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Manöver heizen koreanische Krise an

Washington und Seoul begannen Marineübungen / Pjöngjang droht mit "heiligem Krieg"

Machtdemonstration auf See: Die USA haben zusammen mit Südkorea im Japanischen Meer mit einem Großmanöver begonnen. Aus Nordkorea kamen deswegen martialische Töne: Das Land drohte erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen.

Unbeeindruckt von neuen kriegerischen Drohgebärden Nordkoreas haben die US-Streitkräfte mit Einheiten Südkoreas am Sonntag (25. Juli) ein Großmanöver auf See begonnen. An den viertägigen Marine- und Luftwaffenübungen im Japanischen Meer nehmen nach US-Angaben 20 Kriegsschiffe, darunter der Flugzeugträger »USS George Washington«, sowie mehr als 200 Flugzeuge und 8000 Soldaten beider Länder teil. Das Manöver »Unbezwingbarer Geist« gilt als Demonstration militärischer Stärke gegenüber Pjöngjang. Nordkorea hatte erst am Vorabend des Manövers mit dem Einsatz von Atomwaffen und einem »heiligen Krieg der Vergeltung« gedroht.

Die Militärübung ist Teil einer Serie zusätzlicher Manöver, die beide Bündnispartner im Konflikt um ein versenktes südkoreanisches Militärschiff in den nächsten Monaten abhalten wollen. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben sich seit dem Untergang einer südkoreanischen Korvette im März zugespitzt. Südkorea macht das Nachbarland für den Vorfall verantwortlich, bei dem 46 Seeleute getötet wurden. Ein nordkoreanisches U-Boot soll das Schiff mit einem Torpedo angegriffen haben. Nordkorea bestreitet eine Verwicklung.

Armee und Bevölkerung würden den Militärübungen »legitimerweise ihre mächtige atomare Abschreckung entgegensetzen«, hieß es in einer Erklärung der Nationalen Verteidigungskommission in Pjöngjang. Den USA und Südkorea unterstellte das höchste Entscheidungsgremium des Landes, Übungen für einen Atomkrieg abzuhalten. Bereits früher hatte Pjöngjang den Einsatz von Nuklearsprengköpfen angedroht. Im Februar hatte die KDVR ebenfalls vor Beginn eines jährlichen US-amerikanisch-südkoreanischen Großmanövers gewarnt, Südkorea mit Atomwaffen angreifen zu können.

Der US-Flugzeugträger verließ am Sonntag (25. Juli) zusammen mit anderen Kriegsschiffen die Südküste Südkoreas in Richtung Japanisches Meer. Dort sollten sie in internationalen Gewässern unter anderem auf ein US-Atom-U-Boot treffen. Zu den Übungen zur U-Boot-Abwehr gehören nach Militärangaben neben dem Feuer aus Artilleriegeschützen auch der Einsatz von Wasserbomben und die Luftbetankung von Flugzeugen. Die jüngste Warnung Nordkoreas kam einen Tag, nachdem eine Regierungsdelegation des Landes am Rande eines Regionalforums in Hanoi mit einer harten Reaktion auf die Übungen gedroht hatte. »Die Armee und die Bevölkerung der Volksrepublik werden nötigenfalls zu jeder Zeit einen heiligen Krieg der Vergeltung beginnen, der auf der atomaren Abschreckung basiert«, hieß es in der von den amtlichen Medien veröffentlichten Erklärung Pjöngjangs. Die Manöver USA-Südkorea seien »nichts als unverblümte Provokationen, mit denen die Volksrepublik durch Waffengewalt in jeder Hinsicht erdrückt werden soll«.

Das Außenministerium in Pjöngjang warnte die USA außerdem vor neuen Sanktionen gegen Nordkorea. In einer Erklärung hieß es, die KDVR werde ihre atomare Abschreckung ausbauen und »starke physische Maßnahmen« gegen die Sanktionen ergreifen.

* Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010


Manöverkritik

Von Ingolf Bossenz **

Das sprichwörtliche Diktum, es sei der Klügere, der nachgibt, mag in vielen Fällen der Bemäntelung eigener Schwäche als angebliche Klugheit dienen. In der Politik, namentlich jener mit militärischer Macht unterfütterten, gilt indes jedes Nachgeben per se als Schwäche. Was ausgesprochen unklug sein kann. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel, die am Sonntag mit dem Beginn gemeinsamer Manöver USA-Südkorea eine weitere Eskalation erfahren haben, belegen dies augenfällig.

Während die verbalen Attacken der nordkoreanischen Führung sich immer mehr in inkomparabler Maßlosigkeit verlieren, zeigen ihre Kontrahenten den bockigen Bombendrohern eine Armada modernsten Kriegsgeräts. Pjöngjang sieht in den Marineübungen im Japanischen Meer eine »offene Provokation«, der ein »heiliger Krieg der Vergeltung« und eine Antwort mit »mächtiger atomarer Abschreckung« folgen könnte. Beobachter wiegeln ab: Nordkorea habe es bisher noch immer bei Drohungen belassen. Warum also wollen die USA und Südkorea unbedingt ihr geballtes Abschreckungspotenzial auffahren? Da Pjöngjang ungeachtet aller Kraftausdrücke dieses Potenzial wohl kaum in Frage stellt, ist der Vorwurf der Provokation in der Tat nicht gerade abwegig. Zumal der Anlass der derzeitigen Krise, der Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs »Cheonan«, durchaus zweifelhaft ist.

Klugheit, die ein Nachgeben in diesem Konflikt signalisieren würde, ist jedenfalls nicht in Sicht.

** Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2010 (Kommentar)


Kriegsspiele im Japanischen Meer

USA und Südkorea beginnen Seemanöver. Warnungen aus Pjöngjang ***

Trotz nordkoreanischer Warnung haben die USA und Südkorea am Sonntag (25. Juli) ein gemeinsames Seemanöver im Japanischen Meer begonnen. Am Morgen (Ortszeit) brachen südkoreanische und US-Kriegsschiffe zu der Übung auf, die bis Dienstag dauern soll. An dem Manöver vor der Ostküste der koreanischen Halbinsel nehmen insgesamt 20 Kriegsschiffe teil, darunter der Flugzeugträger »USS George Washington«. Zudem kommen nach US-Angaben 200 Flugzeuge und 8000 Soldaten beider Länder zum Einsatz. Seoul und Washington hatten in der vergangenen Woche betont, die Manöver hätten »defensiven« Charakter, sollten aber abschreckend auf Nordkorea wirken.

Pjöngjang sieht hingegen in dem Militäraufmarsch eine gefährliche Provokation, die gegen die Hoffnung der internationalen Gemeinschaft auf eine Entspannung der Lage auf der koreanischen Halbinsel gerichtet ist. Nordkorea könne gezwungen sein, einen »heiligen Krieg der Vergeltung« zu beginnen und den Militärübungen mit den Mitteln der »atomaren Abschreckung« zu begegnen, zitierte Radio China International die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben seit dem Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs »Cheonan«, bei dem Ende März 46 Seeleute getötet worden waren, weiter zugenommen. Die USA und Südkorea machen Pjöngjang dafür verantwortlich, die nordkoreanische Regierung weist dies jedoch zurück. Stattdessen gab KCNA südkoreanische Stimmen wieder, die den offiziell verbreiteten Hergang des »Cheonan«-Untergangs in Zweifel ziehen. So habe eine aus drei Journalistenorganisationen gebildete südkoreanische Wahrheitskommission erklärt, die dortigen Behörden hätten den Untergang des Kriegsschiffs »fabriziert«, die veröffentlichten Ergebnisse der »internationalen Untersuchungskommission« seien falsch. So gebe es Widersprüche zum Ort der Explosionen auf dem Schiff sowie zur Größe und Stärke des Torpedos, das den Untergang verursacht haben soll. (AFP/jW)

*** Aus: junge Welt, 26. Juli 2010


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