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Aufstandsbekämpfung

Militärpakt zwischen Washington und Bogotá: US-Truppen sollen Zugang zu Basen in Kolumbien erhalten. Obama-Regierung macht Millionen für "Modernisierung" frei

Von Constanza Vieira (IPS) *

Nach dem Abzug der US-Streitkräfte vom ecuadorianischen Militärstützpunkt Manta will Kolumbiens Regierung unter Staatspräsident Álvaro Uribe US-amerikanischen Einheiten den Zugang zu mindestens drei Militärbasen erlauben. Nach Angaben aus Bogotá ist ein Abkommen zur Erweiterung der militärischen Zusammenarbeit geplant, das dem US-Verteidigungsministerium das Recht einräumt, die Stützpunkte Malambo im äußersten Norden Kolumbiens, Apiay im mittleren Süden und Palanquero in der Landesmitte zu nutzen. Die drei Basen ermöglichen die Überwachung des Karibischen Meeres, der Regionen Orinoquia und Amazonas sowie Zentralkolumbiens. Für die Modernisierung des Palanquero-Stützpunkts hat US-Präsident Barack Obama bereits 46 Millionen US-Dollar zugesagt.

Nach Angaben der Uribe-Administration handelt es sich bei der Zusammenarbeit um keinen neuen Vorstoß, sondern um eine Erneuerung der seit einem Jahrzehnt bestehenden Militärkooperation mit den USA namens »Plan Colombia«. Die bilaterale Kooperation hat die Bekämpfung der seit 1964 agierenden Guerillaorganisation FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) zum Ziel.

Sorge um Souveränität

Kolumbien ist nach Israel und Ägypten der drittgrößte Empfänger von US-Militärhilfe. Die Regierung in Bogotá ist darum bemüht, den US-Kongreß von weiteren Kürzungen seiner Hilfe abzuhalten. Die Gelder verwendete der Andenstaat für die Bekämpfung der Guerilla aus der Luft und den Ausbau der eigenen Truppenstärke. Darüber hinaus beinhaltet der Plan Colombia die Beschäftigung von 800 US-Militärberatern und 600 anderen »Vertragspartnern«, die derzeit vom Stützpunkt Tres Esquinas im Süden des Landes aus operieren. Sowohl Kolumbien als auch die USA versichern, daß das neue »vereinfachte Abkommen« nicht zu einer Erhöhung des Militärpersonals führen wird.

Die Ankündigung Bogotás erfolgte am vergangenen Mittwoch zum Ende der parlamentarischen Sommerpause und einen Tag vor Beginn des US-Truppenabzugs von der ecuadorianischen Militärbasis Manta. Staatspräsident Rafael Correa hatte sich geweigert, den 1999 mit der US-Luftwaffe geschlossenen Vertrag über die Nutzung des am Pazifik gelegenen Stützpunkts im nordwestlichen Teil Südamerikas zu verlängern.

Nicht nur in Ecuador, auch in Kolumbien wird die Bereitstellung eigener Basen für US-Streitkräfte kritisiert. Einwände kommen auch vom Staatsrat und von Politikern aus der Regierung. Sie befürchten, daß der neue Pakt die Souveränität des südamerikanischen Landes gefährdet. Das Abkommen müsse noch diskutiert werden, hieß es in Reaktion auf die Kritik aus Regierungskreisen. Für Unmut sorgte auch der offensichtliche Verstoß gegen die Verfassung des südamerikanischen Landes. Diese schreibt vor, daß Entscheidungen über ausländische Truppenbewegungen auf nationalem Territorium mit dem Staatsrat besprochen und vom Senat gebilligt werden müssen. Zu einem Treffen mit dem Staatsrat kam es jedoch erst am 16. Juli, einen Tag nach der Bekanntgabe der Bereitstellung kolumbianischer Basen für das US-Militär.

