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Korea: Chronik wichtiger Ereignisse
Mai 2004
1. bis 9. Mai
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In Südkorea sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits 366 Überläufer aus dem kommunistischen Norden eingetroffen, wie die Regierung in Seoul am 1. Mai mitteilte. Dies entspreche 14 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres, erklärte das Vereinigungsministerium. 2003 flohen den Angaben zufolge insgesamt 1.285 Menschen aus Nordkorea, zwei Jahre zuvor waren es 583.
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Nach dem verheerenden Zugunfall vor mehr als einer Woche will Nordkorea doch Hilfslieferungen aus Südkorea über den Landweg erlauben. Das bestätigte ein Sprecher des Rotkreuzverbandes am 1. Mai in Seoul. Das südkoreanische Rote Kreuz bot an, die Hilfsgüter direkt in die Region zu transportieren, in der am 22. April ein mit Düngemitteln beladener Güterzug explodiert war. Nordkorea stimmte am 30. Mai aber lediglich zu, dass die Lastwagen bis zur Stadt Kaesong fahren dürfen, die direkt nördlich der Grenze liegt. Dort sollten die Hilfsgüter dann von den nordkoreanischen Behörden übernommen werden. (AP, 2. Mai)
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Erstmals nach dem katastrophalen Zugunglück in Nordkorea am 22. April hat sich der Machthaber Kim Jong Il öffentlich gezeigt. Wie die offizielle nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA berichtete, besuchte Kim begleitet von ranghohen Militärs die Armee-Einheit 4302. Er habe einem Manöver beigewohnt. Eine Tagesangabe wurde nicht gemacht. Nach Angaben der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap vom 3. Mai war es das erste Mal seit dem Unglück, dass sich Kim in der Öffentlichkeit zeigte.
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Die beiden koreanischen Teilstaaten und Russland wollen ihre Bemühungen um eine Verknüpfung ihrer Schienennetze beschleunigen. Um den Anschluss einer der beiden im Bau befindlichen innerkoreanischen Eisenbahnstrecken an die Transsibirische Eisenbahn zu ermöglichen, wollen sich Vertreter der drei Länder künftig regelmäßig treffen, hieß es am 3. Mai in Radio Korea.
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Nordkorea hat nach Geheimdienstinformationen den Bau von zwei neuen Abschussbasen für Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von bis zu 4.000 Kilometern nahezu abgeschlossen. Die beiden Basen seien zu 80 Prozent fertig gestellt, berichtete die in Seoul erscheinende Zeitung "Chosun Ilbo" am 4. Mai unter Berufung auf einen Geheimdienstmitarbeiter Südkoreas. US-Spionagesatelliten hätten an zwei Orten "zehn neue Raketen" und "mobile Abschussrampen" entdeckt. Genauere Angaben zu den Raketen machte der Mitarbeiter demnach nicht. Die Basen befänden sich bei Yangdok rund 80 Kilometer östlich von Pjöngjang und bei Hochon in der Provinz Hamgyong.
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Neben Spenden für die Opfer der Zugkatastrophe in Nordkorea braucht Nordkorea massive Hilfslieferungen für Millionen Menschen, die von Hunger betroffen sind. Darauf wies das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) am 6. Mai hin. Von den von für dieses Jahr benötigten 171 Millionen Dollar seien bislang 21 Millionen an Spenden eingegangen, sagte WFP-Sprecher Tony Banbury. Weit mehr als dieser Betrag sei dagegen schon knapp zwei Wochen nach dem Zugunglück von Ryongchong für die dortigen Opfer zusammengekommen. Neben der akuten Hilfe für Ryongchong dürfe man die Millionen Menschen nicht vergessen, die jedes Jahr dringend auf internationale Hilfe angewiesen seien, betonte Banbury.
Die Zahl der Todesopfer nach dem Zugunglück am 22. April stieg unterdessen auf 169, wie Banbury unter Berufung auf nordkoreanische Behörden mitteilte. Rund 1.300 Menschen wurden verletzt und mehr als 8.000 Häuser zerstört; die internationale Gemeinschaft spendete für die Opfer rund 30 Millionen Dollar.
