Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Korea: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli/August 2006

Samstag, 1. Juli, bis Sonntag, 9. Juli
  • China will offenbar neuen Schwung in die festgefahrenen Gespräche um das nordkoreanische Atomprogramm bringen. Der stellvertretende Außenminister Wu Dawei habe den sechs an den multinationalen Gesprächen beteiligten Ländern ein inoffizielles Treffen noch im Juli vorgeschlagen, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am 1. Juli. Es könnte nach Vorstellung Wus in Shenyang im Norden Chinas stattfinden. Die Sechs-Nationen-Gespräche zur Lösung des Atomstreits mit Nordkorea liegen seit November auf Eis. Teilnehmer sind Nord- und Südkorea, China, Japan, die USA und Russland.
  • Allen Warnungen der USA und Japans zum Trotz hat Nordkorea eine Interkontinentalrakete getestet, die das US-Festland erreichen könnte. Wie ein ranghoher US-Regierungsvertreter am 4. Juli (Ortszeit) in Washington mitteilte, zählten die USA insgesamt sechs Raketentests. Unter ihnen sei auch eine Langstreckenrakete des Typs Taepodong-2 gewesen, doch sei diese bereits eine Minute nach dem Start abgestürzt. Gleichzeitig hieß es in Washington, Chefunterhändler Christopher Hills werde noch am 5. Juli nach Asien reisen, um über weitere Schritte zu beraten.
  • Auch das russische Außenministerium hat die nordkoreanischen Raketentests kritisiert. "Der Abschuss der Raketen trägt eindeutig nicht zur Vertrauensbildung in der Region bei", sagte Ministeriumssprecher Michail Kamynin in Moskau. Die Tests erschwerten auch die Verhandlungen über das nordkoreanische Atomprogramm.
  • Nordkorea hat Kritik am Test einer Langstreckenrakete zurückgewiesen. Der Raketentest sei eine Frage der nationalen Souveränität, und niemand habe das Recht, die Frage nach "richtig oder falsch" zu stellen, zitierte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo einen nordkoreanischen Außenamtsvertreter am 5. Juli. Nordkorea werde sich in dieser Frage keinen Restriktionen beugen. Das Außenministerium sei allerdings nicht vorab von der eigenen Militärführung über den Test informiert worden. Nordkorea hatte nach US-Angaben am frühen Morgen des 5. Juli insgesamt sechs Testraketen abgefeuert, darunter auch eine Langstreckenrakete, die US-Territorium erreichen könnte.
    Mit dem Abfeuern einer Langstreckenrakete vom Typ Taepodong 2 beendete Nordkorea ein seit 1999 eingehaltenes Testmoratorium.
  • Die ersten nordkoreanischen Raketentests seit acht Jahren haben weltweit scharfe Proteste ausgelöst. Japan beantragte für den 5. Juli eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats, nachdem die Führung in Pjöngjang mindestens sieben Testraketen hatte abfeuern lassen. Darunter befand sich auch eine Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-2, die möglicherweise US-Territorium erreichen kann. Die Tests schlugen nach Angaben der USA und Japans fehl. Tokio versetzte seine Truppen in höhere Alarmbereitschaft, erklärte nordkoreanische Diplomaten zu unerwünschten Personen und untersagte bis auf weiteres Charterflüge und eine Fährverbindung.
  • Der Abrüstungsexperte Hans-Joachim Schmidt wertet die Raketentests Nordkoreas vor allem als Machtdemonstration: "Es besteht momentan keinerlei Kriegsgefahr", sagte der Politikwissenschaftler von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung am 5. Juli 2006 im "ZDF-Mittagsmagazin". Das Verhalten Nordkoreas sei lediglich "politisches Machtgebaren und politischen Symbolik", das allerdings die 6-Mächte-Verhandlungen und die Entspannungspolitik zwischen Süd- und Nordkorea gefährde. "Innenpolitisch ist das ein klares Signal, dass derzeit die Hardliner in Pjöngjang das Sagen haben, außenpolitisch ist das ein klares Signal, dass Nordkorea wieder stärker die Aufmerksamkeit der USA und der Weltöffentlichkeit haben möchte, um Fortschritte in den Nukleargesprächen zu erreichen", so Schmidt. Außerdem wolle Nordkorea, nachdem sich die Amerikaner dem Iran zugewendet und dort mehr Flexibilität und Zugeständnisse gezeigt hätten, eine ähnliche Flexibilität in den 6-Mächte-Verhandlungen für sich erreichen. Verboten seien die Raketentests nicht, betonte Schmidt. "Nordkorea ist international vertraglich nicht verpflichtet, solche Tests zu unterlassen", sagte Schmidt. "Von daher kann es jederzeit solche Raketen testen."
