USA attackieren Nordkorea
Falken in Washington versuchen, Atomabkommen zu Fall zu bringen
Von Daniel Kestenholz, Bangkok *
In einem immer giftiger werdenden Schlagabtausch weisen sich die KDVR und die USA gegenseitig
die Schuld für die Blockierung des Atomabkommens zu.
Nach ruhigen Monaten und von beiden Seiten gelobter Kooperation hat Pjöngjang nun den USA mit
einem Ausbau seiner »Kriegsabschreckung« gedroht, womit in der Ausdruckweise der KDVR deren
Atomwaffenarsenal gemeint ist. Streitpunkt ist die Liste sämtlicher Nuklearanlagen, die Nordkorea im
Rahmen des Pekinger Atomabkommens vom Februar 2007 bis zum Jahresende abzuliefern hatte,
um neue Wirtschaftshilfe und weitere politische Zugeständnisse zu erhalten.
Pjöngjang behauptet, die komplette Liste bereits im November vorgelegt zu haben. Doch diese, so
meinen die USA, umfasse lediglich die Plutonium-Anlagen. Seit Ausbruch der Atomkrise vor fünf
Jahren unterstellt Washington Nordkorea, dass es insgeheim ein technisch weit ausgereifteres
Programm zur Wiederaufbereitung waffenfähigen Urans verfolge.
Darüberhinaus, heißt es in Washington, helfe Pjöngjang Syrien bei der Entwicklung eines
Atomwaffenprogramms. Die USA gehen sogar so weit, von Beziehungen zwischen den
Atomprogrammen Syriens und Nordkoreas zu sprechen, obwohl Syrien bloß ein rudimentäres
Programm besitzt, an dem übrigens einst Belgien, Deutschland, Russland, China, die USA und auch
die Internationale Atomenergie-Agentur IAEA beteiligt waren.
Laut Beobachtern ist der Syrien-Verweis nichts weiter als ein Versuch von Falken innerhalb der
Bush-Regierung, Nordkorea weiter als Verbreiter von Massenvernichtungswaffen darzustellen, um
ausgerechnet jenes Atomabkommen zu torpedieren, das als einer der raren außenpolitischen
Erfolge von Bush gilt.
Von einer »Atomachse« zwischen Syrien, Nordkorea und Iran zu sprechen, das ist laut Joseph
Cirincione, dem Direktor für Nuklearpolitik beim Washingtoner »Center for American Progress«, ein
bloßer Trick der Washingtoner Regierung, um das Atomabkommen mit der KDVR zum Scheitern
bringen zu können. »Die wahre Story ist«, so Cirincione, »wie schnell ›New York Times‹ und
›Washington Post‹ den Köder schnappten und genau die Geschichte brachten, wie sie
Regierungsbeamte wollten. Es scheint, dass nichts, nicht einmal ein verheerender und unnötiger
Krieg, diesen Pawlowschen Reflex verhindern kann.«
Nach außen aber geht es bei der Verzögerung um Uran. Nordkorea habe bei jenem Treffen im
Oktober 2002 in Pjöngjang, als es zum Eklat kam, auch Angaben zu einem Uran-Programm
vorgelegt, sagen die USA – was Pjöngjang heute kategorisch dementiert.
Beide Seiten zeigen sich hart. US-Außenministerin Condoleezza Rice erklärte, sie warte noch immer
auf eine »komplette und akkurate Erklärung« der Nordkoreaner. Man sei seit langem besorgt über
hochangereichertes Uran in Nordkorea. Laut »Washington Post« haben USA-Wissenschaftler beim
Abbau von Nordkoreas Atomanlagen Spuren von angereichertem Uran in geschmolzenen
Aluminiumrohren entdeckt, die als Gehäuse für Zentrifugen gedient haben könnten.
Doch USA-Chefunterhändler Christopher Hill gibt sich weiter zuversichtlich, dass das Abkommen
»Hilfe für Abrüstung« intakt bleiben werde. Allerdings drängt Nordkorea auf die Bereitstellung der
nächsten Hilfstranche. Es sei seinen Verpflichtungen fristgemäß nachgekommen und habe den USA
ausführlich erklärt, dass die »umstrittenen Aluminiumrohre nichts mit der Anreicherung von Uran zu
tun haben«, war aus Pjöngjangs Außenministerium zu hören. Trotz der neuerlichen Kriegsrhetorik
betonte Nordkorea, dass man bei der Abrüstung weiter auf Kurs bleibe wolle, wenn sich »alle
beteiligten Nationen an gemeinsame Anstrengungen nach dem Prinzip der zeitgleichen Aktionen«
hielten – kurz: wenn Nordkorea die versprochene Hilfe erhält.
* Aus: Neues Deutschland, 8. Januar 2008
US-Chefunterhändler bei sechsseitigen Nordkorea-Verhandlungen nach Peking - Nächste Station Moskau
US-Vizeaußenamtschef Christopher Hill, Chef der US-Delegation bei den sechsseitigen Verhandlungen über das Nuklearproblem auf der Halbinsel Korea, wird Donnerstag und Freitag (10. und 11. Januar) in Peking weilen. Das teilte das chinesische Außenministerium am Dienstag (9. Jan.) mit.
Wie die Sprecherin des Ministeriums, Jiang Yu, mitteilte, wird der amerikanische Diplomat mit seinem chinesischen Amtskollegen Wu Dawei, "Konsultationen zu Fragen abhalten, die die sechsseitigen Verhandlungen betreffen".
Zuvor hatte Hill Südkorea und Japan besucht. Von China aus wird er nach Moskau weiterreisen. Dabei geht es um Wege zur Wiederaufnahme der sechsseitigen Verhandlungen, nachdem Nordkorea den Kontrolltermin für die Bereitstellung von Daten über seine Nuklearprogramme nicht eingehalten hat.
"China hofft darauf, dass alle sechs Seiten die gegenseitigen Kontakte beim Voranbringen des sechsseitigen Prozesses im Interesse einer Entnuklearisierung der Halbinsel Korea fortsetzen werden", fügte Jiang Yu hinzu.
Aus: Russische Nacxhrichtenagentur RIA Novosti, 8. Januar 2008
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