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Zur Fortsetzung der Entspannungsmaßnahmen zwischen Nord- und Südkorea haben beide Staaten am 7. Mai Gespräche zwischen ranghohen Militärs beschlossen. Nach dreitägigen Ministergesprächen in Pjöngjang stimmten die nordkoreanischen Streitkräfte entsprechenden Verhandlungen zu, wie südkoreanische Journalisten mitteilten. Nach Angaben des südkoreanischen Vereinigungsministeriums sollen die Gespräche noch im Mai stattfinden.
10. bis 23. Mai
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Als "großes Ereignis und Vorbote des Kulturaustauschs" hat die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, die Eröffnung der ersten ausländischen Kultureinrichtung in Nordkorea bezeichnet. Limbach kündigte am 11. Mai in Berlin an, ein so genannter "Lesesaal" des Goethe-Instituts werde am 3. Juni in der Hauptstadt der Demokratischen Volksrepublik Korea, Pjöngjang, feierlich der Öffentlichkeit übergeben.
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Im Streit um das Atomprogramm Nordkoreas haben am 12. Mai die Vorbereitungen zu neuen Sechs-Länder-Gesprächen begonnen. Vertreter aus Süd- und Nordkorea, China, Russland, Japan und den USA trafen sich am Morgen in Peking, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Begleitet wurde das Treffen von neuen Vorwürfen der kommunistischen Führung Nordkoreas, die USA verfolgten kriegerische Absichten und hätten die Invasion Nordkoreas zum Ziel. Ein entsprechender Artikel erschien am 12. Mai in dem Parteiorgan "Rodong Sinmun".
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Nordkorea und Südkorea wollen nach Angaben aus Seoul die ersten ranghohen Militärgespräche seit Ende ihres Krieges vor mehr als 50 Jahren führen. Pjöngjang habe für den 26. Mai eine erste Gesprächsrunde auf Ebene der Generäle vorgeschlagen, sagte ein Vertreter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums am 12. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Seoul habe "kein Problem" damit. Am 14. Mai wollten sich demnach Verbindungsoffiziere beider Seiten an der Grenze treffen, um Einzelheiten für die Beratungen festzulegen.
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Libyen will nach Angaben der USA den Handel mit Rüstungsgütern mit Nordkorea, Iran und Syrien einstellen. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte am 13. Mai, dies resultiere aus der Entscheidung Libyens, auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten. In einer Erklärung des libyschen Außenministerium in Tripolis hieß es nur, das Land werde den Handel mit Rüstungsgütern mit Ländern einstellen, die weiter Massenvernichtungswaffen herstellten. Konkrete Länder wurden aber nicht genannt. Aus Nordkorea hatte Libyen seine Scud-Raketen bezogen, wie das US-Außenministerium mitteilte.
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Die Gespräche über ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms in Peking sind überraschend schnell und ohne Fortschritte zu Ende gegangen. Zum Abschluss der ersten Sitzung der neu geschaffenen Arbeitsgruppe seien die Gegensätze zwischen den USA und Nordkorea in einem bilateralen Treffen wieder aufeinander geprallt, schilderte ein Teilnehmer am 14. Mai. Die Gespräche sollen aber trotz der schweren Differenzen aber fortgesetzt werden. Die nächste Verhandlungsrunde werde nun auf diplomatischer Ebene vorbereitet.
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Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohamed ElBaradei, hat das nordkoreanische Atomprogramm als die größte internationale Sicherheitsbedrohung bezeichnet. Von entscheidender Bedeutung sei es in dieser Situation, wie die internationale Gemeinschaft auf Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag reagiere, sagte er am 14. Mai in einer Sitzung des Rates für ausländische Beziehungen in New York. Der Umgang mit Nordkorea könnte für andere möglicherweise nach Atomwaffen strebenden Länder ein Präzedenzfall werden. Das nordkoreanische Streben nach Atomwaffen sende das schlechtest mögliche Signal an Nachahmer, sagte ElBaradei: Indem die Nordkoreaner das Programm beschleunigten, würden sie zunehmend "immun" und Großmächte nähmen Verhandlungen mit ihnen auf. ElBaradei forderte die internationale Gemeinschaft auf, außerhalb gewohnter Strukturen zu denken. Seine Antwort für eine Welt nach dem Kalten Krieg sei, "ein neues System kollektiver Sicherheit zu bauen, das sich nicht mehr auf Atomwaffen verlässt".
