen, zu dem auch Luis Posada Carriles geladen war. Der ehemalige CIA-Agent Posada Carriles gilt als einer der gefährlichsten Terroristen des Kontinents. Nach Unterlagen des FBI ist er verantwortlich für das Bombenattentat auf den Flug 455 der Gesellschaft Cubana am 6. Oktober 1976, durch das 73 Menschen getötet wurden. Nach seiner Inhaftierung in Venezuela, gelang ihm 1985 mit Hilfe von Jorge Mas Canosa, dem Vater des heutigen CANF-Vorsitzenden, die Flucht aus dem Gefängnis.

Fariñas hatte seine Nähe zu Mas Canosa bereits im Mai dieses Jahres mit einem Kniefall an dessen Grab demonstriert. Das freundschaftliche Treffen mit dem Massenmörder Posada Carriles macht ihn nun zum Terroristenkumpel und die Begegnung mit Obama zum politischen Skandal. Dabei kann sich der US-Präsident nicht auf Unkenntnis berufen. Die von Teilnehmern aufgenommenen Fotos der Terrorseniorenrunde kursieren seit Wochen weltweit im Internet.

Die kubanische Fernsehredakteurin Norelys Morales aus Villa Clara vermutet, daß Obama in eine Medienfalle gelockt wurde. Der Grund für seine Reise sei schließlich die Organisation von Wahlkampfspenden und nicht ein Treffen mit Gegnern der kubanischen Regierung gewesen, schreibt sie in ihrem Blog »IslaMia«. Die unterschiedliche Berichterstattung vom Wochenende erhärtet den Verdacht einer Kampagne. Während überregionale US-Zeitungen und internationale Agenturen die Äußerungen des Präsidenten über eine mögliche Revision der Blockade in den Mittelpunkt stellten, machten das Sprachrohr der exilkubanischen Rechten in Miami Nuevo Herald und der Propagandasender Radio Martí seine Zusammenkunft mit Systemgegnern zur Hauptmeldung.

* Aus: junge Welt, Montag, 11. November 2013


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