Massive Repression
Kolumbianische Polizei greift Zentrale der Kommunistischen Partei an
Von Lena Kreymann *
In der Nacht zum Montag (Ortszeit) ist die kolumbianische Polizei in Bogotá in die Zentrale der Kommunistischen Partei des südamerikanischen Landes, PCC, eingedrungen. Wie aus einer Mitteilung des Zentralkomitees der Partei hervorgeht, wurde dabei der Wachmann Omar Javier Bustos wegen angeblichen illegalen Waffenbesitzes festgenommen und in eine Wache der Eingreiftruppe URI verschleppt. Die Polizisten hätten ihn als »Kommunisten« beschimpft und so sehr mißhandelt, daß Mediziner ihn sechs Tage krankschreiben mußten. Auch noch nachdem das zuständige Gericht am Montag nachmittag Bustos Freilassung angeordnet hatte, sei er von mehrere Polizisten erneut verprügelt worden. Die PCC forderte eine Untersuchung der Ereignisse.
Die Razzia bei den Kommunisten war nicht der einzige Fall von Repression gegen die legale linke Opposition Kolumbiens. Während sich Bustos noch in Polizeigewahrsam befand, hielt das linke Bündnis Marcha Patriótica eine Pressekonferenz gegen politische Verfolgung ab. Die Bilanz, die die Sprecher der von der PCC unterstützten Allianz den Journalisten vorlegten, ist erschreckend: Seit der Gründung der Organisation im April 2012 wurden 28 Mitglieder der Organisation ermordet, fast alle von ihnen im vergangenen Jahr. Erst am 4. Januar diesen Jahres seien Giovanny Leiton und Doris Vallejo in ihrem Haus in der nördlichen Provinz Chocó gefoltert und umgebracht worden.
Drei Vorstandsmitglieder der Marcha Patriótica sitzen in Haft. Den Gewerkschaftern Huber Ballesteros und Wilmar Madroñero sowie dem Universitätsprofessor Francisco Toloza werden »Rebellion« oder »schwere Rebellion« vorgeworfen. Dies ist ein juristisches Konstrukt, mit dem den Beschuldigten in der Regel Kontakte zur FARC-Guerilla unterstellt werden.
Als weitere Formen der politischen Verfolgung benannte das Bündnis unbewiesene Anschuldigungen in den Massenmedien, permanente Drohungen sowie die Absetzung gewählter Parlamentarier wie im Fall der ehemaligen Senatorin Piedad Córdoba, die selbst auf der Pressekonferenz sprach. Angesichts der fehlenden Möglichkeiten, politische Rechte ausüben zu können, deutete sie sogar an, die Marcha Patriótica auflösen zu wollen, um die Sicherheit der Mitglieder zu gewährleisten. Erst fünf Tage zuvor waren sie und weitere Vertreter der Linken mit dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos zusammengetroffen, um über den aktuellen Friedensprozeß zu sprechen. Wie die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina mitteilte, soll es in den kommenden Tagen ein weiteres Treffen geben, um die Lage der Marcha Patriótica zu diskutieren.
Auf der Pressekonferenz vom Montag wurde auch eine Erklärung von Ballesteros und Toloza aus dem Gefängnis verlesen, in der sie die Relevanz des Bündnisses für die Zeit nach dem bewaffneten Konflikt betonten. Toloza war am 4. Januar verhaftet worden. Der kolumbianischen Zeitung El Heraldo zufolge wird ihm vorgeworfen, Mitglied der »Antonio-Nariño-Front« der FARC und ein Sprecher der Guerillaorganisation zu sein. »Erneut zeigt die Regierung ihre wirklichen ›Bemühungen um Frieden‹ mit einem schweren Schlag gegen die soziale Bewegung Kolumbiens«, heißt es in einer im Internet verbreiteten Solidaritätserklärung zu seiner Festnahme, die damit auf die aktuellen Friedensverhandlungen zwischen den FARC und der kolumbianischen Regierung in Havanna anspielt.
Ballesteros wurde dagegen schon am vergangenen 25. August verhaftet. Laut Staatsanwaltschaft soll sich der Vizepräsident der Agrargewerkschaft FENSUAGRO auch der »Finanzierung des Terrorismus« schuldig gemacht haben. Als Beweise dienen Daten, die angeblich auf beschlagnahmten Computern der getöteten FARC-Comandantes Iván Ríos, Mono Jojoy und Alfonso Cano gefunden worden waren. Die Marcha Patriótica und die Gewerkschaften sehen die Verhaftung dagegen im Zusammenhang mit der Rolle von Ballesteros in einem dreiwöchigen Landarbeiterstreik, der wenige Tage zuvor begonnen hatte. »Wir glauben, daß es sich um einen Vergeltungsschlag gegen Ballesteros als einem der wichtigsten Streikführer handelt«, sagte Carlos Lozano von der Marcha Patriótica am Tag nach der Verhaftung auf einer Solidaritätskundgebung in Bogotá gegenüber dem kolumbianischen Fernsehsender Canal Capital.
* Aus: junge Welt, Donnerstag, 23. Januar 2014
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