  • Angesichts der ersten nordkoreanischen Raketentests seit acht Jahren hat Japan am 5. Juli China und Südkorea aufgerufen, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen Nordkorea mitzutragen. Der japanische Außenminister Taro Aso habe zwei Telefongespräche mit seinem südkoreanischen Kollegen Ban Ki-moon und seinem chinesischen Kollegen Li Zhaoxong geführt, erklärte sein Ministerium. Beide habe er aufgefordert, die Initiative Japans zu unterstützen und die nordkoreanischen Raketentests in einer Resolution zu verurteilen. Li habe dies abgelehnt. China ist einer der engsten Verbündeten Nordkoreas. Nach den Raketentests hatte Peking sich "besorgt" geäußert und alle Beteiligten aufgerufen, "ruhig und gemäßigt" zu bleiben.
  • Die Bundesregierung hat gegen die Serie von Raketentest in Nordkorea protestiert. Das Auswärtige Amt teilt am 5. Juli in Berlin mit, der Botschafter in Pjöngjang werde intervenieren. Sprecher Martin Jäger sagte, die Bundesregierung halte die Tests für eine "unverantwortliche Provokation, die uns mit Sorge erfüllt". Solche Test seien ein Beitrag, die Stabilität in der Region zu bedrohen.
  • Nordkorea hat nach südkoreanischen Angaben vom 7. Juli möglicherweise eine weitere Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-2 zu einer Testanlage an der Ostküste gebracht. Südkoreas Verteidigungsminister Yoon Kwang Ung wies jedoch Spekulationen über einen unmittelbar bevorstehenden Start zurück. Die Rakete scheine noch nicht montiert worden zu sein, sagte Yoon vor Reportern in Seoul. Geheimdienstliche Informationen wiesen darauf hin, dass Nordkorea vor der jüngsten Raketentestreihe am Mittwoch zwei Taepodong-Raketen zu der Testanlage gebracht habe, sagte Yoon. Eine Taepodong-Rakete sei abgefeuert worden. Nordkorea hatte insgesamt sieben Raketen getestet, darunter eine Taepodong-2, die im Prinzip US-Territorium erreichen könnte.
  • Der US-Gesandte Christopher Hill hat die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, nach den nordkoreanischen Raketentests eine andere Gangart gegenüber Pjöngjang einzuschlagen. "Wir sollten nicht so weiter machen wie bisher mit einem Land, das auf so rücksichtslose Weise Raketentests macht", sagte Hill am 7. Juli nach seiner Ankunft auf dem südkoreanischen Flughafen Incheon bei Seoul. Es sei wichtig, dass "alle mit einer Stimme" sprächen. Südkorea hatte zuvor mitgeteilt, seine Hilfen für das verarmte Nachbarland bis auf Weiteres auszusetzen.
  • Japan hat im Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf eingebracht, in dem Nordkorea wegen seiner jüngsten Raketentestserie Sanktionen angedroht werden. Der am 7. Juli vorgelegte Entwurf ignoriert damit Bedenken der ständigen Mitglieder China und Russland, eine solche Drohung würde die Spannungen weiter erhöhen. US-Präsident George W. Bush sagte unterdessen in Chicago, eine diplomatische Lösung für die nordkoreanische Raketenbedrohung benötige Zeit, und genau das sei das Problem. Er wolle dennoch erst die Welt bei der Konfrontation mit Pjöngjang "laut und deutlich" hinter sich bringen.
  • Im Streit um die Raketentests hat Nordkorea den Ton weiter verschärft: Die Regierung würde internationale Sanktionen als "Kriegsakt" betrachten, sagte der Vize-Botschafter Nordkoreas bei den Vereinten Nationen, Han Song Ryol. Dies meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Han bekräftigte die Haltung seines Landes, wonach die Führung erst dann an den Verhandlungstisch über das Atomprogramm zurückkehren werde, wenn die US-Regierung eingefrorene Gelder freigebe. Damit verwies er auf Guthaben Pjöngjangs in Macao im Süden Chinas, das wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit Geldwäsche eingefroren worden war.
