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Nordkorea: Feindselige Handlungen beenden

Vorschlag an den südlichen Nachbarn soll praktische Entspannungsschritte einleiten *

Nordkorea lässt versöhnliche Töne gegenüber Südkorea hören. Der Vorstoß ist allerdings mit Bedingungen verbunden, auf die Seoul nicht eingehen dürfte.

Seoul. Nach seinen jüngsten Raketentests hat Nordkorea dem Nachbarn Südkorea überraschend praktische Schritte zur Entspannung vorgeschlagen. Beide Seiten sollten von diesem Freitag an jede gegenseitige Verleumdung und psychologische Kriegsführung einstellen sowie auf feindselige militärische Handlungen verzichten. Den Vorstoß verband die Nationale Verteidigungskommission laut Staatsmedien am Montag mit dem Aufruf, Südkorea müsse auf die geplanten jährlichen Militärübungen im August mit den verbündeten US-Truppen verzichten. Zudem machte das mächtigste Entscheidungsgremium des Nordstaates in seinem »speziellen Vorschlag« deutlich, dass Südkorea sich nicht mehr am umstrittenen nordkoreanischen Atomprogramm stoßen sollte. Diese Forderung gilt als unannehmbar für Seoul.

Der Süden reagierte zunächst entsprechend zurückhaltend. »Wir werden die Absichten der Kommission analysieren«, teilte das Vereinigungsministerium in Seoul mit. Ähnliche Vorschläge hatte Nordkorea Anfang dieses Jahres gemacht. Damals hatte Südkoreas Verteidigungsministerium dem Nachbarland vorgeworfen, sein »eigenes kriegerisches Verhalten« zu rechtfertigen.

Der Vorschlag Nordkoreas erfolgte nur wenige Tage vor dem geplanten Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Seoul. Bei seinen Gesprächen mit Präsidentin Park Geun Hye am Donnerstag wird der Streit um das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm ein Schwerpunkt sein. China, das nach wie vor gute Kontakte zu Nordkorea hat, versucht seit Langem, neue Mehrparteiengespräche über dessen Atomprogramm in Gang zu bringen. Südkorea und die USA verlangen jedoch vorher konkrete Abrüstungsschritte Nordkoreas.

Am Sonntag hatte Nordkoreas Militär nach südkoreanischen Angaben zwei Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern von der Ostküste in Richtung offenes Meer abgefeuert. Der UNO-Sicherheitsrat untersagt Nordkorea per Resolution den Start von Raketen »unter Verwendung ballistischer Raketentechnik«. Am vergangenen Donnerstag hatte Nordkoreas Militär den Angaben Südkoreas zufolge drei Raketen mit Reichweiten von etwa 190 Kilometern getestet.

»Lasst uns praktische Schritte unternehmen, um eine Wende der Aussöhnung, Zusammenarbeit und nationalen Wohlstands zu schaffen«, heißt es in dem nordkoreanischen Vorschlag. Die Vereinigung solle unabhängig von äußeren Mächten angestrebt werden. Seoul solle seine Haltung dadurch klären, indem alle »feindseligen militärischen Akte« vom 4. Juli an eingestellt werden. Am Freitag ist der Jahrestag des innerkoreanischen Abkommens von 1972 über Prinzipien der Wiedervereinigung.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 1. Juli 2014


Überraschendes Ende

Jonas Wegmann über ein nordkoreanisches Gesprächsangebot **

Weiß leuchtet ein ziviles Hemd aus der Mitte uniform gekleideter Militärs. Nordkoreas Führer Kim Jong Un hat sich unter eine Raketentruppe gemischt. Die feuerte just am Sonntag zwei Raketen ab. Doch der Oberste Führer, Chef der Verteidigungskommission, Oberkommandierende und auch General kommt im zivilen weißen Freizeithemd mit kurzen Ärmeln daher – ausgerechnet während einer militärischen Machtdemonstration.

Weil Pjöngjang stets Wert darauf legt, dass schon gar unter Beteiligung des Chefs nichts zufällig geschieht, ist das eine Botschaft. Die liest sich fast beschämend einfach. Unterstrichen wird auf modische Weise ein Angebot zu Gespräch und vielleicht Versöhnung an Südkorea. Gerade noch wurden Raketen und wütende verbale Salven gefeuert. Zuletzt blieben Kim Jong Uns Mühen um Beachtung aber eher unbemerkt. Blutige Krisen oder Sportereignisse trafen auf mehr Aufmerksamkeit.

Die findet er nun mit dem Gesprächsangebot. Wenn Ende der Woche Chinas Staatschef nach Süd- und dann endlich auch nach Nordkorea kommt, soll ihn das günstig stimmen. Die Offerte unterscheidet sich von sonstiger Kraftmeierei, verzichtet darauf aber nicht ganz und hat ihre Haken. Doch sie ist überraschend. Das wäre das Angebot noch mehr, führte es auch wirklich wie angeblich angestrebt zum »Ende der Feindseligkeiten«.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 1. Juli 2014 (Kommentar)


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