Kongo: Krieg um Rohstoffe
Z.B.: Tantal und der weltweite Handy-Boom
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus einem älteren Artikel des österreichischen "Standard", in dem auf den natürlichen Reichtum des Kongo hingewiesen wird, sowie aus einen Artikel jüngeren Datums, den wir dem Internet-Dienst heise entnommen haben. Darin geht es um den Zusammenhang zwischen dem Handy-Boom und dem Bürgerkrieg im Kongo.
Der Fluch der Reichtümer: Krieg um Rohstoffe des Kongo
Der Reichtum des Kongo ist sein Fluch. Diamanten, Kupfer, Kobalt, Gold, seltene Erden, Edelhölzer - riesige Mengen leicht abbaubarer,
gut absetzbarer Roh- stoffe haben schon vor hundert Jahren die Begehrlichkeiten der damaligen belgischen Kolonialherren geweckt. Fast 40 Jahre lang konnte der Diktator Mobutu Sese Seko die Verteilung der Schätze unter seinen Anhängern und internationalen Konzernen kontrollieren.
Seit seinem Sturz 1997 hat sich eine Vielzahl von Interessenten auf den Kongo gestürzt. Der Bürgerkrieg ist ein Verteilungskrieg, bei dem es längst nicht
mehr um Ideologie, um politische Ziele geht.
Am wichtigsten und am weitesten entwickelt ist der Abbau von Kupfer im Südosten, in der Nähe der zweitgrößten Stadt Lubumbashi, und die Förderung von
Diamanten im Zentrum bei der Stadt Mbuji-Mayi. Beide Vorkommen waren bisher formal in den Händen der Regierung von Laurent Kabila. Aber er hat seine
Kriegsschulden bei den Verbündeten in Angola, Namibia und Simbabwe durch die Vergabe lukrativer Schürfrechte beglichen.
Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit Simbabwe. Joint Ventures zwischen den Militärs der beiden Länder, die auf Kosten kongolesischer
Staatskonzerne entstanden, dienen offiziell der Finanzierung des Krieges. Tatsächlich aber profitiert die Elite beider Ländern über ein undurchsichtiges Netz
von Beteiligungen und Scheinfirmen.
Viele Diamanten aus Angola und Sierra Leone gelten international als "Blutdiamanten", deren Verkauf verboten ist. Gegen den Kongo wurden solche
Sanktionen bisher jedoch nicht verhängt - Kabila und seine Anhänger bereichern sich ganz legal am Handel mit den Edelsteinen. Auch die Kupfervorkommen werden völlig legal von international bekannten Konzernen abgebaut, ohne Rücksicht auf die Gelder, die damit in den Bürgerkrieg
fließen. Als Begründung geben die Unternehmen an, dass sie für eine international anerkannte Regierung arbeiten - und das trifft in der Tat zu.
Im östlichen Drittel des Kongo, das die Rebellen kontrollieren, werden die Rohstoffe ebenso hemmungslos geplündert. Davon profitieren nicht etwa die
Einheimischen, sondern die Offiziere der Rebellen und der Armeen von Uganda und Ruanda, die sie unterstützen. Auch die immer wieder aufflammenden
Streitereien zwischen verschiedenen Rebellenfraktionen haben vor allem mit der Kontrolle des Reichtums zu tun. In Kisangani, der drittgrößten Stadt des
Kongo, geht es vorrangig um den Handel mit Diamanten, die im Nordosten meist von kleinen Schürfern gefördert werden. Die Stadt Goma, Hauptstadt der von Ruanda ausgehaltenen Rebellenfraktion, lebt ihrerseits vom Handel mit Coltan, einem seltenen Erz, das für die
Herstellung von Halbleitern wichtig ist.
Aus: Der Standard, 18. Januar 2001
Tantalusqualen beim Kauf eines Mobiltelefons?
Von Katja Seefeldt 07.04.2001
... Tantalus wurde in die Unterwelt verbannt und musste dort die Qualen ewigen Hungers und Durstes erleiden. Qualen moralischer Natur sollten hierzulande die Käufer von Mobiltelefonen plagen. Denn in ihrem Handy stecken Komponententeile, die aus dem - übrigens nach obigem griechischen Sagenkönig benannten - Metall Tantal gefertigt wurden. Dieses wiederum könnte aus der Demokratischen Republik Kongo stammen und sein Verkauf könnte dazu gedient haben, den dort seit 1998 andauernden Bürgerkrieg zu finanzieren ...