  • Die Vereinigten Staaten sind zu erneuten Gesprächen mit Nordkorea bereit, wenn das kommunistisch regierte Land zu den Sechs-Länder-Gesprächen über sein Atomprogramm zurückkehrt. "Wenn es Sechser-Gespräche gibt, werden wir mit allen Gesandtschaften zusammentreffen", sagte der US-Gesandte Christopher Hill, der die USA bei den Verhandlungen vertritt, am 8. Juli in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Dies habe die US-Regierung stets gesagt, und immer hätten die USA die nordkoreanische Delegation bei den Sechser-Gesprächen auch getroffen. "Ich kann es aber nicht tun, wenn sie die Sechs-Länder-Gespräche boykottieren, denn das bedeutet, dass sie keine Sechser-Gespräche wollen. Sie wollen bloß Zweiergespräche."
  • Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il hat im Streit um die jüngsten Raketentests jedes Zugeständnis an die USA ausgeschlossen. Es werde "nicht die kleinste Konzession" geben, erklärte Kim Jong Il nach einem Bericht des nordkoreanischen Fernsehens am 9. Juli.
Montag, 10. Juli, bis Sonntag, 16. Juli
  • Nordkorea hat den USA vorgeworfen, mit Seemanövern vor der koreanischen Halbinsel die nordkoreanische Souveränität zu verletzen. Die "massiven" Militärübungen der US-Armee zusammen mit Truppen Südkoreas und Japans stellten eine "ernste Verletzung der Prinzipien der Souveränität" seines Landes dar, sagte der nordkoreanische Vize-Außenminister Kim Hyong Jun nach einem Treffen mit seinem südafrikanischen Kollegen Aziz Pahad am 11. Juli in Pretoria. Er bekräftigte jedoch die Absicht Pjöngjangs, zu den Sechs-Nationen-Gesprächen zurückzukehren, wenn die USA ihre Finanzsanktionen gegen Pjöngjang aufhöben. An den Sechs-Nationen-Gesprächen nehmen den beiden koreanischen Staaten, die USA, China, Russland und Japan teil.
  • Die Verfechter einer UN-Resolution gegen Nordkorea haben am 11. Juli eine Abstimmung im Sicherheitsrat erneut verschoben. Die Entscheidung sei nach der Veto-Drohung Chinas gefallen, erklärten Diplomaten in New York. Japan, die USA und einige europäische Staaten fordern eine bindende Resolution, in der dem Regime in Pjöngjang Sanktionen angedroht werden, sollte es erneut Raketen testen. China schlug dagegen eine nicht bindende Erklärung des Vorsitzenden des Sicherheitsrats vor.
  • Die japanische Regierung hat bestritten, im Zusammenhang mit der Krise um die nordkoreanischen Raketentests Präventivangriffe gegen Raketenstellungen in Nordkorea zu planen. Regierungssprecher Shinzo Abe erklärte am 12. Juli, niemand habe so etwas gesagt. Er habe von einer Reaktion auf einen vorhergehenden Angriff Nordkoreas gesprochen. China und Nordkorea hatten Tokio vorgeworfen, mit entsprechenden Äußerungen die Spannungen in der Region anzuheizen.
  • Eine Woche nach dem unangekündigten Raketentest von Nordkorea haben China und Russland einen Kompromiss für das weitere Vorgehen vorgeschlagen: Die beiden ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat legten am 12. Juli einen gemeinsamen Entwurf für eine Entschließung vor, die Druck auf den kommunistisch regierten Staat ausüben soll. Der neue Text sei "eine sehr gute Grundlage", um ein starkes Zeichen an Nordkorea zu senden, sagte der russische UN-Botschafter Vitali Schurkin am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Die vorgeschlagene Resolution fordert Nordkorea unter anderem auf, sich an seine früheren Verpflichtungen zu halten, keine Raketen mehr zu testen, und "Zurückhaltung zu üben", um die derzeitigen Spannungen nicht zu verstärken.