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Nach nur 90 Minuten Unterredung ist der Gipfel zwischen Japans Regierungschef Junichiro Koizumi und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il beendet worden. Koizumis Anliegen sind Familienzusammenführungen. Koizumi werde fünf von acht Familienmitgliedern von Japanern, die in den 70er Jahren von Nordkorea entführt worden waren, am 22. Mai mit nach Japan bringen. Das teilte ein japanischer Regierungssprecher in Tokio mit, wie der Fernsehsender NHK berichtete. Koizumi soll Pjöngjang 250.000 Tonnen Lebensmittelhilfe und medizinische Unterstützung zugesagt haben. Nicht nach Japan kommen allerdings dem Bericht zufolge der amerikanische Ehemann der einst entführten Hitomi Soga und ihre beiden Töchter. Der Ex-Soldat Charles Robert Jenkins soll vor fast 40 Jahren desertiert sein und könnte von Amerika vor ein Militärgericht gestellt werden, sobald er japanischen Boden betritt.
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Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Il hat bei dem Gespräch mit Koizumi seine Absicht erklärt, die koreanische Halbinsel atomwaffenfrei zu machen und das Moratorium für Atomtests einzuhalten, sagte Koizumi nach dem Treffen mit Kim in Pjöngjang. Kim wolle sich im Rahmen der Sechser-Gespräche für eine friedliche Lösung des Atomkonflikts einsetzen. Japan hatte sich gemeinsam mit China, den USA, Russland und Südkorea bislang vergeblich bemüht, Pjöngjang von seinen Nuklearplänen abzubringen.
24. bis 31. Mai
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Obwohl Japan und Nordkorea am vergangenen Wochenende neue Verhandlungen über die Beziehungsnormalisierung beschlossen hatten, will das japanische Parlament weiterhin am sogenannten „Gesetz zur Einschränkung der Einfahrt von Schiffen aus bestimmten Staaten“ arbeiten. Wie der stellvertretende Regierungssprecher Masahki Yamasaki am 23. Mai in einem Programm des japanischen Senders NHK angab, gelte das Vesprechen des Ministerpräsidenten Koizumi gegenüber Nordkorea nicht für den Gesetzentwurf, der auf parlamentarischer Ebene diskutiert werde. - Der Entwurf des „Gesetzes zur Einschränkung der Einfahrt von Schiffen aus bestimmten Staaten“ wurde Anfang dieses Jahres von den Regierungs- und Oppositionsparteien in Japan als Sanktionsmaßnahme gegen Nordkorea initiiert. Die Parteien wollen die Vorlage schon im Juni dem Parlament zur Billigung vorlegen.
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Hohe Offiziere aus Süd- und Nordkorea haben am 26. Mai Gespräche über militärische Entspannungsmaßnahmen aufgenommen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Seoul mit. Zuvor war die fünfköpfige südkoreanische Delegation unter Leitung eines Konteradmirals auf dem Landweg über die schwer bewachte innerkoreanische Grenze zum Verhandlungsort an der nordkoreanischen Ostküste gefahren. Südkorea will das eintägige Treffen vor allem dazu nutzen, um über vertrauensbildende Maßnahmen, einschließlich Schritten zur Vermeidung möglicher Zusammenstöße im Gelben Meer vor Beginn der Krabbenfangsaison, zu beraten. In den vergangenen Jahren ist es an der umstrittenen Seegrenze vor der Westküste wiederholt zu militärischen Zwischenfällen gekommen.
Die Gespräche sind ohne eine Einigung auf konkrete Entspannungsmaßnahmen zu Ende gegangen. Beide Seiten hätten jedoch vereinbart, "die gegenseitigen Vorschläge zu studieren und die Gespräche fortzusetzen", teilte das Verteidigungsministerium in Seoul am 26. Mai nach dem eintägigen Treffen an der Ostküste Nordkoreas mit. Die südkoreanische Seite habe eine Reihe von Schritten zur Vermeidung möglicher Zusammenstöße im Gelben Meer vorgeschlagen, hieß es. Dazu gehören die Einrichtung eines "heißen Drahts" und die Nutzung gleicher Funkfrequenzen und Flaggensignale zwischen den Seestreitkräften beider Länder.
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Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, eröffnet am 2. Juni einen Lesesaal des Instituts in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Das mit unzensierten Medienbeständen ausgestattete und für alle Bürger des Landes frei zugängliche Zentrum wird das erste dieser Art in dem kommunistisch regierten Staat sein, teilte das Goethe-Institut am 27. Mai in München mit. Limbach bezeichnete die Eröffnung als "großen kulturpolitischen Erfolg". "Kultur und Bildung vermögen vieles, was die Politik alleine nicht bewirken kann."