Tantal (Symbol: Ta) ist ein seltenes extrem hitze- und säureresistentes, sehr dichtes und zugleich einfach zu verarbeitendes Metall. Wegen dieser günstigen Eigenschaften wird es beispielsweise bei der Herstellung von chirurgischen Geräten und im Flugzeugbau verwendet. Geradezu sprunghaft erhöht hat sich die Nachfrage nach diesem Metall jedoch, weil es sich auch zur Produktion von Bauteilen für Handys, Pager und Computer optimal eignet...
Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es riesige Tantal-Vorkommen, rund 80% davon, so wird geschätzt, befinden sich im
Osten der Demokratischen Republik Kongo... In
dieser Zeit sind mindestens sechs fremde Staaten in den Kongo einmarschiert und beuten das Land aus, das an
Bodenschätzen (neben Tantal auch Gold, Öl, Diamanten) reich ist wie kein anderes. Gegenwärtig scheint sich die Lage dort
stabilisiert zu haben. Eine Wende, die möglich wurde mit der Ermordung von Präsident Laurent-Désiré Kabila im Januar,
dessen Sohn und Nachfolger Joseph Kabila derzeit durch die Welt reist, um seinen Friedenswillen zu bekunden. ...
Wie stabil der derzeitige Waffenstillstand im Kongo ist, wird sich erweisen. Denn das Land hat viele Besatzer. Die Regierung
Joseph Kabilas gilt als Marionette von Simbabwe und Angola, die Vater Kabila als militärischen Beistand herbeigeholt hatte:
Während Angola die Hauptstadt kontrolliert, herrscht Simbabwe im Süden und Westen. Die gemeinsamen Feinde Uganda
und Ruanda, welche die bewaffnete Opposition im Kampf gegen Laurent Kabila unterstützten, haben sich im Osten breit
gemacht. Und gerade im Osten des Kongo, im Gebiet Kivu, lagern die riesigen Tantal-Vorräte. Ihre Förderung und den
Export regelt das Unternehmen SOMIGL, an dem die Rebellengruppe Kongolesische Sammlungsbewegung für Demokratie
(RCD) Hauptaktionär ist und damit auch Nutznießer der enormen Weltmarktnachfrage nach Tantal.
Tantal gibt es auch in Australien, Brasilien, Kanada und Nigeria, warum also das begehrte Metall ausgerechnet im Kongo
kaufen? Nach ersten Prognosen hat sich - vor allem wegen des zunehmenden Verbrauchs der Elektronikindustrie - allein im
vergangenen Jahr die Nachfrage nach Tantal um 20 Prozent erhöht. Die Branche spricht von einer Angebotslücke und für
den amerikanischen Markt hat das US Defense Stockpile Center mit Zukäufen reagiert. Ein wichtiges Indiz für einen
Versorgungsmangel und die Rolle, die das Metall in der Verteidigungsindustrie einnimmt. Während Tantal in den
vergangenen Jahren noch für 40 bis 50 US-Dollar pro Pfund zu haben war, lag sein Preis im Dezember 2000 bereits bei
443,90 US-Dollar.
Um die Versorgung des Weltmarkts auf steigendem Niveau gewährleisten zu können, müssen die Förderung in bestehenden
Minen weiter ausgebaut und neue Vorkommen erschlossen werden - das kostet viel Geld und vor allem Zeit. Moralischen
Bedenken will sich die Industrie nicht unterwerfen. Das vom New Scientist befragte Tantalum-Niobium International Study
Center, der Handelsverband der Branche, hält Forderungen einer ethischen Handelspolitik für unwirksam. Verantwortlich sei
jedes Unternehmen, das Tantal zur Verarbeitung kaufe.
Mit einem Rückgang der Nachfrage ist jedenfalls nicht zu rechnen. Die Branche spricht bei Tantal bereits von einem
"Schlüsselmetall des neuen Jahrtausends" und rechnet mit rosigen Zeiten. Einen Konjunktureinbruch hat die kongolesische
Opposition also nicht zu befürchten - die Tantalusqualen muss der Verbraucher erleiden.
7. April 2001. Der ganze Text und einige ergänzende Kommentare unterschiedlicher Qualität bei:
www.heise.de
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