  • Eine nach Pjöngjang entsandte chinesische Regierungsdelegation hat es offenbar nicht geschafft, Nordkorea im Atomstreit zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen. Es gebe keinerlei Fortschritte, sagte der US-Sonderbeauftragte Christopher Hill am 12. Juli dem Fernsehsender CNN. "Die Chinesen haben keine positiven Nachrichten aus Pjöngjang." Hill hatte vorher Chinas Außenminister Li Zhaoxing getroffen. Die 2003 begonnenen Verhandlungen zwischen den USA, Nord- und Südkorea, Russland, China und Japan sollen Pjöngjang zu einer Aufgabe seines Atomprogramms bewegen. Sie liegen derzeit auf Eis. Der UN-Sicherheitsrat hatte seine Abstimmung über einen japanischen Resolutionsentwurf am 10. Juli verschoben, um die Reise einer chinesischen Gesandtschaft nach Nordkorea abzuwarten.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich zuversichtlich gezeigt, dass sich der UN-Sicherheitsrat auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die nordkoreanischen Raketentests einigt. "Ich bin hoffnungsvoll, dass die UN in Sachen Nordkorea aktiv werden wird", sagte er am 12. Juli nach seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Stralsund. Bush betonte, dass die USA weiterhin zur Strategie der Sechs-Nationen-Gespräche stünden. Man werde versuchen, Nordkorea an den Verhandlungstisch zurückzubringen.
    Dem UN-Sicherheitsrat liegen zwei Resolutionsentwürfe zu Nordkorea vor. Die USA, Japan und einige europäische Staaten wollen der Regierung in Pjöngjang Sanktionen androhen, sollte sie erneut Raketen testen. Der am Mittwoch eingebrachte Resolutionsentwurf von China und Russland ist deutlich schwächer. Die Raketentests werden darin zwar kritisiert, auf direkte Sanktionsdrohungen wird jedoch verzichtet.
  • Die Spannungen wegen der Raketentests in Nordkorea haben auch einen langen Schatten auf die Annäherung zwischen beiden koreanischen Staaten geworfen. Eine Gesprächsrunde über eine Verbesserung der Beziehungen auf Ministerebene wurde in der südkoreanischen Hafenstadt Pusan nach Angaben aus Seoul ohne Einigung abgebrochen. Die nordkoreanische Delegation reiste vorzeitig ab. Südkorea war zuvor mit dem Versuch gescheitert, den Norden im Streit um die Raketentests zu Konzessionen zu bewegen. (dpa, 13. Juli)
  • Im Ringen um eine UN-Resolution nach den Raketentests in Nordkorea hat sich Japan zu einem Kompromiss bereit erklärt. Die zwei Lager müssen sich in der Mitte treffen, sagte Japans Außenminister Taro Aso am 14. Juli und rückte damit von der klaren Forderung nach einer Strafandrohung ab. Japan wolle noch vor dem für den 15. Juli geplanten G-8-Gipfel in Sankt Petersburg eine Einigung erzielen, dabei sei es unmöglich, dass beide Parteien vollkommen zufrieden seien.
  • In einer einstimmig angenommenen Resolution hat der UN-Sicherheitsrat die Raketentests in Nordkorea verurteilt und eingeschränkte Sanktionen gegen die Führung in Pjöngjang verhängt. Der Kompromisstext wurde am 15. Juli nach tagelangen Verhandlungen in New York verabschiedet. Die Resolution verbietet es allen UN-Mitgliedsstaaten, technische und finanzielle Unterstützung für das nordkoreanische Raketenprogramm zu leisten. Dies schließt ein Embargo für die Lieferung von "Raketen sowie Materialien, Gütern und Technologien in Verbindung mit Raketenbau" nach Nordkorea ein, wie es in dem Text heißt.
  • Der einstimmige Beschluss des UN-Sicherheitsrates für Sanktionen gegen Nordkorea ist aus Sicht der US-Regierung eine klare Botschaft an den Iran. "Ich denke, der Iran sollte sich diese Resolution (zu Nordkorea) anschauen", sagte der US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, am 15. Juli in New York. Der Fakt, dass der UN-Sicherheitsrat bei der Verurteilung des nordkoreanischen Raketenprogrammes Einigkeit bewiesen habe und die erste Resolution gegen Pjöngjang seit 1993 verabschiedet habe, sei ein "sehr wichtiges Signal" an jene Länder wie den Iran, die an der Weiterverbreitung von Waffen interessiert seien.
