2014 werden in Kolumbien Weichen gestellt
Die laufenden Friedensverhandlungen und der doppelte Wahlkampf sind eng miteinander verknüpft
Von David Graaff, Bogotá *
Während im kubanischen Havanna die kolumbianischen Friedensverhandlungen zwischen FARC-Guerilla und Regierung andauern, stehen in Kolumbien Parlaments- und Präsidentenwahlen bevor.
Kolumbiens früherer Präsident Álvaro Uribe (2002 – 2010) hat das politische Parkett nicht verlassen. Nach zwei Amtszeiten an der Spitze des kolumbianischen Staates darf der Hardliner zwar nicht noch einmal für das Präsidentenamt kandidieren, doch an der Spitze seiner neuen Bewegung »Centro Democrático« will er in den Kongress einziehen. Gleich zwei Wahlkampfauftritte Uribes endeten in der vergangenen Woche allerdings mit Schmährufen und gezielten Tomatenwürfen gegen den Altpräsidenten. Dessen berüchtigte Nähe zu paramilitärischen Gruppen und seine liberale Wirtschaftspolitik sind nicht vergessen.
Selbst ehemalige politische Weggefährten und Unternehmerverbände versagen Uribe die Unterstützung. Er ist ohnehin die einzige bekannte Persönlichkeit seiner Partei. »Die Bewegung Centro Democrático hängt zu 100 Prozent von Uribe ab«, sagt der Journalist Juan Lewin, der für das Nachrichtenportal La Silla Vacía den Wahlkampf begleitet. »Das Centro Democrático wird wohl maximal 15 Prozent der Senatssitze holen können. Und im Repräsentantenhaus sieht es noch schlechter aus.« Der Präsidentschaftskandidat des Centro, der Ökonom Oscar Iván Zuluága, rangiert in Umfragen unter »ferner liefen«.
Die Kongresswahlen im März gelten als Stimmungstest für die Kür des Präsidenten im Mai. Für den liberalen Amtsinhaber Juan Manuel Santos geht es zunächst darum, seine Mehrparteienkoalition der »Nationalen Einheit« zusammenzuhalten, was ihm vor allem für die bevorstehenden Entscheidungen in den Friedensverhandlungen und für den Urnengang zwei Monate stärken würde. Die Strategie des Santos-Lagers besteht vor allem darin, die Wahlen als eine Abstimmung über die von seiner Regierung begonnenen Friedensgespräche mit den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) darzustellen. Die meisten Parteien und Interessengruppen unterstützen den Friedenskurs, lediglich die Rechte um Uribe, einige Konservative und regionale Eliten sind dagegen und fordern den sofortigen Abbruch des Dialogs. Santos' Vorteil: Gelänge es, im derzeit mit der FARC in Havanna diskutierten Problemkomplex »Drogenhandel« eine Vereinbarung zu schließen, würde ihm das mitten im Wahlkampf noch einmal einen Popularitätsschub bescheren. Bisher haben sich die Dialogpartner in der Agrarfrage und in Sachen politischer Teilhabe geeinigt.
Und die Linke? Obwohl es im vergangenen Jahr erfolgreiche Massenmobilisierungen gegen die liberale Wirtschaftspolitik der Regierung gegeben hat und wichtige soziale Themen wie die Landverteilung aufgrund der Friedensverhandlungen auf der politischen Tagesordnung stehen, sagen Umfragen den linken Parteien keinen nennenswerten Stimmenzuwachs oder gar Chancen auf die Präsidentschaft voraus.
Denn trotz Bemühungen ist es wieder einmal nicht gelungen, vor den Wahlen ein breites Bündnis linker Parteien und sozialer Bewegungen zu bilden. Zumal linke Aktivisten in Kolumbien nach wie vor gefährlich leben. Die Sammelbewegung »Marcha Patriótica« beklagt, dass seit ihrer Gründung vor weniger als zwei Jahren 29 ihrer Aktivisten ermordet wurden. Nun erwägt sie gar ihre Auflösung. Zudem hatte sich die Bewegung entschieden, nicht zu den Wahlen anzutreten. Das hat dazu geführt, dass sich wichtige Führungsfiguren wie der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Carlos Lozano auf Listen anderer linker Parteien platzieren ließen, um einen Sitz im Kongress zu erlangen.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 29. Januar 2014
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