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Feuerpause für Ban

UN-Generalsekretär auf Kurzbesuch im Osten der DR Kongo. Dort waren erst am Montag die Kämpfe wieder aufgeflammt

Von Jörg Tiedjen *

Am Donnerstag traf UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu einem Kurzbesuch in Goma ein, der Hauptstadt der im Osten der Demokratischen Republik Kongo gelegenen Provinz Nordkivu. Eigentlich sollte der hohe Besuch der von Krieg, Zerstörung und millionenfachem Mord heimgesuchten Region Hoffnung auf Frieden bringen. Dazu hatte Weltbank-Chef Jim Yong Kim, der Ban begleitete, mehrere Milliarden US-Dollar Hilfsgelder im Gepäck. Gebunden ist deren Vergabe jedoch daran, daß es zu einem Friedensabkommen zwischen allen Konfliktparteien kommt.

Ein solches scheint jedoch erneut in die Ferne gerückt, seit am Montag die Kämpfe unweit von Goma wieder eskalierten. Die beteiligte M-23-Miliz erklärte, Regierungstruppen hätten sie mit Artillerie und Panzern angegriffen. Am Mittwoch wiederum schlug in Goma eine von M-23 abgefeuerte Rakete ein. Erst Stunden vor Bans Ankunft erklärten die Aufständischen einseitig eine Feuerpause.

Die M-23 ist gegenwärtig die stärkste unter den vielen Rebellengruppen im Osten Kongos. Sie setzt sich aus ehemaligen Soldaten des »Nationalkongresses zur Verteidigung des Volkes« (CNDP) zusammen. Diese Guerillagruppe war ursprünglich entstanden, um im Bürgerkrieg die kongolesische Tutsi-Bevölkerung zu beschützen. Am 23. März 2009 schloß sie mit der Regierung in Kinshasa Frieden und wurde in die nationale Armee integriert. Im April letzten Jahres meuterten die Tutsi-Kämpfer allerdings und gründeten M-23. Der Name bezieht sich auf das Datum des Friedensschlusses, gegen den der kongolesische Präsident Joseph Kabila ihrer Meinung nach verstoßen haben soll. Auch werfen sie ihm vor, die letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2011 gefälscht zu haben. Umgekehrt werden der M-23-Führung schwere Menschenrechtsverletzungen nachgesagt.

Im November gelang es M-23, Goma einzunehmen, nachdem sich die Regierungsarmee zuvor weitgehend zurückgezogen hatte. Auch die UN-Truppe MONUSCO, die seit 1999 in der DR Kongo stationiert ist, hatte M-23 nichts entgegenzusetzen. Aufgrund internationalen Drucks mußten sich die Rebellen aber nach wenigen Tagen wieder aus dem Stadtgebiet von Goma zurückziehen. Im Februar wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Im März verabschiedete der UN-Sicherheitsrat zudem eine Resolution, nach der mehrere afrikanische Staaten eine gemeinsame Eingreiftruppe in den Osten Kongos schicken sollen. Diese hat das ausdrückliche Mandat, mit Gewalt die verschiedenen Milizen zu entwaffnen. Mit Südafrika gibt dabei ein Spieler sein Debüt, der bisher nicht im Osten Kongos mitmischte.

Die von den Vereinten Nationen geforderten Friedensverhandlungen bewegten sich in den letzten Wochen im Kreis. Unklarheit herrscht insbesondere darüber, wie und wann die M-23 in die nationale Armee zu integrieren ist. Der Blogger Jason Stearns schrieb auf der Internetseite »Congo Siasa«, daß beide Parteien vor Eintreffen der Eingreiftruppen offensichtlich noch einmal ihre Kräfte messen wollen, um den Gegner zu Zugeständnissen zu zwingen. Der ruandische Präsident Paul Kagame, dem genau wie den Staatschefs von Uganda und Burundi vorgeworfen wird, M-23 im Kampf um die Bodenschätze im Gebiet der Großen Seen zu unterstützen, wies Anfang der Woche in einem Interview mit der britischen Wochenzeitung Observer alle Anschuldigungen weit von sich. Im Gegenteil habe er die USA sogar aufgefordert, M-23 auszuschalten.

* Aus: junge welt, Freitag, 24. Mai 2013


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