  • Nach dem Beschluss von UN-Sanktionen gegen Pjöngjang hat China eine Neuauflage der Sechser-Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm angeregt. Alle beteiligten Parteien sollten die am Vortag beschlossene UN-Resolution als Wendepunkt betrachten und auf eine Wiederaufnahme der Gespräche hinarbeiten, erklärte das chinesische Außenministerium am 16. Juli auf seiner Internetseite. "Das ist der gemeinsame Will der internationalen Gemeinschaft", hieß es in der Erklärung weiter.
Montag, 17. Juli, bis Montag, 31. Juli
  • Zwei Wochen nach dem international kritisierten Abschuss von Testraketen hat die Regierung Nordkoreas ihre Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Ein südkoreanischer Regierungsvertreter wies am 19. Juli in Seoul jedoch Berichte zurück, Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il habe den Kriegszustand erklärt. Die Armee habe nur die Anweisung zu erhöhter Wachsamkeit erhalten. Der Alarm könne mit den Raketentests oder mit einem seit Anfang des Monats laufenden Manöver in Zusammenhang stehen.
  • An den jüngsten Raketentests in Nordkorea haben nach Einschätzung der Vereinigten Staaten auch Regierungsmitarbeiter aus dem Iran teilgenommen. Soweit die US-Regierung wisse, seien bei den Tests vor gut zwei Wochen ein oder mehrere iranische Regierungsmitarbeiter anwesend gewesen, sagte der stellvertretende US-Außenminister Christopher Hill am 20. Juli vor dem Kongress in Washington. Hill äußerte sich zu einer Frage des republikanischen Senators George Allen, der wissen wollte, ob die USA nicht "große Bedenken" hätten, dass der Iran militärische Verbindungen mit Nordkorea habe. Er sagte, dass auch Syrien, Birma und Venezuela Rüstungsgespräche mit der kommunistischen Regierung in Nordkorea geführt hätten.
Dienstag, 1. August, bis Sonntag 13. August
  • An der schwer bewachten innerkoreanischen Grenze ist es zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten aus Süd- und Nordkorea gekommen. Es habe auf südkoreanischer Seite keine Verletzten gegeben, teilte der Generalstab am 1. August in Seoul mit. Nordkoreanische Grenzsoldaten hatten demnach zwei Schüsse auf einen südkoreanischen Wachposten in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Ländern abgegeben. Soldaten hätten das Feuer mit sechs Schüssen erwidert. Es ist unklar, ob dabei nordkoreanische Soldaten verletzt wurden.
  • In Nordkorea sollen bei einem verheerenden Unwetter Mitte Juli womöglich bis zu 10.000 Menschen ums Leben gekommen sein oder noch als vermisst gelten. Das berichtet die südkoreanische Hilfsorganisation "Good Friends" am 2. Aug. in Seoul. Demnach würden etwa 4.000 Menschen auf den Vermisstenlisten geführt. Bis zu 1,5 Millionen Nordkoreaner seien von den Überschwemmungen aus ihren Häusern vertrieben worden. Ein Hilfsangebot der südkoreanischen Rot-Kreuz- Gesellschaft soll der nordkoreanische Verband abgelehnt haben.
  • Nordkorea baut nach Erkenntnissen südkoreanischer Rüstungsexperten neue Militärstützpunkte an seiner Ostküste. Diese könnten dazu dienen, Langstreckenraketen vom Typ Taepodong-2 zu stationieren, heißt es in einer Studie des staatlichen Instituts für Außenpolitik und Nationale Sicherheit in Seoul. Der Bericht, den die Nachrichtenagentur AP am 3. Aug. einsehen konnte, stellt auch die These auf, dass diese Raketen auf Japan und die dortigen amerikanischen Stützpunkte gerichtet werden könnten. Die Taepodong-2 hat ebenso wie die in Nordkorea verwendete SSN-6 eine Reichweite bis zu 4.000 Kilometer. Die Raketentechnologie hat die Regierung in Pjöngjang den Experten zufolge über den Iran von China erhalten. Eine Quelle für alle diese Angaben wurde in dem Bericht nicht genannt. Weiter heißt es, dass Nordkorea seine Raketen erfolgreich exportiere, was dem Land jedes Jahr rund 150 Millionen Dollar (117 Millionen Euro) einbringe. Hauptabnehmer seien der Iran, Jemen, Libyen, Syrien und Ägypten.
