Nordkorea wehrt sich
Die Regierung in Pjöngjang reagiert mit harten Stellungnahmen auf "feindselige Aktionen" der USA und des UN-Sicherheitsrats
Von Knut Mellenthin *
Mit der Ankündigung weiterer Raketen- und Nukleartests hat Nordkorea auf die neuen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats reagiert. Die zeitlich völlig unbestimmten Äußerungen der Demokratischen Volksrepublik (DVRK) haben in den westlichen Mainstream-Medien ein aufgeregtes Echo ausgelöst, obwohl sie sachlich nichts Neues enthalten. Dagegen schien die erste offizielle Äußerung der US-Regierung eher zurückhaltend. Es sei Nordkoreas Entscheidung, ob es Atomwaffen testen wolle, sagte der amerikanische Spitzendiplomat für dieses Thema, Glyn Davies. »Wir hoffen, sie machen es nicht. Wir rufen sie auf, es nicht zu tun. Dies ist kein Moment, wo man die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel anheizen sollte.«
Der UN-Sicherheitsrat (UNSC) hatte am am Dienstag erstmals seit vier Jahren seine Sanktionen gegen die DVRK verschärft. Frühere Versuche der USA und ihrer Verbündeten, zusätzliche internationale Strafmaßnahmen durchzusetzen, waren vor allem von China abgeblockt worden. Mit der jetzt einstimmig verabschiedeten Resolution 2087 reagierte der Rat auf den Start eines nordkoreanischen Wettersatelliten am 12. Dezember. Der UNSC interpretiert das als Raketentest. Diese sind der DVRK durch die Resolutionen 1718 (2006) und 1874 (2009) verboten. Im Dezember hatte der Rat jedoch nur eine kurze Stellungnahme veröffentlicht, die den Satellitenstart verurteilte und »angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit« Beratungen über eine »angemessene Antwort« angekündigt. Seither hatten zwischen amerikanischen und chinesischen Diplomaten mehrere Treffen stattgefunden. Der am Dienstag auf Antrag der USA beschlossene Text war angeblich mit China abgesprochen worden. Noch im Dezember hatte Pekings UN-Botschafter Li Baodong erklärt, daß Druck und Strafmaßnahmen der Erhaltung des Friedens auf der Halbinsel nicht förderlich seien.
Die Resolution 2087 sieht zusätzliche Sanktionen gegen sechs nordkoreanische Firmen und Regierungsstellen und gegen vier ihrer führenden Mitarbeiter vor. Darunter sind die Weltraumbehörde und eine bedeutende Staatsbank. Auslandsvermögen der Betroffenen, sofern denn überhaupt vorhanden, sollen beschlagnahmt werden. Ernster zu nehmen ist das Verbot, mit den betroffenen Unternehmen und Behörden finanziellen Transaktionen vorzunehmen.
Darüber hinaus ruft der Sicherheitsrat alle Staaten zu »erhöhter Vorsicht« und »verstärkten Überwachungsmaßnahmen« gegen sämtliche finanziellen Auslandsaktivitäten der DVRK und zur öffentlichen Konzentration auf nordkoreanische Versuche, Bargeld zu schmuggeln, auf. Dieser Teil der Resolution ist zwar nicht rechtsverbindlich, könnte aber nach bisherigen Erfahrungen als Legitimation für einseitige westliche Zusatzmaßnahmen dienen. Ein weiterer, in seiner Gefährlichkeit keineswegs zu unterschätzender Punkt der Resolution ist der Auftrag an das vom Rat eingesetzte Sanktionskomitee, konkrete öffentliche Anleitungen für das Vorgehen gegen nordkoreanische Frachter, die des Sanktionsbruchs verdächtig sind, vorzulegen. Die vier Jahre alte Resolution 1874 erlaubt grundsätzlich die Durchsuchung solcher Schiffe, doch wurde davon bisher noch kein Gebrauch gemacht.
Die DVRK hat 2006 und 2009 zwei nukleare Versuchsexplosionen durchgeführt. Daß sie in naher Zukunft einen dritten plant, ist zwar möglich, durch die am Mittwoch und Donnerstag veröffentlichten Stellungnahmen des Außenministeriums und des Nationalen Verteidigungsausschusses jedoch nicht wahrscheinlicher geworden. Primär hat Nordkorea seine Entschlossenheit bekräftigt, auf alle Einschüchterungsmaßnahmen, und eine solche stellt Resolution 2087 zweifellos dar, zumindest mit verbalen, gelegentlich aber auch mit praktischen Gegenschlägen zu reagieren. Die Regierung in Pjöngjang traut auch ihrem früheren Verbündeten China nicht mehr, wie ihr Vorwurf, der UN-Sicherheitsrat sei »eine Marionette der USA«, zeigt.
* Aus: junge Welt, Freitag, 25. Januar 2013
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