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Das nordkoreanische Militär bildet nach südkoreanischen Angaben systematisch Hacker für Attacken auf Computernetzwerke in Südkorea aus. "Nordkorea betreibt eine Hackereinheit auf direkte Anweisungen von (Machthaber) Kim Jong Il", zitierte am 27. Mai die Zeitung "Korea Herald" den Leiter der Sicherheitsorganisation "Verteidigungssicherheitskommando" der südkoreanischen Streitkräfte, Song Young Keun.
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Wegen illegaler Geschäfte mit potenzieller Atomwaffen-Technologie hat das Stuttgarter Landgericht einen schwäbischen Unternehmer zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Richter befanden den 58-Jährigen am 28. Mai des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz und des versuchten Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz für schuldig. Der Mann soll versucht haben, ohne Genehmigung Spezial-Aluminiumrohre auszuführen, die womöglich für das nordkoreanische Atomprogramm bestimmt waren. Die Rohre waren für den Bau von Zentrifugen geeignet, mit denen Uran bis hin zur Waffentauglichkeit angereichert werden kann. Der Verurteilte ist Geschäftsführer und Inhaber der Firma Optronic in Königsbronn im Kreis Heidenheim. Nach Feststellung des Gerichts hatte er mit Hilfe eines Hamburger Unternehmens zunächst 22 Tonnen der Aluminiumrohre auf den Weg nach China geschickt, von wo aus die Ware wahrscheinlich weiter nach Nordkorea transportiert werden sollte. Das Containerschiff war auf Betreiben deutscher und französischer Zollbehörden aber bereits vor Ägypten gestoppt worden, so dass die Fracht Asien nicht erreichte. Den Ermittlungen zufolge war insgesamt eine Lieferung von 200 Tonnen Spezialrohren geplant.
Die Vorsitzende Richterin Christine Rebsam-Bender betonte, ein Erfolg des Geschäfts hätte das friedliche Zusammenleben der Völker stören und die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik gefährden können. Sie verwies ausdrücklich auf die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea und die öffentliche Erklärung des Regimes in Nordkorea, über ein Atomprogramm zu verfügen. Der Angeklagte habe billigend in Kauf genommen, dass mit Hilfe der Rohre Kernwaffen gebaut werden. Nach den Erkenntnissen des Gerichts hatte der Geschäftsmann trotz ausdrücklicher Hinweise der Zollbehörden auf die mögliche Brisanz des Auftrags und eines vorläufigen Ausfuhrverbots sein Treiben nicht eingestellt. Vielmehr knüpfte er Kontakt zu der Hamburger Firma Delta Tradings, die die Rohre letzlich im April 2003 mit einem Schiff unter französischer Flagge auslaufen ließ.
Einen mitangeklagten Verantwortlichen des norddeutschen Unternehmens verurteilte die Kammer deshalb wegen Beihilfe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Ein Verfahren gegen einen weiteren Manager der Firma war im Dezember gegen Zahlung von 10 000 Euro eingestellt worden.
Der Hauptangeklagte war nach dem Stopp des Schiffes festgenommen worden und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Er soll nun gegen eine Sicherheitsauflage von einer halben Million Euro zunächst auf freien Fuß kommen, muss später aber seine Haftstrafe antreten. Der Fall hatte auch im Ausland für Wirbel gesorgt, weil das Geschäft abgewickelt wurde, als es erhebliche Spannungen zwischen den USA und Nordkorea wegen des Atomprogramms gab. Die US-Regierung soll sich fortlaufend über das Verfahren gegen den Geschäftsmann informiert haben.
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Die USA wollen mit Südkorea Anfang Juni erste Gespräche über eine geplante Verringerung ihrer Militärpräsenz im Süden der koreanischen Halbinsel führen. Nach Berichten koreanischer Medien vom 31, Mai erwarten die USA, bis zu 12.000 der derzeit in Südkorea stationierten 37.000 Soldaten abziehen zu können. In Südkorea wird befürchtet, dass dieses Vorhaben den Beginn einer dauerhaften Reduzierung der US-Truppenpräsenz signalisiert. Sie soll der "Abschreckung gegen Bedrohungen durch Nordkorea" dienen.
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