  • Wegen der schweren Überschwemmungen in Nordkorea hat Pjöngjang Südkorea um Hilfe gebeten. Der Norden habe nach Nahrungsmitteln, Decken und Medikamenten sowie Baumaterialien gefragt, erklärte der Sprecher einer südkoreanischen Bürgerorganisation, sie sich für eine Versöhnung zwischen den beiden Nachbarstaaten einsetzt, am 9. Aug. Es war das erste Mal seit Beginn der Überschwemmungen Mitte Juli, dass der Norden um Unterstützung bat. Bei den Überflutungen kamen mindestens 549 Menschen ums Leben, rund 300 werden vermisst. Zunächst hatte das Land erklärt, die Naturkatastrophe ohne fremde Hilfe bewältigen zu wollen.
  • Wegen Verdachts auf Export einer technischen Anlage nach Nordkorea, die zur Herstellung von biologischen Waffen dienen kann, ist der Exchef einer japanischen Handelsfirma festgenommen worden. Der Mann soll die Gefriertrocknungsanlage ohne die erforderlichen Genehmigungen ausgeführt und den Export verschleiert haben, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am 10. Aug. unter Berufung auf die Polizei weiter berichtete. Er habe eingeräumt, gewusst zu haben, dass es sich bei dem Gerät um ein so genanntes Dual-Use-Gut gehandelt habe, das sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden kann. Angesichts der wachsenden Sorge über das nordkoreanische Rüstungsprogramm hat Japan seinen Handel mit dem Nachbarn zunehmenden Einschränkungen unterworfen.
  • Nach den schweren Überschwemmungen mit mehr als 500 Toten in Nordkorea erhält Pjöngjang aus Südkorea eine Finanzhilfe von 20 Milliarden Won (16 Millionen Euro). Die Hälfte des Betrags komme von der südkoreanischen Regierung, der Rest von Bürgerorganisationen, sagte Vizevereinigungsminister Shin Un Sang am 11. Aug. in Seoul. Darüber hinaus werde die Regierung Nahrungsmittel und andere Hilfsgüter über das Rote Kreuz an den Norden liefern. Mit der Fluthilfe sei jedoch keine Änderung der südkoreanischen Entscheidung verbunden, die regelmäßige humanitäre Hilfe an den Norden wegen dessen umstrittener Raketentests auszusetzen.
Montag, 14. August, bis Donnerstag, 31. August
  • Bei den schweren Unwettern und Überschwemmungen in Nordkorea im vergangenen Monat hat es nach Angaben einer Hilfsorganisation fast 55.000 Tote und Vermisste gegeben. Rund zweieinhalb Millionen Menschen seien obdachlos geworden, teilte die südkoreanische Hilfsorganisation Good Friends am 16. Aug. in Seoul mit. Die Gruppe hatte in der Vergangenenheit sehr verlässliche Informationen über Ereignisse in dem abgeschotteten Nachbarstaat geliefert. Good Friends sprach von den schwersten Überflutungen in der Geschichte Nordkoreas. Allein 231 Brücken und große Gebiete Agrarland seien von den Fluten fortgespült worden. Nach Angaben der Organisation handelt es sich um "annähernde" Zahlen, die auf einer Zählung von Ende Juli beruhten. Eine Quelle für ihre Angaben nannte Good Friends nicht. Anfang des Monats hatte Good Friends die Zahl der Toten und Vermissten noch mit etwa 10.000 angegeben. Ein schwerer Taifun mit anschließenden zweiwöchigen starken Monsun-Regenfällen war am 10. Juli über Nordkorea hinweggezogen. Sowohl staatliche nordkoreanische Medien als auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz - das sich auf Regierungsangaben aus Pjöngjang stützte - hatten danach nur von "mehreren hundert Toten oder Vermissten" berichtet.