Nachteile befürchtet

Bei den Gesprächen sei es lediglich zu einer Annäherung gekommen, ließ daraufhin der Ratsvorsitzende Rafael Ostau Delafont verlauten. Senator Jairo Clopatofsky von der U-Partei, einem Bündnispartner der Regierung, kündigte an, das Thema in der angelaufenen parlamentarischen Sitzungsperiode zur Sprache zu bringen. »Mit Ländern wie den USA Abkommen zu erzielen, die uns im Kampf gegen den Terrorismus und Drogenhandel helfen, liegt im größten Interesse unseres Landes«, rechtfertigte Präsident Uribe den Alleingang. Verteidigungsminister Freddy Padilla beeilte sich zu versichern, daß das Kommando über die Stützpunkte, zu denen die USA Zugang erhalten werden, von kolumbianischen Generälen geführt werde.

Wilbert van der Zeijden vom »Transnational Institute« mit Sitz in den Niederlanden, der dem internationalen »NO Bases Network« angehört, fürchtet, daß das Abkommen zwischen Kolumbien und den USA möglicherweise den Einsatz von US-Soldaten an der Seite kolumbianischer Bodentruppen im Kampf gegen die Guerilla beinhaltet. »Sind US-amerikanische Militärs erst im Land, wird es schwierig werden, ihre Aktivitäten zu beschränken«, warnte der Experte. Mit der Ankunft von US-Soldaten seien eine Vielzahl von Problemen verbunden. So habe bereits das Beispiel Manta gezeigt, daß die Prostitution zunehme, sagte van der Zeijden. Auch werde die Isolation des US-Freundes Kolumbien im US-kritischen Rest Lateinamerikas zunehmen. Das werde nicht zuletzt wirtschaftliche Folgen haben.

* Aus: junge Welt, 22. Juni 2009


Chávez kritisiert Yankee-Präsenz

Von Santiago Baez **

Die Pläne zur Einrichtung von US-Militärstützpunkten in Kolumbien belasten die Beziehungen des südamerikanischen Landes mit seinem Nachbarn Venezuela.

In einem Telefongespräch mit der Fernsehsendung »La Hojilla« am späten Montag abend kündigte Venezuelas Präsident Hugo Chávez eine Überprüfung der diplomatischen Beziehungen mit Kolumbien an. »Jetzt wollen die Yankees in Kolumbien zusätzliche vier Stützpunkte errichten. Natürlichen greifen sie zu einem Euphemismus und sagen, daß das keine Yankee-Basen, sondern kolumbianische Stützpunkte seien und sie dorthin kommen dürfen. Aber sie werden dann ständig dort sein«, sagte Chávez. Er bedaure den Schritt zwar, aber die kolumbianische Regierung öffne mit dieser Entscheidung die Tür für diejenigen, »die Venezuela ständig angreifen, neue Aggressionen gegen uns vorbereiten, und nicht nur gegen Venezuela, sondern auch gegen andere Länder, und die Regierungen gestürzt haben und den Staatsstreich in Honduras unterstützen«.

Ein dieser Tage in Kolumbien kursierendes Video, auf dem vorgebliche Sprecher der Guerrillaorganisation FARC zu sehen sind, die über eine angebliche Finanzierung des Wahlkampfes des heutigen Präsidenten von Ecuador, Rafael Correa, berichten, bezeichnete Chávez als »eine große Fälschung«. Was in Kolumbien bewiesen sei, und zwar nicht durch Videoaufnahmen, sondern durch viele Beweise, sei »die Finanzierung zahlreicher Senatoren, Abgeordneten, Gouverneure, Bürgermeister und Präsidentschaftswahlkampagnen mit Milliarden von Dollar aus dem Drogenhandel«, betonte der venezolanische Präsident.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Venezuela und Kolumbien sind immer wieder starken Belastungsproben ausgesetzt. Im vergangenen Jahr hatten sogar militärische Auseinandersetzungen gedroht, nachdem Kolumbien ein Lager der FARC auf ecuadorianischem Staatsgebiet überfallen und den Guerrilla-Comandante Raúl Reyes ermordet hatte.

** Aus: junge Welt, 22. Juni 2009


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