  • US-Präsident George W. Bush hat Nordkorea davor gewarnt, Atomtests zu unternehmen. Vor Journalisten in Camp David nahe Washington wollte sich Bush am 18. Aug. aber nicht dazu äußern, ob er neue Informationen dazu habe, dass Nordkorea einen unterirdischen Atombombentest plane. Der US-Fernsehsender ABC hatte am Donnerstag über entsprechende Vorbereitungen berichtet. Schon die Möglichkeit eines Atomtests zeige, dass Nordkorea eine Bedrohung für die Region sei, sagte Bush. Die Frage nach möglichen Reaktionen der USA auf einen Test wies er als "hypothetisch" zurück.
  • Trotz des Konflikts um die nordkoreanischen Raketentests will Südkorea dem nordkoreanischen Nachbarn Nothilfe leisten. Das südkoreanische Wiedervereinigungsministerium teilte am 20. Aug. mit, es werde unter anderem 100.000 Tonnen Reis, 10.000 Erste-Hilfe-Pakete und 80.000 Decken an den Nachbarn liefern. Das Hilfspaket im Wert von 179 Millionen Euro sei "rein humanitär", hieß es. Das Angebot war auf Bitten von Hilfsorganisationen und Politikern zustande gekommen. Die Lieferungen sollen Ende des Monates beginnen.
  • Südkorea und die USA haben am 21. Aug. mit ihrer jährlichen gemeinsamen Militärübung begonnen. An dem Manöver, das bis zum 1. September dauern soll, beteiligen sich nach US-Angaben 10.000 amerikanische Soldaten. Ziel von "Ulchi Focus Lens" sei die Übung und Verbesserung von Prozessen zur Verteidigung der koreanischen Halbinsel, sagte US-Militärsprecher David Oten. Er versicherte, das Manöver sei defensiv ausgerichtet und nicht als Provokation gemeint.
    Nordkorea hatte im vergangenen Monat eine Absage der Übung gefordert, die "de facto eine Kriegserklärung" darstelle. Nach dem Koreakrieg von 1950 bis 1953 sind noch immer rund 32.500 US-Soldaten in Südkorea stationiert. Zwischen den beiden koreanischen Staaten gibt es bislang keinen formellen Friedensvertrag.
  • Aus Protest gegen ein gemeinsames Militärmanöver der USA und Südkoreas hat die nordkoreanische Führung am 22. Aug. mögliche Präventivmaßnahmen zu seiner Verteidigung angekündigt. Ein Sprecher der nordkoreanischen Volksarmee erklärte laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA, das Manöver in Südkorea sei eine "unverhohlene militärische Bedrohung und Erpressung". Niemand könne dafür bürgen, dass es nicht in einen Krieg übergehe. Die koreanische Volksarmee behalte sich "angesichts der feindseligen Politik der USA gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea" daher das Recht zu einer "präventiven Aktion" gegen den Feind vor.
  • Die Behörden in Thailand haben 175 Flüchtlinge aus Nordkorea verhaftet. Polizisten durchsuchten nach einem Hinweis von Nachbarn ein Haus in der Hauptstadt Bangkok und stießen darin auf 128 Frauen, 37 Männer und 10 Kinder, wie die Einwanderungspolizei am 23. Aug. mitteilte. Die Flüchtlinge kamen in mehreren Gruppen über die nordthailändische Provinz Chiang Rai nach Bangkok. Sie müssen den Angaben zufolge mit einem Verfahren wegen illegaler Einreise rechnen. Ein Gericht werde dann entscheiden, ob sie abgeschoben würden, sagte der Polizeioffizier Songphol Wattanachai.
  • Südkorea hat Nordkorea vor möglichen Atomtests gewarnt. Dies hätte "sehr viel schwerwiegendere Konsequenzen" als die im vergangenen Monat ausgeführten Raketentests, sagte der südkoreanische Außenminister Ban Ki Moon am 23. Aug. in Seoul. Ein unterirdischer Atomtest, wie ihn Pjöngjang laut einem US-Fernsehbericht vorbereitet, wäre eine "ernsthafte Bedrohung", die das internationale System der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen in seinem Fundament erschüttern würde, warnte Ban. "Nordkorea würde sich weiter isolieren", fügte er hinzu.
  • Der südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun will Mitte Oktober zu Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm nach China reisen. Geplant seien Gespräche mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao, teilte Außenminister Ban Ki Moon am 24. Aug. in Seoul mit. Südkorea und die USA haben Nordkorea aufgerufen, zu den internationalen Verhandlungen über sein Atomprogramm zurückzukehren. Nordkorea macht dies davon abhängig, dass die USA ihre zuletzt verhängten Wirtschaftsrestriktionen aufhebt.
  • Im Bemühen, Nordkorea wieder an den Verhandlungstisch zurückzuholen, hat die Führung in China den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il laut Medienberichten zu einem Besuch nach Peking eingeladen. Kim sei gebeten worden, "so bald wie möglich" nach China zu kommen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am 24. Aug. Peking hoffe, dass ein solcher Besuch "die Lösung der Probleme" im Zusammenhang mit den nordkoreanischen Raketentests erleichtern werde, zitierte Yonhap einen "nordkoreanischen Beobachter" in China. Die Regierung in Peking hoffe, dass die Visite noch in diesem Jahr stattfinden werde.
  • Südkorea behält sich Gegenmaßnahmen vor, sollte Nordkorea Atomtests vornehmen. Die Regierung in Seoul prüfe "geeignete Maßnahmen" für einen solchen Fall, sagte Außenminister Ban Ki Moon am 25. Aug., ohne die Art der möglichen Reaktion zu präzisieren. Sollte Nordkorea einen Atomtest machen, hätte das "sehr viel schwerwiegendere Folgen" als die umstrittenen Raketentests von Anfang Juli. "Das würde eine sehr ernste Krise heraufbeschwören, die das Fundament der Nichtverbreitung von Kernwaffen erschüttern würde", fügte Ban hinzu.
  • Nordkorea schließt einem Bericht zufolge einen Atomtest nicht aus. "Wir können nicht sicher sagen, dass Nordkorea nicht zur Stärkung seiner Selbstverteidigung einen Atomwaffenversuch durchführen wird", schrieb die dem Regime in Pjöngjang nahe stehende Tageszeitung "Choson Sinbo" am 26. Aug. Ein solcher Test sei nicht auszuschließen, falls die USA ihre feindliche Politik gegen Nordkorea fortsetzten. "Choson Sinbo" wird von einem pro-nordkoreanischen Verband in Japan veröffentlicht.
  • Nordkorea ist nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor allem dadurch gefährlich, dass es Massenvernichtungswaffen verbreiten kann. "Ich glaube, die tatsächliche Bedrohung, die Nordkorea in der unmittelbaren Zukunft darstellt, liegt mehr in der Weitergabe als in einer Gefahr für Südkorea", sagte Rumsfeld nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Iwanow am 27. Aug. im US-Bundesstaat Alaska. Das kommunistisch regierte Land gehöre "zu den führenden Entwicklern ballistischer Raketen und zu den führenden Lieferanten ballistischer Raketen in der Welt". Es arbeite "mit dem Iran und verschiedenen weiteren Ländern" zusammen.
  • Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il hat nach einem Bericht der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo vom 27. Aug. Kritik an seinen Verbündeten China und Russland geübt. Sie seien unzuverlässig und deshalb müsse Nordkorea seine Probleme alleine lösen, hieß es den Angaben zufolge in einer Botschaft Kims an eine Botschafterkonferenz im vergangenen Monat in Pjöngjang, wie Kyodo weiter berichtete. Kurz zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, in der die nordkoreanischen Raketentest verurteilt wurden.
  • Für die angestrebte Wiederaufnahme der Gespräche über das nordkoreanische Atomprogramm gibt es immer noch keinen Zeitplan, wie der südkoreanische Gesandte Chun Yung Woo am 30. Aug. in Washington erklärte. Er war dort zu Gesprächen mit Vertretern des US-Außenministeriums, bei denen es nach Chuns Angaben um einen «Ideenaustausch» gehen solle, wie die Sechs-Nationen-Gespräche wiederbelebt werden können, mit denen Nordkorea zur Aufgabe seines Atomprogramms bewegt werden soll. Solche Verhandlungen werden international als immer dringlicher erachtet, nachdem Nordkorea im Juli sieben Raketen getestet hatte. Zudem gab es erst kürzlich Geheimdienstberichte, wonach Nordkorea möglicherweise eine Atombombe testen will.


Zurück zur "Korea-Chronik"

Zur Korea-Seite

Zurück zur Homepage